RC N Watch: Defizitanalyse des Wehrbeauftragten, Mehr Provinzen für die Taliban

Wenn ein Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus parallel bei FAZ und Süddeutscher Zeitung auftaucht, ist die Wirkung berechnet. Ungeschützt auf Bombensuche, schreibt die SZ, Soldaten warnen vor Truppenreduzierung, titelt die FAZ. Bei unterschiedlichen Schwerpunkten, die die beiden Blätter in ihrer Berichterstattung über die Defizitanalyse des Wehrbeauftragten zur deutschen Afghanistan-Mission setzen, wird eines klar: Königshaus hat ordentlich auf den Tisch gehauen.

Zum Beispiel bei der Beschreibung der Lage im deutschen Provincial Reconstruction Team (PRT) Faisabad. Da ist es so, wie ich nach meinem Besuch Ende August geschrieben hatte: Der deutsche Außenposten in der Provinz Badakshan ist inzwischen personell so weit runtergefahren, dass die Soldaten nicht mehr wirklich handlungsfähig sind. Der Wehrbeauftragte spricht von einer extremen Personalreduzierung – von rund 500 auf 180. Was de facto bedeutet, dass dieses PRT seinen Auftrag nicht mehr wahrnehmen kann. Zur Erinnerung: Vor gut einem Jahr war dieses Feldlager stark genug, Verstärkung nach Kundus zu schicken.

Was aber den Wehrbeauftragten nach diesen beiden Zeitungsberichten am meisten erbost, ist die Ausrüstungssituation – vor allem im Bereich Counter-IED (also der Beseitigung von Sprengfallen). Die U.S.-Truppen fahren mit ihren Road Clearing Packages, Spezialfahrzeugen zum Aufspüren und Sprengen der Bomben, über die gefährdeten Straßen. Die Deutschen räumen zu Fuß. (Obwohl es inzwischen ja so zu sein scheint, dass zum Beispiel im Norden Baghlans, im gefährdeten Highway Triangle, Deutsche und Amerikaner gemeinsam operieren – und so die Bundeswehr von der Straßenräumung profitiert.)

Die Kritik des Wehrbeauftragten dürfte dann noch für viele Diskussionen im Verteidigungsausschuss sorgen. Den Bericht sollte man mal lesen…

Eine andere Entwicklung im deutschen Kommandobereich, dem Regional Command North, ist ebenfalls nicht gerade beruhigend: Neben den mittlerweile als Taliban-Gebiet bekannten Provinzen Kundus, Baghlan und dem Distrikt Ghowrmach im Westen scheinen auch andere, bislang als friedlich geltende Provinzen immer mehr unter den Einfluss der Taliban zu geraten. Der Gouverneur der Provinz Sar-i-Pul warnt jedenfalls bei Reuters vor einem Erstarken der Aufständischen: Taliban foothold grows in Afghan north.