Krieg und Haushalt: Buchungstechnische Vorsorge für den Kriegs- und Krisenfall

Erstmals seit Jahrzehnten will die Bundesregierung im Verteidigungshaushalt auch buchungstechnische Regelungen für den Kriegs- und Krisenfall vorsehen. Neue Haushaltsvermerke und ein neues, bislang nur als so genannte Leertitel vorgesehenes Kapitel im Haushaltsgesetz für 2026 sollen eine vereinfachte Buchungssystematik ermöglichen, wenn der Bundestag den Verteidigungs- oder Spannungsfall erklärt oder die Bundesregierung den Bündnisfall verkündet.

Die neuen Regelungen finden sich in der Vorlage des Bundesfinanzministeriums für die so genannte Bereinigungssitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses am kommenden Donnerstag. Die gut 1.000 Seiten umfassende Vorlage hatte das Finanzressort am (gestrigen) Montag an die Fraktionen verschickt. In der Sitzung am Donnerstag entscheiden die Haushälter aus den Bundestagsfraktionen abschließend über die Vorlage des Haushaltsgesetzes, über dessen endgültige Billigung dann das Plenum des Parlaments abstimmt.

Üblicherweise werden in der Bereinigungssitzung und bereits in den Vorlagen dazu noch Ausgaben gestrichen, verschoben oder neu aufgenommen. Grundlegende systematische Veränderungen am Haushalt selbst sind eher ungewöhnlich.

Auffällig sind deshalb die als neu gekennzeichneten Haushaltsvermerke, die sich recht trocken lesen auf dem Deckblatt zum Einzelplan 14, dem Haushalt des Verteidigungsministeriums:

Einsparungen bei folgenden Titeln: Epl. 14 mit Ausnahme der Titel Kap. 1406 Tgr. 01, Kap. 1408 Tit. 853 01, Kap. 1413 Tit. 831 02 und Tgr. 08 bei Feststellung eine Falles gemäß Art. 80a GG oder Art. 115a GG dienen zur Deckung von Mehrausgaben bei folgenden Titeln: Kap. 1409 mit Ausnahme folgender Titel: Kap. 1409 Tgr. 01.
8. Einsparungen bei den Verpflichtungsermächtigungen bei Feststellung eine Falles gemäß Art. 80a GG oder Art. 115a GG dienen zur Deckung der weiteren Verpflichtungsermächtigungen bei folgenden Titeln: Kap. 1409 Tit. 554 01 und 558 01.

Das bislang nicht vorhandene Kapitel 1409, das in diesen beiden Haushaltsvermerken genannt wird, besteht im Wesentlichen aus leeren Seiten. Und der Bemerkung:

Es soll eine vereinfachte Buchungssystematik im Falle der Feststellung des Zustimmungs-, Spannungs- oder Bündnisfalls gemäß Artikel 80a GG oder des Verteidigungsfalls gemäß Artikel 115a GG geschaffen werden.

Konkret bedeutet das: sobald das Parlament den Verteidigungs- oder Spannungsfall mit Zweidrittelmehrheit oder den Zustimmungsfall mit einfacher Mehrheit ausgerufen hat oder die Bundesregierung den Bündnisfall erklärt, kann das Wehrressort wesentlich einfacher als sonst Gelder umschichten. Zugespitzt formuliert: Die Kosten für politische Bildung können gestrichen, für das Geld Munition gekauft werden (ich bitte um Nachsicht für diese grobe Vereinfachung).

Im Entwurf des Haushaltsgesetzes für 2026, den das Bundeskabinett Ende Juli beschlossen hatte (Bundestagsdrucksache 21/600), waren diese Haushaltsvermerke noch nicht vorhanden. Und auf das Kapitel 1408 folgt dort das Kapitel 1410. Die buchungstechnische Vorbereitung auf Verteidigungs-, Spannungs- und Bündnisfall kam also erst im Laufe der Haushaltsberatungen seit dem Sommer in den Gesetzentwurf.

Nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium gab es entsprechende buchungstechnische Vorbereitungen bereits während des Kalten Kriegs bis hinein in die 1990-er Jahre. Sie wurden dann im Zuge der deutlich veränderten Bedrohungswahrnehmung gestrichen.

(Konkrete Beispiele habe ich noch nicht gefunden; wird ggf. ergänzt.)

(Archivbild Oktober 2025: Streife bei der Gefechtsstandübung der Panzerbrigade 45 in Rukla/Litauen – Foto: Panzerbrigade 45/Bundeswehr)