Dänemark will Soldaten in die Ukraine schicken – zum Lernen
Die Meldung ist vom (gestrigen) Mittwoch, zieht aber auch hierzulande so weite Kreise, dass ich sie eiligst nachliefere: Dänemark plant, Soldaten in die Ukraine zum Training zu schicken. Allerdings sollen sie nach den Worten von Heereschef Generalmajor Peter Boysen nicht ukrainische Soldaten ausbilden – sondern im Gegenteil von den Ukrainern etwas über Kriegsführung lernen, vor allem im Umgang mit Drohnen.
Die Ankündigung machte Boysen in einem Interview des dänischen Senders TV2: Wir schicken einige Teams hin, um zu sehen, was die Ukrainer gelernt haben – aus erster Hand. Diejenigen, die tagtäglich damit arbeiten, und nicht nur ich, kommen hierher, um diese Erfahrungen zu sammeln, sagte der Heereschef. Besonderes Augenmerk soll dabei offensichtlich vor allem Angriffsdrohnen gelten, die nach Boysens Worten für über 70 Prozent der ukrainischen Abschüsse gegen russische Streitkräfte verantwortlich sind.
Die dänischen Soldaten sollen unbewaffnet sein und keineswegs in Frontnähe kommen. Sie werden an Kursen teilnehmen, die weit von der Frontlinie entfernt sind, zum Beispiel in Lviv in der Westukraine. Und wenn es zu einem Raketenangriff kommt, haben die Ukrainer wirklich gute Warnsysteme und gute Schutzräume. Ich selbst habe einige Zeit in einem dieser Bunker in Kiew verbracht, sagte der Heereschef. Westliche Truppen wie die dänischen Streitkräfte könnten von den Erfahrungen nur profitieren: Wir können viel von den Kampferfahrungen lernen, die sie in der Ukraine gesammelt haben. Deshalb ist es nur natürlich, dass wir uns ihre Erfahrungen zunutze machen, um besser kämpfen zu können.
Der russische Botschafter in Dänemark, Wladimir Barbin, wies die Pläne als Zeichen einer Eskalation zurück. Die Entsendung dänischer Militärangehöriger in die Ukraine, u.a. um Kampferfahrung zu sammeln, zieht Dänemark immer tiefer in den Konflikt in der Ukraine hinein und provoziert eine weitere unkontrollierte Eskalation, erklärte Barbin in einer schriftlichen Stellungnahme für TV2 und verband das mit einer Drohung: In diesem Zusammenhang möchten wir Sie daran erinnern, dass militärische Einrichtungen, einschließlich Hauptquartiere, Trainings- und Ausbildungszentren sowie Standorte von militärischem Personal und Ausrüstung, sowohl tief im ukrainischen Territorium als auch an der Frontlinie, ein legitimes Ziel der russischen Streitkräfte sind.
Das dänische Verteidigungsministerium betonte in einem Kommentar zu dem TV-Bericht, es gebe noch keine konkrete Entscheidung für eine solche Trainingsmission:
Es ist nicht neu, dass das dänische Verteidigungsministerium Personal zum Zwecke des Erfahrungsaustauschs in die Ukraine entsandt hat. Anfänglich handelte es sich dabei um Personal auf Führungsebene.
Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung des dänischen Erfahrungsaustauschs werden laufend geprüft. In Bezug auf die mögliche Teilnahme dänischer Soldaten an Ausbildungsprogrammen in der Ukraine oder Ähnlichem ist noch keine Entscheidung getroffen worden, aber dies ist nur ein Beispiel für Möglichkeiten, das Sammeln von Erfahrungen zu qualifizieren.
„Während des letzten Erfahrungsaustausches des Heeres zu Beginn dieses Jahres boten die Ukrainer an, dass dänische Soldaten an Kurzzeitkursen und Ausbildungsprogrammen in der Ukraine teilnehmen könnten, und sie boten auch an, Spezialisten nach Dänemark zu schicken. Es muss betont werden, dass es derzeit keine Pläne oder Entscheidungen gibt, dänische Soldaten zu Kurzzeitkursen oder Ausbildungsaufenthalten in die Ukraine zu entsenden, was auch gegenüber TV 2 betont wurde“, sagt Generalmajor Peter Boysen, Chef des Heereskommandos.
(Archivbild 2022: Dänische Soldaten bei der Ausbildung von Ukrainern in Großbritannien – Simon Elbeck / Forsvaret; Übersetzungen aus dem Dänischen: deepl.com)
Die Dänen haben verstanden. Gut so!
Wir jedoch sollten von den Dänen lernen, wie sie zu dieser Einsicht gekommen sind,
und was es braucht danach zu handeln.
Eine sehr kluge Idee der Dänen, die in Deutschland aber leider ja nicht umzusetzen ist, da wir dann ja Teil des Krieges würden (oder umgangssprachlich Krieg?)…^^
Sehr vernünftig. Im Prinzip braucht es Nato-weit (naja, minus USA) ein Multiplikator-System, das die Erfahrungen der Ukrainer an alle Streitkräfte weitergibt. Das heißt ja nicht, dass man sich dann darauf festlegt, nur so oder für dieses Szenario zu trainieren.
Es ist absolut richtig da Multiplikatoren hin zuschicken um sich in der Art und Weise aus erster Hand ausbilden zu lassen wie ein Krieg im 21. Jahrhdert geführt wird. Nur hätten die Dänen die Pressemeldung unterlassen sollen und ihr Personal in Zivilkleidung als „Stab des Kulturattaches“ der Dänischen Botschaft in Kiew zum „interkulturellen Austausch“ mit dem Generalstab der Ukraine schicken sollen.
Hätten die Russen bestimmt auch wahrgenommen, aber als Teil des Spiels der Dienste abheften können. Nicht immer Klug alles im hellen Tageslicht der Medien Öffentlichkeit zu tun. Es findet ja bestimmt auch ein regelmäßiger Austausch zwischen der Bundeswehr und den Ukrainern statt wie Taktiken und Systeme auf dem Schlachtfeld funktionieren oder nicht. Nur liest man das nicht in der Morgenzeitung.
Aber abgesehen davon… muss die NATO dringend Fit werden was Drohnen Kriegsführung betrifft… sollen die Russen bellen… mittlerweile weiß man, reißt der Russe die Fresse auf und speit Gift und Galle dann hat man genau den richtigen Punkt getroffen.
@Felix: Einen Ansatz für Wissensabgleich und Ausbildung gibt es mit den Centres for Excellence (COE) bereits:
https://de.wikipedia.org/wiki/Centre_of_Excellence_(NATO)
Man kann auch ein UKR Red Team nach MUNSTER oder ins GÜZ holen wie ich bereits vorgeschlagen hatte sowie einen Vertreter der neuen UKR Drohnen TSK.
Dort könnte sich das Team regenerieren und ggf. in Ruhe auch neue Drohnenmodell testen und evaluieren.
@Thomas Melber
Innerhalb der militärischen Unterstützungsmission der EU für die Ukraine (EUMAM UA) findet Informationsabgleich UKR – EU zu Drohnenkriegführung statt.
Ob auch ausgebildet wird, bleibt unklar.
GenLt Marlow wurde kürzlich bei „Welt“ dazu zitiert.
Sarc on.
Also wer da nicht alles von diesem Krieg lernen möchte: Amerikaner Engländer, Franzosen, Nordkoreaner, Chinesen und nun auch noch die Dänen.
Sarc off.
Ich sehe die Videos von englischen Journalisten, die ukrainische Truppen begleiten und diese bei ihrer Arbeit gefilmt haben. Mein Eindruck ist, dass man das, was diese Soldaten tun nicht lernen kann, wenn man sich nur in der Westukraine herumdrückt. Dazu gehört schließlich auch das Steuern der Drohnen wenn der Gegner Störsender einsetzt, wie man sich vor der gegnerischen Aufklärung schützt, wie man geeignete Startplätze auswählt, wie man die Drohnen in Frontnähe zusammenbaut und wie man im Zweifelsfall die „Bewaffnung“ improvisiert.
Natürlich wäre so eine Ausbildung auch für unsere Soldaten sehr wertvoll.
Allerdings wäre sie auch sehr gefährlich und es wäre diplomatisch ein Problem, wenn sie in russische Gefangenschaft geraten.
Der Einfluß von Drohen auf die NATO Doktrin vom „manoeuver warfare“ von Anders Puck Nielsen (ein Däne):
„NATO has missed the drone revolution“
https://www.youtube.com/watch?v=gZL1KzV54Cw
Fazit: da ein Kampf nunmehr schnell statisch wird ist eine Rückeroberung von in der Anfangsphase verlorenem Gebiet beinahe ausgeschlossen.
wenn wirklich in der Westukraine ausgebildet werden soll, warum dann nicht gleich in Polen ? Oder ging es mehr um die Nachricht zwischen den Zeilen „wir sind da !“ ?
Natürlich geht es hier auch um Zeichen an Putin. Aber eben auch um die Sache. Weil man auf Seiten der westlichen Militärs weiß, dass man womöglich als nächstes selbst gegen die gleichen Gegner mit den gleichen Taktiken antreten muss.
Aber die russische Empörung ist mal wieder putzig. Nordkoreaner und Chinesen gibt’s ja im Rahmen der „Spezialoperation“ nicht. Alles nur Lügen und Gerüchte. Und da, wo’s keine Lügen und Gerüchte sind, sind’s Freiwillige, Urlaubsreisende oder Verirrte…