„Berlin Pulse“: Mehrheit für höhere Verteidigungsausgaben, aber keine Kürzungen anderswo?
Da es in der Debatte hier über den Vorschlag von Vizekanzler Robert Habeck für ein neues Sondervermögen gerade hoch hergeht, ein passender Hinweis dazu: Nach einer Umfrage der Körber-Stiftung kann sich ein signifikanter Anteil der Deutschen mehr Ausgaben für Verteidigung vorstellen – aber bitte ohne Kürzungen an anderer Stelle.
Das sind nur zwei Ergebnisse der regelmäßigen Veröffentlichung The Berlin Pulse; und eben die Aussage zu den Verteidigungsausgaben fällt dabei auf. Die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass eine Erhöhung auf mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung angemessen wäre:
Andererseits: ob dafür an anderer Stelle gekürzt werden soll, bleibt ziemlich umstritten. Deutlich mehr als die Hälfte spricht sich strikt dagegen aus.
Tja, da der Staat in der aktuellen wirtschaftlichen Lage eher zu wenig ausgibt als zu viel, ist das gar nicht so blöd wie es auf den ersten Blick aussieht. Was mir fehlt, ist ein Investitionsdenken in der Politik (besonders bei der FDP), das nicht fragt: Wie viele Dagobert Duck-Taler habe ich noch in meinem Geldspeicher? Sondern: Was brauchen wir in Zukunft, damit unser Wohlstand, unsere Sicherheit und damit letztlich unsere Schuldentragfähigkeit und unsere Steuereinnahmen, sich gut entwickeln? Das müssen nicht die selben Ausgaben sein, wie wir sie jetzt haben. Aber die Aussage „was man hier ausgibt, muss man da wegsparen“ ist eben auch falsch.
Das passt prima zu der Meldung auf Business insider:
Also wenn Geld kein Problem ist:
„Nach Recherchen von Business Insider fehlt Geld für fast 900 Dienstposten bei den Offizieren im kommenden Jahr. Die Folge laut mehrerer Insider im Verteidigungsministerium: Beförderungen junger Bundeswehr-Studierenden zum Leutnant ist ebenso Gefahr wie die mögliche Vertragsverlängerung von Spezialisten, die sich länger bei der Bundeswehr bleiben wollen.“
Aber die Debatte über Personal haben wir ja schon…
[Hatten wir hier schon, die fehlende Beförderung wg fehlender Haushaltskarten. T.W.]
Wie bei nahezu allen Umfragen kommt es auf die Fragestellung und und die Interpretation an. Dementsprechend ist das Glas halbvoll oder eben halbleer. Das hat natürlich auch etwas mit Führung , Willen, Selbstverständnis und Erziehung. zu tun und daran mangelt es grundsätzlich, um diesen nur scheinbaren Widerspruch aufzulösen.
Es reicht ja wenn an anderer Stelle mal weniger mehr ausgegeben wird…. also zum Beispiel die anderen 2-3 großen Einzelposten im Haushalt mal einfrieren, oder ein paar Jahre weniger stark anheben… und schon hat man jedes Jahr 10-20 Mrd € mehr zur Verfügung die in den EPL14 fließen können…
wenn man das mal 3-4 Jahre durchzieht kann man den EPL14 auf 100 Mrd € anheben! und das ohne zu kürzen
Wenn die Mehrheit der Bevölkerung wüsste, wie mit Finanzen bei der Bundeswehr umgegangen wird, würde das Urteil möglicherweise ein anderes sein. Einige Aspekte wurden in „Vorschlag von Habeck: Noch ein Sondervermögen für die Bundeswehr?“ recht deutlich angesprochen.
Dazu kommt, das Bedrohungsszenarien existieren, welche Angst erzeugen.
Verständlich, denn das Rußland eine aggressive, imperiale Politik verfolgt ist unstrittig. Das Gefahr für den Westen und den Weltfrieden besteht erfordert Handeln der Gesellschaft.
Doch der Russe steht noch nicht im Wohnzimmer, der heldenhafte Kampf der Ukraine trägt dazu bei.
Ich wünsche mir eine präzise, nachvollziehbare Bedrohungsanalyse von Militär und Politk, nicht so viele Überschriften, Meinungen und Kommentare.
Wenn dieser Krieg endet, sind die Ukraine, der Westen aber auch Russland angeschlagen.
Nicht zu vergessen, in Deutschland sieht die wirtschaftliche Lage, selbt die politische Führung, nicht gerade rosig aus.Besserung nicht in Sicht!
Investitionen sind notwendig, von Bahn bis Bildung, aber auch Gesundheit, Soziales und Klima.
Da wird sich die Stimmung der Bevölkerung drehen, wenn Ausgaben der Verteidigung zu Kürzungen im privaten Einkommen, im privaten Umfeld führen. Eingestürzte Brücke in Dresden, Bahnchaos, sinkendes Rentenniveau, Gesundheitssystem im Umbruch sind plakative Beispiele
Ist mir schon Recht wenn der Staat Geld in die Hand nimmt. Gut bezahlte Dienstposten generieren durch Konsum Steuereinnahmen und kurbeln die Wirtschaft an.
Wäre nur schön wenn ich dann in Zukunft keinen in Südafrika gebauten Wagen fahren müsste und sich der BwFuhrpark auf in Deutschland gebaute Autos konzentriert um das Geld eben auch in Deutschland zu lassen.
Es ist ja schon einmal ein Fortschritt, wenn nicht nur gefragt wird, was der Bürger gern hätte, sondern auch, ob er sich anderswo Kürzungen vorstellen könnte.
Noch interessanter wäre allerdings, wenn die Finanzierung konkret abgefragt würde. Wenn man also hinter der bevorzugten Kürzung oder Steuererhöhung oder Schuldenerhöhung resp. Schuldenbremsen-Abschaffung ein Kreuzchen machen könnte.
Damit die ganze Diskussion mal in ein realistisches Fahrwasser kommt.
Obibiber +1
Genau das ist ein Thema: Sobald der Haushalt ein wenig Spielraum hat, wird wieder eine neue Wohltätigkeit ausgegossen.
Ohne hier Fingerpointing zu betreiben oder den Sozialstatt an sich abbauen zu wollen, bleiben mir gewisse Dinge nicht einsichtig.
Beispiel: Die Flüchtlinge aus der Ukraine beziehen Bürgergeld und keine Sozialhilfe, wie all die anderen Asylbewerber.
Als Bürgergeldbezieher ist man nicht asylunterkunftsberechtig und muss sich – Spoiler: eigentlich (!) – eine (Sozial-)Wohnung auf dem freien Markt suchen. Das scheitert meist an den üblichen Problemen, so dass die Ukrainer mit erhöhtem Finanzaufwand dennoch in Asylunterkünften leben.
Das erhöht den Druck in den Unterkünften, führt zu erhöhten Ausgaben für den Sozialkassen (wird ja alles aus der Rente bezahlt) und treibt nebenher die Krankenkassenbeiträge in die Höhe.
Also sinnfreie Mehrausgaben ohne erhöhten Nutzen für alle (!) Beteiligten.
Diese Mehrausgaben wären „Spielraum“.
Die 10 Mrd. für Intel, die sich – hier gehe ich eine Wette – trotz Direktsubvention nicht in Deutschland ansiedeln werden, wären „Spielraum“.
Aber solange die Regierung lieber Geld ungezielt in den Konsum (Renten, Sozialhilfe, „Entwicklung“, …) steckt, statt in Infrastruktur, Verteidigung und Bildung zu investieren (!), wird sich das nicht ändern.
Ein paar lächelnde Gesichter sind halt bessere Bilder, als sanierte Brücken oder gar sanierte Schulen…
Aber das wird jetzt wieder zu OT-ig..
Wenn keine Unruhe unter Zivilisten entstehen soll, dann sollten nicht die unteren Einkommensgruppen die Last von Mehrausgaben für die Verteidigung stemmen müssen. Steuervermeidung und Steuerhinterziehung gefährdet in diesen Zeiten Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit. Neoliberale Politik („der Markt soll alles(!) regeln“) schwächt den Staat effektiver als Desinformationskampagnen.
Und schon wieder Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht Nass!
Entweder dreht der Staat massiv seine Steuereinnahmen nach oben um das mehr an Verteidigung zu finanzieren ohne woanders zu kürzen oder man findet im Resthaushalt mittel die umgeschichtet werden können.
Oder wir nehmen Tor Nummer 3 und bauen uns wieder Streitkräfte die LV/BV leisten können und „günstiges“ Personal bereitstellen können… dann sprechen wir aber zwangsläufig wieder über eine harte und umfassende Wehrpflicht. Blick nach Südkorea reicht… vom Umfang und Ausrüstung sind die stark vergleichbar mit der Bundeswehr 1989… 500.000 aktive Soldaten, knapp 2000 Kampfpanzer, ca. 190 Marineeinheiten und knapp 400 strahlgetriebene Kampfflugzeuge verschiedener Typen und all das finanzieren die Koreaner mit knapp 42 Milliarden Euro Verteidigungshaushalt! Dafür bekommt dann ein koreanischer Wehrpflichtiger aber auch nur etwa 430€ Monatssold.
Am Ende ist es nur die Frage welche Streitkräfte wir uns als Gesellschaft leisten wollen?
@flashfreak33 sagt:
12.11.2024 um 11:06 Uhr
„Da wird sich die Stimmung der Bevölkerung drehen, wenn Ausgaben der Verteidigung zu Kürzungen im privaten Einkommen, im privaten Umfeld führen. Eingestürzte Brücke in Dresden, Bahnchaos, sinkendes Rentenniveau, Gesundheitssystem im Umbruch sind plakative Beispiele.“
Und dies ist in allen Ländern der NATO/EU so. Selbst im Baltikum und Polen hat die Bevölkerung eine Schmerzgrenze bis zu der sie Verteidigungsausgaben zu Lasten der anderen Staatsaufgaben mitträgt.
Dies wird auch Herr Merz (mit hoher Wahrscheinlichkeit ja unser nächster Kanzler) nicht ändern und
dementsprechend handeln, damit die folgende Wahl weiter im Sinne der CDU/CSU verläuft…
So ist die reale Welt … Man kann sich anderes wünschen … aber die Realität wird eine andere sein…
Viele Menschen haben nun einmal im Alltag ganz andere Sorgen… da kommt der Russe erst auf hinteren Plätzen…
@Felix:
Das Investitionsdenken ist ja durchaus da. Und für Investitionen ist auch Geld verfügbar, weil da anders gegenüber der Schuldenbremse gerechnet wird.
Ohne jetzt Wahlkampf betreiben zu wollen: Es ist durchaus schon legitim, wenn eine Partei, die nun einmal der Schuldenbremse besondere Aufmerksamkeit in ihrer Programmatik widmet, dann die anderen Parteien, mit denen sie regiert, bei finanziellen Begehrlichkeiten fragt, ob man nicht erst einmal die vielen rein konsumtiven Staatsausgaben mal in den Fokus nimmt, bevor man heute entgegen der Verfassung Geld ausgibt, welches die Menschen morgen und übermorgen mit ihren Steuern noch on top zurückzahlen müssen.
Denn unser Staat nimmt ja keinen Pfennig ein, der nicht vorher irgendwo im Land hier erwirtschaftet werden musste, gell? Dass der Staat Geld produktiv erwirtschaftet, hat noch keiner behauptet.
Und ob Rüstungsausgaben als „Investition“ im verfassungsrechtlichen Sinne gelten können, darf durchaus auch bezweifelt werden. Eine Fregatte ist schließlich keine Autobahn.
Da wir 2024 45 Mrd.€ für das Bürgergeld ausgeben, wäre da zu kürzen. So stärken wir die Zukunft Deutschlands. Durch immer mehr und höhere konsumtive Ausgaben vernachlässigen wir nicht nur unsere Sicherheit, sondern auch die Infrastruktur wie Straßen, Bahn, Zivil- und Katstrophenschutz, also staatliche Kernaufgaben. Weiterhin verstoßen wir gegen Art. 3 des NATO Vertrags, wonach die Mitglieder für ihre eigene Sicherheit zu sorgen haben. Erst dann soll ein Mitglied die kollektive Sicherheit unter Art. 5 in Anspruch nehmen. Dieses Mantra wird nicht nur der gewählte Präsident der USA der deutschen Regierung vorhalten. Nehmen wir doch Verantwortung für uns selbst, anstatt die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen. Es wird Zeit, dass wir wieder erwachsen werden. Warum sollen andere uns in der Not helfen, die wir selbst durch eigenes Unterlassen verursacht haben?
Zitat:“Nach einer Umfrage der Körber-Stiftung kann sich ein signifikanter Anteil der Deutschen mehr Ausgaben für Verteidigung vorstellen – aber bitte ohne Kürzungen an anderer Stelle.“
Welche Überraschung. Und als wenn es nicht genug Unsicherheitsfaktoren gäbe, kommt nun noch einer dazu. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dieser Tage darüber ob der Soli auch weiterhin erhoben werden darf. Wenn das Bundesverfassungsgericht das ablehnt, dann fehlen im nächsten Haushalt weitere 12 Milliarden Euro.
Allerdings wäre es so einfach, dieses Loch zu stopfen. Würde man einfach mal die Steuerhinterzieher aus den Cum-Ex (rund 10 Milliarden) und den Cum-Cum (rund 30 Milliarden) Geschäften zur Kasse bitten, dann wäre der Bund um rund 40 Milliarden reicher. Von diesen Fällen sind bislang nur etwa 1% vom Finanzamt abgearbeitet.
Mit dem Geld könnten wir uns helfen, der Ukraine helfen und wir hätten es gar nicht nötig, den armen Bürgergeldempfängern die Stütze zu kürzen.
Ich finde es deshalb schon sehr auffällig dass diese Geldquelle in der politischen Debatte von keiner Partei auch nur erwähnt wird.
@TW nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber eine telefonische Umfrage aus dem September unter 1010 teilnehmenden finde ich in der aktuellen Debatte nicht hilfreich.
Ja, man sagt 1000 sind mathematisch repräsentativ.
Allerdings ist nicht klar wer, wann, was gefragt wurde und ein 2. Sondervermögen stand damals nicht zur Debatte.
@all
Ich verstehe die Logik “ hier kürzen – da erhöhen “ aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht nicht. Es knirscht und knackt in allen Bereichen, wir haben uns kaputt gespart. Auch die Bw.. Die Schuldenbremse ist zu strickt, sie hindert den Staat, seine Aufgaben vollständig wahrzunehmen. Natürlich gibt es den ein oder anderen Bereich, der nachjustiert werden müsste. Aber das sind Marginalien.
@flashfreak33
Wenn der Russe erst im Wohnzimmer steht, dann brauchen Sie auch nicht mehr über den deutschen Verteidigungshaushalt nachdenken. Das muss jetzt geschehen auf Basis der bisherigen Analysen. Es dauert nun mal 3 bis 10 Jahre, bevor neu bestelltes Großgerät einsatzfähig auf dem Hof steht. Ein Grund, warum man noch keinen spürbaren Effekt aus dem jetzigen Sondervermögen sieht.
@ Schlammstapfer Da gibt es wohl Gedächnislücken.
Dieses „keine monetären Schulden für die nächste Generation“ der letzten 20 Jahre hat Deutschland in den bedauernswerten Zustand gebracht, in dem es nun steckt: Deutschland hat reihenweise nicht-monetäre Schulden.
Infrastrukturschulden.
Digitalisierungsschulden.
Bildungsschulden.
Lohnschulden.
…
Die aktuelle Regierungskrise verstärkt Finanzierungsproblem der Bundeswehr, denn es gibt die vorläufige Haushaltsführung.
Die Bestimmungen für die vorläufige Haushaltsführung sind im Grundgesetz geregelt. Ohne neuen Haushalt darf die Bundesregierung nach Artikel 111 Grundgesetz nötige Ausgaben tätigen, um den Betrieb von Bundesbehörden aufrecht zu erhalten, bereits beschlossene Bauvorhaben und Beschaffungen fortzuführen und bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Dies bedeutet auch, dass etwa Sozialleistungen wie Elterngeld oder Arbeitslosengeld weiter gezahlt werden können.
Bei der Bundeswehr gibt es ein solchen Fällen die Haushaltssperre
Beispiele, was betroffen sein könnte:
-Beförderungen (aktuell wohl auch 900 Leutnante)
-Aufstellung der PzBrig 45
-Infrastrukturmaßnahmen, die bereits geplant sind, deren Bau aber noch nicht begonnen hat, könnten ebenfalls nicht starten.
Das alles hat die gegenwärtige Bundesregierung gewusst und „eingepreist“. Da kann es mit dem Willen der Finanzierung der Bundeswehr nicht so weit her sein, wenn es also konkret wird, ist es mit der Angst vor dem Russen nicht mehr so schlimm. Wird halt ausgesetzt, In internationalen Medien sind wir schon wieder die Lachnummer. Die nationalen Medien berichten über so etwas eher verhalten,
[Verstehe nicht ganz was Sie sagen wollen – die Koalition wurde bewusst zum Scheitern gebracht, um der Bundeswehr zu schaden? T.W.]
@werksfahrer01
Die Frage ist: muß der Haushalt als ganzes beschlossen werden (Haushaltsgesetz) oder kann man ggf. Teile davon herauslösen und vorab (z.B. den EP 14) beschließen ?
@Pio-Fritz:
Dem möchte ich entschieden widersprechen. Der Sozialetat ist mit Abstand der größte Einzeletat im Bundeshaushalt. Und dieses Geld fließt natürlich auch in unabweisbare Bedarfe, die zu befriedigen Ausfluss der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips ist. Ganz ohne Zweifel. Allerdings sind dort immer noch Milliarden an Förderprogrammen und -geldern, die prinzipiell ohne effektive Erfolgskontrolle in einer eigens davon profitierenden Sozialwirtschaft versickern, die besonders lautstark ihre dauerhafte Existenzberechtigung beklagt, obwohl ihre Aufgabe eigentlich wäre, den Menschen nachhaltig aus der sozialen Not herauszuhelfen.
Hinzu kommt Gesetzgebung auf allen staatlichen Ebenen, die einzig und allein den Zweck verfolgt, mit staatlichen Mitteln bestimmte Förderungen zu leisten, dabei aber die Finanzierung immer nur auf Kreditbasis in den Blick nimmt. Eine Pflichtaufgabe, die man erst im Rahmen der Gesetzgebung zur Pflicht macht, ist dabei allerdings nur kaum eine überzeugende Begründung für die zwingende Notwendigkeit neuer Schulden, wenn man auch darauf hätte verzichten können.
Die Schuldenbremse ist daher strikt notwendig, um genau solche Urstände zu verhindern, wenn Politik glaubt, immer weiter auf Jück Geschenke verteilen zu müssen und dabei en passant grundlegende Pflichtaufgaben wie Landesverteidigung durch erdrückende Kosten unerfüllbar zu machen. Anspruch auf kostenfreie KiTa-Plätze usw. ist ja alles schön und gut. Kann man auch Gesetze erlassen, die das so regeln. Aber man kann sich dann nicht hinstellen und klagen, dass man für alle diese tollen Sachen nicht auf Pump die Finanzierung machen kann. Denn ob ich als Bürger die KiTa-Plätze durch Beiträge bezahlen muss, oder durch höhere Steuern ad infinitum, weil der Schuldendienst immer weiterer Neuverschuldung es auf unabsehbare Zeit nicht möglich macht, die Abgabenlast in unserem Land zu reduzieren, ist schon eine Frage der Transparenz und Ehrlichkeit gegenüber dem Bürger.
Andersherum wird ein Schuh draus. Wir sollten uns mal überlegen, welche Aufgaben der Staat tatsächlich notwendigerweise wahrzunehmen hat, und welche nicht. Dazu wird auch gehören, einige lieb gewonnene Zöpfe abzuschneiden und einige unbequeme Entscheidungen zu treffen. Eine ehrliche Aufgabenkritik ist nie einfach. Aber sie ist in unserem Land dringend nötig.
@Pio-Fritz:
Auch wenn ich oft Ihre Meinung teilen kann, das Thema „Schuldenbremse“ sehe ich anders.
Die Schuldenbremse ist sehr sinnvoll, um Regierungen fiskalisch zu erziehen, damit nicht alle Entscheidungen mit (Schulden-) Geld zugekleistert werden – die Ampel funktionierte ja, bis die 60 Mill. aus dem Corona-Haushalt zurückgepfiffen wurden und die ganzen Klientel-Projekte nicht mehr finanzierbar waren.
Wenn ich jetzt sage, dass ich jede Investition mit einem „Sondervermögen“ hinterlege, dann verjuxe ich den regulären Haushalt mit konsumtiven Ausgaben und markiere den „Starken Staat“ mit medienwirksamen „Sondervermögen“ und habe am Ende einen Schuldenberg, aus dem die wachstumsstärkste Wirtschft nicht mehr „herauswachsen“ könnte.
Von der aktuellen Situation ganz zu schweigen.
Und ich bin ja auch der Meinung, dass wir mehr Geld für Verkehrsinfrastruktur, Schulen und Bildung, sowie Verteidigungsmaterial brauchen, aber das muss doch gut begründet sein und daran hapert es meiner Meinung.
Ich sehe immer noch kein „Gesamtkonzept BW – Ziele, Fähigkeiten und Ausrüstung im Angesicht der Herausforderungen der kommenden 10 Jahre“
Ich sehe viele Einzelprojekte, die mehr nach erratischem Einkauf mit Papas Kreditkarte aussehen (Schiffe insbesondere) und weniger nach konkludierten Ansätzen.
Wir haben Fregatten, die sich nicht verteidigen können und die keinen wirklichen Auftrag haben. Angeschafft für „Irgendein friedenssicherndes Gedöns auf den Weltmeeren“ (Offizieller BW-Sprech: „Maritimen Stabilisierungsoperationen niedriger und mittlerer Intensität“) mit allem, was die heimische Militärwirtschaft sensortechnisch zu bieten hat und wo irgendein MdB die Unternehmen in seinem Wahlkreis glücklich machen konnte (Grüße an Johannes Kahrs für Baulos II der F130).
Als Eierlegendewollmilchsau angekündigt und als querschnittlich unterdimensionierte Schwimm-Eunuchen mit zu kleinen Flugdecks geendet.
Mit dieser „Operetten-Marine“ kann man aktuell wenig anfangen. Entweder zu wenig (U-Boote) oder unbrauchbar (F125).
Wahrscheinlich kann man die F125 eher als Demonstratoren auf irgendwelchen Militärmessen nutzen. Zur Durchfahrt von (leidlich) umkämpften Gebieten ist diese Fregatten-Baureihe ja eher nicht geeignet (siehe „Baden-Württemberg-Fiasko“ vor ein paar Wochen).
Mir tun dabei audrücklich die Besatzungen Leid, die der Lächerlichkeit preisgegeben wurden, obwohl sie nichts für die unbrauchbare Ausrüstung ihrer Schiffe können. Mal sehen, wie die F127er werden.
Und so brasselt jede Truppengattung vor sich hin.
Ich habe nur den Hauch einer Idee und auch keine Lösung, aber das ist nicht meine Aufgabe, sondern die der gewählten Volksvertreter und der „Fachleute“ in BMVg und Truppe.
Doch immer mehr Energie (Geld) in ein kollabierendes System (BW) zu stecken, ist keine gute Idee.
Wird jeder Physiker zustimmen.
Womit dieser 70%-OT hiermit selbständig beendet wäre. ;-)
@ T.W.
„[Verstehe nicht ganz was Sie sagen wollen – die Koalition wurde bewusst zum Scheitern gebracht, um der Bundeswehr zu schaden? T.W.]“
Nein so nicht! Natürlich nicht BEWUSST „um der Bundeswehr zu schaden“
Fakt ist: Das Scheitern schadet der Bundeswehr! massiv Es scheint, das die bitteren Auswirkungen erst jetzt klar werden. Insbesondere denen, welche das Scheitern faus parteipolitischen Gründen forcierten und nun mit großen Worten auftreten. Das Wohl und Wehe der Bundeswehr schien egal.
@werksfahrer01 sagt:
13.11.2024 um 9:21 Uhr
„Bei der Bundeswehr gibt es ein solchen Fällen die Haushaltssperre
Beispiele, was betroffen sein könnte:
-Beförderungen (aktuell wohl auch 900 Leutnante)“
Dies hat nichts mit der aktuellen Haushaltssperre zu tun…
Das würde auch eintreten wenn der EP 14 2025 so beschlossen würde, wie aktuell im Entwurf vorliegt.
Dieses Problem hat seine Ursache im seit Jahren bestehenden Problem das Personalstrukturplan, Haushalt, Aufbau des Personalkörpers, Org-Struktur und politischer Wille, dieses Problem nachhaltig zu lösen, nicht übereinstimmen. Bisher traf dies in der Masse die OFw … nun hat sich die Lange deutlich verschärft…
Mit der Folge das das BMVg nur die Wahl hat … Befördern oder Bestandspersonal weiter halten…
@Bow & @Metallkopf: Volle Zustimmung. Ich möchte noch ergänzen, dass die Verlässlichkeit der Mittelverfügbarkeit eine zusätzliche, erhebliche Rolle spielt. Hier hat es in der Vergangenheit auch oft „Arbeit nach Kontostand“ oder „Beauftragung nach Gutdünken & Wahlkreis“ gegeben.
Was mich etwas hoffnungsvoll stimmt: sollte es sich bewahrheiten, dass es in den letzten Monaten einige ganz gute Ansätze gab, aus bestimmten Problemen herauszukommen. Ich halte viel davon, über die kapitalgedeckte Komponente der Rentenversicherung einen „German Souvereign Funds“ aufzubauen (weniger davon, diesen mit Fremdkapital zu finanzieren – besser einen Teil der Rentenreserve nutzen). Mit sinnvoller Ausgestaltung kann dieser zur Infrastrukturfinanzierung beitragen, zumindest überall dort, wo echte Einnahmen gegenstehen und auch Kapitaldienst bringen können (Autobahn GmbH, DB Netz, Flughäfen / Häfen bzw. deren Infrastrukturgesellschaften). Dies führt nicht sofort zu frei werdenden Etats im eigentlichen Haushalt, perspektivisch schon – und überführt nebenbei die Infrastrukturfinanzierung auf Sicht auch in eine Kontinuität.
Auch wenn ich eher ein Anhänger der „reinen Lehre“ bin und die Schuldenbremse für sinnvoll erachte: für ein zweites Sondervermögen für die Bundeswehr könnte ich mich grundsätzlich erwärmen. Dies allerdings nur, wenn rein auf Investitionen fokussiert, vor allem vorher ein belastbares Ziel- und Ausstattungsbild präsentiert wird und massiv Strukturen verschlankt werden.
@T.W.
Ich glaube nicht das einer der Akteure die Koalition mit dem Vorsatz hat platzen lassen, um „der Bundeswehr zu schaden“. Man wird aber, angesichts der vielen zu lösenden Probleme, nicht umhin kommen festzustellen, das bestimmte Akteure parteitaktisches Klein-Klein über das große Ganze gestellt haben. Diese Akteure haben Schaden, unter anderem auch für die Bundeswehr, zumindest billigend in Kauf genommen.
@Metallkopf und @Bow
Ich gebe Ihnen zu Ihren einzelnen Punkten ja recht, allerdings sind das die Marginalien, von denen ich gesprochen habe.
Es macht z.B. keinen Sinn, über den Haushalt für Soziales zu jammern und irgendwelche Fördermittel streichen zu wollen. Das sind dann vielleicht 10 Milliarden? Bei Streichung können Sie sicher sein, bekommen Sie in puncto Erhöhung Verteidigungshaushalt oder Beschaffung (Sondervermögen) kein Bein mehr an die Erde.
Oder die F-125, sind 5-6 Milliarden, so what? Vielleicht kann man die Schiffe noch zum Flottendienstboot umbauen, das würde den Part etwas günstiger gestalten. Die sind halt mit der falschen Prämisse bestellt worden. Und die K-130, tja, wenn der Schiffskonstrukteur keine vernünftige Vorgabe zum einzusetzenden Helikopter erhält, dann kann er diesen auch nicht einplanen. Und wenn der Heli wechselt, dann sollte man auf solche Details achten. Passiert eben bei Goldrandlösungen, immerhin schwimmt der Kahn.
Wir müssen uns einfach mal frei machen, typisch deutsch über eine verschüttete Pfütze Milch zu lamentieren, wenn der Molkereitanklastzug daneben steht. Geld ist nicht das Problem. Für wen haben wir gespart, wenn die Infrastruktur zusammenbricht, die Verteidigung versagt oder soziale Unruhen ausbrechen?
Also: Kanonen und (!) Butter 😎
Ich bin strikt gegen mehr Geld für die Bundeswehr! Es gibt genug Möglichkeiten zu sparen, da gibt es keine Ausreden. Es muss nur gemacht werden.
Schirrmeister sollten wieder die Fahrzeuge reparieren dürfen und nicht der HIL zuschauen. Alle Fahrzeuge sollten wieder der BW gehören. Die IT-Infrastruktur sollten wir wieder selbst in die Hände nehmen. Die S6 Abteilung würde dann auch mal wieder zu tun haben. Das wir ein Problem mit der Dienstgraddichte haben ist auch nichts neues. Es gibt wohl jetzt Einheiten wo rein theoretisch der Kompaniechef Oberstleutnant werden/sein kann. Das sind schon krasse Zustände. Das sind nur drei Beispiele, da geht aber locker mehr. Die ganzen Punkte, wie Wir sparen könnten, wurden hier im Forum schon hunderte Male durchgekaut.
Wir haben kein Erkenntnis Problem, Wir haben ein Problem mit Umsetzung!!!
@ Alf 13.11.2024 um 20:08 Uhr
Zustimmung.
Solange Geld in merkwürdigen Projekten versinkt, die am Ende keinen Sinn machen, nicht mehr Sicherheit bringen, aber Geld verbrennen, dann sollte es auch kein weiteres Geld geben.
Um das zu vermeiden, scheint es keine Spardruck auf die Bundeswehr zu geben. Wirtschaftsentwicklung und gesellschaftlichen Anforderungen von Industrieförderung, Klima bis Rente erfordern auch von der Bundeswehr sparsamen Umgang mit Finanzen.
naja, dazu muss man auch wissen was Sinn macht. Ein neues Panzermodell mit KpzWanne und 2×6 Läufen zur Abwehr fdl Flieger im Nächstvereich um 2021 oder gar 2013? Jetzt erlebten wir das kleine Drohnen der heisst Sch… sind, jetzt erleben wir das kleine Drohnen zur Abwehr kleiner Drohnen heisser Sch… sind. Excalibur (ArtMun) war auch mal geile Sch…. Taurus war solange ….eher semi, bis er mit gammeln anfing.
Also was sind die richtigen Felder für morgen? Antistarlink gegen Starlink und der Gegner zieht nach?….. DysonSphäre leicht gemacht.
Die „Wirtschaftsweise“ Ulrike Malmendier fordert einen EP 14 von 4% des BIP aufgrund der Wahl von Trump, im Jahresgutachten, das vorher erstellt wurde, wurden noch 2% als Ziel genannt.
Nota (aus einem Handelsblatt Newsletter von heute):
„Vier Prozent vom BIP fürs Militär hat Deutschland laut „Statista“ zuletzt 1967 ausgegeben. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges Anfang der 80er-Jahre waren es rund drei Prozent.“
Zeitenwende bei der Bundeswehr: Die Bundesregierung will weitere 100 Milliarden Euro oder mehr Geld aus dem laufenden Haushalt (3 – 3,5 %). Bedarf gibt es reichlich, aber gibt es auch ein Konzept?
Immer wieder geht die Bundeswehr u.a. nach Ansicht des Bundesrechnungshofes, wenig verantwortlich mit den Steuergeldern um. Auch investigative Journalisten kritisieren Ausgaben und Projekten der Bundeswehr und formulieren den Vorwurf der Geldverschwendung.
Doch was passierrt. Im BMVg wird der Bundesrechnungshof als unfähig verlacht.
Bei mehreren Projekten steht unwirtschaftliches Verhalten in Rede. Bei der Bundeswehr wird regelmäßig schlechtes Management moniert.
Mir ist nicht bekannt, das dagegen wirklich etwas unternommen wurde, doch möglicherweise ist hier das Forum, um über unbekannte Einsparinitiativen der Bundeswehr zu erfahren.
Kann man nicht beim Fuhrparkservice sparen? In den Niederlanden, Belgien und anderen Ländern wird anders agiert. Da fahren Generale auch bescheidener. Bei uns hat gefühlt jeder Mannschaftsdienstgrad ein Fahrzeug, um mal schnell Papier aus dem 300 m entfernten Stab zu holen oder bei Regen mit Kameraden zum Essen zu fahren.
@Pio-Fritz: Auch 10 Mrd. Euro die nicht als neue Schulden aufgenommen werden, sind ein erheblicher Beitrag zur künftigen Entlastung der Steuerzahler. Weil man ja nicht nur die Schulden zurückzahlen muss, sondern auch die Zinsen.
Die seit Jahrzehnten aufgenommene Nettoneuverschuldung bedeutet ja faktisch, dass Deutschland im Prinzip nie Schulden tilgt (einzelne Kredite natürlich, aber eben unterm Strich insgesamt nicht) und im Gegenzug die drohende Zinslast immer weiter erhöht.
Wenn einige politische Kommentatoren jetzt auf das Kanzler-Narrativ der SPD hereinfallen und so tun wollen, das Beharren der FDP auf der – verfassungsrechtlich verankerten – Schuldenbremse sei mit „parteipolitisches Klein-Klein“ korrekt beschrieben, dann zeigt das m.E. eine gewisse, besorgniserregende Hemdsärmeligkeit im Umgang mit unserer Verfassung. Was dann bei der Schuldenbremse anfängt, hört dann wo genau auf? Bei den Grundrechten vielleicht?
Der FDP wurde in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, eine „Umfallerpartei“ zu sein, und Posten und persönliche Vorteile über die eigenen politischen Grundsätze zu stellen. Diesen Vorwurf kann man den Liberalen (mal abgesehen vom Verkehrsminister, der pikanterweise bis zum Austritt auch Landesvorsitzender in RLP war) nun im Bezug auf das Ende der Ampelkoalition wohl kaum machen.
Das ultimative Beharren von Scholz auf ein Abrücken von der Schuldenbremse kann man jedenfalls weder im Koalitionsvertrag der Ampel, noch in deren bisheriger Politik politisch als angezeigt oder erwartbar wiederfinden. Im Gegenteil. Historisch ist Scholz in Fragen der Haushaltsdisziplin immer auf Seiten seines Finanzministers aufgetreten und wurde dafür von links immer wieder kritisiert. Das Märchen vom „Vertrauensbruch“ ist demnach genau dies. Ein Märchen, welches als Vorwand für die Beendigung der Koalition dienen musste.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung – aber diese Debatte ist hier nicht am richtigen Ort. sonst können wir gleich alle Wahlkampfdiskussionen hier im Blog führen. Also bitte beenden. T.W.]
Die Bundeswehr sieht sich mit finanziellen Engpässen konfrontiert, die unter anderem die Beförderung junger Bundeswehr-Studierender zu Leutnants und die Vertragsverlängerung von Spezialisten bedrohen.
Vor dem Ende der aktuellen Regierungszeit hebt das Kabinett die Besoldung einiger Spitzenbeamter an. (u.a. von B6 zu B9 im AA) In der Bundeswehr sind Beförderungen wegen Haushaltssperre ausgesetzt. Was sagt das denn aus.
[Ich rate mal einfach zum Nachdenken, ehe man die Forderung aufstellt, die Personalausgaben der verschiedenen Ressorts aneinander zu kopppeln. T.W.]
Um die Effizienz von Streitkräften zu bestimmen, ist es notwendig, die Leistung zu definieren und zu messen. Hierbei sind die militärischen Fähigkeiten ein besserer Indikator als die Gesamtzahl der Soldatinnen und Soldaten in den Streitkräften oder die alleinige Bewertung von Waffen und Ausrüstung. Kampfkraft muss Indikator sein. Hierzu bedarf es militärischer Organisationseinheiten mit zielgerichtet ausgebildeten Soldatinnen und Soldaten. Die primäre Aufgabe von Streitkräften ist der Kampf, also die Kernfähigkeit, getragen von der in Manöverelementen strukturierten Kampftruppe zu Lande, Kampfflugzeugen in der Luft und Kampfschiffen zur See.
@Pio-Fritz:
„Ich verstehe die Logik “ hier kürzen – da erhöhen “ aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht nicht. Es knirscht und knackt in allen Bereichen, wir haben uns kaputt gespart.“
Das ist ja sachlich nicht korrekt: Denn unsere Staatsausgaben / Bundeshaushalt steigen (!) jedes Jahr. Wir geben jedes Jahr mehr aus. Wir sparen also definitiv nicht. Sparen würde bedeuten, dass wir unsere Staatsausgaben senken würden. Haben wir aber all die Zeit nicht gemacht.
Unser primäres Problem ist, dass wir die falschen Prioritäten gesetzt haben und immer noch setzen. Zu viel in kurzfristige konsumptive Ausgaben, und zu wenig in notwendige langfristige Investitionen.
Ein klassisches Beispiel für diese Fehlallokation von Ressourcen ist die „Rente mit 63“ (Lieblingsprojekt von H. Heil). Volkswirtschaftlich doppelt kontraproduktiv: 1. Erhöht die Kosten im Rentensystem deutlich. 2. Entzieht der Wirtschaft extrem erfahrene Fachkräfte, und das in einer Situation, in der ohnehin Fachkräftemangel herrscht.
„Die Schuldenbremse ist zu strickt, sie hindert den Staat, seine Aufgaben vollständig wahrzunehmen.“
Nein, das tut sie nicht. Seit Einführung der Schuldenbremse haben wir dadurch ca. 350 Mrd. (!) an Zinskosten gespart. Das hat enormen zusätzlichen Spielraum im Haushalt eröffnet. Dass dieser Spielraum zu wenig für Investitionen in die Infrastruktur, Bildung und Sicherheit genutzt wurde, und zu sehr für Konsum und teure Wahlgeschenke (siehe Beispiel oben), ist ein Versagen der Politik. Aber keine Folge der Schuldenbremse.
In der Volkswirtschaftslehre gibt einen sehr spannenden Teilbereich, der sich „Politische Ökonomie“ nennt. Eine Kernerkenntnis der PO ist, dass sich Politiker ähnlich Konsumenten nutzenmaximierend (für sich persönlich) verhalten. Nutzenmaximierend bedeutet stimmenmaximierend, um die eigene Wiederwahl zu sichern. Politiker sind deshalb prinzipiell dafür anfällig, sich durch teure Wahlgeschenke Stimmen zu kaufen um wiedergewählt zu werden. Eine Form der „politischen Korruption“, um es zugespitzt zu formulieren. Und viele Wählergruppen sind dafür leider sehr anfällig.
Und die Geschichte der Bundesrepublik hat sehr klar gezeigt, dass es speziell in einem politischen Spektrum eine sehr starke Tendenz gibt, immer neue Schulden zu machen, um sich Zuspruch beim Wahlvolk zu sichern.
Die Schuldenbremse ist eines der besten Instrumentarien, um dieser „politischen Korruption“ Grenzen zu setzen. Nicht nur eine volkswirtschaftliche, sondern auch eine demokratische Errungenschaft.
Und unsere aktuellen Haushaltsprobleme resultieren aus einer Wachstumsschwäche und Stagnation unserer Wirtschaft. Das ist ein hausgemachtes Problem, wie die deutlich höheren Wachstumszahlen anderer Länder zeigen. So ist z.B. die überbordende Bürokratie ein großer Hemmschuh.
Bei einer wachsenden Wirtschaft hätten wir wieder deutlich höhere Steuereinnahmen, und mehr Mittel, die z.B. in unsere Verteidigung und Sicherheit investiert werden könnten.
Beim Thema Verteidigung und Kosten müssen wir meiner Einschätzung nach definitiv alte Konzepte und Denkansätze über Bord werfen. Wir stecken noch viel zu sehr in der Vergangeheit fest: Einerseits in den Konzepten und Erfahrungen des Kalten Krieges. Andererseits in den Konzepten und Strukturen der letzten 30 Jahre, die nicht mehr ausreichend auf LV / BV ausgerichtet waren.
Der ru. Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt aber, dass die Bedrohungen und die Situation auf dem Schlachtfeld heute ganz anders sind, als es noch vor wenigen Jahren prognostiziert wurde.
1. An Strukturreformen gerade auch in der Beschaffung kommen wir nicht herum. Unsere Kosten sind definitiv zu hoch in Relation zur mil. Leistung, die wir erhalten. Der Vergleich z.B. zum israelischen Verteidigungshaushalt zeigt, wie vergleichsweise ineffizient unsere aktuellen Strukturen sind. Zuviel „Goldrand“ Lösungen, und zuviel Ausgaben für Großprojekte mit nur überschaubarem mil. Nutzen.
Wir bekommen aktuell definitiv zu wenig „bang for the buck“.
2. Ich möchte den „bang for the buck“ Aspekt kurz an zwei Beispielen verdeutlichen:
a) Für einen Leo 2A8 bezahlen wir knapp 30 Mio. € pro Stück, ohne Ersatzteile und Munition. Für die gleiche Summe bekäme man 30.000 (!!) FPV Drohnen, wie sie die Ukraine täglich einsetzt. Mit was erzielt man auf dem Schlachtfeld eine höhere Wirkung: Mit einem Leo, oder den 30.000 Drohnen? Rhetorische Frage.
Nein, der Kampfpanzer ist sicher nicht generell überflüssig geworden. Aber seine Rolle und Bedeutung haben sich gewandelt, und andere Systeme haben deutlich an Bedeutung gewonnen.
Unser Denken ist aber noch zu sehr in der „Kampfpanzerzeit“ verhaftet.
b) Ein Beispiel aus dem Bereich Marine: Die Ukraine hat es geschafft, die viele Milliarden teure russische Schwarzmeerflotte zu schlagen. Und das ohne eigene Marine! Nur mit wenigen landgestützen Seezielflugkörpern (Eigenentwicklung Neptun), sehr preiswerten Überwasserdrohnen (ebenfalls Eigenentwicklungen), und sehr wenigen Storm Shadow / SCALP Marschflugkörpern.
Wirklich extrem viel „bang for the buck“.
Einig ist man sich ja, dass die Bundeswehr und damit auch die Marine angesichts der veränderten Bedrohungslage ihren Schwerpunkt wieder auf LV/BV haben muss. Das bedeutet für die Marine insbesondere die Verteidigung der Ost- und Nordsee.
Beides sind relativ „kleine“ Meere, bei denen die Küsten nie besonders weit entfernt sind. Eine Verteidigung kann also nicht nur von der Meerseite und Schiffen aus, sondern durchaus auch sehr effektiv von den Küstenseiten aus erfolgen. Mittels Flugzeugen, aber insbesondere auch mittels mobiler (auf LKW montierter) Seezielflugkörper-Systeme (z.B RBS 15; Harpoon; beide mit Reichweiten von 200+ Km). Die Ukrainer haben mit ihrer Neptun gezeigt, wie erfolgreich solch ein Waffensystem eingesetzt werden kann.
Eine Bedrohung kann also bereits auf große Entfernung bekämpft werden, ohne dass ein Schiff auslaufen müsste. Die Kosten für eine zweistellige Anzahl an Systemen wäre deutlich niedriger als die Kosten für eine F126. Auch die Unterhaltskosten betragen nur einen kleinen Bruchteil.
Denkt man jetzt noch etwas weiter und bezieht die anderen nordeuropäischen NATO-Partner und Ost- sowie Nordseeanrainerstatten mit ein, so könnte man beide Meere mit einem landgestützen „Schutzschirm“ abdecken und schützen: Wenn jeder dieser NATO-Partner einige solcher Systeme betreibt, wäre bereits jeder Punkt auf Ost- und Nordsee abgedeckt und bereits von Landseite aus geschützt. Bei kleinen Staaten wie den baltischen Staaten würden schon 2-3 Systeme pro Küste reichen. Bei den Staaten mit längerer Küstenlinie 6-12 Systeme. Durch die gemeinsame Bestellung ließen sich die Kosten auch nochmals deutlich senken.
Insbesondere, wenn man noch einen Schritt weiter geht, und die NATO-Partner am Mittelmeer und Schwarzen Meer mit einbezieht. Denn auch für diese Staaten wäre eine solche Verbesserung ihrer maritimen Verteidigungsfähigkeit von großem Vorteil. Zu äußerst günstigen Kosten.
Für mich begründet sich das Scheitern der Zeitenwende in 2 Dingen;
Politisches Versagen auf ganzer Linie.
Militärisches Unvermögen der militärischen Führung und politischen Leitung zur langfristigen und strategisch ausgewogenen Planung und Führung.
Die aktuelle Situation offenbart für mich ein dramatisches Versagen der politischen Leitung und militärischen Führung.
Während Bundeskanzler Scholz noch 2022 vollmundig eine „Zeitenwende“ in der Verteidigungspolitik ankündigte, zeigt sich nun die bittere Realität: Die Bundeswehr ist weiterhin nicht kriegstauglich, geschweige denn einsatzbereit. Doch die Anzahl von Reden und Interwies, z.B. des GI, mit harschen Bedrohungsszenarien nimmt zu. Anspruch und Wirklichkeit, es passt nicht zusammen.
Angesichts der Haushaltslage und der politischen Instabilität nach Ende der Ampelkoalition erscheint eine Aufstockung des Verteidigungsetats unrealistisch.
Allein die finazielle Entwicklung ist symptomatisch für den desolaten Zustand der deutschen Streitkräfte. Die viel beschworene Zeitenwende droht zur Zeitenwende des Scheiterns zu werden – auf Kosten unserer Sicherheit und zu Lasten der wenigen noch motivierten Offiziere und Beamten.
FreeEurope sagt: 14.11.2024 um 22:00 Uhr
Diese Marine-Konzepte gab es in der Vergangenheit schon mal in ähnlicher Form in Frankreich unter dem Namen „Jeune École“ gerichtet ursprünglich gegen die damalige Seemacht Großbritannien. Durchgesetzt hat es sich (leider) nicht.
Persönlich wäre ich heute für einen europäischen Ansatz a la Network-Centric Warefare im maritimen Bereich. Den müsste man aber wahrscheinlich erstmal auf der nationalen Ebene vollumfänglich durchsetzen und ihn dann multinational zu erweitern. Daran scheiterts wohl.
@Bazooka Joe:
Finnland, Schweden und Kroatien setzen bereits auf LKW montierte RBS 15 Seezielflugkörper ein. Dänemark hatte bis 2003 auf LKW montierte Harpoon (da man zu der Zeit die Bedrohungslage anders einschätzte, wurden die ausgephast; heute würde man in Dänemark sicher auch ganz anders entscheiden).
Der Charme dieser landgestützten, sehr flexiblen maritimen Verteidigung ist halt die hohe militärische Effektivität auf lange Distanzen zu sehr niedrigen Kosten.
Eine einzige Fregatte F126 kostet weit über eine Milliarde Euro. Für den Betrag könnte man die Nord- und Ostsee komplett mit landgestützten Seezielflugkörpern schützen (Verwendung durch alle NATO-Anrainerstaaten).
Es würde auch Kapazitäten freimachen: Die Fregatten könnten dann den küstenfernen Schutz übernehmen (z.B. Nordatlantik).
@FreeEurope: Ich bin da voll bei Ihnen. Wir haben genügend Geld im Bundeshaushalt (bei Landes- und Kommunalhaushalten sieht das tlw. deutlich anders aus), es wird aber zu viel verbraucht und zu wenig investiert. Die Entscheidungen warum dem so ist, ist vollumfänglich eine politische, z.T. dann gestützt durch Entscheidungen von Gerichten.
Was man sich bei den „Sondervermögen“ vor Augen führen sollte: der Bundeshaushalt hat 2023 etwa 38 Mrd. für Zinsen ausgegeben, für 2024 wird mit einer ähnlichen Summe geplant. Oder anders formuliert: jeder Bundesbürger hat rechnerisch pro Jahr 460 Euro Steuern nur für Zinszahlungen aufgebracht. Ein weiteres, schuldenfinanziertes Sondervermögen von 100 Mrd. Euro bedeutet bei Ausschöpfung weitere 35/40 Euro Zinsbelastung pro Jahr. Oder noch mal anders: der Kapitaldienst ist größer als der Bildungs- oder Verkehrsetat.
Ergo: die Schuldenbremse hat schon ihren Sinn um die Politik zu zwingen, Ausgaben zu priorisieren und nicht permanent ins Schuldenhorn zu greifen. Hier fehlt uns sicherlich eine gesetzliche Komponente, die harte Vorgaben für Verhältnisse von Konsum und Investition gibt. Heißt für mich aber auch: der Druck auf die Politik für effizientes Geldausgeben muss deutlich steigen. Und damit auch der Druck auf einzelne Ressorts sich klar zu machen, dass ernsthaft Effizienzen gesucht und gefunden werden müssen. Hier sehe ich die Bundeswehr weit vorne, Effizienzen heben zu müssen.
Was dazu gehört ist auch eine faire und realistische Bewertung der Notwendigkeiten. Das Leo 2A8-Beispiel zu Drohnen ist sicherlich eines, dass zum Denken anregen muss. Da gehört dann auch sowas wie „Innovationsgeschwindigkeit“ dazu mit der Frage, ob wir das mit einem aktuell derart trägen Verwaltungsapparat in der Breite schaffen, wie es nötig wäre (es gibt durchaus Ausnahmen, wo die Bundeswehr sehr weit vorne ist mit innovativem Equipment). Mir fehlt nur derzeit die Fantasie, wie wir diesen notwendigen Bruch vollziehen können und wir zu dem Bang-for-the-Buck kommen, den wir als Steuerzahler auch erwarten können.
Und wieder mal ein Beispiel, daß Politik und Gesellschaft nicht miteinander sondern nebeneinander her „debattieren“. Aus dem politischen Berlin kommen floskelhafte Breitseiten mit immer neuen Wortkreationen ohne Klarheit und Otto Normalo glaubt also offensichtlich, daß man 150 Mrd € per anno mal eben so aus der Kaffeekasse finanzieren kann. Auch die Beliebtheit von Herrn Pistorius hat sich hier offensichtlich nicht in klare und unmißverständliche Worte ummünzen lassen, denn soviel Blauäugigkeit wie in dieser Umfrage hätte ich meinen Mitbürgern denn doch nicht zugetraut. Oder ist das wieder das alte „Reformen ja, aber bitte bei einem anderen“?
Was in den letzten Tagen nach Veröffentlichung dieser Ergebnisse an – pardon – dusseligem Gesülze von sich gegeben worden ist, zeigt auch wieder leider deutlich wie infantil diese „Diskussion“ hierzulande ist. Herr Pistorius forderte gestern erneut Deutschland müsse eine „führende Rolle“ bei der europäischen Verteidigung, Otto Normalo hat (siehe Umfrage) zum x-ten Mal dankend abgelehnt. Ja, und nu? Was folgt denn jetzt aus dieser Ablehnung? Wo bleibt „die Faust auf dem Tisch“, die Otto Normalo die (unbehaglichen und unerwünschten) Realitäten erklärt? Wo bleibt die klare Aussage zu den politischen Optionen und deren Kosten? Oder ziert man sich angesichts der anstehenden Wahl wieder vor Aussagen, „die den Bürger verunsichern“ könnten?