Lesehinweis: US-Mittelstreckenraketen sind Regierungssache
Die die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland wird weiter debattiert – und in dem Zusammenhang ist eine Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages bedeutsam: Die Vereinbarung mit den USA, sagen die Parlaments-Fachleute, kann die Regierung ohne Beteiligung oder Zustimmung des Parlaments treffen.
Die entsprechende Kurzinformation: Die Stationierung von US-amerikanischen weitreichenden Waffensystemen in Deutschland veröffentlichte der Bundestag am (heutigen) Freitag auf seiner Webseite. Bei der Einschätzung beruft sich der Fachbereich WD 2 (Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung,
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe) vor allem auf ein bereits 1984 ergangenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Damals war es um den so genannten NATO-Doppelbeschluss und die Entscheidung zur Stationierung nuklear bewaffneter US-Mittelstreckenraketen in Deutschland gegangen (zur Erinnerung noch mal: in diesem Fall geht es um konventionelle Systeme, nicht um Atomwaffen). Die Bundesregierung, so entschied das Karlsruher Gericht, handelte auf Grundlage des NATO-Vertrags und des Vertrags über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland. Diese Verträge bzw. die Gesetze dafür seien vom Bundestag gebilligt worden – so dass die Bundesregierung ohne konkrete Parlamentszustimmung für diesen Fall handeln durfte.
Gleiches gelte für die nun getroffene Vereinbarung. Die wesentliche Passage in der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste:
Die derzeit für das Jahr 2026 geplante Stationierung von US-amerikanischen Raketen und Marschflugkörpern dürfte sich ebenfalls im Rahmen des NATO-Bündnissystems abspielen. Dafür spricht zum einen, dass die geplante Stationierung auf dem NATO-Gipfel im Juli 2024 verkündet wurde. Zum anderen bezieht sich die gemeinsame Erklärung der USA und Deutschland auf die NATO-Verpflichtungen der USA. (…)
Die Rechtsgrundlagen, aufgrund derer die Bundesregierung ohne weitere Einbindung der legislativen Gewalt eine Zustimmung erteilen könnte, dürften somit auch hier wohl der NATO-Vertrag sowie der Aufenthaltsvertrag i.V.m. den dazugehörigen Zustimmungsgesetzen sein.
Das hindert die Bundesregierung natürlich nicht, die Debatte darüber im Parlament zu führen – und auch den Bundestag nicht, eine entsprechende Debatte anzusetzen und gegebenenfalls in einer Entschließung dazu Stellung zu nehmen. Ob es dazu kommt, wird sich vermutlich erst nach der Sommerpause und im Lichte der bis dahin laufenden Debatte zeigen. Bislang hatte die Regierung nur knapp mitgeteilt, durch ein Schreiben an die Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung sei das Parlament ja schon befasst worden.
Ist damit die ganze Diskussion nur eine Scheindebatte /dem Sommerloch geschuldet? Oder, gibt es hier Auslegungsspielräume?
*kopfschüttel*
@M.
Es geht darum was „zwingend“ sondern was „geboten“ ist. Ich halte eine Debatte (keine Abstimmung) im BT über diese causa für geboten, dabei können sich auch der Kanzler, Fr. Baerbock und Hr. Pistorius erklären. Vielleicht gibt es auch einen Redebeitrag von Hr. Mützenich 😎
@M
Ist wohl eher der „Putinversteher“ getarnt als „Hardcore Friedensbewegten“ im Bundestag zu verdanken. Dass so etwas von BSW, Linke und AFD kommt war klar, dafür gibts ja Bargeldbündel per Boten, aber dass die stärkste Regierungsfraktion den eigenen Bundeskanzler so beschädigt, irre….wo sind nur die Münteferings unserer Zeit (ach Kevin?). Pistorius hätte echt aufzuräumen in der SPD.
Dass die Unionsfraktion eine Bundestagsdebatte fordert ist soweit ok, die stellen ja wenigstens nicht die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis des Bundeskanzlers infrage. Die Union ist da ausnahmsweise sachlich, während der eigene SPD Fraktionschef Ängste schürt und entweder keine Ahnung hat oder bewusst einige Dinge falsch darstellt und inhaltlich vermengt, um mal wieder Atomkriegsängste zu schüren. (er hat dazu von einer besonders kurzen Vorwarnzeit gewarnt, auf Eskalationsrisiken verwiesen, als würde es sich um ballistische Raketen mit atomaren Sprengköpfen zu Erstschlagszwecken handeln. Garniert mit dem Hinweis, dass er die US Atombomben aus Deutschland raus haben will, sehr geschickte Angstmacherei, bzw. Geschäft und Wahlkampfhilfe für BSW und AFD)
Sorry, aber wer auch immer diese Entscheidung auf welcher Rechtsgrundlage getroffen hat, kann sich bei einer derart weitreichenden und möglicherweise katastrophalen Auswirkung auf die formale Position zurückziehen, dass hier die Exekutive frei entscheiden könne.
Im Übrigen ist der Hinweis, dass es sich aktuell um konventionelle und nicht nukleare Waffensysteme handelt, zweifach irreführend: a) sind sie prinzipiell dual-capable, was sogar die Sache noch schlimmer macht, weil ein Gegner von außen und fern nicht erkennen kann, ob eine angefeuerte Rakete konventionell oder nuklear bestückt ist,
b) können die in Frage stehenden Waffensysteme auch russische nukleare Assets und NC3 erreichen und damit kein geringeres Bedrohungspotenzial besitzen, als Nukleare Counterforce Waffen.
[Langsam verliere ich dann doch die Geduld. Die frei erfundene Behauptung
sind sie prinzipiell dual-capable, was sogar die Sache noch schlimmer macht, weil ein Gegner von außen und fern nicht erkennen kann, ob eine angefeuerte Rakete konventionell oder nuklear bestückt ist,
wird künftig belegt, sonst lösche ich den Kommentar. Mit alternativen Fakten arbeiten wir hier nicht. T.W.]