Neue Akzente für den Traditionserlass: Mehr Kriegstüchtigkeit auch in der Traditionspflege
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will die Bundeswehr auch in ihrer Traditionspflege neue Akzente setzen. Die Bedeutung von Kriegstüchtigkeit und damit hoher Kampfkraft sei auch für die Traditionspflege bedeutsam, heißt es in neuen Ergänzenden Hinweisen zum 2018 in Kraft getretenen Traditionserlass der Bundeswehr. Bislang wurden sie nur intern in den Streitkräften verbreitet.
Die Ergänzenden Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr wurden am 12. Juli vom Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte im Verteidigungsministerium, Generalleutnant Kai Rohrschneider, unterzeichnet. Es gehe dabei um eine Klarstellung zur Auslegung des Traditionserlasses, heißt es in dem Dokument. Maßgeblich sei die Frage, wie der in dem Erlass genannte Wertemaßstab auszulegen sei, ebenso wie der Spielraum für traditionsstiftende Beispiele militärischer Exzellenz auch außerhalb der bundeswehreigenen Geschichte.
Der von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach öffentlicher, teils kontroverser Debatte 2018 unterzeichnete Traditionserlass legt unter anderem fest, dass weder die Wehrmacht des NS-Regimes noch die NVA als Institution traditionsstiftend für die Bundeswehr sein können. Einzelne Personen dieser Streitkräfte könnten jedoch, nach individueller Prüfung, als Vorbild und damit traditionsstiftend für die Truppe dienen.
Rohrschneiders Klarstellung verweist unter anderem darauf, dass der Gründergeneration der Bundeswehr, die zum großen Teil aus früheren Wehrmachtssoldaten bestand, mit Bezug zur Zeitenwende … eine bedeutende Rolle für traditionsstiftende militärische Exzellenz zukomme. In den aktuellen Weisungen werden auch zahlreiche frühere Wehrmachtsgenerale exemplarisch genannt, die beim Aufbau der Bundeswehr eine Rolle spielten.
Wesentliche Passage in den Ergänzenden Hinweisen nimmt der Bezug auf die von Verteidigungsminister Boris Pistorius geforderte Kriegstüchtigkeit ein – und die Rolle militärischer Vorbilder dabei:
Mit der durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgelösten Zeitenwende ist die Bedeutung von Kriegstüchtigkeit von Streitkräften, die sich maßgeblich aus einem hohen Einsatzwert und hoher Kampfkraft ableitet, auch für die Traditionspflege gestiegen. Gemäß der „Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege“ soll die Traditionspflege unter anderem die Einsatzbereitschaft und den Willen zum Kampf stärken, wenn es der Auftrag erfordert.
Folglich muss auch in der Traditionspflege ein größeres Augenmerk auf militärische Exzellenz (Fähigkeit bzw. Können) gelegt werden gegenüber anderen traditionsstiftenden Beispielen wie klassische soldatische Tugenden (Charakter) oder Leistungen für die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft.
Bei der als Folge des Erlasses von 2018 betonten eigenen Tradition der Bundeswehr, vor allem durch die Auslandseinsätze, setzt das aktuelle Papier ebenfalls etwas andere Akzente:
Mit Blick auf die Geschichte der Bundeswehr kommt als traditionsstiftend und als Ausdruck von Kriegstüchtigkeit zwar das Bestehen im Gefecht im Rahmen des internationalen Krisenmanagements in Frage; es darf dabei aber keine Reduktion auf das Fallen im Einsatz erfolgen. Das Schicksal der gefallenen Soldaten bleibt unzweifelhaft Beispiel für soldatische Tugenden wie treues und tapferes Dienen. Es ist jedoch nicht per se als Beispiel für traditionsstiftende militärische Exzellenz, herausragende Haltung oder militärischen Erfolg geeignet.
Offen bleibt dabei, ob damit auch eine Abkehr von der Umbenennung von Kasernen nach den Namen im Auslandseinsatz gefallener Bundeswehrsoldaten verbunden sein wird.
Zur Dokumentation die – vorsorglich dazu gesagt: nicht eingestuften – Ergänzenden Hinweise zum Traditionserlass:
@ Malefiz
„Die Wahrnehmung einzelner Wehrmachtsangehöriger kann im Nachhinein sehr unterschiedlich sein. Ich will hier niemanden heroisieren. Die Diskussion im Rahmen der Umbenennung der Lent-Kaserne hat mich da bewegt. Der Wikipedia Artikel zu Lent und die Diskussion hier dazu ist lesenswert.“ Meine Anerkennung für Ihre redlichen Worte! Traditionspflege ist Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Wer indes Aufarbeitung der Geschichte mit „Bilderstürmerei“ verwechselt, sollte zunächst eine Handvoll Bücher zur Reformation lesen!
Hier nun eine Skizze zu Lent: Im Frühjahr 1988 erteilte die Hardthöhe in Bonn an das MGFA in Freiburg den Auftrag, zu allen Traditionsnamen der Bundeswehr Kurzstudien zu erstellen. Hier ein Auszug aus dem Kurzgutachten zu Oberst Lent (Stand: Juni 1989): „Lent gilt schlechthin als einer der Repräsentanten der Nachtjagd. Ihm verdankt die Nachtjagd entscheidende Impulse. Lent ist insbesondere als erfolgreicher Flugzeugführer und militärischer Führer durch seinen persönlichen Einsatz vor Ort sowie durch seinen verantwortungsvollen Führungsstil hervorgetreten und verkörperte als Soldat die besten preußischen Traditionen.“ Insgesamt wurden nachweislich fünf amtliche Gutachten zu Lent erstellt. Aber erst die Sichtung und Auswertung des Aktenbestandes „Erinnerungsbuch Lent“ im Staatsarchiv Stade durch einen Amateurhistoriker (!) dekonstruierte den Mythos Lent.
Im September 2013 hatte der öffentliche Meinungskampf um Oberst Lent begonnen. Der Standort Rotenburg (Wümme) setzte sich vehement für die Traditionswürde seines Kasernenpatrons ein; in einer großen Umerzählung erklärte man den Nachtjäger Lent zum Verteidiger deutscher Frauen und Kinder gegen feindliche Bombergeschwader. Freilich, am 22. Juni 1944, dem dritten Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion, hatte Lent vom Endsieg gesprochen und seine Männer dazu aufgerufen, „in leidenschaftlicher und fanatischer Weise bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen“. Er forderte auch, dass „Feiglinge erbarmungslos ausgerottet“ werden müssen. Ende April 2017 verstieg sich ein OTL d.Res. bei seinem Vortrag in der Lent-Kaserne zu der Behauptung: „Der Name Lent ist nach alledem unbefleckt, sowohl militärisch als auch persönlich.“ Die überwältigende Mehrheit der 22 Vertrauensleute in der Kaserne stimmte anschließend dafür, den Traditionsnamen „Lent“ beizubehalten. Sapienti sat!
Mein Schlusswort: „Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo man bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.“ (Henning von Tresckow) Helden wie Stauffenberg und Tresckow haben ihr Leben für Grundwerte wie die „Majestät des Rechts“ sowie die „Freiheit des Geistes, des Gewissens und des Glaubens“ riskiert und geopfert. Sie ragen weit aus der Menge von uns gewöhnlichen Menschen heraus.
[Dringende Bitte: Wir werden in diesem Thread jetzt nicht jede einzelne Kasernen-(Nicht)Umbenennung im Detail durchdiskutieren. T.W.]
Zur „Bereitschaft sich durch die Nazi verfuehren zu lassen und damit sich nicht als Beispielhaft zu qualifizieren“ sei das Umfeld der Sozialisierung der Soldaten von 1933 bis 1945 in der „Demokratie“ ab 1918 (nur Schlagzeilen-haft) betrachtet:
– Folgen des Versailler „Vertrages“
– verschiedene politische Putsche im Deutschen Reich
– Geldentwertung von 1:1000
– Arbeitslosigkeit von ca 30%
– ca 300 000 russiche Fluechtlinge nach der Revolution in Russland im Reich
– Strassenschlachten zwischen schwarz/braun und rot in den Staedten
– Fememorde an Politikern
– Freikorps-Kaempfe in Schlesien und im Baltikum und heimkehrende, geschlagene Frontkaempfer
– Inflation gegen Unendlich
– Hunger in den Staedten
– in Verhaeltnis zu heute, sehr bescheidene Informationsmoeglichkeit fuer den Einzelnen
– Politische, gegenseitige Blockierung im Reichstag
– Separatistenversuche der lokalen Politiker und Siegermaechte
– ca 2 Mio Fluechtlinge aus den an Polen, Frankreich und Daenemark abgegebenen Gebieten
Es gehoerte also sehr viel persoenliches Glueck und ein starkes Elternhaus dazu nicht von den Nazi „eingefangen‘ und ausgerichtet zu werden und es war sicherlich noch schwieriger sich aus dieser Ausrichtung zu befreien.
referre annum.
@ Petra (med02) sagt am 30.07.2024 um 14:30 Uhr
Wie wäre es mit einem etwas schlichterem Ansatz?
Anstelle der Diskussion um Traditionserlaß und unselige Traditionen der Wehrmacht mehr praktisches, realitätsbezogenes Handeln. Einfach den Verfassungsauftrag erfüllen. Das war schon Gebot der Stunde seit 2014. Die Streitkräfte stehen aktuell und primär vor Fragen, die vornehmlich ihre eigene Zukunft, also ihrer Handlungsfähigkeit betreffen. Da wurde seit Jahren verantwortungslos agiert. 2022 wurde viel über den Trümmerladen Bundeswehr gesprochen, passiert ist etwas aber viel zu wenig! Jetzt ist wieder die Zeit von Worten und Reden.
Praktische Verantwortung, das betrifft die politische Leitung und militärische Führung, die Gesellschaft, das Parlament. Doch was sehen wir? Politik nach (wieder einmal nur nach) Kassenlage aber dafür ein Schwall großer Worte und jetzt noch Diskussionen um den Traditionserlaß.Die ganze Arbeit hätte man lieber mal in die Analyse der Bedrohungslage und den Folgerungen stecken sollen.
Wenn schon Wehrmacht, dann steht ein anderer Aspekt zur Prüfung: Das operative Denken, das im deutschen Militär seit langem im Vordergrund stand, ist wieder auf dem Vormarsch, da gilt für Lehre und Ausbildung der Rückblick auf die operativen Highlights der deutschen Wehrmacht.
Dür as Dauerthema Tradition ist doch nun wirklich alles klar – als Institution kann die Wehrmacht keine Tradition(!) für die Bundeswehr darstellen. Da halte ich es mit Petra (med02).
Die Linien sind bekannt:
– die preußische Heeresreform der Jahre 1807 bis 1814,
der militärische Widerstand gegen den Nationalsozialismus und gegen das NS-Regime,
die eigene Geschichte der Bundeswehr seit ihrem Gründungsjahr 1955 sowie ihre gesellschaftliche Verankerung.
Was ist nun anstehend, was Identiätsstiftend? Die Bundeswehr ordentlich ausstatten und ausbilden. kriegstüchtig, nachhaltig und an den soldatischen Realitäten gemessen. Disziplin und Selbstdiziplin. Gute und wahrhaftige Führung. Vorbilder im Alltag. Fehlerkultur. Erfüllen des Auftrages in Litauen und in Einsätzen. Jeder an seinem Platz. All das vom Mannschafter, dem Unteroffizier und Offizier- vor allem – bis zum General. Keine Schwätzer, keine Buckler und Kriecher! Macher sind gefragt! Wenn das umgesetzt wird, kann man sich die ja schon krampfhaft und künstlich aufgeblasen wirkende Suche nach Einzelfällen in der Wehrmacht als Instrument des verbrecherischen Angriffs-, Raub- und Vernichtungskriegabseits des Widerstandes sparen.
Es wundert auch – bei der Wehrmacht will man „etwas“ finden, etwas beispielhaftes für Kriegstüchtigkeit, bei der NVA geht das nicht, weil Instrument einer Kommunistischen Diktatur. Klar, DAGEGEN ist man schon einmal prinzipell (!) – doch im verbrecherischen Angriffs-, Raub- und Vernichtungskrieg da kann man schon etwas beispielhaftes finden. Den Krieger!
Noch ein paar Jahre hin, dann tut es auch die Waffen SS, oder?
Die Uhr für bundeswehreigene Tradition tickt seit 1955, wer sich dort einbrachte – das zählt! Hier ist der Schwerpunkt.
@Mike Molto
Nicht vergessen, Abtretungen in Ostbelgien.
„Preußische Wallonie“ die neue Belgisch-Deutsche Staatsgrenze lag östlich der Sprachgrenze Malmedy, Eupen und St. Vith.
In Eupen befindet sich heute der Regierungssitz der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens.
Bis zur Abschaffung der BEL Wehrpflicht in 2011 gab es in den Reihen der „Ardennenjäger“ eine rein deutschsprachige InfKp.
@F. Richter
„Nur ein demokratischer Soldat ist ein guter Soldat. An ihren Taten und Äußerungen sind sie erkennbar, natürlich gesetzestreu und ausgestattet mit dem moralischen Kompass. So weit in Kürze der Kern Ihrer Aussage. Sie wollen keine Gesinnungsschnüffelei aber eine gewisse Demokratietauglichkeit hätten Sie schon gern, soweit teile ich Ihr Anliegen. Ihr Ansatz mit dem moralischen Kompass setzt aber eine Grundbildung an Demokratie , unsere Gesellschaftsordnung, unser Staatswesen. voraus, die Sie jedoch leider bei sehr vielen jungen Menschen, die eine Lehre, ein Studium beginnen oder zur Bundeswehr gehen nicht mehr voraussetzen können!
Wollen Sie diese Menschen in Demokratie bilden, weiterbilden in „der Schule der Nation“ oder „setzen-sechs-durchgefallen? Was also ist Ihre praktikable, praxistaugliche Auflösung Ihres Satzes „Nur ein demokratischer Soldat ist ein guter Soldat“ ohne das juristisch gebildete Menschen die Stirn runzeln, den Kopf schütteln und Verfassungsjuristen allein bei der Definition des Wortes demokratisch sich die Haare raufen bzw. warmlaufen. Sie können das Procedere jetzt schon beobachten bei dem Versuch eine Partei zu verbieten. Ein Beschäftigungsprogramm für diese Zunft. Formulieren Sie es also aus ,bringen es in Gesetzestext usw, allerdings ob Sie dadurch einen Soldaten mehr gewinnen, der vor Auftragsausführung erstmal das Grundgesetz, das Völkerrecht usw, usw liest und dann feuert, wenn er nicht schon längst tot ist. Ein toter Soldat, aber er war ein Demokrat. Am deutschen Wesen wird unser Umfeld genesen? Wie sehen das unsere demokratischen Nachbarn?
@F.Richter
Das Wort „demokratisch“ unterfüttern wäre übrigens auch besonders hilfreich in Zeiten in denen gerade junge Menschen nicht sooo überragend demokratisch gewählt haben bzw. es weiter zu tun beabsichtigen. Und das mit den Vorbildern. Fragen Sie junge Menschen mal nach deren Vorbildern?
Zum Thema „Vorbilder bei den Siegermächten“
wie wäre es mit einer Bomber-Harris-Kaserne in Dresden? ;)
Ich habe lange überlegt, ob ich hierzu überhaupt meinen Senf dazugeben sollte – schließlich bin ich Zivilist und Außenstehender. Aber manche Ansichten finde auch ich etwas „schräg“. Es wird m.E. niemals einen moralinreinen „Demokraten“ geben, der als Vorbild für diese Art 110%iger Anforderung taugt. Wenn man so manche geschichtliche Figur betrachtet, könnten selbst diese niemals „Vorbild“ sein, wenn man diese Maßstäbe anlegt. Selbst ein George Washington dürfte dann niemals Vorbild für US-amerikanische Streitkräfte sein trotz seiner Leistungen und Führungsqualitäten im Unabhängigkeitskrieg – schließlich war er Sklavenhalter (wenn auch ein für die Zeit relativ humaner). Ist ein Beispiel von ganz weit her, zeigt aber IMO gut auf wie wenig solch „absoluten“ Ansprüche sich mit den geschichtlichen Realitäten in Übereinkunft bringen lassen.
Mal ein „bundesdeutsches“ Beispiel: Günther Rall, zeitweise Inspekteur der Bundesluftwaffe und zuletzt mil. Bevollmächtigter im NATO-Militärausschuß. Er war aber auch Ritterkreuzträger und dritterfolgreichster Jagdflieger in Hitlers Luftwaffe gewesen. Nach den von manchen angelegten Ansprüchen müßte er auch gestrichen werden … Oder müßte er das? Er hat laut seinen Memoiren selbst einem Gestapo-Beamten 1943 ins Gesicht gesehen und gefragt ob „er nun der ordenbehängte Volksheld oder der böse Volksschädling“ sei und daß der Beamte sich nun mal entscheiden solle (weil seine Frau Juden zur Flucht verholfen haben soll). Nur mal so als historisches Beispiel.
Besinnungsaufsatz aus dem BMVg – haben wir sonst keine Probleme?
@csThor
„Ich habe lange überlegt, ob ich hierzu überhaupt meinen Senf dazugeben sollte – schließlich bin ich Zivilist und Außenstehender. “
Ich auch, ich habe Anfang der Achtziger freiwillig gedient und war bis kurz nach der Wende Mob-Reservist.
Die Meisten meiner Kameraden damals, waren treue SPD Wähler. Viele waren Zeitsoldaten, weil oft besser gezahlt wurde als zivil. Tradition spielte damals keine Rolle (bis auf Lent dem damaligen Namenspatron der Kaserne.- Keine Angst, der Name wird nicht mehr erwähnt). Wir wollen doch den Bürger in Uniform. Es wäre doch schlimm, wenn diese Diskussion nur in der Kaserne stattfinden würde.
Zur Zeit von Frau Minister vdL wurden in mehreren Kasernen diverse Traditionsstuben entdeckt. In der Presse gab es Bilder von einer MP40 (Dekowaffe?) und von mehr oder weniger gelungenen Landserbilder an der Wand. Es gibt also einen Traditionsbedarf. Den Soldaten, die sich da was zusammengesucht haben, muss man etwas bieten.
Helden wie Stauffenberg und Tresckow sind da im Anspruch so abgehoben und unerreichbar. Das ist was für den Bendlerblock. Vielleicht ergänzt durch das Karfreitagsgefecht?
@Nicolo15
„Ihr Ansatz mit dem moralischen Kompass setzt aber eine Grundbildung an Demokratie , unsere Gesellschaftsordnung, unser Staatswesen. voraus, die Sie jedoch leider bei sehr vielen jungen Menschen, die eine Lehre, ein Studium beginnen oder zur Bundeswehr gehen nicht mehr voraussetzen können“
Also ich denke ja, auch ein Analphabet kann über einen funktionierenden moralischen Kompass verfügen. Das lernt man heutzutage tatsächlich schon im Kindergarten: wir leben nicht mehr nach dem Prinzip des Rechts des stärkeren.
Das heißt wir nehmen niemandem etwas weg, weil wir es können und es wollen.
Wir beschimpfen oder attackieren niemanden weil er eine andere Hautfarbe hat.
Das ist so der Hauptunterschied zwischen Vorbild und Nichtvorbild würde ich sagen.
Es gab schon vor der Machtergreifung der Nazis einige, die für diese Prinzipien gekämpft haben und um den Unterschied zu erkennen, muss man kein Verfassungsrecht studiert haben.
Ich könnte niemanden als Vorbild akzeptieren, der nicht diese Werte gelebt hat. Oder sich nicht irgendwann glaubhaft dahin gewandelt hat.
D.h. ich kann mich trotzdem durchaus von Einsatzberichten eines Nazifliegers inspirieren lassen. Aber nicht von seiner Person an sich. Und brauche dann auch keine Bilder aufhängen und wöllte nicht in einem Gebäude dienen, was nach ihm benannt ist.
Die Debatte ist weiterhin sehr interessant.
Bei der Messlatte, die wir an Soldaten früherer Generationen anlegen, möchte ich allerdings noch einmal um Mäßigung bitten. Referre Annum wurde mehrfach gelungen zitiert,
Vielleicht sollten wir hier das tun, was eigentlich alle anderen Länder auch machen und die deutsche Oberkorrektheit zurückschrauben. Tapferes soldatisches Handeln und der Einsatz von Leib und Leben für die Gemeinschaft sind, solange keine Beteiligung an Verbrechen stattgefunden hat, immer zu würdigen. Es gilt den Einzelfall zu betrachten und da bietet auch die Zeit des Zweiten Weltkrieges eine Fülle an vorbildlichen deutschen Soldaten. Es ist einfach eine Ungerechtigkeit Leute die Kinder ihrer Zeit waren und sich tapfer für das vermeintlich richtige eingesetzt haben und dabei oft genug Leben (50% des Jahrgänge 1920 und 1922 sind gefallen!), Gesundheit, Heimat, Familie verloren haben, viele Jahrzehnte später für Taten verantwortlich zu machen, an denen sie persönlich gar keinen eigenen Anteil hatten und unter diesem Vorwand verächtlich zu machen.
Lasst uns vernünftig sein und die Sonderbehandlung dieser Generation einstellen!
Keiner erwartet von den preußischen Heeresreformern, dass sie Demokraten waren! Das Beispiel George Washingtons fand ich ebenfalls sehr gelungen.
Im Gegenzug dazu machen wir es bei uns bei unserer eigenen Geschichte sehr einfach. Alles was die Bundeswehr und ihre Angehörigen je getan haben ist anscheinend traditionswürdig. Ja, wir haben das Glück zur rechten Zeit gedient zu haben, aber die Masse von uns hat doch gar keine besonderen Leistungen erbracht! Wenn ich nach Bewährung im Gefecht suche und das ist das Thema, wenn wir von Kriegstüchtigkeit reden, dann ist bei der Bundeswehr nicht viel zu holen. Selbst das Karfreitagsgefecht ist im historischen Kontext nur ein Scharmützel.
Wenn wir bei uns selbst so eine hohe moralische Messlatte anlegen würden, wie bei unseren Großvätern, dann kommen da vielleicht sogar ganz andere Dinge raus. Nehmen wir den Afghanistan-Einsatz: Wir haben ein korruptes Regime jahrelang gestützt, wir haben mit Massenmördern und Drogenhändlern zusammengearbeitet, wir haben aufgrund der Vorgaben von feigen Politikern und ungenügender RoEs die Bevölkerung in unserem Verantworttungsbereich nicht vor den Taliban geschützt, am Ende sind wir schmachvoll abgezogen und haben unsere Ortskräfte im Stich gelassen. Da könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Einsatz eigentlich nicht traditionswürdig ist. Darf man darum die Würdigung des einzelnen Soldaten, der seine Pflicht erfüllt hat in Frage stellen? Ich denke nein, das wäre ungerecht.
Die Amerikaner sind basierend auf einer Lüge im Irak einmarschiert und haben das Land ins Chaos gestürzt, hunderttausende Zivilisten sind deswegen gestorben. Sind die Soldaten die hier ihre Pflicht erfüllt haben dann auch nicht traditionswürdig?
Recht unbemerkt von der Mehrgheit Öffentlichkeit erließ die Bundeswehr am 12. Juli „Ergänzende Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“. Das Papier nennt explizit führende Generäle und Offiziere der Nazi-Wehrmacht als „traditionsstiftend“ und „identifikationsschaffend“ für die Bundeswehr.
Ich schließe mich denen an, welche das für unnötig und weltfremd halten. Der erkennbare Mehrwert ist gering. Eine Diskussion darüber führen meist nur Experten oder Kenner.
„Mit der durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgelösten Zeitenwende ist die Bedeutung von Kriegstüchtigkeit von Streitkräften, die sich maßgeblich aus einem hohen Einsatzwert und hoher Kampfkraft ableitet, auch für die Traditionspflege gestiegen.“
Das ist abseits der Realität und des Alltages in der Bundeswehr!
Da kann man mal sehen, wie weit BMVg vom Tagesgeschäft und der Realität entfernt ist. Bestand da wirklich Handlungsdruck? Oder war es wieder eine BMVg Blase?
Truppe hat andere Sorgen. Beispiele für Handlunsdruck.
Trotz Zeitenwende und Sondervermögen bleiben zahlreiche Mängel und Baustellen.
Die Bundesrepublik ist entgegen allen Behauptungen nicht verteidigungsunfähig. Die Finanzierung ist erneut nicht gesichert.
Die Vorstellung der Damen und Herren im BMVg vom Krieg ist wohl noch von den Bildern des Zweiten Weltkriegs geprägt. So würde der Kriegsfall aber gar nicht aussehen.
Kriegstüchtigkeit ist die Fähigkeit der Streitkräfte in dem. Fall, daß Verteidigung real wird, nicht mehr, nicht weniger!
Ohne Reserve keine Kriegstüchtigkeit. Die Lücken sind riesig. Unverändert.
Erhebliche Mehrkosten, Verzögerungen, Mängel – derartige Probleme sind bei der Entwicklung und Beschaffung großer und komplexer Waffensysteme weiterhin die Regel
Kriegstüchtigkeit braucht Zusammenarbeit der Rüstungsindustrie und. Der Bundeswehr, auch „Resilienzwirtschaft“!
Also! Genug zu tun! Bitte einmal überlegen, was die WESENTLICHE LEISTUNG ist. „Ergänzende Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“, da kann man rangehen, wenn nahezu alles läuft. Ich persönlich kennen nur eine verschwindene Minderheit von aktiven Soldaten, einschließlich von Generalen, welche im Thema Tradition Handlungsbedarf sahen und sich nun anerkennend über dies „Hinweise“ äußern. Sicher gibt es welche, im ZInFü und den G1 Abteilungen großer Stäbe,
@JCR
Der realsatirische Vorschlag “Bomber-Harris-Kaserne” in Dresden ist für mich der Anstoß, die Doktrin vom Douhetismus in Erinnerung zu rufen. General Giulio Douhet (1869-1930) war der Vordenker des strategischen Bombenkriegs. Seine Ideen wurden aufgegriffen u.a. von Henry „Hap“ Arnold, Sir Hugh Trenchard, Arthur Harris und auch Walther Wever.
Seit Juni 1941 war Henry „Hap“ Arnold als Chief of the US Army Air Force mitverantwortlich für die Beteiligung der US-Luftstreitkräfte am Bombenkrieg gegen Deutschland, der jedoch maßgeblich vom Oberbefehlshaber des Royal Air Force Bomber Command, Air Marshall Arthur Harris, geführt wurde.
Arnold vertrat wie Harris und ebenso wie Sir Hugh Trenchard die Auffassung, dass ein schonungsloser Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung („Area-Bombing“) deren Kriegswillen brechen und damit zu einer schnellen Beendigung des Krieges führen könne. So überlegte Arnold im Kriegsjahr 1945, auf welche Ziele in Japan Atombomben abgeworfen werden könnten. Arnolds erste Wahl war Kyoto, um damit die kulturelle und spirituelle Seele Japans zu vernichten. Mutige Stabsoffiziere erhoben dagegen ihre Stimme. Ehre diesen vergessenen Offizieren!
Der englische Historiker Frederick Taylor schätzt Trenchard so ein: „Auf eventuelle zivile Opfer wurde in Trenchards Doktrinen kaum Rücksicht genommen.“ Taylor nennt Trenchard einen „Theoretiker der unaufhaltsamen Massenvernichtung“ (Frederick Taylor, Dresden. Dienstag, 13. Februar 1945. Militärische Logik oder blanker Terror? München 2004).
Nun Anmerkungen zur Traditionspflege, Geschichtspolitik und Erinnerungskultur: Auf dem Gelände des Fliegerhorstes Fürstenfeldbruck (FFB) war eine Straße nach Henry Arnold benannt. Nach Protesten aus der Zivilgesellschaft wurde diese Benennung Anfang Februar 2006 getilgt. Bereits 1997 war die öffentliche Ehrung von Trenchard in FFB aufgehoben worden; dieser überfällige Schritt verdankte sich dem Vorstoß eines kundigen und couragierten Dozenten an der OSLw.
Nördlich von Salisbury (England) gibt es weiterhin die Trenchard Lines. Als Ende 1996 in London das Denkmal für Arthur Harris enthüllt wurde, löste dies in der britischen Öffentlichkeit heftige Kontroversen aus. Indes: Harris hatte das Flächenbombardement nicht angeordnet, sondern befehligt. Die Direktive zur Zerstörung von Dresden kam von Churchill.
In Rheine gab es eine Kaserne der Bundeswehr, die nach dem Douhetisten General Walther Wever (1887-1936) benannt war. In der Hauptstadt Berlin gibt es weiterhin eine Weverstraße.
Was wird unter militärischen Traditionen in der Bundeswehr verstanden? Obwohl sich Teile der Bundeswehr bei dieser Frage wieder einmal nicht einig sind, heben wild entschlossen die Spitzen im BMVg die Wichtigkeit von Traditionen hervor. Eine völlig unnötige Diskussuion entsteht.
Es war bisher alles geregelt!
Unter Tradition versteht man die Überlieferung von Werten und Normen. Sie bildet sich in einem Prozess werteorientierter Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Tradition verbindet die Generationen, sichert Identität und schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Tradition ist eine wesentliche Grundlage menschlicher Kultur. Sie setzt Verständnis für historische, politische sowie gesellschaftliche Zusammenhänge voraus.
Zur Wehrmacht ist schon viel gesagt. Ich füge ergänzend hinzu:
Die Wehrmacht von ihrer zentralen Rolle und der Wiederentstehung des Reiches als Großmacht überzeugt, wuchs in eine militarisierte und uniformierte Gesellschaft hinein und prägt sie entscheidend mit. Sie ging im aufrüstenden und aggressiven nationalsozialistischen Staat auf.
Es kam im Offizierkorps der Wehrmacht schon recht früh zu einer Identität mit der NSDAP, u. a. in folgenden Bereichen:
— völkisch-nationales Reichs-und Vaterlandsverständnis;
— Einigkeitsideologie
— vom „Volk in Waffen“ zur „Volksgemeinschaft“;
— Antiparlamentarismus und Republikfeindlichkeit;
— Antisozialismus
Das wurde bisher klar abgelehnt und dabei soll es bleiben! Ohne Ausnahme.
Stellt man „Tradition schaffen“ in den Vordergrund,also die möglichst gute, vorbildhafte
Erledigung der soldatischen Aufgaben in unserer und für unsere freiheitliche Demokratie, dann wird man erreichen,dass in Zukunft diese als Tradition anerkannt werden und weiterwirken
kann. Und so wie heutiges vorbildliches militärisches Handeln traditionsbildend wirken kann, so können historische Vor- und Leitbilder Wegbegleiter und Wegweiser sein.
Historische Vor- und Leitbilder. Da ist nichts neu, da braucht es nichts Neues! Denn die insgesamt drei offiziellen Traditionslinien bilden: die preußische Heeresreform der Jahre 1807 bis 1814, der militärische Widerstand gegen den Nationalsozialismus und gegen das NS-Regime, die eigene Geschichte der Bundeswehr seit ihrem Gründungsjahr 1955 sowie ihre gesellschaftliche Verankerung.
Nun kommen z.T. irrlichternde Einzelbeispiele. Da hatte die Crew Rohrschneider eine Idee, welche wohl nur in Fachkreisen als clever gilt. Ich bitte doch darum sauber zu unterscheiden zwischen Werten und Normen im Zusammenhang mit den Verbrechen der Wehrmacht.
Unbenommen können in einer militärhistorischen Betrachtung operativ- taktisches Können als Beispiele in Lehre und Ausbildung herangezogen werden. Mit Werten und Normen hat das jedoch nichts zu tun.
Historische Vor- und Leitbilder der Nazizeit braucht kein Mensch, vor allem dann, wenn sie nichts zum Aufwuchs einer demokratisch verankerten Bundeswehr beigetragen haben.
@Y-560634
„Ich persönlich kennen nur eine verschwindene Minderheit von aktiven Soldaten, einschließlich von Generalen, welche im Thema Tradition Handlungsbedarf …“
Meine Wahrnehmung ist exakt umgekehrt, allerdings, das gestehe ich gern zu, öffentlich gilt „still ruht der See“. Niemand will sich am VdL Ukas den Mund verbrennen und die Karriere nachhaltig verderben, jedenfalls vorm Prellbock auf dem Abstellgleis enden.
Das Rohrschneider-Papier zeugt insofern auch von Mannesmut vor Fürstenthronen. Ministerielle Rückendeckung? Dies sei zugestanden.
Kriegstüchtigkeit heißt nichts anderes als der Politik im Konfliktfall den erforderlichen Handlungsspielraum zu ermöglichen, zu erhalten und bewahren und zu vergrößern. Punkt. Traditionsbeladen oder traditionsbefreit ist den verantwortlichen Politikern in diesem Fall wo es um den Handlungsspielraum geht hoffentlich egal. So einfach ist das, soldatisch gedacht ohne jegliche Überfrachtung.
Zum Thema Maßstab.
Vor kurzen wurde bekannt, dass der ehemalige Lieutenant William Calley, der Hauptangeklagte für das My Lai Massaker im Vietnamkrieg, bereits im April verstarb.
Colin Powell war zu dieser Zeit G3 der 25. Infanteriedivision und fand keinerlei Anhaltspunkte für Kriegsverbrechen.
Würde man die Maßstäbe, die an Stabsoffiziere der Wehrmacht und deren Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen untergeordneter Einheiten bei Powell anlegen, so wäre dieser ebenfalls schuldig.
@ Peter Carpemu:
Ihre Ausführungen zu unseren offiziellen drei Traditionselementen klammer mal wieder das Wesentliche aus.
Wo ist bei diesen drei Traditionslinien die Bewährung im Krieg? Das ist der Kern des Soldatenwesens und für genau diesen Bereich suchen junge Soldaten nach Vorbildern.
Preußische Heeresreformer, Widerstandskämpfer in einer einmaligen moralischen Zwickmühle und die Bundeswehr mit 70 Jahren Friedensbetrieb beantworten dieses Bedürfnis nicht.
Daher wird diese offizielle Traditionspflege der Sache nicht gerecht und kann genau da, wo es wichtig ist nicht liefern. Zumindest so lange, bis die Bundeswehr selber einmal erfolgreich einen Krieg geführt und damit ihre eigenen Vorbilder erzeugt hat.
Diese lückenhafte Traditionspflege ist eine Peinlichkeit, die aus unserem verklemmten Umgang mit der eigenen Geschichte erwachsen ist. Sprechen sie mal mit Angehörigen anderer Streitkräfte darüber. Niemand versteht es, warum wir uns so etwas antun.
[Etwas merkwürdig: „Daher wird diese offizielle Traditionspflege der Sache nicht gerecht und kann genau da, wo es wichtig ist nicht liefern. Zumindest so lange, bis die Bundeswehr selber einmal erfolgreich einen Krieg geführt und damit ihre eigenen Vorbilder erzeugt hat.“ Sie meinen, der erfolgreiche Krieg der Wehrmacht liefert eben die nötigen Vorbilder, oder wie soll man das verstehen? T.W.]
@TW
Ich hatte dies ja so ähnlich wenn auch nicht so eloquent formuliert wie @Mackiavelli. „Brunnen bohren“ mag ehrenwert sein ist aber keine Leistung in Bezug auf Kriegstüchtigkeit.
Ich verstehe auch nicht weshalb man wie @dieandereMeinung den zeitlichen Korridor für Traditionen so eng fassen muß. Auch vor den Freiheitskriegen / Napoleon gab es herausragende militärische Leistungen und auch in den Kriegen 1864 / 1866 / 1870-71 sowie im 1. WK.
Vielleicht nicht politisch korrekt aber unter den Trägern des Eisernen Kreuzes / 1. Klasse, des Pour le Mérite und ggf. auch des Ritterkreuzes werden sich doch sicher integere Personen finden lassen. Z.B. war Ernst Jünger Träger des Pour le Mérite, und Träger vieler weiterer Auszeichnungen.
@Mackiavelli: „…Diese lückenhafte Traditionspflege ist eine Peinlichkeit, die aus unserem verklemmten Umgang mit der eigenen Geschichte erwachsen ist….“ – Nein, das ist sie nicht (= Peinlichkeit). Zur Vergegenwärtigung, was „die Wehrmacht“ (sie existierte vom 16. März 1935 bis 8. Mai 1945, also genau 10 Jahre und 7 Wochen… – unsere demokratische Bundeswehr z.Zt. im 69. Jahr) z.B. mir als Berufsoffizier (Jan 1973 bis Aug. 2012 in unserer Bw dienend), an Traditionswürdigkeit „geleistet“ hat, empfehle ich das Buch „Keine Kameraden – Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 – 1945“ von Christian Streit. Folgende Kapitel beschreiben besonders „herausragende Beispiele“ für mich, dass es KEINE Traditionswürdigkeit der Wehrmacht, für mich persönlich darüber hinaus auch nicht für einzelne Soldaten dieser Armee, geben kann: III.1. Die Regelung der „Tätigkeit“ der Einsatzgruppen der SS; III.2. Die Einschränkung der Kriegsgerichtsbarkeit; III.3. Der Kommissarbefehl; III.4. Die „Richtlinien über das Verhalten der Truppe in Rußland“; VI.1. Die Durchführung des Kommissarbefehls; VI.2. Die Ausweitung der „Gegnervernichtung“; VI.3. Massenerschießungen sowjetischer Gefangener durch Wehrmachtseinheiten; VI.4. Die Behandlung jüdischer Kriegsgefangener; VI.5. Die Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und SS-Einsatzgruppen; VII.1. Der Verlauf des Massensterbens sowjetischer Kriegsgefangener (1941/42); VII.2. Die Ursachen des Massensterbens; VII.3.a) Die Befehle zur Behandlung der Gefangenen und die Einstellung der Wehrmacht zu den Gefangenen und XI.3. Die Ernährung der sowjetischen Kriegsgefangenen 1942 – 1945.
@Thomas Melber
Und wenn es darauf ankam, zog er (Jünger) selbst den Mantel aus. ; )
Aber auch sein sicherer Umgang mit LSD war für mich immer vorbildhaft.
@Thomas Melber
Das Fass Ernst Jünger würde ich nicht aufmachen. In den Zwanzigern war der irgendwo rechts von Djingis Khan.
Schrieb im Völkischen Beobachter und kritisierte die NSDAP als nicht radikal genug. Erst in den Strahlungen, seinen Pariser Tagebüchern, findet er den Weg zurück zur Zivilisation. Ich denke, der war ein redlicher aber sehr schwieriger Mensch.
@ Heiko Kania:
Wir drehen uns im Kreis. Niemand hier fordert die Reinwaschung der gesamten Wehrmacht und alle sind sich einig, dass nur jemand ein Vorbild sein kann, der selber keine direkte Schuld an Kriegsverbrechen trägt.
Die Gegenseite fordert aber, dass niemand von 16 Millionen deutschen Soldaten ein Vorbild gewesen sein kann, ausser er war im aktiven Widerstand gegen das Regime. Dieser Anspruch ist weltfremd und ungerecht.
Klaus-Peter Kaikowsky sagt am 01.08.2024 um 12:02 Uhr ….“Das Rohrschneider-Papier zeugt insofern auch von Mannesmut vor Fürstenthronen.“
Na man kann es mit der Linientreue auch übertreiben. „Ergänzende Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ mit Mut in Verbindung zu bringen.
Bevor General Rohrschneider einen neuen Dienstposten antritt, hat der dieses Konstrukt unterzeichnet. Was dies mit Mut und gar Integrität kann man wohl nur erkennen, wenn man fast alles was von „oben“ kommt, per se gut findet. Unbenommen, so sei es. Mut zum Widerstand, Mut zur Verantwortung, Mut zur Veränderung, all das sehe ich nicht.
Um es klar zu sagen, das Ziel „Kriegstüchtigkeit“ ist berechtigt. Dazu gehört auch praxistaugliche Innere Führung und der Wandel des Kriegsbildes! Wenn man es jeden Tag wiederholt, also nur darüber redet, hilft es nicht. Handeln ist angesagt!
Doch nun scheint es, dass jeder, ob berufen oder nicht, ob notwendig oder nicht, sich dazu äußern möchte. Warum wohl? Vordergründig um etwas für die Praxis beizutragen. Doch man sieht, die exklusiven „Ergänzende Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ sind wohl etwas für intellektuelle Zirkel als für den Truppenalltag.
Die Bundeswehr ist nicht kriegstüchtig geworden. Dafür gibt viele Gründe. Da liegt viel Arbeit vor uns. Von oben eingebrachte Neuerungen der bereits hinreichend genau beschriebenen Traditionspflege stehen da erst einmal ganz hinten.
„Ergänzende Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ wird wohl in der Datenbank „Unnütze Papiere von Expertinnen und Experten des BMVg’s und Zentrums Innere Führung“ oder der Datenbank „ Schriftsätze; zwischen unnötigen Losungen zur Zeitenwende und (immer wieder neuen) Zeitgeist-Trends des BMVg“ landen. Wenn dann mal jemand bei der Dienstaufsicht fragt, kann man es ja schnell wieder hervorkramen.
@Mackiavelli: Wir drehen uns nicht im Kreis. Allerdings ist Ihr Beitrag – mindestens in der Aussage „Diese lückenhafte Traditionspflege ist eine Peinlichkeit“ – für mich unerträglich. Und natürlich hat die Bundeswehr in der langen Zeit ihres Bestehens eine sehr hohe Anzahl Persönlichkeiten aus ihren Reihen hervorgebracht, die wir als militärische Vorbilder nehmen sollten. Angefangen von Feldwebel Boldt, den jungen – überwiegend wehrpflichtigen – Soldaten, die ihr Leben während der Flutkatastrophe opferten und derzeit endend mit unseren Gefallenen, hervorragenden Vorgesetzten und Soldaten in AFG. Mir fällt da z.B. der Oberst Rainer Buske ein. Da braucht es keine Vorbilder aus einer verbrecherischen Armee. bis „die Bundeswehr selber einmal erfolgreich einen Krieg geführt“ hat. Was genau ist in Ihren Augen im Umkehrschluss als „erfolgreiche Kriegsführung der Wehrmacht“ zu bezeichnen?
@Mackiavelli:
„dass nur jemand ein Vorbild sein kann, der selber keine direkte Schuld an Kriegsverbrechen trägt.“ Die Frage ist dann eben, wie man „direkte Schuld“ definiert.
Das ist möglicherweise – vgl. die anstehende Revision im Fall einer Sekretärin im KZ – unter Umständen ein deutlich weiterer Begriff als man denken mag, jedenfalls rechtlich. Oder vielleicht auch nicht, falls die Revision durchgeht. Und wie die Rechtsprechung in der Vergangenheit und der Vergleich zu Heute zeigt, ist es eben auch ein wandelbarer Begriff. Und der Wandel ging da zumindest in der Justiz eher in die entgegengesetzte Richtung als jetzt offenbar in der Bundeswehr.
Ich fände es jedenfalls befremdlich, wenn jetzt als Ergebnis rauskäme, dass eine Sekretärin juristisch gesehen mitschuldig ist an den Morden im KZ, Mitglieder der Wehrmacht in (hohen) Rängen aber traditionswürdig seien.
Ernst Jünger hat das wirkungsmächtige Credo des preußisch-deutschen Militarismus so in Worte gefasst: „Nicht wofür wir kämpfen ist das Wesentliche, sondern wie wir kämpfen!“ Nun hat man sich bei der „Weisung zur Herausgabe der ergänzenden Hinweise zu den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ von Sönke Neitzel – mit Verlaub berlinisch salopp – „belatschern“ lassen. Prof. Sönke Neitzel wie auch GenLt Kai Rohrschneider kennen dieses Kultbuch von Clemens Range: Kriegsgedient. Die Generale und Admirale der Bundeswehr; Müllheim 2013. Autor Range schwelgt mitunter in der Frontromantik von Landser-Heften. Anfrage an Range: War die Kapitulation der Wehrmacht im Mai 1945 wirklich die „größte Katastrophe des Deutschen Reiches“?
Hilfreich und zielführend für unsere Debatte sind schließlich diese Erkenntnisse von Thorsten Loch und Lars Zacharias: „Der Missbrauch von Tradition wiederum ist so alt wie die Geschichte der Menschheit. Indem Tradition aus der jeweiligen Gegenwart heraus definiert wird, um mit dem Gestern das Heute moralisch zu legitimieren, kann stets derjenige sie erfolgreich manipulieren, der die Deutungshoheit über das Gestern besitzt. Zentrale Triebfeder für derartige Bestrebungen war und ist das Streben nach Macht und deren Sicherung.” (Thorsten Loch / Lars Zacharias, „Tradition in deutschen Streitkräften“; in: Militärgeschichte 3/2010, S. 8.)
@Mackiavelli
„Die Gegenseite fordert aber, dass niemand von 16 Millionen deutschen Soldaten ein Vorbild gewesen sein kann, ausser er war im aktiven Widerstand gegen das Regime. Dieser Anspruch ist weltfremd und ungerecht“
Ja, das ist wirklich sehr ungerecht.
Da gibt der einzelne Soldat wirklich alles für einen verbrecherischen Krieg, hinterfragt keinen noch so mörderischen Befehl, kämpft bis zum letzten, mordet, raubt und zerstört und taugt dann nichtmal zum Vorbild.
Nun, eben deshalb.
(Und Krieg ist immer ungerecht, vor allem für die, die darin unverschuldet alles verlieren)
„Wir von der Gegenseite“ wollen eben keine Soldaten als Vorbilder, die blind Befehle befolgen. Der verbrecherische Charakter des Angriffskrieges war offensichtlich für jeden, der den Mut hatte, die Augen aufzumachen (und da gab es einige). Es war grundlegend ein Raub- und Eroberungskrieg, Nichts anderes. Jemand der sich daran bis zuletzt beteiligt hat, hat Mitschuld. Insbesondere, wenn er auch später kein echtes Zeichen der Reue erkennen lässt.
Der Irakkrieg hatte zumindest oberflächlich auch das Ziel eine Diktatur zu stürzen und durch Demokratie zu ersetzen. Und der Afghanistankrieg ähnlich und noch dazu unter UN Mandat (ansonsten teile ich die Kritik grundsätzlich).
Aber George Washington als jemand der viel von Menschenrechten und Freiheit geredet hat und selber Sklaven hatte taugt natürlich ebenso wenig als Vorbild. Das ist aber Sache der USA. Wir wählen unsere Vorbilder.
Und da dachte ich, wir wollen eben mehr, als nur die, die Handwerklich den Krieg gut beherrschen. Stichwort Innere Führung. Denn gute Kriegshandwerker gibt es ansonsten genug und wenn man das klar trennt, kann man unter rein „handwerklichen“ Aspekten auch all diese Leistungen anaylisieren und würdigen. Aber eben im Kontext bitte. Und nicht als generelles Vorbild hinstellen.
Ganz ehrlich, hat das BMVg gerade nichts wichtigeres zu tun als sich mit dem Traditionserlass zu beschäftigen?
Es mangelt doch vorn und hinten an Personal. Warum beschäftigt man Leute mit einem solchen Nebenkriegsschauplatz, anstatt die für die dringende Weiterentwicklung der Streitkräfte einzusetzen?
@lukan
“Und Krieg ist immer ungerecht, vor allem für die, die darin unverschuldet alles verlieren.”
Widerspruch! Bitte zwischen der Grundnorm “Gerechtigkeit” und der Grenzerfahrung “Leid” unterscheiden! JA, jeder Krieg verursacht Leid. Jeder Krieg bringt Verletzungen und Tod, Gewalt und Zerstörung, Angst und Elend mit sich. Aber der Einsatz von Waffengewalt, um die Grundwerte zu schützen und das Volk zu verteidigen, ist gerecht, d.h. ethisch gerechtfertigt. Andernfalls könnten wir ja unsere Streitkräfte umgehend abschaffen.
Das Recht zur Selbstverteidigung ist in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen festgelegt und stellt eine Ausnahme vom Gewaltverbot dar. Es gibt jedem Mitgliedstaat das Selbstverteidigungsrecht gegen einen bewaffneten Angriff.
Kürzlich führte ich ein Gespräch mit einem Stabsoffizier der Panzertruppe. Er lächelte überlegen: Sie sind der einzige Bürger in diesem Staat, der dieses Witzblatt “Traditionserlass” ernst nimmt. Ich entgegnete sinngemäß: Die Bundeswehr ist freiheitlichen und demokratischen Zielsetzungen verpflichtet. Für sie kann nur ein soldatisches Selbstverständnis mit Wertebindung, das sich nicht allein auf professionelles Können im Gefecht reduziert, sinn- und traditionsstiftend sein. – – – Er schüttelte den Kopf: Für uns Soldaten gibt es nur eine Losung: “Wenn der Befehl kommt, dann rotzen wir rein!”
Mir kommt da Theodor Körner und sein Gedicht „Aufruf“ (1813) in den Sinn: Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen! Drauf, wackres Volk! Drauf! ruft die Freiheit, drauf! Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen, Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen? Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf!
Ein Blick zurück auf den Endsiegterror des NS-Regimes: Die RAD-Division z.b.V. 3 wurde am 4. April 1945 als Division der 35. Welle auf dem Truppenübungsplatz Döberitz aus dem Rahmen der 215. Infanterie-Division und 7500 Mann des RAD aufgestellt. Die grundlegenden Aufstellungsbefehle ergingen am 4. und 7. April 1945. Durch Befehl vom 9. April 1945 wurde die Division in Infanterie-Division „Theodor Körner“ umbenannt.
@VEREMONDO: Sicher, Sie haben mit „einem“ StOffz „der PzTr“ gesprochen. Der wiederum in „Wir-Form“ antwortet. Für wen er spricht, bleibt offen. Und was „…rotzen wir rein“ tatsächlich bedeuten mag, bleibt offen. An anderer Stelle hier im Forum (es ging um die Personalstärkeentwicklung), wurden von zwei Kameraden jeweils ein „S1-Stabsoffizier“ zu Beurteilungs- und Auszeichnungsfragen mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit derer Einlassungen zitiert. Kann man machen. Ist jedoch weder zielführend noch korrekt.
Hmmm … irgendwie kann ich nicht umhin mich zu fragen wieso bei Anlage derart scharfer Maßstäbe dann noch die Herren „preußische Heeresreformer“ noch tradierbar sein sollen? Schließlich waren diese Herren alles andere als Musterdemokraten. ;)
Das Ringen hier zeigt IMO sehr schön auf, wie unmöglich diese (u.a. auch hier) geforderte Quadratur des Kreises ist. Einem Soldaten der Panzer- oder Panzergrenadiertruppe, der mglw in die notorische „Panzerschlacht in der polnischen Tiefebene“ gehen soll das „Brunnenbohren“ und „Mädchenschulen bauen“ aus Afghanistan als tradierbares Vorbild für ein hochintensives mechanisiertes Gefecht vorzusetzen mag die Sucht nach moralischer Sauberkeit erfüllen und ist an politischer Korrektheit nicht zu toppen, vom fraglichen Soldaten wird man dafür wohl nur ein verständnisloses Kopfschütteln erhalten. (Und auch bei diesem Zivilisten hier hebt sich nur die ungläubige Augenbraue – dazu waren die Auslandseinsätze zu oft und zu sehr nur politische Blowjobs auf dem Rücken der dienenden Soldaten.) Klar darf man da nicht automatisch zu einem Herrn Joachim Peiper springen (um mal ein ganz krasses Beispiel zu bringen), aber ich weiß nicht ob man jetzt per ordre de mufti alle ex-Wehrmachtsangehörige, die nach 1955 die Bundeswehr mit aufgebaut und geführt haben, so kategorisch ausschließen sollte um jenes extreme Sauberkeitsbedürfnis zu befriedigen. Die Wehrmacht als langer Schatten wird die BW nie los, da steht schon allein der Umgang mit dem Thema im Ausland vor (ich erinnere mich nur zu gut an Artikel wo das „great military heritage“ unreflektiert gepriesen wurde – gab eine ganze Reihe solcher *facepalm* Momente) und ich weiß nicht, ob man sich nicht selbst ins Knie schießt wenn man eine so totale Abkoppelung praktizieren will, bei der sogar die eigene Aufbaugeneration ob vormaligen Dienstes in der Wehrmacht per se diskreditiert und verleugnet wird. Um diese Art Denken – meiner unmaßgeblichen Meinung nach – ins sarkastisch überspitzte Extrem weiterzutreiben: Wird dann auch der Zeitraum 1939-45 total aus dem Bildungsgang „Militärgeschichte“ im Studium für Offiziere getilgt? Nur der moralisch sauberen Lehrpraxis wegen und so …
@VEREMUNDO
Hatte es fast befürchtet, aber das war so nicht gemeint. Ich meinte Krieg allgemein ist ungerecht. Da zählt nur das Recht des Stärkeren, kein Recht nach normalem Verständnis.
Deswegen ist ein Verteidigungskampf etwa der Ukraine natürlich dennoch legitim. Und wenn man das als legitimen Verteidigungskrieg beschreibt, auch von mir aus, ich streite mich ungern um Worte.
Und ihre Anekdote passt wohl generell gut rein in die Debatte:
„Für uns Soldaten gibt es nur eine Losung: “Wenn der Befehl kommt, dann rotzen wir rein!”“
und steht aber meines Erachtens eher in der Tradition von „Unsere Ehre heißt Treue“.
Gegen Treue und Loyalität ist ja nichts einzuwenden und unabdingbar für Moral. Die Frage ist nur Treue wofür? Das ist das Entscheidende und dann der Unterschied zwischen Waffen-SS und Staatsbürger in Uniform. Oder reinen Söldnern/Militaristen, für die der Kampf und Macht ein Selbstzweck ist. Zu einem gewissen Maß kann man solche Leute wohl tolerieren, wenn Not am Mann ist, aber wenn man nicht aufpasst haben die irgendwann die Schlüssekpositionen und übernehmen die irgendwann einfach die Macht, weil Macht ihr Prinzip ist.
Wenn nicht schon genügend von ihnen in entscheidenden Positionen sitzen und vom Tag X träumen, aber bisher klug genug waren, dass nur leise zu tun.
Eine Weltkriegsanekdote die mir erzählt wurde ist, das am Ende einige pragmatischere Nazikader gezielt ihren letzten Nachwuchs von den Offiziersschulen nicht an die Front geschickt haben, sondern zurückgehalten haben, damit die dann im neuen Deutschland entscheidend mitwirken können. Da scheint sich manches gehalten zu haben.
csThor: Leider ist nicht nachvollziehbar, warum Sie „Brunnenbohren“ (von schlecht informierten Zeitgenossen der BW zugeredete Hauptaufgabe in Afghanistan) als hier angesprochene „Traditionsfähigkeit“ anführen. Tatsächlich hat es (nicht nur) in Afghanistan, sondern bereits seit UNSOSOM Gefechte (= Krieg) mit Beteiligung deutscher Soldaten gegeben. Und etliche unserer Kameraden haben sich dabei vorbildlich und tapfer gezeigt. Niemand von ihnen ist „eingefallen“ in keines dieser Länder, um es zu erobern, auszurauben und die Bevölkerung zu unterdrücken oder gar zu vernichten.
@csThor
Sie stellen die Frage: „Wird dann auch der Zeitraum 1939-45 total aus dem Bildungsgang „Militärgeschichte“ im Studium für Offiziere getilgt?“ – NEIN! Ich empfehle diese amtliche Lektüre: „Militärgeschichte: Von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart“, Handbuch der Militärgeschichte hrsg. von Michael Epkenhans und Frank Hagemann, Westermann Verlag Braunschweig 2021; erarbeitet u.a. von Winfried Heinemann, Sven Lange, Peter Lieb, Thorsten Loch und John Zimmermann.
@T.W. möge mir verzeihen, aber in meiner Perspektive ist die Benennung von Kasernen nach militärischen Vorbildern der eigentliche Prüfstein für die Traditionspflege in der Bundeswehr. Ein Blick zurück: Die Offiziere in Füssen und Mittenwald kannten die politischen Vorgaben des damaligen Bundesministers der Verteidigung. In diesem geschichtspolitischen Kontext verweise ich auf den Leserbrief des couragierten OTL Joachim Geist „Es gab keine Umfrage“ (in: Münchner Merkur vom 16. November 1995). Auszug: „Es ist in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden, als hätten sich die Soldaten mehrheitlich für eine Umbenennung der Kaserne ausgesprochen. Dies suggeriert eine Meinungsumfrage unter den Soldaten zum Zwecke der Meinungsfindung. Wer den Sachverhalt so darstellt, verkennt die Entscheidungsabläufe bei der Armee.“ Die Unteroffiziere in Füssen und Mittenwald sprachen sich in einmütiger Mehrheit (85 %) für die Beibehaltung der Namensgebung „Dietl“ und „Kübler“ aus. Den Mannschaften in Füssen und Mittenwald war die Namensgebung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – „scheißegal“ (O-Ton). Freibier führte zur gewünschten Gesinnungsänderung. NUNC EST BIBENDUM! In den Worten von Sönke Neitzel: „Im November 1995 wurden die beiden Kasernen in Allgäu- und Karwendel-Kaserne umbenannt. Harmloser ging es kaum. Eigentlich hätte es nahegelegen, nun alle Namen zu überprüfen, eine klare Haltung zu entwickeln und diese dann auch selbstbewusst zu vertreten. Doch das Verteidigungsministerium fürchtete eine generelle Debatte, meinte, ein bisschen Nachgeben sei die klügste Taktik, vergab so jede Gestaltungsmöglichkeit und ließ sich von Kritikern treiben.“ (Sönke Neitzel, Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte, Berlin 2020, S. 476)
@ Heiko Kania
Ich maße mir kein abschließendes Urteil an, ich erlaube mir lediglich meine Meinung kundzutun.
Mit Verlaub, aber ein Gefecht der verbundenen Waffen in Brigadestärke und aufwärts, noch mit großteils mechanisierten Kräften, beidseitiger Luft- und Artillerieunterstützung ist eine ganz andere Hausnummer als alles was auf Auslandseinsätzen gelaufen ist. Ein anderer Kommentator im Thread hat meines Erachtens das richtige Wort benutzt: „Scharmützel“. Es geht mir hier v.a. um die Diskrepanz von erwartetem Umfang und Intensität zwischen beiden Beispielen. Und was an Afghanistan soll Tradition sein? Daß man mit von vorneherein unzureichenden Mitteln eine politisch geradezu grotesk überladene Wolkenkuckucksheim-„Strategie“ versucht hat auszuführen für eine politische Kaste, die das Wort vom „Krieg“ geradezu panisch zu meiden suchte während die restliche Heimat von dem ganzen Einsatz nichts wissen wollte und ihn auf der Zeitachse immer weniger unterstützt hat?
Ich sage ja nicht, daß die Wehrmacht wieder persil-rein saubergewaschen werden soll (was auch niemand kann – die Quellenlage ist dazu eindeutig!), aber die Versuche krampfhaft irgendwas aus den Jahren nach 1955 als universell tradierbar einstufen zu wollen fühlt sich für mich wie gekünstelt und nach „das Eckige muß ins Runde“ an. Preußische Heeresreformer? Zu weit weg auf der Zeitachse (und obendrein mit reichlich „Franzosenhaß“ garniert). Verschwörer um den 20. Juli? Alles andere als Musterdemokraten.
Wer nur in Schwarz und Weiß denkt, der wird nie absolute Reinheit finden. Alle Menschen, und historische Figuren sind das nun auch mal, sind grau schattiert … jeder auf seine Weise.
@ VEREMUNDO
Die Einlassung war sarkastisch gemeint, denn man könnte ob der angelegten Maßstäbe durchaus mutmaßen, daß da manche lieber den Mantel des Schweigens darüber breiten wollten ob der zu erwartenden moralinsauren Kreischattacken so mancher vom linken Rand. Vorauseilender Gehorsam ist etwas, das die Bundeswehrführung in den letzten 20 Jahren mehrfach hat durchblitzen lassen … auch im Hinblick auf diese Traditionsdebatte.
[Hallo, wir arbeiten noch am Ton? Ich verweise ja auch nicht auf die zu erwartenden extremistischen Kreischattacken so mancher vom rechten Rand. T.W.]
@ Heiko Kania:
Den Einsatz unserer Kameraden in Afghanistan und bei UNOSOM in allen Ehren. Aber das was dort an Gefechten stattgefunden hat, ist in seiner Intensität und in der Art der Kriegsführung in keinster Weise mit einem Krieg mit einem ebenbürtigen Gegner zu vergleichen. Sie haben anscheinend ein etwas anderes Verständnis von Bewährung im Gefecht, als viele Soldaten der Kampftruppe,
Das sieht übrigens auch eines von diesen Bundeswehrvorbildern, Ehrenkreuzträger für Tapferkeit in meinem ehemaligen Bataillon selbst so, der als sein eigenes Vorbild und für die Soldaten seines Zuges auf Wehrmachtssoldaten zurückgegriffen hat. Das kam bei den Soldaten sehr gut an, wurde dann natürlich mit der Bilderstürmerei von Uschi – trotz historischer Einordnung durch erklärende Texte – in treuem Gehorsam entsorgt.
Männer wie dieser vorbildliche Soldat, die auch Krieger sein wollen und mit voller Hingabe den Soldatenberuf ausüben, werden sich über die Ergänzung des Traditionserlasses freuen.
@Mackiavelli: Die Kaltschnäuzigkeit, mit der z.B. das „Karfreitagsgefecht“ hier abgehandelt wird, ist beachtlich. Natürlich weiß ich nicht, welche „Anforderungen“ Ihr Ritterkreuzträger an ein „richtiges Gefecht“ stellt, für das ihm „der Führer und Oberster Befehlshaber“ das „Ritterkreuz“ verlieh. Jedoch sollte auch diesem, vermutlich „wertefreien“, aber exzellenten Soldaten klar gewesen sein, um was es ging (das „Ritterkreuz“ beinhaltet vom Namen her etwas wie Ritterlichkeit. Der Vernichtungskrieg der Wehrmacht war zu keiner Zeit „ritterlich“. „Die Wehrmacht“ bestand aus Menschen). Zitat aus Hitlers Rede in der Kroll Oper in Berlin vor dem erstmals zusammengetretenen „Großdeutschen Reichstag“ am 30. Januar 1939 (ohne die verhafteten und z.T. ermordeten Gewählten von z.B. KPD und SPD): „…Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa…“ Sieben Wochen später befahl er die militärische „Zerschlagung der Rest-Tschechei“ unter Bruch des „Münchner Abkommens“ vom 30. September 1938. Großbritannien und Frankreich standen als Garantiemächte für deren Unabhängigkeit ein. Hitler hatte der deutschen Generalität am 21. Oktober 1938, also drei Wochen nach Abschluss des “ Friedens von München“, die jederzeitige Einmarschbereitschaft befohlen. Die militärische „Exzellenz“ der deutschen Soldaten zu Zeiten der Initiative auf Seiten der Wehrmacht diente dazu, zum einen der Juden in Mittel-, Nord- und Osteuropa habhaft zu werden. Zum anderen, „Lebensraum im Osten“ zu erobern. Tatsächlich war das Raum zum Morden, vor allem von jüdischen, polnischen und sowjetischen Menschen. Die militärische „Exzellenz“ der deutschen Soldaten nach Übergang der Initiative an die Alliierten diente dazu, den Mordbetrieb in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern so lange als möglich „durchzuhalten“.
Beim mitlesen in den letzten Tagen fand ich die Argumente der, Fraktion, die Wehrmachtssoldaten als traditionsstiftend für die Bundeswehr ablehnen, sehr schlüssig.
Inzwischen bin ich anderer Meinung. Hat nicht der damalige Bundespräsident Köhler gesagt, eine Aufgabe der Bundeswehr ist es dafür zu sorgen, dass die Handelswege frei bleiben. so lange Bundeswehrsoldaten für wirtschaftliche Interessen an kriegerischen Auseinandersetzungen teilnehmen, solange können wir auch Wehrmachtssoldaten als Vorbilder nehmen.
Wenn europäische Fangflotten, vor der Küste Somalias die Lebensgrundlage der dortigen Bevölkerung wegfischen, diese dann zu „Guerilla-Kämpfern“(Piraten) werden und wir sie dann militärisch bekämpfen.
solange wir sekundär Aufgaben in Deutschland und der NATO übernehmen, um Angriffskriege in Irak und Libyen indirekt zu unterstützen. Solange wir Einsätze in Afghanistan und Mali durchführen, sind wir keine Streitkräfte, die die armen und schwachen Menschen beschützt. Wir nutzen unsere militärische Macht, um unsere, meist wirtschaftlichen, Interessen durchzusetzen.
vielleicht wäre der Pilot, der den Einsatz im Kosovo Krieg abgelehnt hat, weil er den Befehl für rechtswidrig eingestuft hat, ein gutes Vorbild.
@Heiko Kania
Zum Thema „Verleihungspraxis des RK“ empfehle ich:
https://www.youtube.com/watch?v=uL78D-zwdZc&t=250s
Ja, das Karfreitagsgefecht … sicher eine Zäsur für die Bw aber nicht maßgeblich für LV/BV, fragen Sie aktuell die IDF oder AFU was dort verlangt wird, auch vom Zivilschutz / Feuerwehr, u.a.
Das soll die Leistungen der Kameraden nicht schmälern, aber man sollte das Gefecht auch nicht überbewerten oder überhöhen, insbesondere im internationalen Kontext.
@ Heiko Kania
Natürlich war das „Karfreitagsgefecht“ eine „Zäsur“ (Minister TdM) für die Bundeswehr, jedoch muss man bei aller Wertschätzung ganz nüchtern feststellen, dass unsere Verbündeten im Süden und Osten AFG de facto über mehrere Jahre nahezu jede Woche (!) in so einem Gefecht standen – sie erinnern sich vielleicht an die Fixed Bayonets-Bilder der britischen Streitkräfte. Davon sind wir in unserer Geschichte weit entfernt, so ehrlich müssen wir zu uns sein.
Guten Morgen in die Runde …
@ T.W.
Ich wollte Ihnen als Hausherr nicht auf die Füße treten und entschuldige mich, wenn das doch das Resultat war. Natürlich ist von keinem der extremen politischen Ränder etwas sachlich-fachliches zu dieser Debatte zu erwarten. Ich meine wir müssen uns ja nur an die unsägliche „Vogelschiß“-Einlassung eines gewissen Herrn Gauland erinnern, um das auch für den rechten Rand eindeutig nachzuweisen. Allerdings bleibe ich bei meiner (vielleicht stilistisch abgeschwächten) Diagnose, daß von links außen zum Thema Bundeswehr auch nur Hysterie, Überdramatisierung, pseudo-moralisierte Echauffierung und das totalitäre Abwürgen von Gegenargumenten zu erwarten sind. Hier im Faden gab es das sehr gute Beispiel der Umbenennung von Kasernen auf Betreiben der damaligen PDS – auf eine Weise, die wenig bis nichts mit Fakten und sehr viel mit eben der von mir beschriebenen moral-aufgeladenen Hyperselbstinszenierung zu tun hatte. Auch eine nüchterne Behandlung und Debatte hätte z.B. im Falle der Dietl-Kaserne sehr wahrscheinlich zu einer Umbenennung geführt, aber das wie und warum des PDS-Antrags zeigt, daß es den Initiatoren nie um das Problem an sich ging, sondern immer nur um eine weitere Unterminierung der Institution Bundeswehr. Summa Summarum: Beide Ränder treiben das politische Zentrum vor sich her, weil es erhebliche Berührungsängste mit dem Thema hat. Und solange das der Fall ist und bleibt, wird auch der Reiz für die Ränder bleiben das Thema zur Provokation und Selbstdarstellung auszuschlachten. [Sie dürfen das gern löschen. Ich habe kein Problem, wenn Sie diese Thematik hier nicht weiter ausbreiten möchten. Es ist ja Ihre Website :)]
@ Heiko Kania
Wie Voodoo und Thomas Melber sagten: Für andere Streitkräfte wäre das nicht mehr als eine Fußnote gewesen, weil faktisch wöchentlich vorkommend.
Und was genau soll am gesamten Afghanistan-Einsatz bitte tradierbar sein? Daß man als Spielball einer Politik, die sich zu fein und zu feige gewesen ist die Dinge beim Namen zu nennen? Daß man mit völlig unzureichenden Mitteln eine Phantasterei von „Strategie“ hat umsetzen sollen, deren Ziele völlig illusorisch und unerreichbar gewesen sind? Daß man in einem Hinterhalt von Aufständischen Kameraden verloren hat, auch weil Berlin die entsprechende Ausrüstung und realistische ROEs aus wahltaktischen Gründen verweigerte? Das ist, mit Verlaub, eher ein Lehrbeispiel für die Gültigkeit von zwei Maximen: 1.) Clausewitz‘ Diktum vom Krieg als Fortsetzung der Politik hat weiterhin Gültigkeit (auch wenn Deutschland lieber so tut als wäre das nicht der Fall) und 2.) Politiker werden Soldaten zum Eigennutz einsetzen, aber man sollte von ihnen nicht erwarten, daß sie solche Dienste vergelten oder eigene Risiken eingehen und Soldaten unterstützen. Afghanistan als Lehrbeispiel ja, aber Tradition? Lieber nicht … zumindest will ich keine Tradition von Soldaten als Bauernopfer zum Zwecke des Verteilens politischer Blowjobs.
Und damit wünsche ich allseits eine erholsames Wochenende.
@csThor
Sie stellen die Frage: „Und was genau soll am gesamten Afghanistan-Einsatz bitte tradierbar sein?“
Die Antwort lautet: Am 28. Mai 2011 Major begleiteten Major Thomas Tholi und Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein den damaligen Generalmajor Markus Kneip, damals deutscher Kontingentführer in Afghanistan, bei einem Besuch im Gouverneurspalast in Taloqan. Dort nahm Kneip an einem Gespräch mit dem nordafghanischen Polizeichef Mohammed Daoud Daoud teil. Als die Delegation den Gouverneurssitz wieder verließ, zündete ein Selbstmordattentäter eine Bombe und riss Thomas Tholi und Tobias Lagenstein mit in den Tod. Markus Kneip überlebte den Anschlag schwer verwundet. Am 28. März 2018 wurde in Hannover die Emmich-Cambrai-Kaserne in Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne umbenannt. Damit wurde erstmals in der Geschichte der Bundeswehr eine Kaserne nach einem im Einsatz gefallenen Soldaten benannt. Indes: Major Tholi wurde an jenem 28. März 2018 totgeschwiegen. Nun steht die Forderung aus der Zivilgesellschaft im Raum, die Von-Kuhl-Straße am Standort Koblenz neu zu benennen nach Major Thomas Tholi, der am 15. November 1967 in Koblenz geboren. Manche Zufälle sind Fügungen: General Markus Kneip wurde am 23. Mai 1956 in Koblenz geboren.
Historische Aufklärung: General Hermann von Kuhl (1856-1958) gehörte zu den Durchhaltekriegern des Ersten Weltkrieges. Ohne das Zerbröckeln der Moral in der Heimat, so seine feste Überzeugung, und ohne die Unterminierung des Heeres durch linksradikale Elemente hätte die Armee noch mindestens den Winter über weiterkämpfen und auf diese Weise einen stärker auf Kompromisse orientierten Waffenstillstand und Frieden erhalten können. Kuhl glaubte an Adolf Hitler als einen Kämpfer für Deutschlands alte Macht und Herrlichkeit: „Eine neue, kraftvolle Zeit ist angebrochen. Die mächtige nationalsozialistische Bewegung hat die Spukgestalten der internationalen Marxisten, der demütigen Erfüllungspolitiker, der wehrfeindlichen Pazifisten hinweggefegt. Stolz blickt der Deutsche im neuen nationalsozialistischen Reich auf die Großtaten des Weltkriegs, vertrauensvoll schaut er in die Zukunft.“
@csThor: Ihre Suggestiv-Frage „Was soll am gesamten AFG Einsatz tradierbar sein?“ hat es erneut „in sich“. Bisher ist die Feststellung Kontext gewesen, „die Wehrmacht“ war, ist und wird für uns nicht traditionsstiftend sein (Teile bestimmter Truppengattungen wie z.B. Gebirgsjäger sahen, ggf. sehen das heute noch anders…). Es geht also um die Frage, welche „Vorbilder“ aus der Bundeswehr für künftige und derzeitige Soldat:innen wir aufgrund ihrer vorbildhaften, tapferen kämpferischen Leistungen sehen. Und da haben die Einsätze unserer Bw in fast 70 Jahren vielmals vorbildhafte Tapferkeit hervorgebracht. Vor einiger Zeit durfte ich den Kampfsanitäter persönlich kennenlernen, der sich zu einem verwundeten Kameraden des Karfreitagsgefechtes (im Wortsinne) durchkämpfte, ihn versorgte und anschließend selbst so schwer verwundet wurde, dass er erblindete.
@ Heiko Kania
Ihr „Kampfsanitäter“ gehört(e) zum Heeressanitätsdienst und hat einen Namen: Ralf Rönckendorf. Mit dieser Person als Vorbild gehe ich absolut d´accord. Allerdings haben wir in fast 70 Jahren eben keine „Vielzahl von Fällen vorbildhafter Tapferkeit“, die sich tatsächlich auf den Kampf beziehen. So ehrlich müssen wir sein.
Mit Major Tholi und HptFw Lagestein tue ich mich, mit Verlaub, jedoch schwer – man muss Ihner unbedingt gedenken und dafür haben wir verschiedene Orte (Ehrenhain z.B.) und Zeremonien. Worauf soll hier aber eine beispielgebende Tradition begründet werden, wenn zahlreiche andere (unbekannte) Soldatinnen und Soldaten, beispielsweise aus dem Kreise der PersSchützer, bereits vor Ihnen in unzähligen, vergleichbaren Situationen waren? Hinsichtlich HptFw Lagestein darf ich zudem daran erinnern, dass Betroffenen zur Folge innerhalb der Schule in HANNOVER ein hoher Druck pro Umbennnung aufgebaut worden sein soll, der neue Namenspatron aber eben aus o. a. Gründen innerhalb der Feldjägerei nicht unumstritten war.
@all
Ich habe in meinem vorangegangen Beitrag den Namen von HptFw Lagenstein falsch geschrieben – bitte um Nachsicht und Entschuldigung.
@Voodoo: Danke, tatsächlich halte ich die Vorbildhaftigkeit soldatischer Leistungen in einer demokratisch verfassten Armee für keine quantitative Frage. Daneben, wenn wir konkret sein wollen, sehe ich alle wg. Tapferkeit posthum ausgezeichneten Soldaten. Ich sehe die GWDL und jungen Uffz, die im Frühjahr 1962 bei der Hamburger Flutkatastrophe starben und natürlich auch den Feldwebel Boldt von der PzPiKp 70. Und es gibt (leider oder auch „zum Glück“ in Abgrenzung zu Angehörigen einer verbrecherischen Armee) viele weitere Beispiele. In einigen Fällen kennen wir die Namen der Betroffenen und den Sachverhalt ihrer Tapferkeit nicht, da KSK Angehörige.
@csThor
Gestatten Sie, dass ich die folgende unzutreffende Sichtweise zurückweise: „Auch eine nüchterne Behandlung und Debatte hätte z.B. im Falle der Dietl-Kaserne sehr wahrscheinlich zu einer Umbenennung geführt, aber das wie und warum des PDS-Antrags zeigt, daß es den Initiatoren nie um das Problem an sich ging, sondern immer nur um eine weitere Unterminierung der Institution Bundeswehr.“ Richtig ist vielmehr: Der Realo Gerald Häfner von den Grünen war der erste Abgeordnete, der die Benennung „Generaloberst-Dietl-Kaserne“ im Bundestag zur Sprache brachte. Auch der grüne MdB Winfried Nachtwei kämpfte seinerzeit an der sog. „Traditionsfront“.
Überdies verweise ich auf den Antrag „Umbenennung der Generaloberst-Dietl-Kaserne in Füssen und der General-Kübler-Kaserne in Mittenwald“ vom 2. Juni 1995. Federführend waren diese beiden Abgeordneten der SPD: Hans Büttner (Ingolstadt) und Walter Kolbow. https://dserver.bundestag.de/btd/13/016/1301628.pdf
Nirgendwo ist da ein MdB der PDS in Sicht! Meine konkretisierende Anfrage @csThor lautet: Wo sind Ihre Belege zum „wie und warum des PDS-Antrags“???
Auf der Bonner Hardthöhe sollte Dietl mit der Taktik des hinhaltenden Abwehrkampfes über die Runden gerettet werden. Aber nun zum November 1995: Die Kaserne in Füssen erhielt den Namen Allgäu-Kaserne, die Kaserne in Mittenwald den Namen Karwendel-Kaserne. Diese überfällige Entscheidung stieß auf die herbe Kritik des Kameradenkreises der Gebirgstruppe. Jene alten „Kameraden unter’m Edelweiß“ bekamen Schützenhilfe vom wehrpolitischen Flügel der CSU. Man müsse aufpassen, dass nicht „durch eine Scheibchenpolitik“ weitere Namensgeber der Wehrmacht eliminiert würden. Auf einem Parteitreffen im Januar 1996 in Wildbad Kreuth erklärte Klaus Rose MdB, der damalige Vorsitzende des VT-Ausschusses, „Rühe hätte das nicht machen dürfen“. (Traditionspflege – CSU gegen Rühe; in: DER SPIEGEL 4/1996, S. 16. Online zugänglich unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8870304.html.)
Zu guter Letzt noch eine Lektüreempfehlung: Thorsten Loch, Zwischen Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Kasernennamen in der Bundesrepublik Deutschland; in: VfZG Januar 2024
https://www.ifz-muenchen.de/vierteljahrshefte/vfz-hoeren-und-sehen/ins-heft-gezoomt#c17203
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[Ein OT, bei dem ich nicht Nein sagen kann :-) T.W.]