Kein SOFA: Bundeswehr macht Stützpunkt in Niger dicht
Das Verteidigungsministerium ist mit dem Versuch gescheitert, dauerhaft einen Lufttransportstützpunkt in dem von Putschisten kontrollierten Sahel-Land Niger zu betreiben. Hintergrund ist vor allem die Weigerung der Regierung in Niamey, die Rechtsstellung deutscher Soldaten im Rahmen eines Abkommens verbindlich festzulegen. Darüber hinaus hatten sowohl das Auswärtige Amt als auch der Bundestag die militärische Zusammenarbeit mit Niger kritisch gesehen.
Das Verteidigungsministerium vermied es in einer Mitteilung am (heutigen) Samstag sorgfältig, Gründe für die Aufgabe des Lufttransportstützpunktes zu nennen:
Sachstand der Nutzung des Lufttransportstützpunkts in Niamey
Die Bundesregierung hat Ende der Woche beschlossen, den Stützpunkt Niamey über den 31. August 2024 hinaus nicht weiter zu betreiben und Soldatinnen und Soldaten nach Deutschland bis zum 31. August geordnet zurückzuverlegen.
Auch die von Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und Auswärtigen Amt (AA) gemeinsam verantwortete militärische Kooperation bzw. Ertüchtigungsprojekte werden nicht weiterverfolgt. Die politischen und entwicklungspolitischen Beziehungen sind hiervon unberührt.
Das BMVg wird die bilaterale Ausbildungshilfe und das bilaterale Jahresprogramm niedrigschwellig und in nicht-letalen Bereichen fortsetzen. Versehrte und verwundete nigrische Soldaten sollen in Bundeswehrkrankenhäusern behandelt werden.
Wesentlicher Grund ist, wie Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium laut Berichten von Spiegel und dpa Abgeordneten des Bundestages erläuterten, die Weigerung der nigrischen Regierung, mit der Bundesregierung ein Status of Forces Agreement (SOFA) abzuschließen. Solche Vereinbarungen sichern den rechtlichen Status der Soldaten in einem Auslandseinsatz ab.
Ende Mai hatte das Wehrressort, ohne Beteiligung des Außenministeriums, mit der Regierung in Niamey ein Zwischenabkommen geschlossen, das den Weiterbetrieb der deutschen Basis vorerst sicherstellte. Zuvor war der Stützpunkt Teil der UN-Mission MINUSMA für das Nachbarland Mali gewesen; das Mandat dafür lief jedoch im Mai aus. Die Notwendigkeit für einen Weiterbetrieb hatte Oberstleutnant Mitko Müller als Sprecher des Ministeriums am 31. Mai vor der Bundespressekonferenz so begründet:
Wir haben eine Übergangsvereinbarung abgeschlossen, um den Lufttransportstützpunkt nach dem heutigen Tag als Cold Base weiterhin nutzen zu können. Das haben Sie richtig gesagt. Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Das haben Sie angedeutet. Vor allen Dingen die Region Sahel/Westafrika ist teilweise auch fragil. Gegebenenfalls braucht man da auch einen Ort oder eine Basis, um deutsche Staatsbürger in Sicherheit zu bringen. Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen. Der Auftrag ist eben, dass man notfalls auch im Rahmen einer militärischen Evakuierungsoperation deutsche Staatsbürger – vereinfacht gesagt – herausholt.
Das vereinbarte Übergangsabkommen endet planmäßig zum 31. August, deshalb wurde dieses Datum auch als Abzugstermin festgelegt. Nach der regelmäßigen Übersicht des Ministeriums für die Abgeordneten sind in Niamey derzeit rund 40 deutsche Soldaten und Soldatinnen stationiert.
Dass darüber hinaus die militärische Kooperation und die so genannte Ertüchtigung für Niger ausläuft, ist keine echte eigene Entscheidung der Bundesregierung. Parlamentarier der Koalition hatten deutlich gemacht, dass sie eine weitere Zusammenarbeit mit der Militärregierung in Niger und ebenso mit den Nachbarländern Burkina Faso und Mali kritisch sehen, wo ebenfalls Putschregierungen im Amt sind. Der Haushaltsausschuss hatte diese Bedenken in Vorgaben für beide Ministerien bereits im April in einem so genannten Maßgabebeschluss festgelegt:
Der Haushaltsausschuss stimmt der geplanten Auswahl der Partnerländer des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte (AH-P) für die Jahre 2025 – 2028 zu. Die Ausstattungshilfe für die Länder Mali, Burkina Faso und Niger sieht der Haushaltsausschuss angesichts der politischen Rahmenbedingungen nach den Militärputschen der vergangenen Jahre sehr kritisch, besonders mit Blick auf die Wahrung der Menschenrechte und des Völkerrechts sowie der Rechte von Oppositionellen und Zivilgesellschaft durch die entsprechenden Partner vor Ort.
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf:
1. Eine Liste mit den beabsichtigten Projektmaßnahmen sowie der hierfür geplante Mittelansatz im Einzelplan 05 dem Auswärtigen Ausschuss und dem Haushaltsausschuss zur Zustimmung vorzulegen, sobald die entsprechenden Vorsondierungen mit den Partnerstaaten abgeschlossen sind.
2. Keine Umsetzung der Projekte in den Ländern Mali, Burkina Faso und Niger einzuleiten, bevor nicht der Auswärtige Ausschuss und der Haushaltsausschuss diesen explizit zugestimmt haben.
Schon vor dem deutschen Abzug endet die Präsenz der US-Streitkräfte auf der Airbase des Flughafens Niamey – die Regierung hatte die USA praktisch rausgeworfen. Am (morgigen) Sonntag soll die letzte US-Maschine von diesem Flughafen starten.
(Archivbild 2019: Unterkunftscontainer des deutschen Lufttransportstützpunkts auf dem Flughafen Niamey)
Grundlage aller nationalen Entscheidungen in finanziell instabilen Ländern (nicht nur in Afrika) ist wie üblich PERSÖNLICHE BESTECHUNG ganzer Regierungen durch ausländische Mächte.
Das fällt autokratischen Systemen wie Russland natürlich immer leichter als westl. Systemen.
Kombiniert mit Söldner-Angeboten und kostenlosen Luftabwehrsystemen ist das aus Putschistensicht schwer abzulehnen…
Über kurz oder lang wird der russische Einfluss stark zunehmen. Weltweit.
China arbeitet da eher auf finanzieller Basis, kann „on the long run“ auch funktionieren…
Da den westl. Systemen heute bestimmte Vorgehensweisen verwehrt bleiben wird das leider so weitergehen fürchte ich…
Nachsatz:
Als ehemaliger Wehrdienstleistender der 80er war damals eine Entscheidung dtl. einfacher als heute. Auslandseinsätze gab es qua Gesetz gar nicht… und so auch keine „Kollateralschäden“…
Aus welchen realen Gründen sollte der Stützpunkt überhaupt weiter betrieben werden? Alles mehr als fragwürdig. Wie sollte das mit der wertegeleiteten Außenpolitik zusammenpassen? Wieder ein Husarenstück aus dem Bendlerblock.
@Apollo 11
Es hat wohl eher damit zu tun, das wenn ein Land sich von seinem „Ausbeuter“ Frankreich bzw debpn Transatlantikern löst, sich einen anderen Schutzschirm suchen muss.
Genau deshalb hat Frankreich doch den CFA etabliert, damit man die ehemaligen Kolonien weiter ausbeuten kann.
Vollkommen nachvollziehbar; Frankreich ist schon abgezogen, die USA ziehen sich zurück. Was will die Bundeswehr da noch in Niger?
In dem Zusammenhang, die Air Base 201 soll nach einer Vereinbarung auch geräumt werden; Zeitpunkt aber noch offen. Das tut den USA sicherlich richtig weh. Kennt einer den Stand des Abzuges oder spielen die USA auf Zeit, ob ggf. wieder bessere Beziehungen kommen?
Fun fact: Heute die aktuelle „loyal“ aufgeschlagen, da wurde wohl beim Setzen der Seite 36 noch davon ausgegangen: „Bundeswehr bleibt vorerst“, insinuierend, dass es über den 31. August hinaus weitergehen soll, „bemannte Cold Base“, Gründe auch hier: Genauso dünn wie in dem Zitat des Kameraden Müller oben. „Gegebenenfalls“ ist Haben besser als Brauchen, das stimmt immer. Aber für etwaige MilEvakOp eine Basis in einem Staat vorhalten zu wollen, dessen Führung die VertreterInnen westlicher Länder gerne vorführt – dünn. Warum nicht mal geradeaus sagen (Ich spekuliere): „Wir wollen aus strategischen Gründen gerne spontan nutzbare Infrastruktur vorhalten, denn alle anderen Partner packen mehr oder weniger komplett ein, und wir wären gerne diejenigen, die noch vor Ort sind, denn mittelfristig soll gemeinsam Einfluss / Präsenz in der Region wieder gesteigert werden.“ Ansonsten scheint es in Berlin Menschen in verantwortlichen Positionen zu geben, die einen Hang zum außen- und sicherheitspolitischen Masochismus haben, denn man führt auch innenpolitisch kaum tragfähige Argumente vor (Am schönsten: Man hätte ja schon so viele Euros dort investiert, dann wolle man auch länger was von haben – sunk cost fallacy?), um dann zusätzlich noch von den Machthabenden in Niger erst hingehalten und dann gefühlt gedemütigt zu werden. Aber vielleicht ist das „the Long Game“: Deutschland bleibt verlässlich bis zum bitterst möglichen Ende, selbst wenn der Partner, wegen dem man um guter bilateraler Beziehungen willen dort aufgekreuzt ist (Hier: Frankreich), schon längst eine Schwerpunkt-Verschiebung vorgenommen hat.
Es wäre schon schön gewesen, einen Luftwaffenstützpunkt relativ zentral in Afrika zu haben. Für Evakuierungsmissionen aus Afrika wäre das perfekt. Jetzt bleiben nur die europäischen Mittelmeer-Anrainer und Jordanien.
Die Sahel-Zone ist (vorläufig?) für den Westen verloren. Das Hauptproblem hat aber Frankreich. Das CFA-Problem wird sich weiter verschärfen, die Länder wollen nicht mehr mitmachen. Und der Niger war der Hauptversorger für den französischen Uranbedarf. Wenn es da Probleme gibt, fällt das auch auf D zurück. Le Pen hat ja schon angekündigt, dass sie den Strommarkt infrage stellt, wenn sie gewinnt.
Ich schließe mich da J10 an. Ich nenne es aber Realitätsverweigerung. Wir EUropäer haben in Afrika ‚fertig‘. Das verdanken wir nicht allein Emanuel Macron und seiner Arroganz gegenüber den Regierungen der ehemaligen französischen Kolonien. Die Auftritte von Frau Baerbock und anderer europäischer Politiker haben auch ihren Teil dazu beigetragen.
@12PzDiv
Zitat: „Und der Niger war der Hauptversorger für den französischen Uranbedarf. Wenn es da Probleme gibt, fällt das auch auf D zurück. Le Pen hat ja schon angekündigt, dass sie den Strommarkt infrage stellt, wenn sie gewinnt.“
Ich frage mich ja auch wie Le Pen das hinbekommen will. Allerdings sind die Franzosen inzwischen nicht mehr so sehr von der Kernenergie abhängig. Dort wurde auch die Windkraft so sehr ausgebaut, dass im letzten Sommer einzelne Reaktoren zeitweise, aufgrund eines Überangebots an Windstrom, abgeschaltet werden mussten. Trotzdem hängt Frankreich immer noch zu 70 % am Atomstrom. Auch wenn die EDF nun, nach sehr langer Bauzeit, ihren neuesten Reaktor in Betrieb nehmen konnte, bleibt der Umstand, das der Rest des Reaktorparks arg in die Jahre gekommen ist. Unvergessen das Mai 2022, in dem 30 von 56 Reaktoren zu Reparatur und Wartungszwecken abgeschaltet werden mussten.
Natürlich ist es gut, dass In Frankreich der Anteil der Stromerzeugung aus Sonne und Wind stark ausgebaut wird. Aber aber sie haben noch einen weiten Weg vor sich. Ohne Niger als Lieferant für Uran steigt die Abhängigkeit von Kasachstan und damit von russischen Konzernen. Natürlich gibt es noch andere Lieferanten für Uran. Aber die sind entweder teuerer oder sie produzieren nicht die in Frankreich benötigten Mengen. Die Nutzung von Kernenergie produziert den teuersten Strom. Ohne preisgünstiges Uran wird dieser Strom noch teurer.
Auf uns wird das nur zurückfallen, wenn wir unsere Energiewende nicht konsequent weiter umsetzen. Dazu gehört der Ausbau der Netze (Redundanz), den bislang vor allem ein gewisser bayrischer Populistenstadl ausgebremst hat, der Ausbau der Photovoltaik- und Windkraftanlagen und vor allem der Ausbau der Speicher.
Wenn uns der Ukrainekrieg eines gelehrt haben sollte, dann ist das die Anfälligkeit einer zentralen Energieversorgung. Die Angriffe der russischen Armee auf die ukrainischen Kraftwerke hat die ukrainische Industrieproduktion und damit auch die Rüstungsproduktion zum Erliegen gebracht. Nebenbei treffen die Ausfälle der Strom- und Wärmeproduktion auch private Haushalte und zivile Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungen). Die Flutkatastrophen bei uns haben uns gelehrt das auch Naturkatastrophen regional so eine Wirkung haben können. Das können wir und das müssen wir für unser Land iin Zukunft vermeiden.
Dezentralisierung ist der Schlüssel zur Resilienz. Je mehr Verwaltungseinrichtungen, Betriebe und Haushalte zumindest in ihrer Notstromversorgung von großen Versorgern unabhängig sind, desto resilienter das gesamte System.
Nicht von Atomstrom abhängig zu sein macht uns ebenfalls weniger leicht erpressbar. Schließlich kann auch ein unbeabsichtigtes Fukushima-Ereignis in einem nicht-nuklear geführten Krieg zu denselben furchtbare Konsequenzen führen.
Warum es immer noch so viele Anhänger der Kernenergie gibt, erschließt sich mir nicht.
[Uff, so eine Tendenz gibt es derzeit bei manchen Themen: So bedeutsam dieses Thema und diese Debatte ist, von der Aufgabe des deutschen Stützpunkts in Niger zu einer Grundsatzdiskussion über Energieversorgung zu kommen, machen wir hier nicht – und dieser Aspekt ist damit durch. T.W.]
Jetzt einfach brav sein. Wie bereits benannt, aus „lieber haben als suchen“ entsteht nicht ausreichende Zahlungsfähigkeit, um ein eigenes SOFA 🛋️ ins strategische Mobiliar der Putschisten zu stellen.
Jedenfalls nicht zu jetzigen Zeitpunkt.
Lassen wir RUS mal an der Ukraine scheitern, dann klingelt bestimmt das Telefon ☎️ des Innenausstatters der nigerianischen Machthaber, um sich den Betrag 💵 nochmal bestätigen zu lassen.
Akte demnach in Griffweite behalten, wir haben bei den Tuareg und Weiteren einen ganz passablen Eindruck hinterlassen.
Weiter So!
[Das können Sie besser. Und dass Sie Niger und Nigeria verwechseln… Hm. T.W.]
Endlich. Als kürzlich die IT ausgeplant wurde und ich die Frage stellte, wie soll denn der künftige Auftrag lauten, kam NICHTS. So etwas ist nicht nur traurig, sondern verantwortungslos. Soldaten ohne Auftrag? Danke, es wurde Zeit.
@T.W: Streiche nigerianische, setze nigersche. Aber die Autokorrektur meines Mäusekinos mal dahingestellt: Hä? Warum aufregen? Die Putschisten in der Region allieren sich, probieren sich aus. Alles im Rahmen der vorzufindenden Rahmenbedingungen. Derweil wird brav an Resourcen exportiert.
Sobald der Kreml als weniger attraktiv empfunden, wieder reden. Bis dahin die Ruhe bewahren.
Nun ja, die Wahl des Niger war ja immer eher – zumindest übergeordnet strategisch – eine Verlegenheitslösog nach „haben ist besser als brauchen“. Das liegt aber auch an einer leider fatal fehlgeplanten Sahel-Strategie, die mehrere Jahre lang das Narrativ dominierte und verschiedene Zielkonflikte vermengt hatte, anstatt diese einzeln zu lösen (in Form von Prioritätensetzung).
Es bleiben Senegal, Ghana, Nigeria und Kamerun im Westen übrig … der Osten Afrikas ist eher schwierig (ohne Djibouti bleibt nur Jordanien übrig, und das ist „off continent“). Der Niger hatte halt seinen geografischen Charme und war billig (stabil im Sinne einer Akteurskongruenz war er btw nie). Nicht mehr … aber es gibt ja keine wirkliche militärpolitische/sicherheitspolitische Afrika-Strategie Deutschlands, die Level of Ambition der EU werden ja noch nicht einmal national abgebildet.
Aber in Summe würde ich AoR zustimmen … langfristig sieht es nicht so schlimm aus. RUS und CHN sind halt realistische Optionen zu US und EU-Logik und Francafrique ist Geschichte. Wenn alle in den Indopazifik wollen ist im geopolitisch signifikanten EUafrique eine Leerstelle …
@jhaboush.
NEW: Pentagon says withdrawal of US troops from Air Base 101 in Niger’s Niamey has been completed ahead of schedule. Focus now on completing withdrawal of US forces from Air Base 201 in Agadez
@MichaelShurkin
The base never made sense. Someone should have said „no“ to USAF or AFRICOM or whomever long ago.
Kosten sollen $ 100 Mio betragen haben..
Der Niger verstand es lange sich als festen Ankerplatz im Strudel. des Sahel darzustellen. Dass es nunmehr von der Mittelmeerküste bis an den Nigerfluss und in den Niger hinein keine wesentliche wesentliche Präsenz im Sahel mehr gibt, muss beunruhigen.
Die Ambitionen aus Moskau und Peking sind bekannt, jüngst streckte auch Ankara seine Fühler aus, beginnend in Djibouti und Somalia.
„The base never made sense. Someone should have said „no“ to USAF or AFRICOM or whomever long ago.!“
Nun ja, das Außenministerium war wohl auch von dem Stützpunkt überzeugt. Eine der letzten dienstlichen Missionen von Frau Nuland bestand darin, die geplante ECOWAS- Intervention (sicher mit französischer Unterstützung) in Niger abzublasen, um die Air Base 201 zu retten, genau mit der Begründung der hohen Investitionen. Da muss es aber grundlegende Änderungen in der US- Politik gegenüber der Sahel- Zone geben, wenn man jetzt sang- und klanglos abzieht.
In Summe erfährt die Region die Investiotionen Chinas, die Söldner Moskaus, die Fühler Ankaras aber auch die Investitionen und Interessen Saudi Arabiens. Die Regime der Putschisten sind durch ein Abwenden von den westlichen Staaten „US+EUafrique“ definitiv schwächer als die vormals zu bewachenden Regime und Regierungen.
Alle oben genannten Parteien wollen in der Region mit individuellen Abweichungen irgendeinen (kurzfristigen?) Gewinn verwirklichen der zum Teil unseren Interessen diametral gegenüber steht (RUS). Möglich ist dies sicherlich auch, da wir EUler ein Vakuum präsentieren. Vor dem Hintergrund, dass innereuropäische Interessen in der Region zu heterogen sind und mancheiner historisch schwer vorbelastet ist bzw. „der Westen“ in der islamischen Welt zunehmend als eher toxisch wahrgenommen wird.
In Summe nimmt man lieber Kredite in China und stottert die Zinsen duch ausgebeutete Ressourcen zu spottpreisen ab, Russlands Söldner erfinden die Sklaverei neu, und das soll besser sein? Sind/Waren wir wirklich so schlimm oder verhandeln wir so schlecht/sind nicht verhandlungsfähig? Was treibt die Puschisten an?
P.S: Haben wir nicht jüngst mit Algerien die Umstellung der Erdgasinfrastruktur aus Wasserstoff unterschrieben? Und da ist kein FLugfeld irgendwo in der Wüste bei freundlichen Tuareg rübergekommen?
@ Algerien: Ist zwar strategischer Partner seit Anno Tuck, aber alle Abstimmungen laufen über, mit und manchmal ohne Frankreich und die EU. Anstrengend… und zudem eingebunden in die Mittelmeerpolitik der EU und diverse bilaterale Verträge und Abkommen. Deutschland ist qua BMZ und BMBF gut vernetzt und auch das BMI hat seine Kontakte und Partner vor Ort, aber man ist halt nicht allein dort.
Und gad das „allein“ könnte der Niger ehedem hervorragend anbieten. Agadez war aus anderen Gründen auch ein wichtiger Asset. Die Kontrolle bzw. Kenntnis *DER* Transitroute in den Norden gepaart mit Nähe zum Urantagebau ist nicht zu verachten.
Aber in Summe wäre es auch für D sinnvoll einmal alle LL/LI auf den Tisch zu packen und ernsthaft das Engagement zu evaluieren (ähnlich wie Afghanistan).
Ich kenne persoenlich WestAfrika nur von Ceuta bis Angola und die Mitte garnicht und habe auch die mickrige Rolle (Ergebnisse) unserer DE Botschaften in diesen Staaten kennen gelernt. was wollen wir also von denen erwarten?
Aber fast (90% ) aller afrikanischen Leader und Grossen haben in Europa, Russland und USA/Canada an den besten Universitaeten studiert, selbst die heutigen „Putschisten“. Waehrend sie bereit waren die Hand aufzuhalten fuer die persoenliche Bereicherung und das Fortkommen ihrer Clans als die Europaeer noch willig zahlten, stellen sie heute fest, dass China und Russland zZt lukrativer zu sein scheinen.
Das sollte Europa gelassen abwarten, denn bald – weil die Rechnung nicht aufgehen kann – werden die smarten Afrikaner merken, dass sie mit den colonial-mea culpa-belasteten Europaeern doch besser fahren als mit den gnadenlosen – auf colored-fraternization setzenden – Chinesen.
Diejenigen, die Afrika und ihre Völker zumindest etwas näher kennen, werden eingestehen, dass ganz plakativ gesprochen (und nicht abwertend) strategisches Planen mit Horizont 5 Jahre + keine besonders ausgeprägte indigene Eigenschaft darstellt.
Einige charismatische Visionäre ausgenommen.
Ich möchte damit darauf hinweisen, dass die politischen Implikationen wie sie die Zuwendung zu CHN und RUS darstellen, von den meisten – sog. Eliten eingeschlossen- nicht wahrgenommen werden oder achselzuckend bei Seite geschoben werden.
Natürlich haben CHN wirtschaftliche und RUS handfeste Optionen anzubieten. FRA mit seiner post- kolonialen Attitüde ist für lange Zeit abgemeldet und DEU und EU mit ihren besserwisserischen Gutmenschenpolitik nerven v.a. diejenigen, die ihren eigenen Weg gehen möchten. Der strategische Verlust weiter Teile Sub-Saharas geht auf das europäische Konto – und zu deren Lasten. Für lange Zeit. – –
Nächster Frontstaat: Nigeria. Fragil, korrupt, eigentlich reich aber doch arm, in COIN überfordert steht es auf islamistischer Menükarte.
Sollen sich MLI, BFO und NER nicht wiederholen, und das bevölkerungsreichste Land Afrikas nicht implodieren, dann sollte hier ein neuer Schwerpunkt europäischer Sicherheitspolitik in Afrika gebildet werden.
Eric Hagen sagt: 09.07.2024 um 15:48 Uhr
„Sollen sich MLI, BFO und NER nicht wiederholen, und das bevölkerungsreichste Land Afrikas nicht implodieren, dann sollte hier ein neuer Schwerpunkt europäischer Sicherheitspolitik in Afrika gebildet werden.“
Bei allem Respekt, es gibt nicht einmal eine EU- Sicherheitspolitik in Afrika. Am Ende des Tages landen wir immer bei nationalen Interessen. Den Versuch, Nigeria vor einer Implosion zu retten, sollten wir gar nicht erst anstellen. Er muss scheitern und dann sind EU/Deutschland wieder die Bösen. Die afrikanischen Staaten müssen ihren Weg allein gehen, auch wenn er bittere Abschnitte enthält. Unser einziges Interesse sollte sein, nicht von den Implosionstrümmern getroffen zu werden.
Die USA wurden schnell mit Ersatz fündig. Der Dollar war sicher eine überzeugende Entscheidungshilfe.
Andere, z.B die Bundeswehr, könnten sich anschließen? Die Entfernung zu möglichen Brennpunkten im Sahel sind nur geringfügig ungünstiger. Der Zugang zum Golf von Guinea bietet sogar logistische Vorteile.
@Bjoern__M /@Loyal
„Die #USA haben Ersatz für ihre Basen gefunden, die sie im Niger aufgeben mussten. Laut LE MONDE hat die #Elfenbeinküste zugestimmt, dass AFRICOM einen Militärstützpunkt in der Nähe der Stadt Odienné im Nordwesten des Landes errichtet“.
https://www.lemonde.fr/afrique/article/2024/07/09/chasses-du-niger-les-etats-unis-redeploient-leur-dispositif-militaire-en-cote-d-ivoire_6248264_3212.html?lmd_medium=al&lmd_campaign=envoye-par-appli&lmd_creation=ios&lmd_source=twitter
Der Begriff „Elfenbeinküste“ soll auf Wunsch der Regierung in Abidjan nicht mehr verwendet werden, stattdessen „Côte d’Ivoire“ (CIV), seit 1985. Ivorische Soldaten taten zeitweise bei MINUSMA mit. Der frankophil orientierte präsidiale Küstenstaat bietet mit zuletzt 6,7% gewachsenem BIP vergleichsweise Stabilität zu den umliegenden Autokratien im Sahel.
Und Nun?
Den Faden überblickend, haben wir zumindest mal öffentlich inseriert. Evtl. wäre der Niger ja gnädig.
Am Rande: „Schmallippig“ kamen unsere Unterhändler zurück. Darf man erfahren, was der Niger gefordert hat? Was war das Statement?
Nun ja … den größten und wichtigsten Akteur Afrikas (was Wirtschaftsleistung betrifft) mit den Sahelstaaten zu vergleichen, ist vielleicht die klassische eurozentrische Brille und falsch.
Nigeria ist DAS Operationsgebiet von AFRICOM seit Jahren und auch D ist – was Sanität und Logistik betrifft – seit Jahrzehnten (!) involviert.
Bezogen auf Boko Haram ist es ebenso wie im Kampf gegen andere Irridentisten völlig überfordert und seit Jahren am Rande einer völligen Niederlage. Aber auch die beteiligten Parteien im Land wie in der Region sind nicht so stark und gestaltungsmächtig wie manche deutsche/europäische Analysen schreiben/glauben/hoffen.
Nigeria ist mit China seit 2006 wirtschaftlich verknüpft und seit der Re-Intensivierung chinesischer Afrika-Investitionen primärer wirtschaftlicher Investitionspartner. UK und US haben ebenfalls ein vitales Interesse an einer funktionierenden Exportindustrie und die Unruhen im Norden und Osten Nigerias nimmt man in Kauf. Nigeria ist der „weiße Elefant“ über den man im Mali-Engagement nie geredet hat.
@ Langfristige Geopolitische Sichtweise: Es heisst ja nicht umsonst „Politics of Survival“ und die lange Amtszeit vieler afrikanischer Präsidenten spricht schon für Langfristigkeit der Politik. Halt anders als wir es uns vorstellen, aber aus deutschem Munde ist es bizarr-lustig, anderen die Gefahren chinesischer Abhängigkeit zu erklären und es selbst mit doppelter Geschwindigkeit durchzuführen. Halt typisch Europa ;-).
USA wurden schnell mit Ersatz fündig. Der Dollar war sicher eine überzeugende Entscheidungshilfe.
Andere, z.B die Bundeswehr, könnten sich anschließen? Die Entfernung zu möglichen Brennpunkten im Sahel sind nur geringfügig ungünstiger. Der Zugang zum Golf von Guinea bietet sogar logistische Vorteile.
@Bjoern__M /@Loyal
„Die #USA haben Ersatz für ihre Basen gefunden, die sie im Niger aufgeben mussten. Laut LE MONDE hat die #Elfenbeinküste zugestimmt, dass AFRICOM einen Militärstützpunkt in der Nähe der Stadt Odienné im Nordwesten des Landes errichtet“.
https://www.lemonde.fr/afrique/article/2024/07/09/chasses-du-niger-les-etats-unis-redeploient-leur-dispositif-militaire-en-cote-d-ivoire_6248264_3212.html?lmd_medium=al&lmd_campaign=envoye-par-appli&lmd_creation=ios&lmd_source=twitter
Der Begriff „Elfenbeinküste“ soll auf Wunsch der Regierung in Abidjan nicht mehr verwendet werden, stattdessen „Côte d’Ivoire“ (CIV), seit 1985. Ivorische Soldaten taten zeitweise bei MINUSMA mit. Der frankophil orientierte präsidiale Küstenstaat bietet mit zuletzt 6,7% gewachsenem BIP vergleichsweise Stabilität zu den umliegenden Autokratien im Sahel.
Ja, das war zu erwarten, dass die Bundeswehr abzieht, wenn kein Sofa da ist. Seit von der Leyen wissen wir ja, dass keine Gardinen, kein WLAN und kein Breitbildfernseher in den Unterkünften unzumutbar ist und mit Priorität zu beschaffen. Wenn da kein Sofa in der Wüste aufzutreiben ist… nein, nein, nein!!
Dass man abziehen würde, weil es keinen Sinn gibt da zu sein, und noch nie gab, das kommt natürlich nicht in Frage.
@Beschaffungsamt: Made my Day! 😎
Aber so ein Flugfeld für EvacOps währe wohl nice in der Region.