Scholz begründet Ablehnung von Taurus für die Ukraine: Keine Bundeswehr-Beteiligung, „auch nicht in Deutschland“ (Neufassung)

Bundeskanzler Olaf Scholz hat bekräftigt, dass Deutschland keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern wird. Mit dem Einsatz dieses Waffensystems wäre eine Beteiligung deutscher Soldaten verbunden, und die müsse selbst bei Unterstützung aus Deutschland selbst ausgeschlossen werden. Es ist die bislang weit reichendste öffentliche Begründung des Kanzlers für diese Entscheidung.

Die Ukraine dringt seit langem darauf, auch die Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern aus Deutschland zu erhalten. Die öffentliche Debatte darüber wurde auch immer wieder durch die Tatsache befeuert, dass Großbritannien und Frankreich der Ukraine ähnliche Waffensysteme geliefert hatten, wenn auch mit geringerer Reichweite.

Die Bundesregierung hatte bislang immer wieder erklärt, es gebe keine Entscheidung für die Taurus-Lieferung. Die Aussagen dazu waren jedoch meist recht vage (Es gibt keinen neuen Stand), und öffentlich wurde das stets als keine Zusage, aber eben auch nicht als eindeutige Absage verstanden. Mit seinen Aussagen bei der Chefredakteurskonferenz der Deutschen Presse-Agentur am (heutigen) Montag in Berlin ist der Kanzler zu diesem Thema so deutlich geworden wie zuvor nicht.

Die Passage aus dem vom Bundespresseamt veröffentlichen Transkript:

SCHOLZ: Das ist eine sehr weitreichende Waffe, und das, was an Zielsteuerung und Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden. Das weiß auch jeder, der sich mit diesem System auseinandergesetzt hat, und deshalb bin ich immer wieder verwundert, dass die Frage erneut gestellt wird. Das wäre aus meiner Sicht etwas, das nicht zu verantworten wäre, wenn wir uns auf gleiche Weise an der Zielsteuerung beteiligen würden.

FRAGE: Also das heißt, dass Sie sagen, für die Zielsteuerung müssten Soldaten in die Ukraine geschickt werden, deutsche Soldaten. Das wollen Sie nicht. Das kommt für Sie nicht infrage.

SCHOLZ: Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein.

FRAGE: Also auch nicht in Deutschland.

SCHOLZ: Auch nicht in Deutschland.

FRAGE: Das heißt, das käme nicht infrage. Deswegen kommt es für Sie grundsätzlich nicht infrage, Taurus in die Ukraine zu liefern? Ist das ein klares Nein?

SCHOLZ: Ich habe sehr klar gesagt, warum es Gründe gibt, warum die Regierung des Landes, das am meisten in Europa tut, um die Ukraine zu unterstützen, sagt, dass das das ist, was jetzt für uns nicht als Nächstes als Handlungsoption auf der Tagesordnung steht, und dabei auch klar ist. Ich sage noch einmal: Diese Klarheit ist auch erforderlich. Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun. Ich bin sehr irritiert über die fehlende Balance zwischen dem, was jetzt wirklich erforderlich ist, und der Debatte über dieses eine System. Was der Ukraine fehlt, ist Munition für alle möglichen Distanzen, aber nicht in entscheidender Weise diese Sache aus Deutschland.

FRAGE: Aber, noch als letzte Frage, dass die Ukrainer dieses Waffensystem selbst programmieren, kommt für Sie auch nicht infrage? Es geht nicht ohne deutsche Soldaten?

SCHOLZ: Ich will noch einmal wiederholen: Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, das wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können.

Der Vollständigkeit halber das ganze Transkript: In seinen Aussagen listete der Kanzler auch noch einmal auf, wie Deutschland die Ukraine bereits militärisch unterstützt hat:

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(Archivbild Oktober 2005: Erprobung des Marschflugkörpers Taurus am Tornado-Kampfjet in Südafrika – Sven Adolfs/Bundeswehr)