Sicherheitshalber der Podcast Folge 78 LIVE: Panda-Diplomatie und Nuklearwaffen. Chinas Rolle im 21 Jahrhundert
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 78 sprechen Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich live vor Publikum im WDR-Sendesaal in Köln über ein Thema, das – gemessen an der Zahl der Zuschriften – trotz aller anderen Krisen, Konflikte und Kriege viele Sicherheitspod-HörerInnen aktuell sehr umtreibt: China.
Welche politischen Ambitionen hat China – regional und global? Wie entwickeln sich seine wirtschaftlichen, diplomatischen und militärischen Fähigkeiten? Wie wahrscheinlich ist ein militärischer Konflikt um Taiwan – und was wären die Konsequenzen für globale Lieferketten, insbesondere mit Blick auf Halbleiter. Und zu guter Letzt: Was heißt das alles für Deutschland und die Zeitenwende?
Abschließend wie immer der Sicherheitshinweis, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit den Auswirkungen von Kriegserfahrungen im Kindesalter, sich verschlechternden Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea, den neuen deutschen verteidigungspolitische Richtlinien und der neuen Task Force für Kleindrohnen der Bundeswehr.
China: 0:03:20
Sicherheitshinweise: 0:58:47
Die Diskussion (ohne Sicherheitshinweise) als Aufzeichnung bei Phoenix:
(Hinweis: Der Link hatte sich aus technischen Gründen geändert; ist jetzt gefixt)
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema: China
Paul Scharre: Decoupling Wastes U.S. Leverage on China: Keeping Chinese firms dependent on Western chips is a better strategy. Foreign Policy, 13.01.2023.
Ana Swanson: U.S. Tightens China’s Access to Advanced Chips for Artificial Intelligence. New York Times, 17.10.2023
Jeffrey Ding: Can China independently develop advanced lithography machines?. ChinAI Newsletter #238, 25.09.2023
Wang Jisi: America and China Are Not Yet in a Cold War. But They Must Not Wind Up in Something Even Worse. Foreign Affairs, 23.11.2023.
Hans M. Kristensen, Matt Korda, Eliana Johns: Nuclear Notebook: Chinese nuclear weapons, 2023. Bulletin of the Atomic Scientists, 13.03.2023.
Taylor Fravel, Henrik Stålhane Him, Magnus Langset Trøan: China’s Misunderstood Nuclear Expansion, Foreign Affairs, 10.11.2023.
Georg Fahrion: Wie China auf den Krieg im Gazastreifen blickt, Spiegel, 22.11.2023.
Jim Garamone: DOD Report Details Chinese Efforts to Build Military Power, DOD News, 19.10.223.
Sicherheitshinweis
Carlo: Nordkorea kündigt Militärabkommen mit Südkorea auf
https://www.bbc.com/news/world-asia-67504866
Frank: Kriegserfahrungen im Kindesalter beeinflussen die Sicht auf Nuklearwaffen
https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/00220027231159287
Thomas: Bundeswehr und Kleindrohnen
https://augengeradeaus.net/2023/11/nach-den-erfahrungen-der-ukraine-bundeswehr-setzt-task-force-fuer-kleindrohnen-ein/
&
https://table.media/security/news/streitkraeftebasis-stoppt-einsatz-von-chinesischen-kleindrohnen/
Rike: Neue Verteididgungspolitische Richtlinien https://www.bmvg.de/de/aktuelles/verteidigungspolitische-richtlinien-2023-veroeffentlicht-5701338
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(Foto: Roberto Pfeil für Sicherheitshalber)
Die Diskussion enthält interessante Aspekte, aber etwas war ich auch enttäuscht.
Das Eingangsnarrativ, Chinas Wirtschaft stagniert, wird durch die veröffentlichten Zahlen nicht gestützt. Das niedrigste Wirtschaftswachstum der letzten zehn Jahre waren in 2020 (Corona) ca. 2,5%. Für 2023 werden ca. 5% erwartet. Dass sind nicht mehr die 10 oder mehr Prozent vergangener Jahrzehnte, aber die Bevölkerung stagniert. Und Prognosen für die Zukunft??
China strebt sicherlich die regionale Hegemonie an. Aber ob sie eine globale politische und militärische Hegemonie, so wie GB und USA zu ihren besten Zeiten, überhaupt anstreben, wage ich doch zu bezweifeln. Zum einen haben sie mit der Herstellung der regionalen Hegemonie noch genug zu tun. Dazu gehört ja nicht nur Taiwan und ein paar Inseln, sondern mindestens auch Vietnam, Korea, Japan, Sibirien. Der einzige Versuch Chinas Richtung globale Hegemonie, die große Flotte Mitte des 15. Jahrhunderts im Indik, wurde als Misserfolg eingestuft und nie wieder wiederholt.
Interessant fand ich die Bemerkung zur Notwendigkeit eines Krieges, um die Armee tatsächlich einmal auszuprobieren. Taiwan ist da viel zu wichtig als Versuchsfeld. M.E. böte sich Myanmar an. Es würde mich nicht wundern, wenn die Chinesen demnächst als „Friedenstruppen“ in den Bürgerkrieg eingreifen.
Warum sich Herr Masala über die Bemerkung des Vorstandsvorsitzenden von Mercedes wundert, wundert mich nun. Mercedes ist ein internationales Unternehmen, das (nicht ganz) zufällig noch seinen Hauptsitz in Deutschland hat. Das Unternehmen ist weder der Bundesregierung noch der deutschen Bevölkerung verpflichtet, sondern nur seinen Aktionären. Wenn das Hauptgeschäft in China gemacht wird und es mit dem deutschen Hauptsitz politische Querschüsse gibt, ist es mehr als logisch, das Unternehmen noch weiter nach China zu verlagern.
Am meisten hat mich die Diskussion um Taiwan irritiert. Kein einziges Wort wurde zur Bevölkerung Taiwans und ihren Wünschen und Vorstellungen verloren. Es ist ja nicht so, dass die Bevölkerung wie ein Mann/Frau Festlandschina und seine Politik ablehnen. Derzeit dominiert die stark westlich orientierte Bevölkerungsgruppe mit dem Ziel der Unabhängigkeit. Es gibt aber durchaus auch die Teile der Bevölkerung, die die Zugehörigkeit zum großen Mutterland nicht so furchtbar schlecht finden. Der chinesische Nationalismus, der von der KP inzwischen als eigentliche ideologische Klammer gefördert wird, hat eine große Anziehungskraft. Wenn eines Tages die Frage steht, ob die eigene Lebensgrundlage durch einen verheerenden Krieg zerstört wird oder man zähneknirschend sich wiedervereinigt, könnte die Volksrepublik durchaus einen leichten Sie erringen.
Übrigens, die mehrfach erwähnte TSMC hat auch Fabriken in Festlandschina.
Xi Jinping ist Jahrgang 1953. Das magische Jahr 2049 dürfte er nicht mehr erleben, zumindest nicht in verantwortlicher Position. Insofern sind Ziele, die er für 2049 aufstellt, Forderungen an seine Nachfolger. Vermutlich würde er gern als Wiedervereiniger Chinas in die Geschichtsbücher eingehen wollen, aber nicht als Zerstörer. Solange das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation mit den USA gegeben ist, wird die VR abwarten. Ich gehe fest davon aus, dass man auf der Seite der KP- Führung die Geduld hat, auf den Moment zu warten, wo die USA Taiwan nicht unterstützen können oder wollen. Dann reicht sicherlich ein kleiner Militäreinsatz aus, einige unbelehrbare Taiwanesen zu bekehren.
Interessante Gesprächsrunde in Köln.
Abgeshen davon, dass China sehr wohl viele Bilaterale Verträge mit seinen Nachbarn hat, muss man sich die Frage stellen, ob man das politische China nur auf Taiwan verengt.
Natürlich ist Taiwan der Stachel im Fleisch – der Beweis, wie weit China sein könnte, wenn man die demokratischen Kräfte nicht exiliert hätte.
China hat in den 70er und 80er Jahren eines verstanden: Man wird nicht mehr „Weltmacht“, indem man sich kolonial-militärisch aufstellt, landet man schneller auf dem Radar der Weltpolitik und kann sich nicht in Ruhe entwickeln.
Die dauerhafte „show of force“ kostet die USA Milliarden an Dollar für Ausrüstung, Unterhalt und Liegenschaften. Es führt zu ständiger Exposition und zu einer dauerhaften moralischen(!) Rechtfertigung.
Da baue ich mein Militär doch lieber langsam für mich auf, halte mich aus Krisenherden raus und bleibe eine 1,4 Millionen Mann starke Blackbox. Die Kampfkraft darf bezweifelt werden, aber ab einer gewissen Größen ist auch Menge eine Qualität und der Aufbau der Atomraketen ist sinnvoll, um dann irgendwann aus der Postion des numerisch Überlegenen medienwirksam Abrüstung anzubieten.
In der Zwischenzeit wird China sich öffentlich nicht als kolonialistisch präsentieren und sich daher weder exponiert, noch sich für mititärische Interventionen rechtfertigen muss.
Stattdessen baut man wirtschaftliche Abhängigkeiten auf, um so zu einem zentralen Angelpunkt der Weltwirtschaft zu werden.
Dabei gefällt sich China mehr als Strippenzieher im Hintergrund, als prä-/postpotenter Lautsprecher der Weltgeschicke, wie die USA das offenbar tun.
China ist bereits der wirtschaftliche Hegemon der Region und baut das konsequent aus. Sei es durch Abhängigkeiten mittels Infrastruktur, die China in den Anrainerstaaten durchführt – und dafür aber auch den Schlüssel behalten.
Gleichzeitig – und das kam mir zu kurz – wird Russland als Faktor nicht mehr gesehen.
Nach den Schwüren der „unverbrüchlichen Freundschaft“ (oder so ähnlich), hat China erst einmal die Karten geändert und umstrittene Gebiete im äußersten Norden Chinas als chinesisch markiert.
Das hat Putin zähneknirschend runtergeschluckt, aber das einzige, was Russland seit Jahrhunderten zusammenhält, ist der Stolz.
Aktuell braucht Russland China als Handelspartner und Embargo-Rammbock. Aber diese Abhängigkeit wird Russland sich nicht lange bieten lassen. Man hat auch Nordkorea als militärischen Ausrüster (Handfeuerwaffen, Munition…) und dieser Spaltpilz ist China schon immer ein Dorn im Auge. Da ist die Möglichkeit einer „unheiligen Allianz“ durchaus gegeben.
Aktuell ist die KP in China in den Breiten der Bevölkerung unumstritten. Das Wohlstandsversprechen funktioniert noch und solange China seine Währung nicht komplett frei gibt, wird dieser Wohlstand nicht gefährdet. Gleichzeitig schlägt in 15 Jahren die „Ein-Kind-Politik“ voll durch ud das Sprichwort „China wird schneller alt, als reich!“ ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
Um die Nachteile zu mindern, ist China ja schon dabei sich zu entkoppeln (C. Marsala sprach das an), indem die Fertigungstiefe in China bei vielen Produkten schon bei mindestens 70% liegt.
Hier ist die Wirtschaft ja schon dabei die Lieferketten zu verlagern – China wird durch Indien ersetzt.
Das verschiebt für uns zwar nur das Problem, führt aber zu einem Mittelzufluss in Indien, die damit – mittelfristig – zu einem immer größeren Gegenpart zu China werden könnten.
Inwieweit das politisch sinnvoll ist, wird sich zeigen.
Hier liegt eine weitere Krux: So sehr ich das Kopfschütteln von C. Marsala bezüglich der Aussage von Ola Källenius aus der deutschen Brille verstehe, so nachvollziehbar ist sie.
Mercedes ist ein katarisches Unternehmen (größter Anteilseigner) und daher eher von den katarischen Interessen getrieben, als von deutschen. China bietet Chancen – Deutschalnd Bedenken und Verbote. Da ist es folgerichtig, sich eher von Deutschland zu verabschieden, als von China.
Auch die Chip-Problematik in deutscher Mobilfunkinfrastruktur ist doch keines, wenn die Politik ihr Primat endlich wahrnehmen würde. Solange sich unsere Politik aber nur auf moraline Apelle zurückzieht und keine Entscheidungen trifft, wird das nix.
China bleibt also ein spannendes Thema der Weltpolitik, da die Dynamik hoch ist und die Variablen unübersichtlich sind. Ich glaube, dass China innenpolitisch in den kommenden 20 Jahren unglaubliche Probleme bekommen wird und daher Indien zu einem größeren Problem für China wird, als wir das heute sehen.
Wenn wir als „westliche Wertegemeinschft“ aber nicht langsam den A***h hoch bekommen, wird der Ausverkauf weitergehen und Europa – allen voran Deutschland – nicht mehr nur politisch zu vernachlässigen sein, sondern auch wirtschaftlich.
Wieder einmal ein interessanter Podcast. Leider auch hier wieder das resignierte (deutsche) verteidigungspolitische Resümee: kein Entscheidungsträger interessiert sich ernsthaft für die Überlegungen oder gedenkt etwa Prioritäten neu zu ordnen. Von Mercedes Benz mal abgesehen # sarc off
Eine Frage aber noch: Wie ist die atomare Aufrüstung der Chinesen einzuordnen (Ziel 1000+) – Abschreckung der Amerikaner, andere Länder im Krisenfall gefügig machen (Säbelrasseln a la Putin im Ukrainekrieg), oder, oder?
Also zu der These am Ende, dass es funktionieren kann, wenn der Westen und China nicht beim Klimawandel kooperieren, sondern konkurieren, halte ich sehr wenig. Denn Maßnahmen gegen den Klimawandel sind eine langfristige, für die meisten sehr abstrakte Maßnahme. Ernste Konflikte lassen aber immer alle Parteien kurzfristige Lösungen bevorzugen – weil eben in dem Moment Ressourcen bei dem Konflikt jetzt helfen und nicht abstrakt irgendwann.
Wenn man angegriffen wird, interessiert man sich wenig dafür, dass eine Granate CO2 freisetzt. Und wenn das (chinesische) Volk jetzt Hunger hat und mehr Wirtschaftswachstum fordert, dann baut auch China wieder (noch) mehr Kohlekraftwerke. Bei uns genauso (siehe alle Kommentare zur „Klimareligion“ und co.). Wenn es aber eine gewisse Stabilität und Ruhe gibt, dann kann man auch langfristige Projekte, wie CO2 Verminderung ernsthaft angehen.
@Segestes:
Warum sollte China in Myanmar eingreifen. Man kann doch mit beiden Konfliktparteien eigentlich ziemlich gut. China ist egal, wer davon die Oberhand hat, solange man die für China wichtige Infrastruktur zum indischen Ozean nicht angreift. Und so dumm ist keine der beiden (oder eigentlich vielen) Seiten.
Das mit „unseren“ Firmen in Diktaturen klappt ja immer super, da kommen ja gar keine politischen Vorgaben, Wer will kann gerne mal bei Wintershall nachfragen oder auch näher bei diversen deutschen Mittelständlern im ungarischen Rohstoff-/Bausektor. Klappt echt prima…BWLer sehen eben nur den nächsten Boni, von Verantwortung erst gar nicht angefangen – Riskmanagement Fehlanzeige.
Zu dem Meinungsbild in Taiwan haben Sie auch eine Quelle? Ich war vor ein paar Jahren in Taiwan, interessantes Land, klar nichts für mich Landei aber schon sehr interessant. Die Hongkonger waren auch total begeistert von der Wiedervereinigung. Nur weil ein paar AFD Hansel Deutschland nur zu gerne unter Putins Knute führen wollen würden…ich fragt mich immer wie das mit deren Selbstverständnis eigentlich vereinbar wäre.
PS:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1269803/umfrage/umfrage-in-taiwan-zum-anschluss-an-festland-china/
die paar Prozent die Festlandchina ganz toll finden sollte man gekonnt ignorieren, machen die Taiwanesen auch. Wie Sie selbst erwähnten sind das vor allem Hardcore Nationalisten mit Großchina und so….
wohin auch immer damit – als Erinnerung – Hybride Kriegsführung – er gibt nicht auf und macht weiter und weiter
https://www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100290376/russland-und-finnland-grenzkonflikt-mit-folgen-.html
der kleine Mann sieht Finnland immer noch als Teil des russischen Großreichs – sich selber als Zaren – er kann einfach nicht mehr sorry ganz dicht sein im Kopf und damit steigt zusammen mit seinen ihn umgebenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Oligarchen – und damit steigt die Gefahr des Einsatzes von Atom- oder biologischen Waffen – auszuschließen ist das in diesem Kontext dann nicht mehr
@Dominik
Danke für die Statistik. Wie Sie selber sehen, halten sich die Anhänger eines Anschlusses an China und die der auch formalen Unabhängigkeit im niedrigen Prozentbereich die Waage. Über 60% wollen den Status Quo beibehalten, d.h. jetzt nicht entscheiden. Im derzeit stattfindenden Wahlkampf mischen auch zwei chinafreundliche (was immer das bedeutet) Parteien mit, siehe z.B. eine große Tageszeitung in München.
Ihr Vergleich mit Hongkong ist schon treffend. Auf dem Höhepunkt der Proteste waren ca. 15% der Hongkonger beteiligt. Aber mehr nicht. Und heute? Es herrscht Stille – nennen Sie es auch Friedhofsstille und der Hang Sen ist immer noch ein wichtiger Börsenindikator.
M.E. denken die Chinesen sowohl auf dem Festland als auch auf Taiwan in anderen zeitlichen Dimensionen. Kann man auch bei mindestens 2.200 Jahren Geschichte.
Meine Bemerkung hinsichtlich Myanmar war nur eine Reaktion auf das Zitat eines chinesischen Generals, dass man eigentlich einen kleinen Krieg zum Üben braucht. Für einen kleinen Krieg bieten sich nur wenige Nachbarn an und bei Myanmar hätte man sogar noch ein gewisses Alibi. Aber auch hier könnte es schon so sein, wie Sie schreiben, den Chinesen ist es egal, welcher ihrer Hundesöhne gewinnt.
@Bow
„Die Kampfkraft darf bezweifelt werden“, nein, gerade die Kampfkraft kann mitnichten bezweifelt werden, sie steht nämlich weitgehend fest.
Einfach ausgedrückt ergibt sie sich über mathematisch Erfassbares, also die schlichte Zahl an Kampfflugzeugen, ~schiffen, ~panzern, Soldaten, Reserven usw.
Der Unsicherheitsfaktor ist deren „Gefechtswert“ der sich aus der Addition von Kampfkraftwerten, Wirtschaftskraft, Reselienz der Bevölkerung und Versorgung der Truppe und vor allem Kampf-Motivation in umfassendstem Sinn ergibt.
Insofern ist Dr. Frank Sauers Hinweis auf die Stellungnahme des CHN GenstChefs „was wir brauchen, ist ein Krieg“ aus Pekinger Sicht zweifellos zutreffend. Nur in klassischem Szenar im Stil LVBV, in übertragenem Verständnis, kann ermessen werden, was die PLA wirklich taugt.
Allerdings ist die Taiwan-Variante dazu zwei Nummern zu groß. Da es sich um eine „All Domain Operation“, in der Anfangsphase dominiert durch Luft/Seekriegsnittel handelte, die eine PLA in Gänze forderte, wäre Taiwan als Versuchsfeld für die Ermittlung des Gefechtswertes sogar mindestens drei Nummern zu groß.
@Segestes
„Ihr Vergleich mit Hongkong ist schon treffend. Auf dem Höhepunkt der Proteste waren ca. 15% der Hongkonger beteiligt. Aber mehr nicht.“
Ich weiß nicht, woher sie die Zahl herhaben, aber 15% wären tatsächlich eine sehr große Menge.
Bei allen Erhebungen ist die Mehrheit ungeachtet ihrer persönlichen Meinung passiv. Denn die Mehrheit hat Familie und Kinder und will das nicht riskieren. Meine Eltern waren zur Wendezeit 89 auch (fast) nicht auf der Straße. Mein Onkel sehr aktiv schon. Es ging ja gut aus, aber es hätte eben auch wie auf dem Platz des Himmlichen Friedens ausgehen können und dann wären mein Cousins Elternlos ins Staatliche Kinderheim gekommen.
(A pro pos große Firmen, den Platz des Himmlichen Friedens gibt es als Geschichtliches Ereignis in China ja bekanntlich nicht und auch keine Bilder des Tank Mans, des Mutigen der sich einfach vor einen Panzer gestellt hatte und der dann verschwunden ist – jedenfalls hat Microsoft vor einiger Zeit „aus Versehen“ ihre Suchmaschine nicht nur in China, sondern weltweit zensiert. Das heißt bei Bing nach Tank Man suchen lieferte kein Ergebnis. Nach einem Aufruhr haben sie das dann zurückgenommen. China ist ja ein sehr wichtiger Markt.)
Ich bin grundlegend sehr für Diplomatie, Ausgleich und gegen unnötige Konfrontation. Aber mit klaren Grenzen.
Und die Taiwanfrage ist schwierig, meines Wissen will kaum jemand in Taiwan zum aktuellen China gehören, aber natürlich würden viele einen Kompromiss einem Krieg bevorzugen. So sind die „Chinafreundlichen“ Parteien Taiwans wohl hauptsächlich zu verstehen. Und China selbst will gewiss auch keinen Krieg – sie wollen so mächtig werden, dass Taiwan einfach bedingungslos aufgibt.
@Segestes
Die Unabhängigkeit einseitig zu erklären wäre wohl wie im Podcast erwähnt sehr unklug von Taiwan und würde China wohl einen willkommener Vorwand liefern.
Das wissen auch die meisten in Taiwan und sehen auch keinen Grund für eine offizielle Unabhängigkeit.
Ein bedeutender Teil der Bevölkerung würde wohl auswandern, sollte China sich die Insel einverleiben. Mal abgesehen vom Wohnraum würde wohl fast jeder westliche Staat die gerne aufnehmen…
Danke. Ein sehr interessanter Podcast Ebenfalls spannend fand ich hier einige Kommentare dazu mit der Anspielung auf die Kampfkraft der PLA.
Militärhistorisch ist der Einsatz chinesischer Verbände in Korea ja bekannt.
Die chinesischen “ Fischereischutzkräfte “ leiden aktuell wohl auch nicht unter mangelndem Selbstbewußtsein , was z.B. die phillipinische Marine wohl „attestieren“ kann.
Und die Feldkirchener werden chinesische Sanitäter etwas einschätzen können.
@Dominik
Sehe ich grundsätzlich auch so. Wenn beide Seiten einigermaßen rational handeln, passiert erst einmal gar nichts. Insofern halte ich nichts von den Tatarenmeldungen, morgen oder 2027 bricht der Krieg um Taiwan aus.
Mit dem gern Aufnehmen der Bevölkerung Taiwans habe ich so meine Zweifel, siehe Hongkong – GB. Wenn 10% der Bevölkerung auswandern sollten, wäre das schon viel. Der große Rest dürfte in Abwägung der Umstände bleiben. Und nicht vergessen, Nationalismus ist ein starkes Nervengift mit Langzeitwirkung, wie man gelegentlich immer noch in Deutschland beobachten kann (anderes Thema).
@SanDino
„… Ebenfalls spannend fand ich hier einige Kommentare dazu mit der Anspielung auf die Kampfkraft der PLA“.
Sofern ich gemeint sein sollte, auf die Kampfkraft der PLA spiele ich mitnichten an.
Ich verweise nochmals auf die gravierende Unterscheidung von Kampfkraft vs Gefechtswert in Beurteilung von Streitkräften, dargestellt am 27.11.2023 um 16:04 Uhr.
@ KPK
.Nun weckte auch Ihr Kommentar mein Interesse, und natürlich Ihre Unterscheidung von Kampfkraft und Gefechtswert Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehen Sie Herrn Xi stark vereinfacht ausgedrückt, vom konventionellen militärischen Potential her gegenüber Taiwan in einer ähnlichen Position wie seinerzeit Napoleon um ca . 1805 , als er über eine Landung in England nachdachte, nur um einen bildhaften Vergleich zu bemühen. Nach Trafalgar wurden Landungspläne ja undurchführbar.
@SanDino
Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken.
Das von mir sinngemäß Dargestellte ist Teil taktischer Grundlagenausbildung in Führungslehrgängen des Heeres und findet sich in den Führungsvorschriften zur Truppenführung (TF) HDv 100/100 und HDv 100/200 und Nachfolger.
Ähnlich auch im U.S. Field Manual FM 100-5.
Xi und Napoléon, nun ja, zu viel der Ehre für den Chinesen.
Allerdings besitzt zwar Xi die militärischen Fähigkeiten qua Kampfkraft und sicher auch bei politischer Absicht, er kann jedoch nicht ohne Blick nach Washington entscheiden und wird daher bestrebt sein, in Südostasien seine Hausaufgaben zu machen über Erzwingung eine Peking freundlichen regionalen Umfeldes.
Napoléon, mit aller Vorsicht, hatte klare politisch-strategische Absicht, nicht aber die maritimen Fähigkeiten zum Truppentransport und zur Seeanlandung.
Tiefer Gehendes hierzu tendiert aber sicher zu OT.
[Das ist jetzt schon ziemlich weit im OT und wird bitte woanders debattiert. T.W.]
@KPK
Verrennen Sie sich nicht etwas bei Ihrem Gefechtswert? „Addition von Kampfkraftwerten, Wirtschaftskraft, Reselienz der Bevölkerung und Versorgung der Truppe und vor allem Kampf-Motivation in umfassendstem Sinn ergibt.“
Zunächst einmal sind Wirtschaftskraft und Resilenz der Bevölkerung keine Faktoren zur Bestimmung des Gefechtswert. Die Vorschrift haben Sie ja schon genannt. Demnach ergibt sich der Gefechtswert einer Einheit oder eines Verbands aus seiner Kampfkraft und dem Leistungsvermögen (Faktoren dabei: logistisches Leistungsvermögen, innere Lage/ Moral, Fähigkeiten der Kampf- und Führungsunterstützung) in Bezug auf einen bestimmten Auftrag. Dabei ist der Gefechtswert für diesen Auftrag entweder Hoch, Mittel oder Niedrig. Aus dieser Bewertung ergeben sich Folgerungen für die zu entwickelnden „Möglichkeiten des Handelns“
Sie können nicht einfach hochskalieren auf eben Heer oder gar Streitkräfte. Der Gefechtswert wird eben nicht im „umfassensten Sinn“ ermittelt, sondern im gegenteil konkret für einen bestimmten Truppenteil für einen bestimmten Auftrag.
(Hoffe nicht zu OT)
@PzH2000
Danke für die weitgehend richtige weitere Detaillierung.
Der Hinweis zu „innere Lage/Moral“ korrespondiert allerdings in direkter Linie mit „Reselienz der Bevölkerung“, die nämlich Einfluss auf Truppe hat.
Eine Etappe, die den Kampf verloren gibt, Unterstützung gar ablehnt, führt schon auf mittlere Sicht zu Einbußen in der Kampfmotivation an der Front.
Wie es sein sollte, zeigt sich in der Haltung der UKR Bevölkerung, das Gegenteil zeigt die FRA Republik und die0 Bevölkerung 1940 auf.
Insofern bleibe ich natürlich bei meiner Herleitung.
Warum ist das Video denn auf einmal privat?
[Ah, danke für den Hinweis; das Video ist ausgewechselt worden wg. Problemen mit der Tonspur; gibt deshalb einen neuen Link den ich noch nachtrage. T.W.]
Ich schau „sicherheitshalber live“ gerade auf Phönix. Die Runde hat eine große Schwäche, weil alle vier Teilnehmer die gleiche Meinung zum Thema haben. Eine Kontroverse darf man nicht erwarten — findet auch nicht statt und macht sie deshalb wenig interessant. Wie kommt man eigentlich darauf, zwei Hochschullehrer von der gleichen Uni, und dann auch noch von der Bundeswehr, auf die Bühne zu setzen? Die in der Runde gesetzten „Fakten“ sind teilweise sogar falsch — sehr schade. China und dessen Rolle in der Region sowie der Welt ist in Deutschland kaum fassbar zu machen — die Runde macht es sehr deutlich. Diese Veranstaltung bringt keine neuen Erkenntnisse und neue Denkansätze.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung – aber die etwas merkwürdige Aussage „Wie kommt man eigentlich darauf, zwei Hochschullehrer von der gleichen Uni, und dann auch noch von der Bundeswehr, auf die Bühne zu setzen?“ zeigt schon, dass Ihnen die vergangenen fünf Jahre dieses Podcasts völlig unbekannt sind und es wohl weniger um die Inhalte geht… T.W.]
Bin etwas verwirrt über die ein oder andere steile Behauptung in den [Anfangs]Kommentaren.
Deshalb nochmal die [vergessenen?] Binsen:
China ist die 2. grösste Wirtschaftsmacht. Die Werkbank der Welt. Pflegt engste Beziehungen mit dem Rohstoffriesen Russland. Mit Indien scheint man sich auch dauerhaft zu arrangieren. BRICS hat G7 im BIP überholt. Der Rohstoffriese Afrika „gehört“ ebenfalls China. Die Goldvorräte wurden massiv aufgefüllt und werden stetig erhöht [s.a. Russland]. Keine Bedrohung durch illegale Migration.
So sieht das aus.
Rohstoffe+Produktion+Technologie+Masse
Über die Kampfkraft [ich halte mich da begriffsdefinitorisch an van Creveld] kann ich wenig sagen.
Persönlicher Eindruck aus Mali [huch, da war ja mal was]: Seeeehr selbstbewusste auftretende untere Dienstgrade. Die wissen wer sie sind und was sie wollen. Mein damaliger spontaner Kommentar zum Nebenmann: „Wow, das sind die neuen Herren hier. Sowas hab ich noch nie erlebt. Wir sind am A….“
Mehr wollte ich nicht beitragen.
Puh. China ist schon ein spannendes Thema und vielleicht ein wenig zu groß für die Runde. Grad was das schwierige Thema Chinakompetenz in D (bzw der EU) betrifft, wäre ein*e externe*r Expertin*in mMn besser gewesen (gern auch FMK vom China.Table ;-) oder jemand vom MERICS). Denn auch in den Kommentaren hier schlagen ja die spannendsten Kapriolen Volten, die man vielleicht nüchterner einsortieren sollte.
China ist deshalb so scheingroß und scheinmächtig, weil sie einfach *immer* genannt werden und immer alles richtig machen und sie die BRICS führen undundund. Wenn das so ist (und ja, China ist von fundamentalen Daten her schon wichtig und mächtig), dann müsste aller Logik des Marktes nach China deutlich präsenter in der Umsetzung seiner (Macht-)Politik sein. Und das ist nicht so einfach, unabhängig von Worthülsen wie Derisking/Decoupling.
Daher ist das im Sicherheitshalber leider mMn eine arg kurz- und einsichtige Sichtweise (auch was Indien betrifft, die Taiwanfrage, den Stand der PLA, regionale Machtausübung oder die Energieversorgung und den Energieverbrauch).
Ich fand den Ausruf von Herrn Masala, das der Überfall Russlands auf die Ukraine sich für die russische Regierung ÖKONOMISCH gar nicht rechnen würde, schon etwas seltsam. Kriege sind eigentlich immer ein Verlustgeschäft. Es sei denn man gehört zur US Ölindustrie oder lebt vom Waffenhandel.
Im Fall des Überfalls auf die Ukraine war von Anfang an klar, dass die russische Regierung dort nichts erobern könnte, was sie nicht selbst schon reichlich besitzt. Ich denke, der russischen Regierung wird vor dem Krieg klar gewesen sein, dass sie durch die Eroberung, dieses, am Rande des Staatsbankrotts opperierenden Agrarstaats, ökonomisch nichts gewinnen konnte. Die Rücksichtslosigkeit, mit der Städte und Industrieanlagen zerstört wurden und werden ist ebenfalls eher ein Argument gegen die Ökonomie-These.
Nun ja … War Economy ist etwas anderes als „Defense Economics“ und der Krieg funktioniert v.a. im extraktiven Sektor als Squeeze Out störender westlicher Miteigner.
Aber ja, es geht mehr um Asset Denial im Donbass und Shore Management im Asowschen Meer sowie Schwarzem Meer (Odessa). Das macht rentenökonomisch im Sinne einer Kriegswortschaft Sinn, ist aber halt in unserem Verständnis von Volkswirtschaft eher bizarr bis negativ (für viele handelnde Akteure dagegen gut).
Selbiges gilt auch für chinesische Wirtschaftsaktivitäten in Myanmar und Nord-Korea …
Diese Folge war nicht so richtig live-geeignet. Ein zu komplexes Thema. Das Verhältnis Europa-China, Indien-China oder gar BRICS kamen entweder zu kurz oder gar nicht vor.
Ein Experte/ eine Expertin zu diesem Thema hätte der Runde gut getan. So wurde leider nur an der Oberfläche gekratzt.
Mir hat diese Folge auch deshalb nicht gefallen.
Ja, die Hörerschaft von Sicherheitshalber ist vielfätiger als die alteingesessenen Leser des Blogs. China, riesen Reich riesen Thema, da musste der tatsächlich Strategie und SiPo – Interessierte enttäuscht werden. Die Allgemeinheit wurde dennoch an den (womöglichen ;-) )) Tellerrand geführt.
Wie berechnen die das? Wie entwirft man politisch-ökonomisch-militärische Szenarien? „Statecraft“ als Buzzword und der Einfluss der Geographie auf die Politik?
Sehr viele wurden da abgeholt wo sie stehen, manche wundern sich nun über die Abholdenden, die das doch ganz gut gemacht haben ….