Merkposten Mali: Bamako will Frankreich im UN-Sicherheitsrat kaltstellen (Nachtrag)

Die harte Haltung Malis gegen die frühere Kolonialmacht Frankreich – und auch gegen westliche Länder insgesamt – nimmt an Schärfe zu: Die Regierung des westafrikanischen Landes forderte den UN-Sicherheitsrat auf, das ständige Mitglied Frankreich mit seinem Veto-Recht nicht mehr mit Angelegenheiten Malis und der UN-Mission MINUSMA zu befassen.

Die Regierung in Bamako hatte bereits im vergangenen Jahr sämtliche französischen Truppen des Landes verwiesen und zugleich den Kurs der Annäherung an Russland fortgesetzt. Zuletzt stimmte Mali vor gut einer Woche gemeinsam mit Russland und fünf weiteren Ländern in der UN-Generalversammlung gegen eine Resolution, die unter anderem den Abzug russischer Streitkräfte aus der Ukraine forderte.

In einem vom (gestrigen) Mittwoch datierten Schreiben an den UN-Sicherheitsrat stellte nun der malische Außenminister Abdoulaye Diop weitere Forderungen, die faktisch auf eine Entmachung eines der fünf ständigen Mitglieder des Gremiums hinauslaufen:

Mit Pressemitteilungen vom 12. Januar 2022 und 26. April 2022 alarmierte die Regierung der Republik Mali die nationale und internationale Öffentlichkeit über feindliche Handlungen, insbesondere die Verletzung des Luftraums von Mali durch Flugzeuge der französischen Streitkräfte.
Auf diese öffentlichen Warnungen folgte am 15. August 2022 ein Schreiben, in dem die Regierung der Republik Mali beim Sicherheitsrat Beschwerde wegen aggressiver Handlungen, Verletzung unseres Luftraums, Subversion und Destabilisierung einreichte.
Angesichts der Schwere dieser Vorfälle, die zumindest die Objektivität und Unparteilichkeit der Französischen Republik in Frage stellen, und in Erwartung der von Mali beantragten Sondersitzung des Sicherheitsrats lehnt die Regierung der Republik Mali mit diesem Schreiben offiziell den Status Frankreichs als Sprachrohr in allen Fragen ab, die der Sicherheitsrat in Bezug auf Mali prüft.
Seitdem die Situation meines Landes gemäß der Resolution 2085 (2012) des Sicherheitsrates vom 20. Dezember 2012 auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates gesetzt wurde, hat Frankreich in allen Fragen, die Mali betreffen, vor diesem ehrwürdigen Gremium stets die Feder geführt, einschließlich der Initiative und des Tragens von Resolutionsentwürfen zum Mandat der MINUSMA oder zum Sanktionsregime in Bezug auf Mali.
Ich bitte Sie, den Inhalt dieses Schreibens den Mitgliedern des Sicherheitsrates zur Kenntnis zu bringen und es als offizielles Dokument des Rates zu veröffentlichen.
(Übersetzt mit deepl.com)

Das Original: 20230301_Mali_Diop_UNSC

Der Vorstoß Malis kommt zu einer Zeit, in der sich nicht nur das Verhältnis Malis zu westlichen Ländern, sondern auch zu den Vereinten Nationen permanent verschlechtert. In absehbarer Zeit steht damit auch die Zukunft der gesamten Blauhelmmission MINUSMA auf dem Spiel – die deutsche Debatte, ob es wie geplant bei einem neuen Mandat mit einer Abzugsplanung bis Mai 2024 bleibt oder doch zu einem schnelleren Abzug kommt, ist da nur eine Randnotiz.

Aktuell sind bei MINUSMA gut 1.100 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt, die meisten in Gao im Norden des Landes. Ihre Arbeitsmöglichkeiten sind seit Monaten eingeschränkt, weil vor allem für die Aufklärungsdrohnen des Typs Heron 1 aber selbst für Kleindrohnen der Typen Aladin und Mikado von Mali keine Startgenehmigung erteilt wird.

Nachtrag: Nach Ansicht der US-Streitkräfte versucht die auch in Mali aktive russische Söldnergruppe Wagner derzeit, ihre Präsenz in Afrika auszuweiten, wie Stars&Stripes berichtet:

Russian mercenaries are looking for ways to expand their foothold in Africa, where their presence has added to instability in parts of the continent, U.S. Africa Command’s top general said Thursday.
The Wagner Group, which has ties to the Kremlin, has become a major factor in numerous countries, including Mali, the Central African Republic and Libya, AFRICOM’s Gen. Michael Langley told reporters during a teleconference held in Rome, where he met with African defense chiefs.“For several years Wagner has been a growing influence across the continent,” Langley said. “They have destabilizing effects in every country that they have set foot on … and they want to expand their presence in other countries as well.”

(Archivbild Dezember 2022: Senegalesische Soldaten bei MINUSMA – Harandane Dicko/UN Photo)