Merkposten Mali: Bamako will Frankreich im UN-Sicherheitsrat kaltstellen (Nachtrag)
Die harte Haltung Malis gegen die frühere Kolonialmacht Frankreich – und auch gegen westliche Länder insgesamt – nimmt an Schärfe zu: Die Regierung des westafrikanischen Landes forderte den UN-Sicherheitsrat auf, das ständige Mitglied Frankreich mit seinem Veto-Recht nicht mehr mit Angelegenheiten Malis und der UN-Mission MINUSMA zu befassen.
Die Regierung in Bamako hatte bereits im vergangenen Jahr sämtliche französischen Truppen des Landes verwiesen und zugleich den Kurs der Annäherung an Russland fortgesetzt. Zuletzt stimmte Mali vor gut einer Woche gemeinsam mit Russland und fünf weiteren Ländern in der UN-Generalversammlung gegen eine Resolution, die unter anderem den Abzug russischer Streitkräfte aus der Ukraine forderte.
In einem vom (gestrigen) Mittwoch datierten Schreiben an den UN-Sicherheitsrat stellte nun der malische Außenminister Abdoulaye Diop weitere Forderungen, die faktisch auf eine Entmachung eines der fünf ständigen Mitglieder des Gremiums hinauslaufen:
Mit Pressemitteilungen vom 12. Januar 2022 und 26. April 2022 alarmierte die Regierung der Republik Mali die nationale und internationale Öffentlichkeit über feindliche Handlungen, insbesondere die Verletzung des Luftraums von Mali durch Flugzeuge der französischen Streitkräfte.
Auf diese öffentlichen Warnungen folgte am 15. August 2022 ein Schreiben, in dem die Regierung der Republik Mali beim Sicherheitsrat Beschwerde wegen aggressiver Handlungen, Verletzung unseres Luftraums, Subversion und Destabilisierung einreichte.
Angesichts der Schwere dieser Vorfälle, die zumindest die Objektivität und Unparteilichkeit der Französischen Republik in Frage stellen, und in Erwartung der von Mali beantragten Sondersitzung des Sicherheitsrats lehnt die Regierung der Republik Mali mit diesem Schreiben offiziell den Status Frankreichs als Sprachrohr in allen Fragen ab, die der Sicherheitsrat in Bezug auf Mali prüft.
Seitdem die Situation meines Landes gemäß der Resolution 2085 (2012) des Sicherheitsrates vom 20. Dezember 2012 auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates gesetzt wurde, hat Frankreich in allen Fragen, die Mali betreffen, vor diesem ehrwürdigen Gremium stets die Feder geführt, einschließlich der Initiative und des Tragens von Resolutionsentwürfen zum Mandat der MINUSMA oder zum Sanktionsregime in Bezug auf Mali.
Ich bitte Sie, den Inhalt dieses Schreibens den Mitgliedern des Sicherheitsrates zur Kenntnis zu bringen und es als offizielles Dokument des Rates zu veröffentlichen.
(Übersetzt mit deepl.com)
Das Original: 20230301_Mali_Diop_UNSC
Der Vorstoß Malis kommt zu einer Zeit, in der sich nicht nur das Verhältnis Malis zu westlichen Ländern, sondern auch zu den Vereinten Nationen permanent verschlechtert. In absehbarer Zeit steht damit auch die Zukunft der gesamten Blauhelmmission MINUSMA auf dem Spiel – die deutsche Debatte, ob es wie geplant bei einem neuen Mandat mit einer Abzugsplanung bis Mai 2024 bleibt oder doch zu einem schnelleren Abzug kommt, ist da nur eine Randnotiz.
Aktuell sind bei MINUSMA gut 1.100 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt, die meisten in Gao im Norden des Landes. Ihre Arbeitsmöglichkeiten sind seit Monaten eingeschränkt, weil vor allem für die Aufklärungsdrohnen des Typs Heron 1 aber selbst für Kleindrohnen der Typen Aladin und Mikado von Mali keine Startgenehmigung erteilt wird.
Nachtrag: Nach Ansicht der US-Streitkräfte versucht die auch in Mali aktive russische Söldnergruppe Wagner derzeit, ihre Präsenz in Afrika auszuweiten, wie Stars&Stripes berichtet:
Russian mercenaries are looking for ways to expand their foothold in Africa, where their presence has added to instability in parts of the continent, U.S. Africa Command’s top general said Thursday.
The Wagner Group, which has ties to the Kremlin, has become a major factor in numerous countries, including Mali, the Central African Republic and Libya, AFRICOM’s Gen. Michael Langley told reporters during a teleconference held in Rome, where he met with African defense chiefs.“For several years Wagner has been a growing influence across the continent,” Langley said. “They have destabilizing effects in every country that they have set foot on … and they want to expand their presence in other countries as well.”
(Archivbild Dezember 2022: Senegalesische Soldaten bei MINUSMA – Harandane Dicko/UN Photo)
Würde mich ja interessieren wer oder was dahinter steckt. Ist das allein die Position der Militärjunta oder ist das mehr oder weniger direkter russischer oder chinesischer Einfluss? Oder gibt es auch legitime Beschwerden über das Verhalten Frankreichs? Wie sehen die Nachbarländer das? Da wäre ich mal dankbar für eine Insider-Perspektive.
MLI und einige andere afr. Staaten sind schon laengst Teil russ. hybrider Strategie geworden. Im AA erkennt man das an und erblickt mit der Praesenz von MINUSMA und der Bw ein politisches Gegenmittel.
Der Ansatz in der Region (bspw. NER) weiterhin praesent zu bleiben um der Region eine Alternative zu Wagner u.a. zu bieten, macht m.E. Sinn.
Entgegen meinen frueheren Beitraegen zum Thema sehe ich inzwischen ein, dass ein Verbleib der Bw in MLI unter den gegenwaertigen Bedingungen keinen Sinn ergibt. Man sollte in eine geordnete Abzugsoperation einsteigen.
Dieser Punkt geht an Moskau, das sich mit dem Regime sicht- und hoerbare Unterstuetzung eingekauft hat.
Bis zu einem gewissen Grad ist der strategische Verlust von Einfluss und Praesenz in der Region dem tlw. arroganten Auftreten FRA’s geschuldet, das mutmasslich berechtigte Souveraenitaetsansprueche von MLI und andern Laendern lange Zeit ignoriert oder gar wissentlich gegen sie gearbeitet hat.
Fuer FRA kommt die Wechselstimmung in der Region einem strategischen Debakel gleich.
Der Bedeutungsverlust geht ueber militaerische Belange hinaus.
Schade ist jedoch, dass europaeische Interessen jenen FRA’s gleichgesetzt werden. Die EU schafft es bislang nicht richtig, sich ggf. von FRA in dieser Hinsicht zu emanzipieren und einen eigenstaendigen Ansatz zu finden.
Ich sehe hier den sukzessiven Aufbau einer Drohkulisse insbesondere auch gegenüber Deutschland. Es würde mich nicht wundern, wenn unsere UN-BW-Truppe nach einem entsprechenden Beschluss des Bundestages zum Abzug, genau an diesem gehindert wird. Bzw. so erschwert wird, dass man am Ende froh sein kann, wenn unsere Leute unversehrt aus diesem Land herauskommen, unter Zurücklassung der wesentlichen Ausrüstung. Es wäre nicht die erste Erpressung.
Dass Mali eines von 5 Ländern weltweit ist, dass gegen die UN-Resolution gestimmt ist meiner Ansicht Argument genug, dass sich die Bundeswehr aus dem Land zurückzieht. Niamey als Basis in der Nähe nicht nur zu behalten sondern auch als entsprechendes alternatives positives Beispiel aufzustellen wäre aus meiner Sicht der richtige Ansatz.
Die Probleme des Westens in der Sahel-Region sind nicht nur seiner Politik geschuldet (zB die Position in der West-Sahara-Frage und den Folgen der Intervention in Libyen) sondern leider auch den Verhalten seiner Politiker, hier besonders des französische Staatpräsidenten Macron.
Als Beispiel hier der Besuch Marcons in Burkina Faso und sein Verhalten gegenüber dem damaligen Präsidenten Kaboré:
„Ganz zu schweigen davon, dass Präsident Macron Präsident Kaboré unwissentlich gedemütigt hat, indem er ihn wie einen Hausmeister aussehen ließ“,
Links mit Video:
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/franzoesischer-botschafter-in-burkina-faso-abberufen/
https://english.alarabiya.net/News/world/2017/11/29/Macron-embarrasses-Burkina-Faso-s-President-Kabore-He-left-to-fix-the-AC-
Ähnliche diplomatische Verwicklungen gab es in den letzten Jahren mit Algerien.
Das Ganze ist schon bemerkenswert, weil Macron offenbar mal ein halbes Jahr lang ein Praktikum an der französischen Botschaft in Abuja, Nigeria absolviert hat.
Die Frage ist ob Russland auch im Stande ist die UN Mittel die nach Mali fließen zu kompensieren…
Wenn man selbst abzieht und zusammen mit Frankreich die Werbetrommel für eine Beendigung des UN Engangements in Mali rührt, ist diese Regierung schneller weg als sie Putsch sagen kann.
Kurzum, ich würde es übers Geld regeln und nicht über Soldaten.
Hallo zusammen,
das ist eine bittere Pille.
Im Januar 2013 standen die Islamisten kurz davor, die Hauptstadt Bamako zu erobern, sodass der damalige malische Präsident Dioncounda Traoré am 10.01.13 Frankreich darum bat (manche würden sogar sagen: anflehte), einzugreifen und die Islamisten zurückzudrängen. Ich erinnere auch daran, dass zu dieser Zeit viele Experten befürchteten, dass mit dem Fall Malis ein islamischer Staat in Afrika entstehen würde, und zwar mit all den Übergriffen und Bevölkerungsbewegungen die wir kennen. Francois Hollande verkündete am 11.01.13 (weniger als 24 Stunden später), dass die französischen Truppen bereits in Mali eingetroffen waren. Dies war der Beginn der Operation Serval, die mit dem Zurückdrängen der Islamisten bis in die Saharawüste ein großer Erfolg war und später der Operation Barkhane Platz machte.
Als der Konflikt jedoch mit der Guerilla Taktik der Islamisten ins Stocken geriet, kamen die ersten Kritiken, Zweifel und Fake-News auf.
Mein Favorit war, als der malische Botschafter in Frankreich (Toumani Djimé Diallo) am 26.02.20 die französischen Legionäre beschuldigte, sich auf den Straßen von Bamako gegenüber malischen Frauen schlecht zu benehmen. Nur dass laut dem État-major des armées [EMA] „die Legionäre nie in Bamako stationiert waren oder befähig sind dorthin zu gehen und zwar weder auf Einsatzbasen noch auf Freizeitquartiere oder Ruhezeiten“. Die malische Regierung hatte ihren Botschafter sehr schnell wiederrufen und ihn umgehend nach Mali zurückgerufen.
https://www.reuters.com/article/france-mali-idFRKCN20M301
https://www.opex360.com/2020/02/27/letat-major-des-armees-refute-les-accusations-portees-contre-la-legion-etrangere-par-lambassadeur-du-mali-en-france/
Hier noch eine weitere Fake-News unter vielen:
Nachdem Frankreich seinen Stützpunkt in Gossi abgetreten hatte, schickte es vorsichtshalber eine Drohne über den Ort. Diese nahm Bilder auf, die zeigten, wie „Soldaten kaukasischen Typs“, die höchstwahrscheinlich der paramilitärischen Gruppe Wagner angehörten, im Schnellverfahren Leichen begruben, die offensichtlich von einer Operation stammten, die die FAMa und ihre russischen Unterstützer einige Tage zuvor in Hombori durchgeführt hatten. Frankreich wollte damit eine Desinformationsoperation im Keim ersticken, die damals über soziale Netzwerke von falschen Profilen verbreitet wurde, die Barkhane beschuldigten, das Massengrab nach der Übergabe des Stützpunkts Gossi an die FAMa zurückgelassen zu haben. Die malische Junta versuchte zwar zu kontern, verhedderte sich aber und bestätigte schließlich unbeabsichtigt die französische Version durch eine Erklärung von Oberst Abdoulaye Maïga, der die französische Armee der „Spionage“ und der „Subversion“ durch Flüge ihrer Flugzeuge beschuldigte; „Einer der jüngsten Fälle war die illegale Anwesenheit einer Drohne der französischen Streitkräfte am 20. April 2022 über dem Stützpunkt Gossi“, der am Tag zuvor an die FAMa übergeben worden war.
https://www.opex360.com/2022/04/27/bamako-va-enqueter-sur-le-charnier-de-gossi-et-accuse-larmee-francaise-despionnage-et-de-subversion/
Auch wenn Frankreich in Mali zweifellos bedeutende militärische Siege errungen hat, so hat es aber den Kampf um die Kommunikation verloren. Heute sind meine Gedanken bei den 58 Familien der französischen Soldaten, die ihr Leben verloren haben, und bei den unzähligen Verletzten, die gegen der islamische Bedrohung in Mali gekämpft haben.
Dass die malische Regierung, angetrieben von der Wagner-Miliz, Frankreich weiterhin provoziert, ist nur die logische Folge einer traurigen Geschichte.
Das ist wirklich eine bittere Pille.
Ein Hauptproblem ist, dass Russland praktisch kein Interesse daran hat, die Situation in Mali signifikant oder nachhaltig zu entschärfen. Im Gegenteil. Solange der Konflikt schmort und schwelt, generiert das Flüchtlinge – die aber primär sicherlich nicht in der Russischen Föderation willkommen sind, oder dorthin wollen.
Die malischen Goldvorräte sind in Zeiten finanzieller Unwägbarkeiten sicherlich nicht unwillkommen, aber gegen die eigenen, in Russland vorhandenen Förderreserven vermutlich unwichtig.
Zitat:“They have destabilizing effects in every country that they have set foot on … and they want to expand their presence in other countries as well.”
Mal ganz simpel gefragt: wenn die Präsenz der russischen Söldner „in jedem Land, dass sie betreten haben“, eine destabiliserende Wirkung hat, warum holen dann die Regierungen dieser Länder russische Söldner ins Land? Die anheuernden Staaten werden doch kaum ein Interesse an Destabiliesung haben können und wenn dem tatsächlich so wäre, warum kündigen die Regierungen dieser Staaten die Verträge mit Wagner nicht einfach? Wäre es zu viel verlangt, wenn Journalisten, die solche absoluten Aussagen formulieren, diese vielleicht auch mit Belegen untermauern könnten?
Nehmen wir Mali als Beispiel. Seit dem Zusammenbruch Libyens 2011 wurde die Situation in Mali von Jahr zu Jahr instabiler. Ohne die Hilfe der französischen Armee 2013 wäre die Saharahälfte von Mali heute ein Kalifat. Gar keine Frage. Aber danach ging es halt, trotz Barkhane, EUTM und MINUSMA, bergab. Bis hin zum Staatstreich gegen die demokratisch gewählte Regierung. Zum Zeitpunkt zu dem die Putschisten die Wagner Söldner ins Land geholt hatten, bewegen sich die Islamisten bereits fast ungestört in großen Teilen des Landes und verübten auch Anschläge auf UN Truppen (wie den auf unseren Konvoi). Da war eigentlich maximale Destabilisierung bereits erreicht.
Anstatt nun darüber die Nase zu rümpfen, das mehrere afrikanische Staaten den Wagner Söldnern mehr zutrauen, als der UN oder westlichen Staaten wäre es dringend geraten sich mit den Ursachen für diese Entwicklung auseinanderzusetzen. Irgendwas muss doch da beim Engagement westlicher Staaten böse schief gegangen sein? Ich habe durchaus Verständnis für die von Jean-Pierre geäusserte Frustration aber man kann das nicht alles auf schlechte PR und russische Propaganda schieben. Hier wurden eben auch von westlicher Seite Fehler gemacht. Wer nicht aus Fehler lernt, wird sie wiederholen. Wollen wir das? Ober besser: können wir uns das leisten?
Die Pille ist nicht nur bitter, sondern giftig. Schon wider fällt eine mögliche gemeinsame Aufarbeitung der Kolonialgeschichte russischer Agitation zum Opfer.
@schlammstapfer:
Ich vermute mal, dass die Attraktivität von Söldnern für die Regierungen darin liegt, dass die auch bereit sind, Dinge zu tun, die UN Truppen gar nicht tun dürften (salopp gesagt: sich um Menschenrechte usw nicht scheren müssen). Das mag aus Sicht einer Junta recht attraktiv sein und deren Herrschaft auch stabilisieren, aber auf Dauer für das Land bzw die Bevölkerung destabilisierend wirken.
Hallo zusammen,
Die Frage warum hat Barkhane in Mali versagt, habe ich mir natürlich auch schon gestellt.
Zu Beginn der Operation Barkhane gab es einen echten politischen Willen seitens Mali, Mauretanien, Burkina Faso, Niger und der Tschad (G5 Sahel), den islamistischen Terrorismus auf ihrem Boden auszurotten. Die französischen Streitkräfte, die mit der MINUSMA und der G5 Sahel zusammenarbeiteten, zeigten sehr schnell positive Ergebnisse vor Ort, auch wenn die Guerillataktik der Dschihadisten, insbesondere dank ihrer Rückzugsorte in subsaharisch Algerien, die Koalition dazu zwang, ihr Engagement langfristig auszurichten.
Ich denke, dass einer der ersten Gründe für den Stillstand der Koalition, abgesehen von der mangelnden Kooperation Algeriens, das Scheitern des Aufbaus der G5-Armeen war, so dass die lokalen Armeen trotz mehrjähriger Ausbildung immer noch nicht in der Lage waren, ihr Land ohne die Koalition zu halten.
Ein Journalist befragte einen französischen Ausbilder zu diesem Thema, und seine Antwort war recht aufschlussreich:
Während der Ausbildung des malischen Militärs vermittelten die französischen Ausbilder den Soldaten Kampftechniken, die eine Einheit Bewusstsein erforderten, was die etwa 100 Auszubildenden zu einer starken Gruppe mit Kampfautomatismen zusammenschweißte.
Das Problem war, dass die Malier am Ende ihrer Ausbildung wieder in ihre jeweiligen Einheiten zurückkehrten, was die so wichtige Arbeit der Ausbilder, den Zusammenhalt zu stärken, zunichte machte. Laut dem französischen Ausbilder wurde dieses Problem den malischen Behörden gemeldet, die sich jedoch weigerten, etwas zu ändern.
Für einen Europäer mag dies erstaunlich erscheinen, aber in Afrika sind Militärputsche Legion, so dass ein gewisses Misstrauen der afrikanischen Politiker gegenüber ihrer Armee immer noch vorhanden ist, da eine zu starke Armee von einigen als Risiko für die Regierungen angesehen werden kann… Und da Barkhane jetzt da war, hat man auch keinen dringenden Grund gesehen es zu ändern.
Mit einem ersten Militärputsch im August 2020 und einem zweiten im Mai 2021 wird man vielleicht die Position der damaligen malischen Regierung besser verstehen können (Achtung, ich sage nicht, dass die Putsche dank der europäischen Ausbilder möglich waren).
Der letzte Staatsstreich scheint mir ein entscheidender Wendepunkt zu sein, denn er destabilisierte die Koalition zutiefst, sodass sie nur auf Diplomatie setzen könnte, um zu retten, was noch zu retten war. Dies scheiterte und der Ton wurde rauer, was schließlich zum Ende von Barkhane und der G5 Sahel führte.
Das Ziel von Barkhane war es, die islamische Pest in Mali zu bekämpfen und auszurotten, aber ein solcher Kampf kann nicht ohne der malischen Unterstützung geführt werden, die es mit Wagners Unterstützung geschafft hat, die Arbeit des französischen Militärs durch seine Propaganda zu untergraben. Eine Propaganda die vor allem auf alten antifranzösischen Ressentiments aus der Kolonialzeit beruht. Das ist eine neue Form des Sprichworts „Die Feder ist stärker als das Schwert“…
Wenn Sie dazu noch die geringe Beteiligung anderer europäischer Länder an militärischen Kämpfen, eine Fläche, die fast so groß wie Europa war, und Länder, in denen Korruption und Vetternwirtschaft weit verbreitet sind, hinzuzählen, erklärt dies meiner Meinung nach einen Großteil der Gründe für das Scheitern von Barkhane in Mali.
Dennoch glaube ich, dass Frankreich und seine Verbündeten stolz auf ihre Arbeit in Mali sein können, da sie zu diesem Zeitpunkt unerlässlich war. Aber heute ist Mali ganz klar ein Feind Frankreichs und ich bezweifle aufrichtig, dass Mali in Deutschland ein Verbündeter sieht… Diese Situation hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.
[Ich schreibe es mal den sprachlichen Feinheiten zu, dass Sie vermutlich „islamisch“ schreiben und islamistisch meinen. T.W.]
@jean p
Als die Islamisten Angriffen war die Eliteeinheit auch gerade entlassen worden und durfte nicht kämpfen…
Zu Frankreich sollte man allerdings wissen das diese mit ihren alten Kolonien „spezielle Verträge“ haben,ohne die wäre Frankreich längst pleite.Als die Elfenbeinküste diesen Vertrag kündigen wollte wurde sie weggebombt und die „Rebellen“ unterstützt.Selbst Amnesty International sagte das der alte Präsident die Wahlen gewonnen hatte… https://archive.is/www.ivoireleaks.de
Achja,in Mali sollen auch illegal Flugzeuge mit Drogen etc. gelandet sein.
[Es ist immer ziemlich lustig zu beobachten wie ein bislang nicht hier aufgetretener Kommentator aus dem Nichts erscheint und sogleich scheinbar wichtiges als Geraune ohne Quelle mitzuteilen hat („in Mali sollen auch illegal Flugzeuge mit Drogen etc. gelandet sein“. Wo im Satz vorher gemunkelt wird, wie komisch doch Frankreich agiert… Kann man machen, ist aber schon ziemlich plumpe Propagandaschule. Habt ihr nix besseres im Angebot? T.W.]
@ TW
„Islamistisch“ war natürlich gemeint. Danke.
@Jean-Pierre sagt: 03.03.2023 um 22:38 Uhr
Ihre Kommentare zum französischen Engagement in Afrika allgemein und speziell im Sahel ist mir viel zu positiv. Das liegt wahrscheinlich an der französisch-rosa eingefärbten Brille des Betrachters.
Wie alle anderen Kolonialmächte auch, die in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ihre ehemaligen Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen haben, wurden grundsätzlich Regierungen installiert, die den ehemaligen Kolonialherren genehm waren. Das war in den allermeisten Fällen nicht zum Vorteil des jeweiligen Landes und meistens wurde ein Clan, ein Stamm oder eine Volksgruppe bevorzugt. Also quasi in der Gründung die Implementierung eines permanenten Unruheherds. Begünstigt durch willkürlich gezogene Landesgrenzen, die auf Ethnien keine Rücksicht genommen haben.
Dazu Verträge, die den ehemaligen Kolonialherren massive Vorteile auf dem wirtschaftlichen Markt des jeweiligen Staates verschafft haben, was schon die Kontrolle der wirtschaftlichen und somit auch gesellschaftlichen Entwicklung zur Folge hat. Entsprechend arrogant war und ist das Auftreten der ehemaligen Kolonialherren in diesen Staaten. Gerade die Franzosen können das besonders gut, denn auch Präsident Macron ist nicht frei von solchen Äußerungen und Handlungen.
Von daher ist die eine oder andere Reaktion einer afrikanischen Regierung verständlich. Das Russland da auch eine Rolle spielt, ist ja nichts Neues und war schon von Beginn an so. Man muss nur mal auf die jüngere Geschichte Ägyptens schauen.
Im Ergebnis wäre in Mali schon etwas mehr französische Selbstkritik angebracht. Zu jeder Situation gehören immer mindestens zwei Player, die diese verursacht haben.
@Jean-Pierre, Pio-Fritz:
Sie benennen gemeinsam beide Seiten der selben Medaille. Im Anschluss an diese Betrachtung stellt sich die Frage: Wie weiter?
Die Gefahr ist doch, dass sich Russland mit dem AgitProp Programm „Antikolonialer Kampf“ ein weiteres Mal der über Generationen vererbten Traumata der Bewohner ehemaliger Kolonien bedient und diese Menschen arglos zur Schachfigur globaler Konflikte macht.
Ich denke Claudia Roth und Anna-Lena Baerbock haben da schon mal in Benin vorgearbeitet. Darauf lässt sich aufbauen.
Und auch Frankreich ist auf dem Weg sich seiner Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und davor zu stellen.
@Generationenübergreifende Traumata: Wenn Eltern Traumata an ihre Kinder vererben
Wer Schreckliches erfährt, leidet oft ein Leben lang. Doch nicht nur Betroffene sind traumatisiert, erklärt der Psychiater Martin Auerbach. Der Horror kann bei den Nachkommen weiterwirken.
https://www.spiegel.de/ausland/weitergabe-von-traumata-die-kinder-spueren-dass-da-etwas-ist-aber-sie-wissen-nicht-was-a-80f8267d-22fa-4ed4-bdfe-6d75b714a4bb
@Koloniale Grenzziehung: Ralph Peters, Blood Borders, 2006, Armed Forces Journal: http://armedforcesjournal.com/blood-borders/
»Deutschland ist ein Vorbild für die Welt«
Außenministerin Baerbock und Kulturstaatsministerin Roth bringen 22 Benin-Bronzen nach Nigeria zurück, die Briten einst gestohlen hatten. Die Regierung des westafrikanischen Landes hofft auf Nachahmer in Europa.
https://www.spiegel.de/kultur/benin-bronzen-annalena-baerbock-und-claudia-roth-geben-kunst-an-nigeria-zurueck-a-24521eb2-4a9e-4936-b979-09392cf12bbd
@Jean-Pierre: Wie wird denn in Frankreich Präsident Microsoft neue Afrika-Strategie bewertet? Siehe u.a. hier: https://www.dw.com/de/macron-reist-mit-neuer-strategie-nach-afrika/a-64843823
Korrigiere : Präsident Macron, nicht Microsoft. Grrr. Excuse-moi, s.v.p.
@Pio-Fritz
Teile vollumfänglich die Bewertung, wobei mir der weitere Verbleib der Bw in GAO auch immer weniger sinnvoll angesichts der Lageentwicklung erscheint. Die Situation ist gekippt mit dem Abzug der OPEX BARKHANE, da die anti-französische Stimmung nicht nur in MALI sondern auch in BURKHINA FASO, im SENEGAL und nicht zuletzt im NIGER – mit aktiver russischer Unterstützung – zugenommen hat. Paris hat zwar schon in 22 reagiert und einen Paradigmenwechsel versucht (also weg von der Françafrique-Politik). Letzte Ansagen von Präs. Macron(28.02.), in Afrika mehr auf frz. soft-power statt auf militärische Präsenz abzuheben, können weitverbreitete Ressentiments im francophonen Afrika nicht wirklich zerstreuen. Macron sprach sogar von Bescheidenheit und mehr Verständnis im frz Verhältnis zu Afrika. Auch sollen frz Stützpunkte neu konfiguriert werden. Angesichts des wachsenden russischen Einflusses will sich FR jedoch nicht zurückziehen, sich aber neu positionieren. Die Investitionen in Niger (Uran) und Gabon (Erdöl), um nur die wichtigsten zu nennen, bleiben für FR wirtschaftlich (fast schon) alternativlos. Der Verbleib frz.Truppen (ExBarkhane) in Niger erscheint vor dem Hintergrund geringer Akzeptanz seitens der Bevölkerung noch nicht in trockenen Tüchern zu sein, wenngleich das Bw-Engagement für die nigrischen Streitkräfte sinnvoll bleibt. Es erscheint auch eher zweifelhaft, ob diese frz Aktionen mit der Bundesregierung abgesprochen wurden;hingegen konnte man bei der dt. Beteiligung an MINUSMA sehr wohl von frz. Einflußnahme ausgehen.
Ich meine, bei Arte mal gehört zu haben, dass in Frankreich die Kolonialgeschichte an Unis und in Schulen positiv dargestellt werden soll nach dem Motto „Schaut mal, was wir für euch gemacht haben!“ Die Belgier haben sowas bei der Entlassung des Kongo in die Unabhängigkeit abgezogen. Da braucht man sich nicht wundern. Und die EU ist mit ihren Verträgen auch nicht besser.