Mali: Hunderte ‚Terroristen‘ von der Armee getötet – mit russischer Begleitung
Die Streitkräfte Malis haben in den vergangenen Tagen eine groß angelegte Operation gegen jihadistische Terroristen geführt, bei der nach offiziellen Angaben mehr als 200 Menschen getötet wurden. Bei der Aktion, die auch von russischen Kämpfern – unklar ob reguläre Streitkräfte oder Söldner der Gruppe Wagner – unterstützt wurde, sollen allerdings auch zahlreiche Zivilisten Opfer der Angriffe geworden sein.
Der malische Generalstab zog in einer am (gestrigen) Freitagabend veröffentlichten Mitteilung eine positive Bilanz der Operation:
Der Generalstab der Streitkräfte informiert die nationale und internationale Öffentlichkeit darüber, dass vom 23. März bis 31. April 2022 eine groß angelegte luftgestützte Operation im Gebiet von Moura, 17 Kilometer nordöstlich von Kouakourou im Kreis Djenné, durchgeführt wurde.
Diese Operation erfolgte nach genauen Informationen, die den Ort eines Treffens verschiedener Einheiten (Katibats) in Moura, einer Hochburg der Terroristen seit einigen Jahren, ausmachten.
Eine Kombination von Luftlandeaktionen, in diesem Fall der Bodentruppen und der Luftlandetruppen, insbesondere der Spezialkräfte, führte zu einer sehr schweren Bilanz bei den Terroristen:
203 neutralisierte Kämpfer der GAT (bewaffnete terroristische Gruppen) mit einer Festnahme von 51 Personen. Hinzu kommt eine materielle Bilanz von :
200 verbrannte und beschlagnahmte Motorräder. Große Mengen an Waffen und Munition wurden beschlagnahmt.
Die FAMа haben anschließend die gesamte Zone systematisch gesäubert. Nach den ersten Vernehmungen der festgenommenen Personen durch die Gendarmerie wurden diese an die spezialisierte Gerichtsabteilung überstellt, die für die Untersuchung von Terrorismusfällen zuständig ist.
Die Durchsuchungen und Sicherungsmaßnahmen in dem Gebiet werden fortgesetzt.
Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, ob die Zahl der Getöteten stimmt, ob es sich ausschließlich um jihadistische Kämpfer handelt – und welche Rolle Russen bei dieser Aktion spielten. Aus einer Meldung des – in Mali verbotenen – französischen Senders Radio France Internationale (RFI):
Seit dem 26. März ist das Dorf Moura im Kreis Djenné in der Region Mopti Ziel einer groß angelegten malischen Militäroperation in einem Gebiet, in dem die mit Aqmi verbundene Groupe de soutien à l’Islam et aux musulmans (Jnim) bekanntermaßen aktiv ist. Die Bevölkerung fordert zwar eine militärische Reaktion, um die Sicherheit wiederherzustellen, doch scheint diese Intervention für die Bewohner zu einem Martyrium zu werden, da das Dorf von der Armee und den russischen Kämpfern, die sie unterstützen, wie belagert wurde.
(…)
Doch die Zeugenaussagen, die RFI aus zivilen und sicherheitsrelevanten, lokalen und internationalen Quellen zusammengetragen hat, sind zahlreich und berichten von wahlloser Gewalt gegen die Bewohner. Diesen Quellen zufolge wurde das Dorf von malischen Soldaten und ihren russischen Stellvertretern, die in sehr großer Zahl eingesetzt waren, umzingelt. Mehrere Quellen behaupten sogar, dass die Zahl der am Boden eingesetzten russischen Truppen größer sei als die der malischen Soldaten.
Nach Angaben von RFI wie auch der französischen Zeitung Le Monde machten die Truppen bei ihrem Vorgehen keine Unterschiede zwischen Jihadisten und Zivilisten. Eine Vielzahl von Getöteten sei inzwischen in Massengräbern beigesetzt worden. Die UN-Mission MINUSMA zeigte sich besorgt über die Vorwürfe, dass auch gegen Zivilisten mit Gewalt vorgegangen wurde.
Das tatsächliche Geschehen in Moura ist bislang ebensowenig geklärt wie die tatsächliche Zahl der Opfer. Auffällig sind aber die Vorwürfe, die – erneut – gegen russische Soldaten oder russische Söldner erhoben werden. Die Regierung Malis war in den vergangenen Monaten zunehmend auf Distanz zum Westen und vor allem zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich gegangen, die – bereits seit Jahren bestehenden – Kontakte zu Russland wurden dagegen intensiviert. Verteidigungsminister Oberst Sadio Camara war erst vor wenigen Wochen nach Moskau gereist und hatte in dieser Woche eine Lieferung von russischem Militärgerät entgegengenommen, darunter zwei Kampfhubschrauber.
Die Entwicklung hat Auswirkungen auf die UN-Mission im Land – und auch auf die Bundeswehr, die in Mali sowohl bei MINUSMA als auch in der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali engagiert ist. Das Mandat für diese beiden deutschen Auslandseinsätze läuft im Mai aus, falls es nicht vom Bundestag verlängert wird. Für den 13. April ist ein Beschluss des Bundeskabinetts über die Fortführung vorgesehen.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte in dieser Woche bei einem Besuch der Vereinten Nationen in New York erneut betont, dass eine Verlängerung der deutschen Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission zunehmend unwahrscheinlich werde. Ein weiteres Engagement in der UN-Mission sei dagegen denkbar, wenn auch nach dem Abzug französischer Streitkräfte aus dem westafrikanischen Land der Schutz deutscher Soldaten. vor allem durch Kampfhubschrauber anderer Nationen gesichert werden könne.
(Alle Übersetzungen mit deepl.com)
Immerhin ist die FAMa wohl die einzige Armee der Welt, die bereits heute über Erfolge zum 31. April berichten kann./Ironie
Ob der Rest der Meldung mit der gleichen Sorgfalt recherchiert und verfasst wurde? Und wie unterscheiden die Soldaten Terroristen von Zivilisten? Oder wird da einfach das Dorf liquidiert und fertig?
Die Aussage der Ministerin ist auch wieder maximale Rumeierei. Wie sollen Kampfhubschrauber anderer Nationen deutsche Soldaten schützen? Die dürfen doch nach dem Erlass der magischen Regierung nicht fliegen, und wenn, nur mit tagelang vorheriger Genehmigung.
Das macht alles wenig Sinn.
„ Für den 13. April ist ein Beschluss des Bundeskabinetts über die Fortführung vorgesehen.“
Diesen Termin habe ich auch bereits mehrfach aufgeschnappt, finde dazu aber leider keine Quelle.
Kann mir jemand den Bezug liefern – vielleicht der Autor selbst?
[Steht so in der Terminplanung des Bundeskabinetts. Die ist aber leider nicht öffentlich. ;-)
/edit: Inzwischen sieht es danach aus, dass die Kabinettsbefassung verschoben wird; voraussichtlich auf Anfang Mai.
T.W.]
@ Pio-Fritz
Die FAMa hat wahrscheinlich das Konzept der freien Feuerzone aus der Vietnamzeit adoptiert. Man definiert ein bestimmtes Gebiet und alles was sich darin bewegt ist feindlich.
Das erleichtert die Zielauswahl ganz erheblich. Ironie aus.
@Schlammstapfer: Bei fast jedem ihrer Beiträge, sei es hier oder beim Thema Ukraine, versuchen Sie sich in Relativierungen und versuchen auf echte oder vermeintliche amerikanische Untaten hinzuweisen.
Fällt auf.
@Hohenstaufen
Wahrscheinlich haben die Wagner Söldner dieselbe Vorschrift fuer russische zivil-militärische Zusammenarbeit, wie die russischen Einheiten in Butcha. Das das von einigen hier im Blog relativiert wird, sollte ja nun keine Überraschung mehr sein. Wir werden in der Zukunft halt nicht nur Holocaust Leugner ertragen müssen, sondern auch noch die Lügenpropaganda der Russen und ihrer „nützlichen Idioten“. Aber Meinungsfreiheit sollte uns wertvoller sein wie der Schutz vor dummen, menschenverachtenden Statements. Ansonsten könnte TW die üblichen Verdächtigen ja gar nicht erst freischalten!
[Hm, wäre schon gut, dass jetzt nicht einfach als Ausweichmöglichkeit für Kommentare zu RUS zu verwenden hier… T.W.]
Was können Terroristen anderes sein als Zivilisten?
Kombattanten sind sie nicht. Was bleibt dann?
@Escrimador sagt: 04.04.2022 um 16:25 Uhr
Ich denke, meine Frage haben Sie schon verstanden. Oder wollen wir hier in alberne Haarspalterei und Wortklauberei verfallen? So àla „an terroristischen Akten beteiligte Zivilist*innen“ und „nicht an terroristischen Akten beteiligte Zivilist*innen“.
@Hohenstaufen
Ich relativiere nicht sondern ich ordne ein, in dem ich Meldungen und Ereignisse in einen Kontext mit ähnlichen Ereignissen stelle. Das hilft dabei, Hysterie zu vermeiden. Ansichts der Vielzahl völkerrechtswidriger Kriege (12, enschließlich Vietnam), in die sich die USA eingemischt oder die sie vom Zaun gebrochen haben, liefern die USA eine Vielzahl von Vergleichsmöglichkeiten. Die russischen Streitkräfte haben da bislang wenig vergleichbares zu bieten. Auch deshalb, weil Rückgriffe auf die Sowjetzeit wegen der anderen politischen Verhältnisse immer schwierig sind.
Was das Vorgehen der FAMa anbetrifft, so gibt es seit Jahren Berichte bei verschiedenen NGO über eine rücksichtslose Vorgehensweise. Wiederholt wurden Zivilisten getötet bzw. verletzt. Die Übernahme der Ausbildung durch Wagner Söldner ist natürlich Anlass, das Vorgehen der FAMa mit der vor-Wagner-Zeit zu vergleichen. Für mich ist auf der Basis aktueller Informationen noch kein Wendepunkt im Verhalten der FAMa zu erkennen. Im Interesse der Menschen in Mali hoffe ich darauf, dass es nicht schlimmer wird. Aber ein Vergleich mit dem Verhalten anderer Militärdiktaturen (z. B. in Myanmar) stimmt mich pessimistisch. Das bedeutet, dass ich auch ohne einer Präsenz russischer Söldner davon ausgegangen wäre, dass die FAMa zunehmend brutaler vorgehen würde.