Ukraine/Russland/NATO – Sammler 15. Februar 2022 (Nachtrag: Scholz/Putin-Pressekonferenz)
Die diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung der Krise um die Ukraine – und eine Entspannung zwischen Russland und dem Westen – gehen unvermindert weiter. Einen Tag bevor nach Einschätzung von US-Geheimdiensten ein russischer Angriff auf die Ukraine beginnen könnte, reiste Bundeskanzler Olaf Scholz nach Moskau. Aus militärischer Sicht bedeutsam: Russland stellte einen Abzug seiner bereitstehenden Einheiten in Aussicht. Der Sammler am 15. Februar 2022:
• In einer Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums ist, das ist nicht neu, die russische Truppenpräsenz an den Grenzen zur Ukraine als Teil ganz normaler Übungen dargestellt. Bedeutsam ist aber der letzte Absatz, in dem von einem bereits begonnenen Rückmarsch von Einheiten die Rede ist:
Erklärung von Generalmajor Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, zur Rückkehr von Verbänden und militärischen Einheiten an ihre ständigen Einsatzorte
Die Streitkräfte der Russischen Föderation setzen eine Reihe groß angelegter operativer Ausbildungsmaßnahmen für Truppen und Kräfte fort. Fast alle Militärbezirke, Flotten und die Luftlandetruppen sind daran beteiligt.
Eine gemeinsame russisch-weißrussische Übung mit dem Titel „Union Resolve 2022“ wird auf dem Territorium der Republik Weißrussland als Teil der Überprüfung der Reaktionskräfte des Unionsstaates durchgeführt.
Die Truppen des Militärbezirks Ost und die Luftlandetruppen, die an dieser Übung teilnehmen, üben in Zusammenarbeit mit den belarussischen Streitkräften die Abwehr eines Angriffs auf den Unionsstaat im Rahmen einer Verteidigungsoperation.
Am 19. Februar findet auf dem Truppenübungsplatz Obuz-Lesnovsky eine Übung mit scharfer Munition statt. Während dieser Veranstaltung wird die Marinebrigade zusammen mit Formationen und militärischen Einheiten der Streitkräfte der Republik Belarus, unterstützt durch die operativ-taktische und militärische Luftfahrt, die Durchführung von Verteidigungskämpfen und Manövern in andere Richtungen üben.
Die Militärattachés für Verteidigungsangelegenheiten in den ausländischen Botschaften in der Republik Belarus und die Vertreter der Medien wurden eingeladen, die praktischen Übungen zu beobachten.
Eine Reihe von Marineübungen, an denen Überwasserschiffe, U-Boote und Marineflieger beteiligt sind, werden in den operativ wichtigen Gebieten der Weltmeere und in den an das russische Hoheitsgebiet angrenzenden Gewässern durchgeführt.
Die Übungen mit Verbänden und militärischen Einheiten auf anderen Truppenübungsplätzen auf russischem Gebiet werden fortgesetzt. Eine Reihe von Kampftrainingsaktivitäten, einschließlich Übungen, wurden wie geplant durchgeführt.
Wenn die Gefechtsübungen zu Ende gehen, werden die Truppen wie immer in gemeinsamen Märschen zu ihren ständigen Einsatzorten marschieren. Die Untereinheiten der Militärbezirke Süd und West, die ihre Aufgaben erfüllt haben, haben bereits mit der Verladung auf Schienen- und Straßentransporte begonnen und werden sich heute auf den Weg zu ihren Militärgarnisonen machen. Einzelne Einheiten marschieren allein als Teil von Militärkolonnen.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)
Die entscheidende Frage wird natürlich sein, welche Truppen und welches Gerät tatsächlich in ihre Garnisonen zurückkehren. Und, auch das gehört dazu: Wenn die Einheiten der Militärbezirke Süd und West zurück verlegt werden, nicht aber die aus dem Fernen Osten Russlands – bleibt die Frage, ob die Rückkehr der Einheiten in nicht so weit von der ukrainischen Grenze gelegene Garnisonen überhaupt von Bedeutung ist.
• Das russische Außenministerium verwies auf diese Abzüge und erklärte, damit seien die Behauptungen des Westens in sich zusammengefallen:
Russian Foreign Ministry spokeswoman Maria Zakharova just now: “February 15, 2022 will go down in history as the day Western war propaganda failed. Humiliated and destroyed without a single shot fired.”
— Mark MacKinnon (@markmackinnon) February 15, 2022
• Fun Fact am Rande: In einem Bericht der BBC geht es um die Stimmung in Russland, und darin werden auch Ausschnitte aus russischen Medien gezeigt. Unter anderem: Die Vorführung des Deutschen Heeres für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht vergangene Woche in Munster als Beleg für die Kriegsvorbereitungen der NATO:
„The picture presented to the Russian public is the polar opposite of how the West sees things.“ Ukraine tensions as seen from Moscow. Camera/edit @mattgodtv Producer @BBCWillVernon @BBCNews @BBCWorld https://t.co/ndgdtTVeXd pic.twitter.com/r8wkFP6EHs
— Steve Rosenberg (@BBCSteveR) February 15, 2022
• Update: In der Pressekonferenz vor dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister ab dem (morgigen) Mittwoch sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg, die Zeichen aus Moskau stimmten vorsichtig optimistisch. Aber auch: So far, we have not seen any sign of de-escalation on the ground.
(Von dieser Pressekonferenz gibt es bislang nur das Statement Stoltenbergs als Transkript, noch nicht die Fragen und Antworten; wird ggf. nachgeliefert)
• Nach dem rund dreistündigen Treffen von Scholz und Putin in Moskau gab es eine lange Pressekonferenz. Ein Punkt sticht dabei hervor: Der russische Präsident betonte: Nach unserer Einschätzung ist es so, dass das, was im Donbass geschieht, heute Völkermord ist. – bewusst als Analogie zum Eingreifen der NATO im Konflikt um den Kosovo 1999. (KORREKTUR anhand des offiziellen Transkripts der Bundesregierung, s. unten, nicht, wie zunächst geschrieben, an Völkermord grenzt)
Das Transkript der Pressekonferenz:
P Putin: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren, wir freuen uns, im Kreml den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu empfangen. Herr Scholz ist zum ersten Mal als Chef des Bundeskabinetts in Russland. Als er als Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg regiert hat, hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass die Partnerschaft mit Sankt Petersburg nach vorne gebracht wurde. Diese Städtepartnerschaft jährt sich übrigens im laufenden Jahr zum 65. Mal.
Bei den heutigen Gesprächen, die sachlich verlaufen sind, haben wir uns in der Sache eingehend mit bilateralen Fragen beschäftigt. Auch haben wir über die Zukunft dieser Beziehungen gesprochen. Ein besonderes Augenmerk galt besonders drängenden internationalen Fragen. Ich habe mehr als einmal gesagt, dass Deutschland zu den wichtigsten Partnern Russlands gehört. Immer wollten wir diese Zusammenarbeit zwischen unseren Staaten stärken.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass auch der Herr Bundeskanzler gewillt ist, weiter pragmatisch und gegenseitig vorteilhaft mit Russland zusammenzuarbeiten. Das bezieht sich vor allem auf Wirtschaftsverbindungen, die traditionell sehr intensiv sind. Deutschland rangiert nach der chinesischen Volksrepublik unter den Außenhandelspartnern Russlands auf Rang zwei. Trotz der schwierigen Situation, die durch die Coronapandemie ausgelöst wurde, und trotz der Volatilität der globalen Märkte ist es so gewesen, dass wir 2021 den bilateralen Handel im Aufwärtstrend gesehen haben. Er hat um 36 Prozent zugenommen und liegt bei knapp 47 Milliarden US-Dollar. Die deutschen Investitionen in die russische Wirtschaft belaufen sich auf mehr als 21 Milliarden US-Dollar, und die Investitionen aus Russland belaufen sich auf 10 Milliarden US-Dollar. Insgesamt gibt es in Russland ca. 4000 Firmen mit deutschem Kapital. Regelmäßig treffen wir uns mit den Spitzenvertretern der größten deutschen Unternehmen. Ich kann Ihnen sagen, dass diese Treffen natürlich fortgesetzt werden. Die sind sehr wichtig, weil wir die Meinung der deutschen Partner dazu hören wollen, wie das entsprechende Gesprächsklima auf dem russischen Markt gestaltet werden kann. Das ist sehr hilfreich für uns; denn Unternehmer sprechen häufig aktive Vorschläge aus, wie das Geschäftsklima beziehungsweise das Investitionsklima in Russland verbessert werden kann. Viele dieser Vorschläge berücksichtigen wir, durchdenken sie und setzen sie dann in unserem praktischen Leben um.
Eine besondere Rolle in der bilateralen Zusammenarbeit spielt die Energiewirtschaft. Schon in den Siebzigerjahren haben unsere Länder ein zeichensetzendes Projekts realisiert, das Röhrengeschäft. Seit dieser Zeit ist es so gewesen, dass deutsche und europäische Verbraucher zuverlässig mit russischem Gas versorgt werden. Russland sorgt momentan für mehr als ein Drittel des deutschen Energiebedarfs, bei Erdöl mit 34 Prozent und bei Gas mit mehr als 35 Prozent. 2021 hat Deutschland 15,7 Millionen Kubikmeter an russischem Gas erhalten. Auch in der Zeit der hohen Börsenpreise auf Gas und auch in der Zeit des mangelhaften Angebots in Europa haben wir deutsche Verbraucher mit Gas versorgt, und zwar auf der Grundlage von Preisen, die sich aus langfristigen Verträgen ergeben.
Der deutsche Regulator führt jetzt eine Zertifizierung von Nord Stream 2 durch. Technisch gesehen ist diese Pipeline seit Ende vergangenen Jahres fertig. Das ist eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa. Mit diesem Projekt soll die Energiesicherheit auf dem Kontinent verbessert werden, und durch dieses Projekt soll dazu beigetragen werden, dass europäische, wirtschaftliche und umweltpolitische Aufgaben gelöst werden. Ich habe mehr als einmal gesagt, dass das ein rein privatwirtschaftliches Projekt ist. Es gibt hier keinerlei politische Schattierung.
Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich machen, dass wir bereit sind, unsere Gaslieferungen durch die Ukraine fortzusetzen, auch über das Jahr 2024 hinaus, wenn der laufende Transitvertrag durch die Ukraine auslaufen wird. Natürlich werden europäische Importeure wollen, dass sich dieses Projekt rentiert und das Pipelinenetz der Ukraine technisch intakt ist.
Große Aussichten eröffnen sich in unseren Augen auch in anderen Energiebranchen. Es geht dabei um Entwicklung, Kommerzialisierung und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern. Heute haben wir darüber in Bezug auf den Wasserstoff gesprochen. Der Dialog in all diesen Fragen gestaltet sich weiter im Rahmen der bilateralen Arbeitsgruppe für nachhaltige Energie.
Außerdem haben wir ein Interesse daran, dass wir mit Blick auf den Klimaschutz enger mit deutschen Partnern zusammenarbeiten. Unter den Vorschlägen dazu, wo wir uns gemeinsam bemühen können, befinden sich zum Beispiel eine gemeinsame Überwachung von CO2-Emissionen und die Erarbeitung von Methoden, mit denen diese Schadstoffe gebunden werden können. Es geht dabei um einen breiten Einsatz von Wasserstoff als grünem Brennstoff.
Wir haben auch über humanitäre Beziehungen gesprochen. Beide Seiten sind daran interessiert, bilaterale wissenschaftliche Bildungsaustauschprogramme weiterzuentwickeln. Das deutsch-russische Zivilgesellschaftsforum „Petersburger Dialog“ soll jetzt eine Rolle dabei spielen.
Natürlich haben wir uns offen über russische Initiativen und Vorschläge an die USA und an die Nato ausgetauscht, die sich auf langfristige juristisch verpflichtende Sicherheitsgarantien für Russland beziehen. Gesprochen haben wir auch über die wichtigsten Forderungen. Die wichtigsten davon sind die Nichtzulassung der weiteren Nato-Erweiterung, der Verzicht auf die Installation von Angriffswaffen in der Nähe russischer Grenzen und der Rückzug des militärischen Potenzials und der Infrastruktur der Allianz in Europa auf den Zustand von 1997, als die Russland-Nato-Grundakte unterzeichnet wurde. Russland kann sich nicht davor verschließen, wie die USA und die nordatlantische Allianz ziemlich willkürlich und zu ihren eigenen Gunsten die wichtigsten Grundsätze der gleichen und unteilbaren Sicherheit interpretieren, die in vielen gesamteuropäischen Dokumenten verankert sind. Dieser Grundsatz umfasst nicht nur die Bestimmung, dass es das Recht gibt, seine Sicherheit frei zu gewährleisten und jeglichen militärischen Allianzen beizutreten, was unsere Kollegen immer wieder betonen, sondern es gibt auch Verpflichtungen, seine eigene Sicherheit nicht auf Kosten von anderen Staaten zu gewährleisten. Die Nato bezieht sich auf die Politik der offenen Tür. Wir wissen von Artikel 10 des Nordatlantikvertrags. Ich habe mich bei den früheren Pressekonferenzen nach meinen Gesprächen mit unseren europäischen Partnern dazu geäußert. In Artikel 10 gibt es eine solche Bestimmung nicht. Man kann einladen, aber man ist nicht verpflichtet, neue Mitglieder einzuladen. Das war es dann schon.
Die militärische Eindämmung Russlands wird von uns als direkte und unmittelbare Sicherheitsstörung wahrgenommen. Dieser Bedrohung begegnen sollen juristisch verpflichtende Abkommen, deren Entwürfe wir eingereicht haben. Die Antworten, die wir von den USA und den Nato-Mitgliedsländern erhalten haben, entsprechen aus unserer Sicht nicht den wichtigsten Anforderungen Russlands. Doch in den Antworten, die vorgelegt wurden, gibt es, wie Außenminister Lawrow mir gestern berichtet hat, einige Überlegungen, die wir nicht nur besprechen wollen. De facto haben wir diese Überlegungen ja unseren Partnern in früheren Zeiten angeboten und vorgeschlagen. Es ging um europäische Sicherheit, es ging um bestimmte Waffengattungen – ich meine Kurz- und Mittelstreckenraketen -, und es geht um militärische Transparenz. Wir sind bereit, diese Zusammenarbeit weiter zu pflegen. Wir sind auch bereit, diesen Gesprächsprozess fortzusetzen. Doch alle Fragen, die ich benannt habe, müssen in einem Paket betrachtet werden, ohne Loslösung von den wichtigsten russischen Forderungen, deren Umsetzung für uns eine absolute Priorität ist.
Die Thematik der europäischen Sicherheit wurde auch im Kontext der ukrainischen Konfliktlösung erörtert. Die Kiewer Regierung verweigert sich, wie bekannt ist, der Erfüllung der Minsker Vereinbarung und der Umsetzung der Vereinbarung von 2015 beziehungsweise der Vereinbarungen, die auf den späteren Normandie-Gipfeln erreicht wurden, insbesondere in Berlin und in Paris. Es gibt auch keine Bewegung in Grundsatzfragen wie Verfassungsreform, Amnestie, Kommunalwahlen und rechtliche Aspekte des Sonderstatus des Donbass. Bislang ist auch die Formel des ehemaligen Bundesaußenminister und heutigen Bundespräsidenten Steinmeier nicht in das ukrainische Recht überführt worden. Diese Steinmeier-Formel hatte er als Kompromiss zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vorgeschlagen. Bedauerlicherweise ist es so, dass auch diese Formel nicht umgesetzt worden ist. Man ignoriert Möglichkeiten, die territoriale Integrität des Landes friedlich wiederherzustellen, indem man in einen direkten Dialog mit Donezk und Lugansk eintritt. Massenhaft werden Menschenrechtsverletzungen zugelassen. Gesetzlich verankert ist eine Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung.
Wir sprachen über einige weitere drängende internationale Fragen. Insbesondere ging es um das iranische Nuklearprogramm. Auf der Ebene der Außenministerien stehen wir im Austausch miteinander. Ich muss an dieser Stelle deutlich machen, dass unsere Positionen hier ziemlich ähnlich sind.
Abschließend möchte ich dem Herrn Bundeskanzler für diese Zusammenarbeit und für das hilfreiche und aufschlussreiche Gespräch danken. Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.
BK Scholz: Meine Damen und Herren, es ist gut und wichtig, heute hier in Moskau zu sein. Ich bedanke mich für den Empfang und für das lange, ausführliche Gespräch. Wir haben, wie Sie ja schon der Darstellung des Präsidenten entnommen haben, kein Thema ausgelassen, das gegenwärtig in den Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern, aber auch in den europäischen Beziehungen und den internationalen Beziehungen eine Rolle spielt. Das ist gut so; denn natürlich ist es wichtig, dass wir tatsächlich miteinander reden.
Unsere beiden Länder sind historisch und kulturell eng miteinander verflochten. Die Beziehungen sind tief und vielfältig. Das zeigen beispielsweise die mehr als 90 aktiven Städtepartnerschaften und der rege Kultur-, Jugend- und Bildungsaustausch. Gerade ist das Deutschlandjahr in Russland zu Ende gegangen. Etwa 1000 Veranstaltungen in mehr als 70 Städten behandelten das ganze Themenspektrum unserer Beziehungen, von Kultur über Wissenschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit bis hin zu Diversität.
Auch unsere Wirtschaftsbeziehungen haben nach wie vor großes Potenzial – das haben Sie eben schon gehört -, insbesondere bei zentralen Zukunftsthemen wie der Dekarbonisierung, den erneuerbaren Energien, Wasserstoff und der Digitalisierung. Unserer Verantwortung für das Menschheitsthema des Klimawandels können wir nur gerecht werden, wenn wir es gemeinsam angehen. Deshalb ist es wichtig, dass das auch in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland für die Zukunft von zentraler Bedeutung bleibt. Energie wird auch heute geliefert, aber die Frage ist, wie wir es hinbekommen, dass das auch in einer industriellen Welt gelingen kann, die CO2-neutral ist, was notwendig ist, wenn wir auf diesem Planeten gut leben können wollen.
Ein unverzichtbarer Pfeiler unserer Beziehungen ist der zwischengesellschaftliche Dialog, der viel zur Verständigung und zur Aussöhnung zwischen unseren Völkern nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen hat. Diese Entwicklung gilt es weiter zu fördern. Darum haben wir heute auch schon über den Petersburger Dialog gesprochen. Er steht seit Jahren für die deutsch-russische Verständigung und ist gerade jetzt wichtiger denn je. Ich habe daher meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass bei weiteren hochrangigen Gesprächen in nächster Zeit eine Lösung für die aktuelle Blockade erreicht werden kann. Denn wir brauchen einen Raum für einen offenen und ehrlichen Dialog, in dem alle Themen besprochen werden können und in dem sich alle, die es wollen und die dazugehören, in diese Debatte einbringen können.
Mit Sorge sehen wir, wie die Räume für die Zivilgesellschaft enger werden. Das gilt für uns insbesondere im Hinblick auf Partner, mit denen wir lange und wichtig zusammengearbeitet haben. Ich will hier die Gruppe Memorial nennen. Es ist in Deutschland auf großes Unverständnis gestoßen, dass sie ihre Tätigkeit nun nicht fortsetzen kann, ausgerechnet eine Organisation, die unter anderem einen zentralen Beitrag zur Aufklärung des Schicksals der sowjetischen Zwangsarbeiter in Nazideutschland geleistet hat. Wir hoffen, dass dort eine gute Perspektive möglich ist. Ich habe in unseren Gesprächen auch die Erwartung geäußert, dass die Deutsche Welle in Russland weiterhin journalistisch tätig sein kann.
Wie schon gesagt, ein breites Themenspektrum von bilateralem Interesse. Wir haben dabei auch die kritischen Fragen nicht vermieden. Das zeichnet solche Gespräche aus und ist wichtig.
Mein Besuch heute steht aber natürlich ganz wesentlich im Zeichen der wohl schwersten und bedrohlichsten Krise, die wir seit sehr, sehr langer Zeit in Europa erleben. Die militärischen Truppenzusammenstellungen und Aktivitäten Russlands an der ukrainischen Grenze haben einen breiten Raum in unseren Gesprächen eingenommen wie natürlich auch die Fragen nach den Sicherheitsgarantien, die Russland formuliert hat. Ich habe dabei unsere, meine Einschätzung der Sicherheitslage erläutert und auch, wie wir und unsere europäischen Partner diese Entwicklung bewerten, aber auch natürlich den Truppenaufmarsch als Bedrohung empfinden. In diesem Zusammenhang kann man gar nicht genug betonen, dass wir sehr besorgt darüber sind, was wohl aus den 100 000 Soldaten und ihren Aktivitäten in nächster Zeit werden wird. Wir können keinen vernünftigen Grund für diese Truppenzusammenstellung erkennen. Deshalb ist die Deeskalation dringend geboten. Das ist in dieser angespannten und schwierigen Situation wichtig, damit es keinen Krieg in Europa gibt.
Präsident Putin hat mir in unserem Gespräch von den gestrigen Beratungen mit seinem Außenminister und dem Verteidigungsminister berichtet. Er hat davon eben auch erneut gesprochen. Ich stimme ausdrücklich zu: Die diplomatischen Möglichkeiten sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. – Jetzt muss es darum gehen, entschlossen und mutig an einer friedlichen Auflösung dieser Krise zu arbeiten. Dass jetzt, wie wir hören, einzelne Truppen abgezogen werden, ist jedenfalls ein gutes Zeichen. Wir hoffen, dass noch weitere folgen.
Wir sind bereit, gemeinsam mit allen Partnern und Verbündeten in der EU und der Nato und mit Russland ganz konkrete Schritte zur Verbesserung der gegenseitigen oder noch besser der gemeinsamen Sicherheit zu unternehmen. Dazu hat die Nato bereits zu konkreten thematischen Gesprächen im Nato-Russland-Rat eingeladen. Dazu sind die USA in ihrem bilateralen Gespräch mit Russland bereit. Im Rahmen der OSZE hat der polnische Vorsitz einen neuen, hochrangigen Dialogprozess initiiert. Dieser Dialog wird im Geist der Gegenseitigkeit und in Anerkennung der Gesamtheit von Prinzipien und Verpflichtungen erfolgen, die wir alle gemeinsam in der OSZE vereinbart haben. Dazu gehören die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa und die Souveränität und territoriale Unversehrtheit aller Staaten, auch der Ukraine. Sie sind für uns unverhandelbar.
Mein dringender Wunsch: Lassen Sie uns diese Dinge im Wege des Dialogs weiterbereden. Wir dürfen nicht in einer Sackgasse enden. Sie wäre ein Unglück für uns alle.
Für die Bundesregierung ist klar, dass eine weitere militärische Aggression gegen die Ukraine schwerwiegende politische, wirtschaftliche und strategische Konsequenzen zur Folge hätte. Mein Eindruck ist: Das wissen alle ganz genau. – Eine solche Eskalation gilt es deshalb jetzt mit aller Kraft und Entschlossenheit und mit aller Klugheit zu vermeiden. Die Suche nach diplomatischen Lösungen ist ein zentraler Grund meiner Reise nach Kiew gestern und nun nach Moskau. Präsident Putin und ich, wir sind uns darin einig, dass das Normandie-Format neben den Gesprächen zwischen den USA und Russland, im Nato-Russland-Rat und in der OSZE ein weiteres wichtiges Format zur Beilegung des Konflikts darstellt. Hier brauchen wir Bewegung und natürlich auch Fortschritt.
Deshalb ist es gut, dass Präsident Selensky gestern fest zugesagt hat, dass der Trilateralen Kontaktgruppe, die im Rahmen des Minsker Prozesses festgesetzt worden ist und in der alle Beteiligten zusammenkommen, in Kürze alle drei vorgesehenen Gesetzestexte zum Status der Ostukraine, zur Verfassungsänderung und zur Wahlvorbereitung vorliegen werden. Das ist ein guter Fortschritt, und daran gilt es anzuknüpfen. Ich habe den Präsidenten ermuntert, seine Verhandler mit einem entsprechenden konstruktiven Mandat auszugestalten, sodass wir dort Fortschritte erreichen.
Zum Abschluss auch noch dieses: Für uns Deutsche, aber auch für alle Europäer ist klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland erreicht werden kann. Darüber sind wir uns alle in der Nato und der Europäischen Union aber auch einig. Deshalb müsste es möglich sein, eine Lösung zu finden. So schwierig und ernst die derzeitige Lage auch scheint, ich weigere mich, sie als aussichtslos zu beschreiben. Von allen ist jetzt mutiges und verantwortungsbewusstes Handeln gefragt.
Das will ich noch sagen: Für meine Generation ist Krieg in Europa undenkbar geworden, und wir müssen dafür sorgen, dass das so bleibt. Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe als Staats- und Regierungschefs, zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt.
Frage: Präsident Putin, Sie haben gleichzeitig signalisiert, dass Sie den Dialog sehen und haben gleichzeitig Kritik geübt. Hat der Bundeskanzler nicht genug mitgebracht, besonders von Präsident Selensky mit diesen Zusicherungen?
Und die Frage, die sich alle Europäer stellen, ist: Trotz dieser engen Beziehungen zu Russland, wird es noch mal Krieg geben in Europa? Schließen Sie jetzt im Augenblick Krieg aus? … (Die Rednerin setzt auf Englisch fort. Eine Dolmetschung erfolgt nicht.)
Und Herr Bundeskanzler, an Sie die Frage: Wie schätzen Sie denn jetzt die Lage nach diesem Gespräch ein? Gab es Fortschritte so, wie Sie sich das vorgestellt haben, und was muss der nächste Schritt sein?
P Putin: Zum Stichwort Krieg in Europa: Herr Bundeskanzler hat gerade gesagt, dass sich die Menschen seiner Generation – und ich gehöre nun einmal seiner Generation an – nur schwer vorstellen können, dass es in Europa einen Krieg geben wird. Das hat er in Bezug auf die Situation rund um die Ukraine gesagt.
Aber wir haben doch bereits Krieg in Europa erlebt. Dieser Krieg wurde von der Nato gegen Jugoslawien entfesselt. Das war eine groß angelegte militärische Operation mit Raketen- und Bombenangriffen gegen eine der europäischen Hauptstädte, gegen Belgrad. Das gab es doch schon, und zwar ohne dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das irgendwie genehmigt hat. Das ist ein sehr schlechtes Beispiel, aber dieses Beispiel hat es gegeben. Das ist mein erster Punkt.
Mein zweiter Punkt: Wollen wir das oder nicht? – Natürlich nicht. Gerade deshalb haben wir unsere Vorschläge unterbreitet, einen Gesprächsprozess zu starten, der dazu führen soll, dass wir uns über gleiche Sicherheit für alle einschließlich Russlands einigen. Leider – das haben wir schon deutlich gemacht – ist eine sachliche, konstruktive Antwort auf unsere Vorschläge bei uns nicht eingegangen.
Nichtsdestoweniger gehen wir davon aus, dass die Dokumente, die unsere Partner aus der Nato, aus Washington uns übermittelt haben, doch einige Elemente enthalten, die verhandelt werden können. Aber wir sind nur dann dazu bereit, wenn das in einem Paket mit den Grundsatzfragen geschieht, die für uns von allergrößter Bedeutung sind. Wir hoffen – das habe ich dem Bundeskanzler heute gesagt -, dass sich der Dialog genau so gestalten wird. Je nachdem, wie sich dieser Dialog gestalten wird, wird sich auch die Situation in Bezug auf alle weiteren Fragen entwickeln, die Sie und uns umtreiben. Uns machen sie genauso Sorgen wie Ihnen.
BK Scholz: Ich denke, dass wir jetzt eine Situation haben, in der es darauf ankommt, alle Möglichkeiten zu nutzen, keinen Faden ungenutzt zu lassen und dafür zu sorgen, dass wir eine friedliche Entwicklung möglich machen. Das ist der Grund, aus dem ich berichtet habe, dass jetzt wichtige Voraussetzungen für den Minsker Prozess angekündigt sind, was die entsprechenden Gesetzesvorhaben betrifft. Aus meiner Sicht muss das auch dazu beitragen, dass jetzt die Gespräche in der Trilateralen Kontaktgruppe über diese Vorschläge aufgenommen werden können, und das ist auch ein Ausgangspunkt für eine friedliche Lösung der Situation in der Ukraine mit dem Donbass und mit der ukrainischen Regierung. Für mich ist wichtig, dass die Gespräche dort in dieser Trilateralen Kontaktgruppe stattfinden. Das ist das, was in Minsk miteinander vereinbart worden ist. Wir arbeiten daraufhin, dass das möglich wird.
Ich will gerne noch einmal sagen, dass ich glaube, dass es in Jugoslawien eine etwas andere Situation gab. Es gab die Gefahr eines Völkermordes. Das musste verhindert werden. Ich bin froh, dass wir mittlerweile eine friedliche Entwicklung haben und dass die Länder des Balkans alle jeweils aus sich heraus eine eigene Perspektive in Richtung der Europäischen Union gefunden haben. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen.
P Putin: Gestatten Sie mir, Folgendes nachzuschieben: Nach unserer Einschätzung ist es so, dass das, was im Donbass geschieht, heute Völkermord ist.
Frage: Ich habe viele Fragen in Bezug auf viele Themen, wenn Sie gestatten.
Herr Bundeskanzler, Sie sind gerade aus Kiew zurück, wo Sie Präsident Selensky getroffen haben. Wird Kiew die Minsker Vereinbarungen in der Form erfüllen, in der sie abgeschlossen wurden? Was ist Ihr Eindruck? Wie sind aus Ihrer Sicht die Aussichten auf eine friedliche Lösung?
Herr Putin, heute Morgen gab es Meldungen, dass Truppen teilweise abgezogen werden. Dann gab es Meldungen aus der Staatsduma. Die Abgeordneten rufen Sie mit der Bitte an, die Volksrepubliken Donezk und Luhansk anzuerkennen. Wie kommentieren Sie das?
Außerdem muss ich beide Leader fragen: Was ist das Schicksal von Nord Stream 2? Was sind die Aussichten, was die Umsetzung dieses Projektes mit Blick auf die Spannungen und die Drohungen angeht, die im Zusammenhang mit diesem Projekt ausgesprochen wurden?
Herr Putin, gestatten Sie mir eine weitere Frage. Ich bitte um Nachsicht. Ihr langjähriger Bekannter, Herr Schröder, wurde auf die Kandidatenliste des Aufsichtsrats von Gazprom gesetzt. Danach gab es heftige Kritik an seiner Person. Was können Sie dazu sagen?
P Putin: Zum ersten Punkt in Bezug auf die Abstimmung in der Staatsduma: Gerade vor der Pressekonferenz haben mich die Mitarbeiter der Präsidialadministration über den teilweisen Abzug unserer Truppen aus den Arealen unterrichtet, wo Übungen stattgefunden haben. Was gibt es hier zu kommentieren?
Was die Exekutive anbelangt, insbesondere der militärpolitischen Führung des Landes, so gibt es hier nichts zu kommentieren. Hier gibt es einen Beschluss über den teilweisen Abzug. Die Abstimmung in der Staatsduma ist so oder so damit verbunden, denn die Abgeordneten des russischen Parlaments gehen von der öffentlichen Meinung aus, wie das anderswo auch der Fall ist. Sie gehen von der Meinung der Wählerinnen und Wähler aus. Sie haben einen feinen Sinn für diese Meinung. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Russland sympathisiert und hat Mitleid mit den Einwohnern des Donbass, unterstützen sie und hoffen, dass sich die Situation dort radikal zum Besseren für sie und in ihrem Sinne verändern kann. Ich weiß, dass es zwei Entwürfe gab. Der eine Entwurf wurde von der Partei Einheitliches Russland eingebracht, die die überwiegende Mehrheit im Parlament hat. Der zweite Entwurf ist heftiger formuliert und ist ein direkter Appell an den Präsidenten, die beiden Republiken anzuerkennen. Es war eine offene, eine freie Abstimmung, wie mir berichtet wurde. Die Parteidisziplin hat hier nicht gegriffen. Die meisten Abgeordneten unterstützten die Resolution, die von der de facto Oppositionspartei, der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, eingebracht wurde.
Ich werde davon ausgehen, dass wir alles daransetzen müssen, die Probleme des Donbass zu lösen. Aber das muss so geschehen, wie es vom Bundeskanzler bereits verlautbart wurde. Wir müssen davon ausgehen, dass die Möglichkeiten bei der Erfüllung der Minsker Vereinbarungen noch nicht ausgeschöpft sind. Wir hoffen sehr, dass unsere Partner aus Übersee und in Europa, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, entsprechenden Einfluss auf die Kiewer Regierung von heute ausüben werden und Lösungen gefunden werden.
Zu Herrn Schröder und Nord Stream 2: Schauen Sie, ich habe das heute dem Bundeskanzler erzählt. Zu Beginn der 2000er-Jahre haben wir uns zusammen mit der Ukraine – die Ukraine wurde damals von Präsident Kutschma regiert; für die Bundesregierung sprach Herr Schröder und für Russland Ihr ergebener Diener –darauf verständigt. Wir haben ein Abkommen unterzeichnet, dass ein internationales Konsortium aus Russland, der Ukraine und Deutschland geschaffen werden soll, an dem womöglich auch andere europäische Staaten beteiligt werden könnten. Dieses Konsortium hätte das Pipelinenetz der Ukraine verwalten können. Es ging nicht um einen Verkauf. Es ging nicht um Übereignungen. Es ging um das Management. Dieses Konsortium hätte das Pipelinenetz entsprechend ausbauen und darin investieren können.
Die neue ukrainische Regierung mit Juschtschenko an der Spitze hat sich geweigert, diese Vereinbarung zu erfüllen. Danach gab es Fragen über eine sichere Gaslieferung nach Deutschland und Europa. Herr Schröder unterstützte damals den Bau von Nord Stream 1. Heute bezieht Deutschland 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas über diese Route. Dieses Gas wird auf der Grundlage von langfristigen Verträgen geliefert, die – das habe ich schon gesagt – dreimal, viermal, siebenmal oder fünfmal so gering waren wie auf dem Spotmarkt. Der deutsche Verbraucher, der Industrieverbraucher, der Haushaltsverbraucher bekommt Gas, dessen Preis um den Faktor fünf günstiger ist. Der deutsche Bürger soll in seine Tasche gucken und sich die Frage beantworten, ob er bereit ist, dreimal so viel, fünfmal so viel für Gas, für Strom zu zahlen. Wenn er das nicht machen will, dann soll er Herrn Schröder danken. Denn das ist das Ergebnis seiner Arbeit. Das ist sein Ergebnis.
Was seine Präsenz in den Verwaltungsgremien von Gazprom anbelangt, so möchte ich Folgendes sagen: Viele in Europa machen sich Sorgen, ob es regelmäßige Energielieferungen aus Russland nach Deutschland und nach Europa geben wird. Wenn eine solche Entscheidung getroffen wird, dass Herr Schröder in den Aufsichtsrat von Gazprom einzieht, so wird diese Entscheidung gerade der Aufgabe dienen, dass insbesondere ein unabhängiger Experte, der er natürlich ist – – – Er ist ein anständiger Mensch, den wir respektieren, dessen Aufgabe es natürlich ist, den Interessen seines eigenen Landes, der Bundesrepublik, zu dienen. Dann werden also die Bundesrepublik und die Europäer mit ihm eine Person haben, die sowohl die Entscheidungen im Aufsichtsrat beeinflussen als auch direkt von Gazprom objektive Informationen bekommen kann. Ich glaube, das wird nur gute Dienste für unsere Zusammenarbeit leisten. Man kann sich nur darüber freuen. Ob das so geschehen soll oder nicht – ich glaube, die Wahlen werden im Juni stattfinden -, ist Sache von Gazprom und die von unabhängigen Experten, insbesondere die Sache von Herrn Schröder.
Stichwort Nord Stream 2: Seine Präsenz im Direktorenrat von Gazprom ist eine natürliche Sache, denn er war mit Nord Stream 1 und mit Nord Stream 2 befasst. Er ist Vorstandsvorsitzender von Nord Stream 2. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es dort fünf deutsche Firmen gibt, die an der Finanzierung beteiligt sind, einschließlich zweier deutscher Firmen. Die Pipeline Nord Stream 2 ist fertig und ist bereit, in Betrieb genommen zu werden. Es gibt nur die Frage an den deutschen Regulator, die entsprechende Entscheidung zu treffen, dass Lieferungen über diese Route aufgenommen werden. – Das war es.
BK Scholz: Zunächst zu der Frage nach den Minsker Vereinbarungen: An die müssen sich alle halten. Das gilt für die Regierung der Ukraine. Das gilt selbstverständlich für Russland, Deutschland und Frankreich, die an dem politischen Prozess beteiligt sind, der dazugehört. Deshalb ist es so wichtig, dass alle ihren Beitrag leisten.
Der eine Beitrag ist, dass jetzt all die Gesetzentwürfe zur Verfügung stehen werden, die notwendig sind, um darüber zu reden, wie die drei großen Aufgaben gelöst werden, die ich bereits in meinem Eingangsstatement erwähnt habe und die etwas mit dem speziellen Statut zu tun haben, mit den Wahlen, mit der Steinmeier-Formel und selbstverständlich mit den Verfassungsfragen. Alles das wird vorliegen. Dann wird in dem trilateralen Format zwischen der Ukraine, Russland, der OSZE und den weiteren Beteiligten darüber zu sprechen sein. Das ist das, was vereinbart ist. Dieser Prozess sollte von allen unterstützt und von niemandem aufgehalten werden. Jeder neigt natürlich dazu, die Dinge zu seinen Gunsten auszulegen. Aber in Wahrheit steht alles aufgeschrieben.
Mein Wunsch ist, dass sich alle einen Ruck geben und jetzt das schon einmal Vereinbarte in eine Verständigung übersetzen, in der es noch viel zu diskutieren gibt, aber wo jetzt einmal der nächste Schritt erfolgen soll. Das ist jedenfalls mein Wunsch. Die Voraussetzungen dafür sind da. Wenn sich alle einen Ruck geben, kann es auch klappen, aber nur dann.
Selbstverständlich würde das bedeuten, die Minsker Vereinbarungen zu missachten, wenn die Resolution, die das Parlament heute getroffen hat, Realität würde. Ich glaube, das wissen auch alle Beteiligten. Deshalb geht es nicht um diese Resolution – die würde dagegen sprechen; dann wäre der Prozess abgebrochen und beendet und das wäre eine politische Katastrophe -, sondern es ginge nur, wenn dann gewissermaßen alle wieder zu dieser Minsker Vereinbarung zurückkehren, nach der Sie eingangs gefragt haben. Die hat eben klare Kriterien.
Was Nord Stream 2 betrifft, will ich die privatwirtschaftlichen Aktivitäten eines früheren Politikers nicht weiter kommentieren. Er spricht nicht für die Bundesrepublik Deutschland, sondern für sich.
Was die Pipeline selber betrifft, wissen alle, was los ist. Wir haben uns verpflichtet sicherzustellen, dass der Gastransit in Europa über die Ukraine, über Belarus und Polen mit Nord Stream 1 insgesamt funktioniert, entsprechend der Vereinbarung, die wir haben. Dafür werden wir auch Sorge tragen.
Wir wollen sicherstellen, dass wir eine friedliche Entwicklung in Europa zustande bekommen, dass es nicht zu einer militärischen Konfrontation in der Ukraine kommt. Wenn es doch so ist, dann wird es weitreichende Konsequenzen haben. Darüber sind sich auch alle klar. Wir jedenfalls wissen, was dann zu tun ist. Mein Eindruck ist, dass das auch alle anderen ganz genau wissen. Sie verstehen, was los ist, und sie verstehen auch die politischen Realitäten, in denen wir uns dann bewegen. Deswegen geht es ja jetzt darum, dass wir alles dafür tun, exakt diese Situation zu vermeiden, indem wir auf eine friedliche Entwicklung setzen und uns als wahre politische Führer erweisen, die den Beitrag dazu leisten, dass nicht nur jeder mit dem Finger auf den anderen zeigt, sondern jeder seinen Beitrag dazu leistet, dass der Friede bewahrt werden kann. Das ist die Aufgabe, die wir haben.
Frage: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler. Zuerst an Sie eine Frage: Sie haben eben schon gesagt, dass Sie in Ihrem Gespräch mit Präsident Putin schwierige Themen in den deutsch-russischen Beziehungen angesprochen haben. Sie haben Memorial genannt; Sie haben die Deutsche Welle genannt.
Es gibt ja noch andere Themen, zum Beispiel den Fall Nawalny. Da hat heute ein Prozess begonnen. Es gibt die medizinischen Zwangstests für Ausländer. Es gibt die russischen Cyberattacken auf Deutschland. Haben Sie auch das angesprochen? Auf welche Resonanz sind Sie da bei Präsident Putin gestoßen, und wie würden Sie den Zustand der deutsch-russischen Beziehungen insgesamt beschreiben?
An Sie, Herr Präsident Putin, noch eine Nachfrage zu den ersten Schritten des Truppenabzugs heute: Wie wird das in den nächsten Tagen und Wochen weitergehen? Werden weitere Truppen abgezogen? Können Sie einen Angriff auf die Ukraine heute ausschließen?
Und eine Frage zum Nato-Beitritt der Ukraine: Bundeskanzler Scholz und auch andere Staats- und Regierungschefs der Nato sind ja nicht bereit, eine Garantie dafür abzugeben, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird. Können Sie sich vielleicht ein Moratorium vorstellen? Denn es wird ja jetzt von Nato-Seite gesagt, dass ein solcher Beitritt in den nächsten Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten, unrealistisch ist.
BK Scholz: Wir haben viele Themen angesprochen. Ich habe über einige berichtet.
Was Herrn Nawalny betrifft, ist meine Haltung sehr klar. Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen ist seine Verurteilung nicht vereinbar. Diese Position habe ich schon bei vielen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht.
P Putin: Wie wollen wir denn weiter planmäßig vorgehen und woraus setzt sich dieser Plan zusammen? Er wird sich nach den Realitäten vor Ort richten.
Wer kann denn genau sagen, wie sich die Lage vor Ort gestalten wird? Niemand. Das hängt nicht nur von uns ab. Aber wir wollen und werden es anstreben, dass wir Vereinbarungen mit unseren Partnern über die Fragen treffen, die wir in den Raum gesetzt haben, damit diese Fragen diplomatisch gelöst werden können.
Was sind das für Fragen? In Bezug auf die russische Sicherheit geht es dabei um die Nichtausdehnung der Nato, um den Rückzug der militärischen Infrastruktur der Allianz auf Stand von 1997 und die Nichtaufstellung von Angriffswaffen in der Nähe unserer Grenzen. Ich glaube, alles liegt hier auf der Hand und ist verständlich.
Wir sind bereit, auch über weitere Fragen und Aspekte zu sprechen, die in der Antwort enthalten sind, die wir erhalten haben. Aber in erster Linie geht es dabei um die Schwerpunkte, die für uns von größter Priorität sind.
Was war der zweite Teil Ihrer Frage? Ich habe hier etwas gekritzelt.
Zusatz: Es ging um den Truppenabzug von der ukrainischen Grenze und um die Nato-Erweiterung.
P Putin: Was den Truppenabzug anbelangt, so habe ich mich dazu geäußert. Ich glaube, ich habe diesen Teil Ihrer Frage beantwortet.
Stichwort Nato-Ausdehnung. Sie haben einen wunderbaren Satz gesagt: Die Ukraine soll in den nächsten Jahren nicht in die Nato aufgenommen werden. Was heißt denn, die Ukraine soll nicht aufgenommen werden? Wir müssen ja verstehen, was es heißt, wenn man etwas in den zwischenstaatlichen Beziehungen sagt. Schon seit 30 Jahren heißt es, die Nato würde sich um keinen Inch weiter gegen russische Grenzen erweitern. Momentan erleben wir die Nato-Infrastruktur direkt an unserer Haustür. Mehr noch: Es wird darüber diskutiert, dass die Ukraine der Nato beitreten soll. Es soll nicht morgen kommen, wie Sie gesagt haben. Wann soll das dann kommen? Übermorgen? Was würde das für uns – historisch gesehen – ändern? Das ändert nichts für uns.
Wir bekommen zu hören, dass die Ukraine nicht reif für eine Nato-Mitgliedschaft sei. Wir kennen diese These. Gleich heißt es, dass die Ukraine morgen nicht aufgenommen werde. Wann wird sie denn aufgenommen? Es heißt, wenn sie darauf vorbereitet ist, und dann kann es schon zu spät für uns sein. Deshalb wollen wir diese Frage jetzt lösen, direkt in der nächsten Zeit im Rahmen eines Gesprächsprozesses, in dem friedliche Mittel verwendet werden. Davon wollen wir ausgehen. Wir hoffen sehr, dass unsere Sorgen von unseren Partnern gehört und ernst genommen werden.
Frage: Guten Tag, meine erste Frage geht an Herrn Putin. Gestern haben Sie im Gespräch mit Sergej Lawrow die Antwort in Bezug auf die Sicherheitsgarantien abgestimmt. Sie sind darin übereingekommen, dass es eine Zukunft für die Gespräche gibt. Heißt es, dass es langjährige Gespräche bereits gegeben hat und Washington und der Westen diese wichtigsten Forderungen ablehnen? Habe ich Sie richtig verstanden?
Meine nächste Frage geht an den Bundeskanzler. Ich spreche für RT. Meine Frage bezieht sich auf das Verbot von RT in Deutschland. Kann eine Bewegung in dieser Frage möglich sein? Ist eine konstruktive Lösung in dieser Frage möglich? Vielleicht sollte man eine gemeinsame Arbeitsgruppe einrichten, damit wir in Deutschland und die Deutsche Welle in Russland weiter senden können.
P Putin: Hier wurde die Frage nach der Deutschen Welle an unseren Gast gestellt. Herr Bundeskanzler und ich haben uns heute über die Deutsche Welle in Russland und RT in der Bundesrepublik ausgetauscht. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, um die Situation nicht zu verkomplizieren. Aber wir sind darin übereingekommen, dass wir uns Gedanken darüber machen werden, wie diese Probleme einer Lösung zugeführt werden können. Das wäre mein erster Punkt.
Der zweite Punkt: Sie fragten nach langjährigen Gesprächen, die zu nichts führen können. Mit dem Außenminister und meinen Kollegen aus dem Verteidigungsministerium, aus dem Sicherheitsrat denken wir immer wieder darüber nach. Natürlich haben wir die Sorge und die Befürchtung, dass der Gesprächsprozess zu den für uns wichtigsten Sicherheitsfragen von unseren Partnern unbegründet verschleppt werden kann und dass im Rahmen dieses Gesprächsprozesses Entscheidungen getroffen werden, die unsere Lage in einer gravierenden Weise verkomplizieren werden, so wie das in den vergangenen Jahren geschehen ist. Das ist eine Frage, die in unserem Fokus steht. Das ist etwas, was wir verstehen. Das ist etwas, was wir natürlich mit unseren Partnern besprechen wollen, und das ist etwas, was wir nicht zulassen werden.
BK Scholz: Zunächst einmal die Frage nach RT, die Sie gestellt haben: Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren. Darin können Anträge gestellt werden – auch solche, die bisher nicht gestellt wurden. Sie werden dann ordnungsgemäß von den zuständigen Behörden bearbeitet. Das geschieht nach Gesetzen, die bereits existieren und auf die sich jeder gleichmäßig berufen kann. Darauf können sich alle verlassen. Aber es gibt immer ein rechtsstaatliches Verfahren, und dafür müssen jeweils die Voraussetzungen stimmen.
Ich will noch etwas zu der Situation der Gespräche sagen: Die Positionen sind unterschiedlich. Das ist klar geworden. Darum haben wir uns so lange unterhalten. Das ist auch richtig. Aber es ist immerhin so, dass mittlerweile gesprochen wird. Ich finde es richtig, dass die Nato und die Europäische Union auf die Briefe Russlands geantwortet haben. Es ist ein gutes Zeichen, dass Russland mit der Antwort zwar nicht einverstanden ist, aber sagt: Darin sind ein paar gute Dinge.
Umgekehrt ist es so, dass mit den Vorstellungen, die Russland formuliert hat, die Nato, die EU und auch wir nicht einverstanden sind. Aber wir finden, darin sind ein paar Punkte, über die es lohnt miteinander zu reden.
Wir alle müssen vermeiden, dass es zu einer gefährlichen Situation in Europa kommt. Deshalb ist es jetzt notwendig – jeder weiß, das sind schon ganz viele kleine Ansätze für Gespräche -, diese auch real über all die Fragen zu führen, die wichtig sind. Das fängt an bei der Frage der Lösung der Problematik der Ukraine mit den Minsker Vereinbarungen und dem Prozess, der dazu vereinbart ist. Daran müssen sich alle präzise halten und mit innerem Willen auf einen Erfolg miteinander sprechen.
Das gilt auch für die unterschiedlichen Positionen zur Frage der Nato-Osterweiterung. Da ist ja die etwas eigenwillige Situation, dass sie gar nicht ansteht. Sie steht nicht auf der Tagesordnung. Jeder weiß es ganz genau. Das ist kein Thema, das uns wahrscheinlich wieder in unseren Ämtern begegnen wird, solange wir sie ausüben. Ich weiß jetzt nicht, wie lange der Präsident vorhat, im Amt zu sein. Ich habe jedenfalls das Gefühl, das könnte länger dauern, aber nicht ewig. Insofern werden wir deshalb jetzt doch die Aufgabe haben, aus diesem Punkt etwas zu machen. Es geht darum, dass man miteinander zu einer politischen Verständigung kommen kann, ohne dass irgendjemand dabei seine Grundsätze und Prinzipien aufgeben muss. Das ist politische Führung, und das ist Verantwortung, die wir gegenüber unseren Ländern, die wir regieren, und dem internationalen Frieden und der Zusammenarbeit in Europa haben.
Darum geht es dann auch, wenn wir insgesamt über die Fragen von Transparenz und Rüstungskontrolle sprechen, die für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wichtig sind. Der Wunsch ist von allen formuliert. Die Nato hat das positiv beantwortet – wenn auch anders als gewünscht, aber immerhin. Da ist ein Ausgangspunkt, und wir sollten die Ausgangspunkte nutzen, um unserer Verantwortung gerecht zu werden.
Vielleicht sehen und hören wir heute erste Anzeichen der Entspannung, hier ein Truppenabzug, dort eine weitere bilaterale Verhandlung.
Entscheidend wird vielleicht die Tischlänge sein, die ebenfalls heute die Distanz zwischen Scholz und Putin aufzeigt, und damit ein Zeichen setzt, über die Aussichten einer erfolgreichen Gesprächsrunde.
Lawrow hatte ja erst gestern Putin auf die Notwendigkeit weiterer Gespräche hingewiesen, musste dabei aber noch viel mehr Abstand halten zum russischen Präsidenten, als Macron vor ein paar Tagen.
Oder aber morgen kommt es zu einem fingierten Angriff auf die Krim oder Donetsk und Russland hat dann seinen Einmarschgrund.
Ich würde mir wünschen wenn man wirklich eine Lösung findet. Die gestern verdeutlichten Signale dass die Nato-Mitgliedschaft erst mal auf längere Zeit nicht weiter forciert wird war jedenfalls eine ausgestreckte Hand nach Russland. Die heutigen Signale klingen da relativ positiv.
Interessanter ist was daraus folgt. Um erheblichen Aufwuchs konventioneller Konfliktfähigkeiten und schneller Beweglichkeit werden wir nicht mehr herumkommen. Und wir müssen die Energiewende weiter forcieren.
könnte natürlich auch sein, dass sich die russischen Kolonnen mit einem kurzen Umweg Richtung Dniepr in ihre Garnisonen zurückziehen.
Würde mich bei der russischen Dialektik nicht wundern
Hatten wir bereits die Analyse der SWP hier?
https://www.swp-berlin.org/publikation/ukraine-im-nato-russland-spannungsfeld
Und den Videoschnipsel von Putin von letzter Woche bzgl „Kein NATO-Beitritt für die Ukraine, keine Rückführung der Krim, sonst knallt’s“ ?
https://twitter.com/sahouraxo/status/1491563974839705602
Entschieden ist hier noch gar nichts…
Ob die möglichen Truppen nach Osten oder doch nach Westen (Ukraine) verlegen, steht noch in den Sternen.
Unglaublich aber wieder einmal wie schnell unsere Standardmedien ungeprüft Aussagen der russischen Seite als Faktum und Wahrheit wiedergeben und definieren.
Desinformationspolitik beherrschen der NSB und Kreml in Perfektion.
Ein russisches „Ablenkmanöver“ a la wir deeskalieren (senden unsere Einheiten zurück in ihre Stammkasernen), ein plötzliches unerwartetes (gestelltes) Ereignis in oder an der Ukraine (z.B. Einmarsch der Ukraine in den Donbass, oder Massaker an Russen im Donbass,…) und Putin hätte nach innen eine 1-A Legitimation zum Angriff der Ukraine (Aggression vom Westen trotz Abrüsten von uns, sprich eine hinterhältiger Überfall).
Die nächsten 72 Stunden werden es zeigen.
Für die Spezialisten hier… wie sieht es eigentlich im asiatischen Raum aus? Sowohl russische als auch chinesische Truppen-Bewegungen (viele, keine oder Standard-Bewegungen).
Danke und entschuldigen Sie bitte die Frage nach China Herr Wiegold,
Sachlichkeit statt Kriegshysterie. Bilder und mediale Techniken scheinen noch immer außer Kontrolle.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) läßt sich nicht beirren und folgt der hier im Blog wohl nicht mehr sehr geschätzten SPD Analyse (Tradition) dass Grundlage der Entspannungspolitik während des „kalten Krieges“ anlässlich des Ost-West-Konflikts, die Erkenntnis war, dass in Zeiten atomarer Bewaffnung nicht nur die eigene Sicherheit, sondern auch die des Gegenübers bedacht werden muss. „Gemeinsame Sicherheit“ hieß das Konzept. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Einsatz der angehäuften militärischen Mittel hätte im Ernstfall die Zerstörung Europas zur Folge.
Der Ukraine-Konflikt steht nun im Zentrum des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Putin an diesem Dienstag in Moskau. Am Montag hatte Scholz bereits den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen. Ruhe und Sachlichkeit auf beiden Seiten.
Je weiter man sich von der Ukraine entfernt, desto schriller klingen unverändert die Kriegswarnungen. Von London und von Washington aus wird die Gefahr eines russischen Angriffs höher eingeschätzt als etwa in Berlin, Paris oder Rom, aber erstaunlicherweise auch in Kiew selbst, wo sich der ukrainische Präsident Selenskyj bereits mehr als einmal über die forsche Kriegsrhetorik von US Medien und das aus seiner Sicht überstürzte Handeln einiger US Politiker geärgert hat.
Neueste Entwicklung (hier schon angerissen):
Einige der seit Monaten an der ukrainischen Grenze stationierten russischen Soldaten sind nun nach russischen Angaben zurück in ihre Heimatgarnisonen beordert worden. Einheiten aus den Militärbezirken im Süden und Westen Russlands hätten ihre „Aufgaben erfüllt“ und würden sich noch im Laufe des Tages auf den Weg zurück in ihre Militärbasen machen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nach Angaben von bisher meist russischen Nachrichtenagenturen am Dienstag. Um wie viele Soldaten es sich handelt, ist zunächst noch unklar.
[Ich empfehle übrigens immer wieder gerne, auch die oben eingestellten Texte zu lesen. Die Formulierung „sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nach Angaben von bisher meist russischen Nachrichtenagenturen“, wo auch immer die herkommt, zeigt, dass das leider nicht der Fall ist. Oben steht nämlich der Original-Text (in Übersetzung) der Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums, samt Link. T.W.]
„Die Vorführung des Deutschen Heeres für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht vergangene Woche in Munster als Beleg für die Kriegsvorbereitungen der NATO“
Die Frage bleibt, wurde das Heer dabei vorgeführt oder hat es etwas vorgeführt. In jedem Fall diente wohl weder das eine noch das andere der Abschreckung. Immerhin reicht es aber als Propaganda Clip, also war der Aufwand nicht nicht vergebens!
Naja, vielleicht macht ein findiger Filmer ja Aufnahmen von Den Rückmärschen wo taktische Zeichen erkennbar sind. Kann ja gut sein dass nur mangelhaftes Material in die Wartung geht.
Eine wirkliche Entspannung wäre es, wenn die Mitte der Panzerkeile, also schwere KpfPz ala T-90 verladen würden.
Und bei der Masse an Material würde eine gewichtige Rückverlegung im Sinne Entspannung sofort auffallen.
Ich verstehe das aus US-Quellen stammende Datum „16.02.” als Zeitlinie. Von da ab, so die Einschätzung, hat RUS alle notwendigen Kräfte konzentriert, sind die organisatorischen und logistischen Voraussetzungen gegeben um „aus der Bewegung“ ggf. angreifen zu können. Das schliesst See-/ LuSk ausdrücklich mit ein.
D. h. also, dass morgen die mil. Bedrohung -nicht- beendet sein wird, sollte es am 16.02. zu keinem mil. Überfall kommen.
Es war die mediale Aufregung, die sich dieses Datum als mutmasslichen D-Day verpasst hat.-)
Gleichwohl: Da alle russ. Truppenbewegungen als Übungen deklariert sind, können diese natürlich einfach beendet werden – ohne Putin‘schen Gesichtsverlust. Die Frage wird sein, „wann“. RUS wird versuchen es von den diplomatischen Bemühungen des Westens trennen zu wollen.
Die hybriden Bedrohungshebel sind davon unberührt, weil „Volkswille“.
Die russ. PR zielt in ihrer Binnendarstellung ja weiterhin auf die Darstellung „notleidender Russen“ in der UKR ab. Insofern wird ein Spannungszustand weiter aufrecht erhalten.
Entscheidend ist, was Putin zum Thema Sicherheit der Gasversorgung sagt.
Wir bekommen 55 Prozent unseres Erdgases aus Russland und die Vorräte halten nicht mehr den ganzen Winter, wenn man Experten glauben kann.
Alternative Lieferländer, die Russland komplett ersetzen können, gibt es nicht.
Vielleicht kann das der eine oder andere Kommentator in seinen Aussagen berücksichtigen, wenn die harte Kante gegenüber Russland gefordert wird… ;-)
Sollte Putin diese Lieferungen in Frage stellen, wird die deutsche Freundlichkeit in der Diplomatie ziemlich schnell vorbei sein,
LOL … das ist ja DIE Propaganda Lüge schlechthin…
das man „die Vorführung des Deutschen Heeres für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht vergangene Woche in Munster“ als Kriegsvorbereitung der NATO tituliert… *Lach*
da wurden die einzigen 4 einsatzbereiten Panzer der Bundeswehr vorgeführt… und das soll bedrohlich für Russland sein?
aber ja… vllt beruhigt sich die Lage ja… und wir lassen uns im nächsten Winter dann wieder auf ein neues erpressen… dann gehts vllt schon ums Baltikum…
man muss in EU und NATO und in Deutschland seine Hausaufgaben machen… und sich aus der Erpressungsschlinge Putins lösen… das bedeutet:
1) mehr konventionelle Abschreckung in Europa, die kurzzeitig einsatzbereit und verlegbar ist. Hier sehe ich vor allem Deutschland in der Verantwortung.
2) mehr Unabhängigkeit von russischen Gasimporten. Ausbau der Alternativen Energien und Suche nach anderen Gaslieferanten.
3) wirtschaftliche und demokratische Stärkung der Ukraine. Ziel sollte ein „neutraler“ Status a la Finnland sein. Man sollte sowohl mit EU/NATO, als auch mit Russland gut auskommen… und als eine Art Puffer agieren.
@ obibiber
Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie reden, wenn Sie von Erpressung sprechen.
Weder die EU, noch die NATO ist in diesem konkreten Fall befugt, die Ukraine zu unterstützen, oder zu verteidigen. Die Ukraine liegt außerhalb des jeweiligen Territoriums.
Das hört sich hart an, aber es ist Fakt.
Wenn überhaupt könnte so ein Einsatz unter UN-Mandat stattfinden, was natürlich aufgrund der Beteiligung Russlands nicht geht…
Und ihre genannte Verlegbarkeit ginge auch nur auf NATO-Gebiet.
Nachdem die Niederländer die Erdgasproduktion im eigenen Land zur Mitte 2022 nahezu vollständig abgekündigt haben und auch den Erdgasverbrauch binnen einiger Jahre (angepeilt wird 2026) komplett umstellen wollen/werden, dürfte klar sein, dass das neben dortigen innenpolitischen Schwierigkeiten aufgrund Bergschäden infolge Absenkungen des Bodens über dem Groninger Gasfeld auch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen hier maßgeblich beendet werden soll. Denn auch die Niederlande importieren dann Gas – womöglich aus Russland.
Durch diese Entscheidungen fällt natürlich auch der Export nach Deutschland weg – was wiederum die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas erhöht. Zumal Gaskraftwerke hier ja als die Brücke weg von Atom und Kohle gelten.
Was Alternativen zum russischen Gas angeht: Aserbaidschanisches Gas dürfte auch nicht sehr viel attraktiver sein. Zumal dort Erdoğan seine Fingerchen tief im Pudding hat.
Kurzfristig dürfte im Kriegsfall nicht mit großzügigen Lieferungen aus Russland zu rechnen sein, es sei denn über North Stream II. Wenn überhaupt werden einige der ersten Kampfhandlungen die Unterbrechung der Pipelines durch die Ukraine zur Folge haben, nehme ich an.
Dann sollte der Winter lieber nicht mehr allzu lange dauern.
Stelle fest: Lageänderung – oder doch nicht?
Wie vom Hausherrn angemerkt wurden nur die Truppenteile aus den westlichen Militärbezirken zurück beordert. Bzw. es wurde gesagt das sie zurück beordert wurden. Damit bewegen sich viele davon vielleicht weg von der Grenze, aber wohl kaum aus dem Operationsgebiet.
Dazu kommt das wir nicht wissen welche Truppenteile da genau auf ihre Basen zurück gehen.
Die Teile aus dem fernen Osten und anderen Bereichen Russlands sind nach wie vor da. Ebenso sind in den letzten Tagen weitere Verbände in der Region angekommen.
Zudem bleiben die Berichte wonach einzelne russische Verbände deutlich näher an die Grenze gerückt sind und eine Gefechtsgliederung eingenommen haben.
Die Situation hat sich also nicht substantiell geändert.
Realisitsch betrachtet kann das ebenso ein Zeichen für Entspannung sein, oder etwas für das die Russen sogar eine eigene Doktrin entwickelt haben und die wir unter Maskirovka kennen.
Ich glaube wir, bzw. unsere politischen Entscheidungsträger täten gut daran nicht davon auszugehen das die Krise beseitigt ist oder sie sich jetzt von alleine löst.
Russlands Forderungen bestehen nach wie vor, die russische Armee ist nach wie vor mit großen Kräften an der ukrainischen Grenzen präsent und hat alles versammelt was sie für einen Angriff benötigt.
Meiner persönlichen Einschätzung nach ist ein russischer Angriff noch genau so wahrscheinlich wie er es gestern war.
@ T.W, [Ich empfehle übrigens immer wieder gerne, auch die oben eingestellten Texte zu lesen. Die Formulierung „sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nach Angaben von bisher meist russischen Nachrichtenagenturen“, wo auch immer die herkommt, zeigt, dass das leider nicht der Fall ist. Oben steht nämlich der Original-Text (in Übersetzung) der Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums, samt Link. T.W.]
Danke für diesen Hinwies! Lese ihre eingestellte Texte. Habe darauf verwiesen „angerissen“. Erkenne keine wirkliche Ablage. Aber verstanden.
Grundsätzliche Gesamtaussage meines Beitrages wird dadurch nicht verwässert:
Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich mit dem russischen Präsidenten Putin – ein guter Schritt diplomatischer Bemühungen, um die Situation zu entschärfen. US-Beamt*innen+ Medien hatten davor gewarnt, dass eine russische Invasion unmittelbar bevorstehen könnte. Russalnd hatte dies wiederholt bestritten.
Wir werden sehen.
Ich ergänze, es ist durch mehrere Kommentatoren ja bereits erwähnt:
Der Zustand an unserer Armee nimmt mittlerweile bedenkliche Züge an. Ja, die Bundeswehr ist in keinem guten Zustand. Daran sind viele Faktoren schuld. Führung muss sich nun an den Realitäten orientieren. Vielleicht ist es, man wagt es angesichts des hier so beliebten Politiker*innen-Bashings (zu wenig Geld) kaum anzusprechen, gar nicht so schlecht, wenn die Verteidigungsministerin nun Zeit und Gelegenheit bekommt, das zu erreichen, was 16 Jahre angekündigt und dann doch nie umgesetzt wurde. Entschuldigungen waren immer rasch bei der Hand. Bei Material und Finanzen wurden aufgrund des veränderten sicherheitspolitischen Umfelds zwar „Trendwenden“ eingeleitet worden. Damit diese die gewünschte Wirkung entfalten könnten, bedürfe es jedoch „Nachhaltigkeit und Zeit“. Dies sei nichts, was ohne immer mehr Geld geändert werden könne. Fehlerkultur BMVg und – oder der Bundeswehr waren eher selten.
Zustand der Bundeswehr und Ursachen, hier OT, schon klar.
Als Instrument der Politik ist die Bundeswehr gerade nur bedingt geeignet. Diplomatische Bemühungen sind für mich auch aus diesem Grund ein guter, ja gerade der bessere Weg. Schade, dass hier einige Bloger*innen nicht akzeptieren können, dass Sicherheit gerade jetzt besser mit Diplomatie und Dialog gewährleistet werden kann.
Na also, wer sagts denn!
Kaum verlegen wir 6 Haubitzen, empfiehlt Lawrow weitere Verhandlungen, der Rückzug beginnt.
@Obibiber : Na, seitdem der Leo 2A7V ausgeliefert wird, haben wir immerhin knapp 50 funktionierende KPz.
In Anbetracht der aktuellen ukrainischen Truppenstärke von 215.000 Mann, dazu obendrauf noch Truppen des Innenministeriums, der Grenztruppen und weiterer bewaffneter staatlicher Formationen der Ukraine, kann man die russischen Manöver durchaus auch als Hinweis auf die Ukraine verstehen, möglichen Gedankenspielen in Bezug auf eine gewaltsame Lösung des Donbassproblems besser nicht weiter nachzugehen.
@Der Realist sagt: 15.02.2022 um 13:27 Uhr
„Weder die EU, noch die NATO ist in diesem konkreten Fall befugt, die Ukraine zu unterstützen, oder zu verteidigen. Die Ukraine liegt außerhalb des jeweiligen Territoriums.“
Das ist doch nicht korrekt.
1. Weder EU noch NATO haben Territorien, sondern Mitgliedsstaaten, die über ein solches verfügen.
2. Würde eine Einladung der Ukraine völkerrechtlich völlig ausreichen, um dort Truppen zu stationieren, wenn
man das wollte.
Das nur mal zu Ihrer ersten Anmerkung. Mal abgesehen davon, dass das nicht gefordert wurde.
Vielleicht bin ich zu einfältig, aber irgendwie greifen mir die ganzen Analysen in der Presse etc. immer zu kurz. Was ist denn eigentlich „Bedrohung der äußeren Sicherheit“ für Russland ganz konkret? Angst dass die NATO via Ukraine einmarschiert?
Vielleicht kann jemand mal ein konkretes Beispiel skizzieren, was genau dem Russen da eigentlich weh tut. Ganz im Ernst, meine Fantasie trägt da leider nicht sehr weit.
Was ich sofort einsehe ist die russische Befürchtung, dass langfristig doch die Krim verlustig geht, und dieses mit der Ukraine als NATO-Mitglied nicht mehr zu verhindern ist. DAS ist ein ganz konkretes Problem für den Seezugang der Russen, zivil und militärisch. Ist auch einzusehen, dass man sich da nicht auf irgendwelche Verträge verlassen will. Das kann ein so hoher potentieller Preis sein, dass man lieber jetzt blutet als später VERblutet. In sofern sehe ich auch solche Analysen wie von der SWP – der Preis ist zu hoch – kritisch.
Ich kann dieses Bild, Russland oder Putin würden aus sentimentalen oder ideelle Gründen einen Krieg erwägen einfach nicht ganz ernst nehmen, dafür ist das Handeln ingesamt zu kalkuliert. Der ist ja kein Trumpel…
@achtmalklug, 15.02.2022 um 14:52 Uhr
Hier ist ein sehr lesenswerter Artikel, der mögliche Beweggründe von Putin (nicht Russland!) aufzählt: https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2022/02/putin-ukraine-democracy/621465/
Eben auf der PK: (Gedächtnis)
DW: Herr President Putin können sie einen Krieg in Europa ausschließen?
Putin: Herr Bundeskanzler hat es schön gesagt – für seine Generation – und ich gehöre auch zu dieser – ist Krieg in Europa undenkbar. Aber wir hatten schon Krieg in Europa in dieser Zeit – als die NATO Belgrad bombadiert hat. Ohne UN Resolution.
Scholz: Ich möchte nochmal klarstellen, dass es sich in Jugoslawien etwas anders dargestellt hat. Damals war die Gefahr eines Völkermordes gegeben. Heute sehen wir und sind froh über die friedliche Entwicklung in der Region.
Putin: Das was wir heute im Donbass sehen grenzt aus unserer Sicht an einen Völkermord.
////
Eben schnell aus dem Gedächntnis. Und da ist sie die Begründung für Putin – der braucht gar keine Attacke oder Gleiwitz Szenario. Völkermord an Ethno-Russen im Donbass reicht ihm. Irre und der Kanzler sah hier sehr sehr sehr schlecht aus. Diesen Punkt nicht zu widersprechen könnte gesichtsträchtig sein. Die Erpressung von Putin mit der Energie und dem „Geldbeutel der deutschen Familien“ ist ein wahnsinniger Affront…
[Hinweis: Wenn ein Transkript dieser Pressekonferenz vorliegt (dürfte wohl noch etwas dauern), liefere ich es oben nach. T.W.]
@ Pio-Fritz
Das ist zwar fingerpointing, ändert aber an der rechtlichen Sachlage nichts.
Die NATO und EU haben kein Mandat, solange nicht einer der Mitgliedstaaten angegriffen wird.
Die Ukraine kann Einzelstaaten bitten, Truppen bei sich zu stationieren, aber nicht die NATO oder EU.
Na also, scheint sich doch ein Weg für eine fortgesetzte Diplomatie aufzutun, man will im Gespräch bleiben, die absolute Verhärtung scheint aufgeweicht.
Da muss man jetzt dran bleiben, um jeden kleinen Fortschritt kämpfen, um die Krise zu überwinden, auch wenn das Weltbild von Putin für konstantes Erstaunen sorgt.
Es zeigt sich aber auch, dass ein einzelnes Wort viel mächtiger sein kann, als ein paar Panzerhaubitzen auf Tiefladern.
@Michael S.
‚Ich würde mir wünschen wenn man wirklich eine Lösung findet. Die gestern verdeutlichten Signale dass die Nato-Mitgliedschaft erst mal auf längere Zeit nicht weiter forciert wird war jedenfalls eine ausgestreckte Hand nach Russland.‘
Ich bin da vorsichtig. Repräsentieren die gestrigen Signale (alle mündlich) einen wirklichen Erkenntnisprozess westlicher Sicherheitspolitik (die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist in der Tat eine rote Linie, und ein unwägbares Risiko für die europäische Sicherheit) oder ist es nur das – vorübergehende – realpolitische Einknicken vor den militärischen Realitäten. Ich wollte hoffen, die Signale ‚dass eine NATO-Mitgliedschaft erst mal auf längere Zeit nicht forciert wird‘ ist nicht nur der Plan, FÜR JETZT Ruhe zu geben und stattdessen die Ukraine strategisch hochzurüsten, damit man den Russen dann den NATO-Willen mit Gewalt aufzwingen kann – zu einem späteren Zeitpunkt. Welche der beiden Varianten?
Für alle, die nun angesichts der Zusagen zu einem Rückmarsch von Truppenteilen frohlocken: Laut dem WDR hatte Russland mit Stand gestern ca. 130.000 Mann an der Grenze zur UKR stehen. Selbst wenn nun einige Verbände wieder zurückbeordert werden, steht noch immer eine massive Anzahl von (mutmaßlich gefechtsbereiten) Truppen im Raum. Die Zusage ist also eher ein vorsichtiger Fingerzeig aus Moskau, als denn ein Einlenken oder gar ein Einknicken der Russen.
PS: Wer eine dog and pony show der Lehrbrigade als „Kriegsvorbereitung der NATO“ verkauft, muss echt verzweifelt sein. Wie dem auch sei, schmeichelhaft ist es trotzdem, denn die Realität dahinter ist umso bitterer…
[Sie erlauben mir ein leises Grinsen und die Frage, ob das „laut dem WDR“ nicht zufällig meine Schalte für WDR2 heute war? T.W.]
Glückwunsch Herr Bundeskanzler,
die Ukraine arbeitet wieder an Minsk II, Russland freut sich auf weitere Felder der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Invasion vom Tisch.Damit ist der Ball in der Ukraine. Zudem nannte Putin sein Minimalziel: Donbass, NS 2 und intensive Diplomatie mit der NATO. Hoffen wir im SInne einer stabilen Sicherheitsarchitektur nur, dass sein Zündeln am geostrategischen Hochofen nicht die öffentliche Meinung der Nordeuropäischen Staaten vollends in Richtung NATO-Mitgleidschaft gekippt hat
Ganzerlich, wer will Russlands Nachbar werden, eine Schritt vor?
@Rotstift sagt: 15.02.2022 um 16:19 Uhr
„und stattdessen die Ukraine strategisch hochzurüsten, damit man den Russen dann den NATO-Willen mit Gewalt aufzwingen kann – zu einem späteren Zeitpunkt.“
Niemand zwingt RUS irgendetwas auf! Erst Recht keinen „NATO-Willen“, wenn überhaupt geht es darum den Willen der UKR (mit Waffengewalt) gegen RUS Aggression zu schützen.
Bitte hier nicht Täter und Opfer vertauschen!
@Andreas R
Ich glaube der SWP-Beitrag wurde in einem der letzten Fäden schon verlinkt. Aber trotzdem vielen Dank fürs Posten. Ich habe mir das mal in Ruhe durchgelesen. Das ist schon lohnende Lektüre, sehr detailiert und sachkundig. Vor allem fiel mir mal wieder auf, wie destruktiv die Außenpolitik der Neocons unter George W. Bush war. Das war wirklich eine Katastrophe für die ganze Welt, da war für jeden was dabei. Interessanterweise geht der Autor zwar auf die unterschiedlichen US-Präsidenten ein, aber auf russischer Seite ist es immer „Moskau“. Da wäre es interessant gewesen, verschiedene „Schaffensperioden“ von Putin oder auch die Präsidentschaft von Medwedew zu differenzieren. Auch die innenpolitische Dimension ist unberücksichtigt, was für so ein Außen- und Sicherheitspolitik-Papier auch irgendwie typisch ist. Dennoch. Es zeigt Wege auf. Die lesen sich seltsam altmodisch mit ihrem Glauben an Regelsysteme und Vertrauensbildung. Ich hoffe, dass wir noch in einer Welt leben, in der das möglich ist. Voraussetzung ist, dass Putin tatsächlich all seine Drohgebärden wirklich als „Gesprächsangebote“ meint und nicht die Lösung seiner Probleme im Konflikt sieht, was auch möglich ist angesichts des aktuellen Zeitfensters (teure Energie, schwacher Westen, starkes China). Das Papier zeigt aber auch, dass die Sicherheitsinteressen der Europäer im Kreml schlicht nicht existieren.
@Der Realist sagt 15.02.2022 um 15:47 Uhr
„@ Pio-Fritz
Das ist zwar fingerpointing, ändert aber an der rechtlichen Sachlage nichts. …
Die Ukraine kann Einzelstaaten bitten, Truppen bei sich zu stationieren, aber nicht die NATO oder EU.“
Anscheinend ist dieses fingerpointing bei Ihnen notwendig. Wie kommt es zu einem NATO-Einsatz in AFG (OEF), oder zu EUTM Mali, wenn Sie recht haben sollten? Das ginge dann ja nicht. Warum soll ich als Staat nicht das Bündnis um Hilfe bitten können? Macht keinen Sinn.
@ T.W.
Leider nein, es waren gestern „nur“ die Nachrichten auf WDR 5 – und nun ärgere ich mich, die Schalte heute verpasst zu haben! :-(
@achtmalklug
Was die russische Führung befürchtet, ist in dem von @Andres R. verlinkten Beitrag von Richter (SWP) anschaulich dargelegt worden. Ich zitiere:
„Moskau eine künftige Bedrohung durch neue US-Mittelstreckenwaffen in Europa. Sie könnten strategische Ziele im europäischen Russland erreichen, sollten Washington und die Nato-Partner sich zur Stationierung entschließen.
Die Nato-Erweiterung hat weitere Stationierungsräume in Mittel- und Osteuropa ge- schaffen.“
Und als vertraglichen Hintergrund der vereinbarten Sicherheitsordnung in Europa muss man dieses hier wissen:
„Im Bündnis blockierten die USA die Ratifizierung des AKSE, nachdem George W. Bush 2001 sein Amt als Präsident angetreten hatte. Er wollte den Abzug verbliebener russischer Stationierungstruppen aus Georgien und der Republik Moldau erreichen, um den Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens vorzubereiten. …
Auch als Russland 2002 zunächst alle KSE-relevanten Waffensysteme aus Transnistrien und 2007 alle Stationierungstruppen aus Georgien abgezogen hatte, änderte sich die amerikanische Haltung zum AKSE nicht. …
Obwohl der AKSE wegen der Blockade durch die USA nicht in Kraft getreten war, traten der Nato ab 2004 Staaten bei, die dem KSE-Vertragsregime nicht angehören. So entstanden an Russlands Grenzen, nämlich in den baltischen Staaten, potentielle Stationierungsräume der Allianz, die keinen rechtsgültigen Rüstungskontrollregeln unterliegen.
Ferner verhinderten die USA, dass die Zusage, keine zusätzlichen »substantiellen Kampftruppen« dauerhaft zu stationieren, gemeinsam mit Russland definiert wurde. Dies wäre aber schon deshalb wichtig, weil Russland gleichlautende Verpflichtungen für die Grenzräume zu den baltischen Staaten, Polen und Finnland eingegangen ist.
Stattdessen schufen die USA 2007 eine ständige Militärpräsenz am Schwarzen Meer, ohne dies vorher im Bündnis oder im Nato-Russland-Rat zu erörtern. Ihre »rotierenden« Kampftruppen in Rumänien und Bulgarien bezeichneten die USA als »nicht substantiell«. Beide Staaten gehören aber zum »Flankengebiet der östlichen Gruppe« der KSE-Ver- tragsstaaten, für die besondere Begrenzungen und Konsultationspflichten gelten.“
Exzellente Sicherheitsstrategie vs Strategische Ratlosigkeit?
Olaf Scholz Bundeskanzler:
“Für uns Deutsche, aber auch für alle Europäer ist klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland erreicht werden kann.“
Heutige Pressekonferenz Scholz und Putin in Moskau.
Harald Kujat, ehem. Generalinspekteur der BW:
“Fähigkeit zum Krieg ohne Absicht ist keine Bedrohung“
Datum: heute /F***s – Link aus bekannten Gründen nicht.
@Ökonom
Die Wiedererrichtung eines amerikanischen Artilleriekommandos für Europa (und Afrika, wobei man die Fähigkeiten dort wohl eher nicht braucht – 56th Artillery Command in Mainz) ist auch nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme ggü. RUS.
Was ich interessant finde – aber nur auf Twitter nachzulesen ist, ist das die Marine einen Seefernaufklärer und zwei Boote nach Finnland geschickt hat. Überhaupt habe ich zur Zeit den Eindruck das man über die Twitterkanäle der Bw mehr erfährt als über andere Medien. https://twitter.com/deutschemarine/status/1493208741952450564?t=dRmMNnGULASM-dt7ORx-jw&s=19
https://twitter.com/deutschemarine/status/1493237338301943808?t=ettqyu3DDIxrEFWG8eDDpQ&s=19
@Tw Wenn Twitterlinks nicht okay sind bitte löschen
@ Ökonom sagt: 15.02.2022 um 19:08 Uhr
+1!
Danke für die prägnante Zusammenfassung. Genau deshalb ist eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine aus russischer Sicht ein sicherheitspolitisches No-Go. Dazu die vorgenannte mögliche strategische Bedrohung durch Mittelstreckenraketen in einem NATO-Land Ukraine. Wer es nicht weiß oder schon wieder vergessen hat: Auslöser der Kuba-Krise waren nicht die sowjetischen Raketen auf Kuba. Auslöser der Kuba-Krise war die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in der Türkei, die die mittelasiatischen Zentren der damaligen Sowjetunion strategisch bedrohten. Die Stationierung auf Kuba kam erst hinterher als Reaktion darauf zustande.
All denen, die jetzt mit dem „Wir sind die Guten“ kommen, und die NATO an der russischen Grenze würde doch Rußland niemals nicht bedrohen, sondern nur Europa verteidigen: In den 30 Jahren seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben USA und NATO-Staaten in vielen Staaten Regierungen gestürzt, per verdeckter Aktion oder durch Truppeneinmarsch. Die USA führt außerdem aktuell in +/- 75 Ländern Kampfhandlungen durch. Dagegen könnte man Rußland mit all seinen Aktivitäten fast friedliebend nennen. Fast.
@Voodoo
„Für alle, die nun angesichts der Zusagen zu einem Rückmarsch von Truppenteilen frohlocken:…“
Was Sie da formulieren, ist ein sehr ernstes Problem. Denn eigentlich beschreibt das eine ideologische Lagerbildung aufgrund eines – nennen wir es Informationsdefizits – infolgedessen Glauben an die Stelle von Wissen&Ratio tritt.
Es wäre hilfreich, gäbe es irgendeine sicherheitspolitische Anlaufstelle, die sich dem strukturell entziehen kann und auch im medialen Raum in der Lage ist, sich Gehör zu verschaffen.
Ich finde das SWP-Papier auch gut. Finde insbesondere die relativ detaillierte Aufstellung des westlichen Sündenregisters sehr sachdienlich: Begonnen bei der Aufkündigung des ABM 2002 durch die USA. Damit fing ja alles an. Warum eigentlich damals? Was bezweckte Bush? Was hatte er vor? Ein Jahr nach der Putin-Rede im Bundestag? Die Freiheit Georgiens retten? Die war damals noch gar nicht Thema, und die stellt man auch nicht mit deterrence by denial her.
Wer HEUTE die zerrütteten Beziehungen beklagt, und insbesondere den russischen Zynismus (den man ja leider konstatieren muss), der heuchelt. Der Westen hat Russland damals die Musik vorgespielt, die der Westen jetzt zu hören kriegt.
@all
Zur Dokumentation oben das Transkript der kompletten Pressekonferenz von Putin und Scholz.
Ein Punkt, der schon vorher auffiel, ist nach der offiziellen Übersetzung noch etwas schärfer:
Nach unserer Einschätzung ist es so, dass das, was im Donbass geschieht, heute Völkermord ist, sagte Putin, ausdrücklich als Analogie zum Eingreifen der NATO im Kosovo. Das kann durchaus als Vorbereitung auf die Rechtfertigung eines Angriffs auf die Ukraine verstanden werden.
@Ökonom
[Kommentar wieder gelöscht, hatte übersehen, dass es Zitate waren. Hätte da in Details paar Fragen, zum Beispiel nach der polnisch-russischen Grenze, aber stelle das mal zurück.]
@T.Wiegold
@Ökonom denkt an POL / Kaliningrad?
Wobei dort eine substantielle Verstärkung von zusätzlichen Kampftruppen nicht erkennbar ist.
Die eFP darf kaum mit „substantiell“ beschrieben werden.
[Das würde dann aber, der genannten Logik zufolge, auch bedeuten, dass Russland sich verpflichtet hätte, in Kaliningrad keine „substanziellen Kampftruppen“ zu stationieren; davon kann allerdings kaum die Rede sein. T.W.]
„ Wenn überhaupt könnte so ein Einsatz unter UN-Mandat stattfinden, was natürlich aufgrund der Beteiligung Russlands nicht geht…“
Es kann auch das General Assembly abstimmen ohne SC, wenn SC nicht tätig wird.
Wie ich bereits gestern in meinem Kommentar angemerkt habe, wird es keinen Krieg zwischen Russland und der Ukraine geben. Es handelt sich hierbei um Säbelrasseln der Russischen Föderation. Fakt ist, es wird jetzt ein Deal hinter den Kulissen gemacht, der Russland halbwegs gesichtswahrend aus der Situation entlässt.
Schaut man auf die Fakten im gesamten Kriegssetting an der NATO-OST-Flanke, darf diesbezüglich festgehalten werden:
Russland braucht den Westen um sein Gas loszuwerden (Absatzmärkte), und gleichzeitig das Gas, um seine Kriege in Syrien etc. zu finanzieren. Egal, welche hypothetischen Szenarien hier durchgespielt werden. Es wird keinen Krieg geben. Die Lösung muss im folgenden Spannungsfeld gefunden werden:
Der Westen ( allen voran Europa) braucht Russland wegen des Erdgases und in den Internationalen Beziehungen als Partner. des Weiteren ist auf ein Groß an Verflechtungen am Kapitalmarkt zu verweisen. Russland braucht den Westen als Absatzmarkt. Wenn Russland einen Krieg anfängt, den es nicht gewinnen kann, ist Russland bankrott. Russland ist de de facto in einer einer militär-strategischen Krise. Russland träumt, im Sinne von ehemaligen Großmachtfantasien, davon im Idealfall eine Sowjetunion 2.0 aufzubauen. Gleichzeitig manövriert sich Russland durch solche Aktionen immer mehr ins Abseits, da es durch seine prekäre finanzielle Lage niemals seine Großmacht-Ambitionen implementieren kann. Gefährlich wird Russland erst, wenn es sich wirtschaftlich vom Westen unabhängig macht und seine jetzige wirtschaftliche Stärke verhundertfacht hat. Dies wird in den nächsten 100 Jahren nicht geschehen. Folglich ist ein Krieg in Europa nicht nur im Rahmen der RMA unwahrscheinlich, sondern schlicht und einfach zu teuer für Russland.
Zudem darf noch darüber nachgedacht werden, was passiert, wenn Russland – rein hypothetisch siegreich gegen die ukrainischen Streitkräfte wäre. Danach muss das Land besetzt werden! Im Zeitalter von Guerilla Warfare bedeutet dies ein Fiasko für Russland. Die Erfahrungen von Vietnam, Afghanistan und Irak, sollten für Russland ein mahnendes Beispiel sein, wie sehr man sich in vermeintlich leicht zu gewinnenden Kriegen ruinieren kann.
Bezüglich der Rolle des CIA: Sie USA haben Ihr Ziel – Verhinderung eines Krieges – durch Information Warfare erreicht und damit den Russen die Chance gegeben halbwegs gesichtswahrend aus der Sache herauszukommen. Eigentlich soll es morgen los gehen mit dem Krieg (Angriff auf die Ukraine). Dadurch, durch diesen strategischen Schachzug – im Kontext einer klassischen Desinformation-Campaign – , hat der CIA es geschafft, Russland positiv zu manipulieren. Soll heißen, dass Russland jetzt sagen kann, dass der CIA falsch gelegen hat mit seiner vermeintlich verleumderischen Aussage zur russischen Aggression. In der Quintessenz hat der CIA, was er wollte. Keinen russischen Angriff und die Russen kommen noch als „die Guten“ weg, die dem CIA eins ausgewischt haben. Im Endeffekt, ist das US-amerikanische Kalkül aufgegangen. Dies wäre sodann ein Ansatzpunkt, damit Russland gesichtswahrend aus der Sache heraus kommt und zukünftig 5 Mal überlegt, bevor es 130000 Soldaten auflaufen lässt.
was ich persönlich erschreckender als die russischen Verbände finde, ist die, auch hier bei AG zu erkennende, Fähigkeit der russischen Agitprop Bruch- und Verwerfungslinien in westlichen Gesellschaften auszunutzen um Paralyse und ein Gefühl der Hilflosigkeit zu erzeugen.
das hier jetzt reihenweise Kommentare erscheinen die allen Ernstes der Nato die Schuld in die Schuhe schieben wollen das Russland einen Staat nach dem anderen (Georgien/Ukraine/Moldawien/Belarus……who’s next?) mit militärischer Drohung filettiert und sämtliche Grundprinzipien der europäischen Ordnung mit Füßen tritt ist schon tragigkomisch.
Putin vertritt PUTINS Interessen und die nicht! identisch mit denen Russlands sind. Im Prinzip ist Russland doch von Putin und seiner Mischpoke okkupiert die die Interessen des russischen Volkes viel mehr bedrohen als es die Nato jemals könnte bzw will.
Die xte weinerliche Selbstbezichtigung „der Westen sei an allem Übel und der armen geschundenen russischen Seele “ schuld und deswegen habe Russland ja wohl das recht mal eben im „nahen ausland“ neoimperiale psychotherapie zu betreiben ist einfach nur unkreatives reproduzieren des russischen Narrativs.
Das derart Viele, gerade in Deutschland ,dem auf den Leim gehen ist mE eher tiefenpsychologisch denn logisch zu erklären.
@ Pio-Fritz
In Afghanistan war es der NATO Bündnisfall , ausgelöst durch den 11.September.
„Enduring Freedom“
In Mali war es ein Ausbildungseinsatz zur Stärkung der Armee gegen islamistische Kräfte.
Das hat doch beides nichts mit einem möglichen Einsatz der NATO oder EU in der Ukraine zu tun.
Guten Abend,
da hier wohl einige Fachleute unterwegs zu sein scheinen, eine Frage: Die NATO hat heute bekannt gegeben:
„Ukraine requests international assistance for large-scale emergencies of various nature“, und weiter:
„The State Emergency Service of Ukraine is preparing for large-scale emergencies of various nature that can affect its civilian population. In accordance with the procedures at reference, the EADRCC has received on 15 February 2022, a request for international assistance by Ukraine.“
Die Liste der erbetenen Hilfsgüter ist vorsichtig ausgedrückt, enorm. Geht die Ukraine nun doch davon aus, voraussichtlich (morgen) angegriffen zu werden, ist der Krieg bereits ausgebrochen, aber noch nicht bis zu uns durchgedrungen, oder welche Krise herrscht dort gerade sonst noch? Kann/mag das jemand einordnen?
Eine Anmerkung noch: Etwas untergegangen bzw. (mal wieder, leider) unterrepräsentiert in unserer Presselandschaft ist die klare Ansage von Scholz (auch sehr betont in der späteren zweiten alleinigen Pressekonferenz) hinsichtich der Umsetzung von Minsk II, explizit mit der Steinmeierformel für den Ablauf. Also das biisherige Haupt-Killer-Argument der Ukraine, zu dem sich maßgebliche Politiker vorher geäußert hatten, dass dies die Ukraine zerreißen würde usw., woran die Umsetzung schon bisher gescheitert ist. Das finde ich bemerkenswert, es wäre ein echter Fortschritt zur Lösung dieser Misere., Ich bin gespannt, wenn auch sehr skeptisch hinsichtlich der Umsetzung, Einge erwähnten ja bereits die „Ultranationalisten“.
Freundliche Grüße,
Stefan
@stiller Mitflieger
Ein Mandat der OECD ginge auch, das war bereits einmal angedacht bzw. wurde auch durchgeführt. Es stellt sich natürlich die Frage der „Robustheit“, denn dort wird tatsächlich scharf geschossen und deutlich mehr als z.B. in Mali und auch mit anderen Wirkmitteln.
@Ungedienter
Das Seefernaufklärerbild der Marine in Finnland ist traurig.
(Kopie aus Nachbarfaden).
https://augengeradeaus.net/2022/02/vorgezogene-verstaerkung-bundeswehr-schickt-zusaetzliche-truppen-nach-litauen-neufassung-mehr-einzelheiten/#comment-375416
@T.W.
Kaliningrad dürfte die meist hochgerüstete Zone der östlichen Hemisphäre sein.
@Commander Z
Gen a. D. Naumann hatte gestern die erkannten RUS Kräfte als unzureichend zum Schlagen der UKR Truppen – und – besetzen des Landes bezeichnet. Sichere Option für diese Kräfte sei allein besetzen des Donbas mit gleichzeitigem Schaffen/Halten eines Korridors zur Krim sowie nehmen der südukrainischen Süßwasserreservoire zur Beendigung der prekären Versorgungslage der Krim (bei Phoenix).
Wobei m.E. generell das Augenmerk Kampfkraft und vor allem der Gefechtswert der Ukrainer sträflich vernachlässigt wird, hinsichtlich klassischer Kampfmotivation.
Kurze historische Anleihe.
Im selben OpR verfügte die Wehrmacht 1941 – 43 mit der Heeresgruppe Süd (HGrpS) über wechselnd 3 Armeen und 1 Panzergruppe. Zur Einordnung, die Armee führte 2 – 4 Korps mit je meist 3 Div.
Nach OSINT Quellen bietet Putin 10 Div auf (knapp 1/3 der Kampfkraft HGrpS), etwas wenig, zumal zwischen Brest (BLR) und der Krim weitgehend linear verteilt.
Kräfte der 2. Staffel, operative Reserven, nähren des Angriffs aus der Tiefe, womit?
Russen kochen mit Wasser.
@Stefan
In Bezug auf meinen vorherigen Kommentar und Minsk II: eigentlich müßten sich die Garantiestaaten bereit erklären, eine peace keeping mission der VN – besser der OECD – auf die Beine zu stellen.
Die NATO und die Amerikaner sollten wir dabei außen vor lassen, die USA haben da auch keine Aktien drin, mischen sich aber natürlich gerne ein wenn sie RUS anpixxen können. Zudem: sie sind für RUS ein rotes Tuch.
Übrigens darf man auch die UKR darauf hinweisen, daß von ihr vertragskonformes Verhalten gefordert wird. Ich denke, hinter den Kulissen hat man das Selenskyi wissen lassen. Ob er sich durchsetzen kann ist natürlich eine andere Frage.
Die DW hat ein interessantes Interview mit Horst Teltschik zur Situation mit Moskau veröffentlicht. Die 30 Minuten lohnen sich. Das Video ist auf YouTube unter: „Kohl-Berater Teltschik: Es hat von Deutschland nie ein Versprechen über die Nato-Erweiterung gegeben“ zu finden. Er reflektiert darin auch die gescheiterten Bemühungen um eine erweiterte europäische Sicherheitsarchitektur.