Russland, die Ukraine und der Westen – Sammler 21. Dezember 2021
Im politischen Schlagabtausch zwischen Russland und dem Westen wird der Ton weiterhin schärfer – und es geht längst nicht mehr, oder nur am Rande, um die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin drohte erneut mit militärischen und technischen Maßnahmen als Antwort auf eine aus seiner Sicht eindeutig aggressive Linie des Westens – auf die Russland immer nur reagieren könne. Zur Dokumentation der Sammler am 21. Dezember:
Die wichtigsten Aussagen am (heutigen) Dienstag kamen von Putin bei einer Sitzung der erweiterten Führung des russischen Verteidigungsministeriums. Die wesentlichen Passagen der vom Kreml veröffentlichten Rede (maschinell übersetzt):
Die militärische und politische Lage in der Welt ist nach wie vor komplex; das Konfliktpotenzial hat sich in einer Reihe von Regionen erhöht, und es sind neue Spannungsherde entstanden. So sind wir zum Beispiel ernsthaft besorgt über den Aufbau der militärischen Verbände der USA und der NATO direkt an den Grenzen Russlands und die Durchführung von groß angelegten, auch ungeplanten Übungen.
Wir sind äußerst besorgt darüber, dass Elemente des globalen US-Raketenabwehrsystems in der Nähe Russlands stationiert werden. Die Mk 41-Werfer, die sich in Rumänien befinden und in Polen stationiert werden sollen, sind für den Einsatz von Tomahawk-Marschflugkörpern ausgelegt. Wenn diese Infrastruktur vorankommt, wenn US- und NATO-Raketensysteme in der Ukraine auftauchen, wird sich ihre Flugzeit nach Moskau auf sieben bis zehn Minuten verkürzen, und wenn Hyperschallwaffen eingesetzt werden, auf fünf Minuten. Dies ist eine ernste Herausforderung für uns – eine Herausforderung für unsere Sicherheit.
In diesem Zusammenhang habe ich, wie Sie wissen, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten vorgeschlagen, dass wir Verhandlungen über spezifische Abkommen aufnehmen. Im Laufe des Gesprächs schlug er sogar vor, dass wir Leute benennen sollten, die dafür zuständig sind. Wir reagierten auf seinen Vorschlag, indem wir unsere Entwürfe vorlegten, die eine weitere Osterweiterung der NATO und die Stationierung von offensiven Waffensystemen in unseren Nachbarländern ausschließen würden. Wie Sie wissen, wurden die entsprechenden Vertragsentwürfe unseren amerikanischen Kollegen und der NATO-Führung zugeleitet.
Wir brauchen langfristige, rechtsverbindliche Garantien. Nun, Sie und ich kennen sie sehr gut: Man kann sich nicht darauf verlassen, auch nicht auf rechtsverbindliche Garantien, denn die Vereinigten Staaten können sich leicht aus allen internationalen Abkommen zurückziehen, die sie aus dem einen oder anderen Grund nicht mehr interessieren.
Aber wenigstens das, wenigstens etwas, wenigstens rechtsverbindliche Vereinbarungen sollten vorhanden sein, nicht mündliche Zusicherungen. Der Preis solcher verbalen Zusicherungen, Worte und Versprechen ist uns wohlbekannt. Wir können auf die jüngste Geschichte zurückblicken, auf die Ereignisse der späten 1980er und frühen 1990er Jahre, als uns gesagt wurde, dass Ihre Sorgen über eine mögliche NATO-Osterweiterung unbegründet seien. Es folgten fünf Wellen der Osterweiterung der NATO. Und das geschah, erinnern Sie sich, wie? Alle Erwachsenen, die hier sitzen, sind erwachsen. Dies geschah zu einer Zeit, als die Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten sowie zwischen Russland und allen großen NATO-Ländern entspannt, ja geradezu verbündet waren. (…)
Warum war es notwendig, die NATO zu erweitern und aus den ABM-Verträgen auszusteigen?
Was jetzt geschieht, die Spannungen, die sich in Europa aufbauen, sind ihre Schuld. Bei jedem Schritt war Russland gezwungen, in irgendeiner Weise zu reagieren; bei jedem Schritt verschlechterte sich die Situation immer weiter, verschlechterte sich, verschlechterte sich – verschlechterte sich immer weiter. Und nun befinden wir uns heute in einer Situation, in der wir gezwungen sind, etwas zu entscheiden: Wir können nicht zulassen, dass sich die Situation so entwickelt, wie ich es gesagt habe. Ist das nicht jedem klar? Es sollte verständlich sein.
Manchmal fragt man sich: Warum haben sie das alles unter diesen Bedingungen getan? Das ist nicht klar. Ich denke, es liegt an der Euphorie über den Sieg im so genannten Kalten Krieg oder den so genannten Sieg im Kalten Krieg und an einer falschen, unzutreffenden Einschätzung der Situation zu diesem Zeitpunkt, an einer unklugen, fehlgeleiteten Analyse der möglichen Entwicklungen der Situation – daran. Es gibt einfach keine anderen Gründe.
Ich möchte noch einmal betonen: Wir fordern keine besonderen, exklusiven Bedingungen für uns. Russland steht für gleiche und unteilbare Sicherheit im gesamten eurasischen Raum.
Natürlich werden wir, wie ich bereits erwähnt habe, angemessene militärische und technische Maßnahmen ergreifen und auf unfreundliche Schritte mit einer harten Antwort reagieren, wenn unsere westlichen Kollegen ihre eindeutig aggressive Linie fortsetzen. Und ich möchte betonen, dass wir jedes Recht haben, dies zu tun, dass wir jedes Recht haben, zu handeln, um die Sicherheit und Souveränität Russlands zu gewährleisten.
Wir alle wissen sehr gut, dass sie unter verschiedenen Vorwänden, einschließlich derer, die ihre eigene Sicherheit gewährleisten sollen, Tausende von Kilometern entfernt von ihrem nationalen Territorium operieren, Tausende von Kilometern entfernt. Und wenn das Völkerrecht und die UN-Charta sie behindern, erklären sie alles für obsolet, für überflüssig, und wenn etwas ihren Interessen entspricht, berufen sie sich sofort auf die Normen des Völkerrechts, der UN-Charta, des humanitären Völkerrechts und so weiter. Diese Manipulationen sind ermüdend.
(Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator)
Auffällig an Putins Aussagen ist – neben der Bemühung, die russischen Handlungen nur als Reaktion darzustellen – das Ausklammern der europäischen Staaten: Offensichtlich, so klingt es in der Rede, geht es aus russischer Sicht ausschließlich um das Verhältnis Russlands zu den USA und die US-Aktivitäten, nie um die anderen NATO-Mitglieder. Dem setzen die USA die Zusicherung entgegen, dass es keine Gespräche über die europäische Sicherheit ohne die Europäer geben werde, wie die stellvertretende US-Außenministerin Karin Donfried in einem Briefing ebenfalls am Dienstag klar machte:
European solidarity is equally critical at this time as we stand together to show a united front across the Atlantic to any Russian aggression. We agree that diplomacy, especially through the Normandy format, is the only responsible way forward to resolve the conflict in Donbas by implementing the Minsk agreements.
While we pursue diplomacy, we must also pursue deterrence, and we’re working on a coordinated and comprehensive approach, including sanctions options, with our allies and EU partners. We’ve seen Russia’s proposals and comments on their security demands. The United States is prepared to engage diplomatically through multiple channels, including bilateral engagement, the NATO-Russia Council, and the OSCE. We have made clear that any dialogue must be based on reciprocity, address our concerns about Russia’s actions, and take place in full coordination with our European allies and partners.
Let me be clear: There will be no talks on European security without Europe. Any dialogue with Russia must address NATO’s and others’ concerns about Russia’s continued threatening behavior and be based on the core principles and foundational documents of European security.
We will not compromise the key principles on which European security is built, including that all countries have the right to decide their own foreign and security policy course free from outside interference. We believe talks will be more productive if they happen in an environment of de-escalation instead of escalation. As President Biden said last week to many of the world’s leaders when he opened the Summit for Democracy, preserving and strengthening the world’s democracies is, quote, “the defining challenge of our time.” We must all push back against the rise of authoritarianism and those who seek to undermine the international rules-based order that we have all worked so hard to build and to protect.
Ergänzung: Neben diesen geostrategischen Fragen geht es natürlich auch weiterhin um die Ukraine selbst und den russischen Truppenaufmarsch in Nähe der Grenze. Da ließ heute eine Aussage des russischen Verteidigungsministers Sergej Shoigu aufhorchen, über die die russische Agentur Ria Nowosti berichtete:
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu bereiten private US-Militärfirmen mit Sitz in der Region Donezk eine Provokation mit chemischen Waffen in der Ostukraine vor.
„Panzer mit nicht näher bezeichneten chemischen Komponenten wurden in die Städte Awdejewka und Krasny Liman geliefert, um dort Provokationen durchzuführen“, sagte er bei einer erweiterten Sitzung des Vorstands des Verteidigungsministeriums mit Präsident Wladimir Putin.
(Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator)
Nachgetragen: Da von einigen die – maschinelle – Übersetzung aus dem Russischen ins Deutsche bemängelt wird, hier die vom Kreml selbst veröffentliche englische Fassung:
20211221_Putin_Rede_Verteidigungsministerium
(Foto: Putin bei der Sitzung des Verteidigungsministeriums – Foto Kreml)
Sorry, Herr Wiegold, so war das natürlich nicht gemeint.
@Denethor 22.12.2021 um 12:41 Uhr:
Trump war ein Spaltpilz, den man lieber seine Wirkung entfalten liess, als mit durchgeknallten Forderungen „rally around the flag“-Effekte hervorzurufen. Biden meinte es wohl ernst mit „US back at the head of the table“, und hat mMn auch die Erfahrung und das Team dazu, wird von Putin wohl auch ernst genommen; allerdings ist die USA weiterhin innerlich geschwaecht, COVID kommt noch oben drauf, vermeintlich guter Zeitpunkt, um Claims abzustecken, oder die Entschlossenheit zu testen. Punkte gegen wuerdige Gegner machen ist immer was wert, Initiative ergreifen und halten auch.
@FIN & SWE im „Militaerbuendnis“ EU: Danke fuer den Hinweis, ich rufe gleich mal in Helsinki und Stockholm an und sage, dass doch alles dufte ist; und dass sie die Einladungen zur Nuklearen Planungsgruppe der EU nicht mehr als Witz, sondern ernstnehmen sollen. Aber im Ernst, der Gedanke ist natuerlich nur schluessig, solange wir tatsaechlich am Ausbau der strategischen Autonomie EU-Europas arbeiten. Sehe ich nicht, ich glaube auch nicht an eine Akzeptanz der de-facto miitaerischen Fuehrungsmacht in der EU, FRA, in vielen Mitgliedsstaaten, im Gegenteil; Vergemeinschaftung der GASP und Luftschloesser wie EU-Armee sind sowieso Luftschloesser.
@T. Wiegold. Mussten Sie den Text nachbereiten oder ist das Übersetzungsprogramm von russisch zu deutsch tatsächlich so gut? Beides sind ja keine einfachen Sprachen.
[DeepL ist inzwischen so gut. Nur bei manchen militärisch-technischen Fachbegriffen noch nicht. T.W.]
Eine sehr passende Analyse:
„It is dawning for Putin that he will go over in history as the Russian leader who lost Ukraine forever. And that realization is dangerous, (…) That’s why Russia is in a hurry, and it’s why there may come a war even though nobody really wants it.“
https://romeosquared.eu/2021/12/11/russia-has-a-now-or-never-dilemma-in-ukraine/
Genau das ist der Kern des Problems.
lange historische Linien prägen schwer nachvollziehbare Perzeptionen und führen zu irrationalen Entscheidungsgrundlagen.
Verstehen wir alldas überhaupt richtig?
(zu Wait&C, 22.12., 6:12) „Man sieht wieviel Sicherheit die NATO gibt, wäre die Ukraine rechtzeitig beigetreten wäre die Region ruhig geblieben.“
Das ist unrealistisches Wunschdenken – pur. Angenommen, Deutschland und Frankreich hätten sich um 2010 nicht gesperrt – nur angenommen, wie gesagt – dann wäre das „Krimsicherungsmanöver“ von 2014 halt schon früher abgelaufen.
Es gerät immer aus dem Blick – daran spulte sich das doch alles hoch. Gut, es gab einen „Mietvertrag“ oder sowas zwischen UA und RF für die russ. Schwarzmeerflotte.
Kann sich irgendwer vorstellen, die hätten eines Tages den Krimstützpunkt – wieder mal – mit eingezognem Schwanz geräumt, gesetzt sogar den Fall, in Kiew wäre ein ganz ziviler Machtwechsel eingetreten, nach einer Wahl, die eine eher nicht schaukelpolitikgeneigte, russlandfreundliche, sondern eindeutig prowestliche Regierung drangebracht hätte. Also die Entwicklung von 2013/14 in westlich-gesittet.
Das Szenario, dass der eigene, russische Krimstützpunkt in Gefahr geraten könnte, musste doch schon länger in Betracht gezogen worden sein. Spätestens nach der für Russland bereits einigermassen kitzligen Situation Ende 2004 („Orangene Revolution“)
Bei der bekannten russischen Einstellung zu Verträgen, Grundstücken, Besitzwechseln, Besitztiteln – auch und grade bereits im zivilen Bereich (für den Kenner droppe ich mal die begriffe „Raiders“ oder auch den Namen Franz Josef Sedelmayer) musste man sich doch auch auf westlicher Seite Gedanken machen, wie weiter, wenns mal eng wird.
Russland, das ist nicht mal in den bürgerlichen Rechtsbeziehungen ein Rechtsstaat, wie bekannt sein dürfte ! Rechtssicherheit existiert da nicht – übrigens auch zu Zeiten Jelzins nicht.
Aber klar, in einer „Wunschwelt“ wäre die Ukraine „einfach so“ der NATO beigetreten und ab dato „sicher“ gewesen.
Viele trauern seit 2014 den ukrainischen, einige jetzt sogar allgemein den „nichtrussischen postsowjetischen Kernwaffen“ nach. Und legen sich gar vier nuklear bewaffnete GUS Staaten zurecht, die es doch hätte geben können, wär es gerechter zugegangen:
https://www.deutschlandfunk.de/30-jahre-gus-100.html
Weiß nur nicht, ob man solcherlei Gedankenspiele noch in seriösen öffentlich-rechtlichen Medien präsentieren sollte. Das geht schon über in aggressive Geschichtsklitterung und Spintisieren.
Und was hier durchscheint, auch für russische Beobachter, ist wohl doch dieses:
Hat die Ukraine um 1994 möglicherweise versäumt, sich auch nuklear gegen Russland abzusichern (!), holen wir, der Westen, die NATO, das jetzt eben für sie nach.
Die Diskussion hier geht m.E. vorbei am Punkt: Putins Hauptproblem ist die Innenpolitik. Das Ende des Ostblocks und die Neustrukturierung des „postsowjetischen Raums“ ist jetzt 30 Jahre her, von denen Putin gut 20 persönlich zu verantworten hat. Vor 30 Jahren war der Wohlstand Russland fühlbar höher als in Polen und anderen Satelliten. Das hat sich gedreht: Aus den einstigen Herren sind die armen Verwandten geworden – was sich für die Betroffenen nicht wirklich gut anfühlt, am unteren Ende sogar buchstäblich: Die Verschlechterung der Lebensbedingungen hat mittlerweile sogar zum Rückgang der Lebenserwartung geführt. Sowas nennt man Verelendung – als Ergebnis von gut 20 Jahren putinscher Politik. Da werden Schuldige und Ablenkungen gebraucht, Verschwörungstheorien sind dann auch ganz nützlich für den Machterhalt.
Nice find @AoR.
Lt. Kaplan ist der Kern der Botschaft also salopp gesagt – „bis hierhin und nicht weiter“ plus Ukraine & Georgien dem möglichen Zugriff der NATO entziehen.
Im medialen Raum gehts dagegen um die Abschaffung der NATO!(-Errungenschaften seit ’97) … was ganz hilfreich ist (oder sogar intendiert :) ), denn von soweit oben stehen die Chancen besser, gesichtswahrend auf den Kaplan’schen Kern der Botschaft runterverhandeln zu können.
Ganz ordentlicher Aufwand um lediglich alte Forderungen der Russen neu so zu verpacken, dass sie auf westlicher Seite – also inbesondere für uncleSam – als verhandelbar angesehen werden können…
Grosses Theater. Ein Frank Underwood hätte das genauso bei den Russen in Auftrag gegeben.
Ich meine in Putins Einlassungen eine gute und eine schlechte Nachricht zu erkennen.
Zuerst die Gute. Putin sagt, sich auf zukünftige Verhandlungen beziehend: „We look forward to constructive and meaningful talks with a visible outcome – and within a definite timeframe – that would ensure equal security for all.“
Ich meine darin einen Hinweis (oder gar eine positive Antwort) auf den hier debattierten Aufruf “ Dokumentation: Ex-Diplomaten und -Generale rufen zu „Neuanfang im Verhältnis zu Russland“ auf“ unter https://augengeradeaus.net/2021/12/dokumentation-ex-diplomaten-und-generale-rufen-zu-neuanfang-im-verhaeltnis-zu-russland-auf/ zu erkennen, denn dort heist es “ Solange diese Konferenz tagt – und dafür wäre realistischerweise ein Zeitraum von mindestens zwei Jahren anzusetzen –,sollte auf jede militärische Eskalation auf beiden Seiten verzichtet werden.“ Darauf kann man aufbauen.
Die schlechte Nachricht ist die Perzeption Putins der Vergangenheit, welche befürchten lässt, dass er uns Europäer, unsere Wahrnehmung und Beweggründe überhaupt nicht versteht. Während seiner Ausführungen bezeichnet er uns Europäer sinngemäß „als Hunde, welche kläffend der völkerrechtswidrigen Politik der USA hinterherlaufen“. Eine Behauptung, welche vor dem Hintergrund des Jugoslawienkrieges aufgestellt wird.
Leider verkennt er so völlig die Motivation und Beweggründe der Europäer, und den Willen, eine regelbasierte Rechtsordnung in Europa zu ermöglichen. Hat Putin all die Gerichtstermine in Den Haag verpasst, wo die schrecklichen Verbrechen aufgearbeitet wurden, welche zur damaligen Militärkoalition geführt haben? Es war sicherlich nicht imperialistisches und antirussisches Gehabe, welches die Bundeswehr dorthin befohlen hat, sondern die Hoffnung, den Menschen dort auch ein würdevolles und sicheres Leben zu ermöglichen; ein Leben ohne Völkermord.
Wir brauchen dringend jemand, der Herrn Putin Europa und die EU erklärt. Wäre Joschka „I am not convinced“ Fischer überzeugend? Hunde muss man nicht überzeugen, uns schon! Zum Beispiel davon, dass uns in Europa nicht schon wieder eine humanitäre Katastrophe ins Haus steht.
Laut ntv text von heute (S.107) hat die deutsche Botschafterin in der Ukraine in einer Mail an die Bundesbürger, die in der Ukraine leben, geschrieben. Demnach wäre ein Angriff Russlands auf die Ukraine derzeit wenig wahrscheinlich.
[Das Original aus den Agenturmeldungen hier:
Deutliche Worte europäischer Politiker und eine frühzeitige Koordinierung hätten die richtigen Signale Richtung Moskau gesendet, schrieb Feldhusen in einer Mail an Bundesbürger, die in der Ukraine leben. „In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen. Insofern halte ich die Wahrscheinlichkeit eines breiten Angriffs Russlands weiter für niedrig.“
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91370258/konflikt-mit-russland-einigung-auf-waffenstillstand-in-der-ost-ukraine.html
T.W.]
@all
Wenn das komplette englsiche Transkript der heutigen Pressekonferenz Putins vorliegt (s. dazu http://en.kremlin.ru/events/president/news/67438) mache ich dazu einen neuen Thread auf.
“ Eine Nato-Osterweiterung dürfe es aber nicht geben…“
sagte Putin.
Ehrlicherweise hätte er noch anfügen müssen : “ …denn das stört bei der Russland-Westerweiterung“
Zivi a. D. 23.12. 11:08
„Vor 30 Jahren war der Wohlstand Russland fühlbar höher als in Polen und anderen Satelliten.“
Halte diese Behauptung für gewagt. Wenn nicht leicht abwegig. Haben Sie da Belege für, abgesehen davon, was heißt „Russland“. Damals schrieb sich das Ding Sowjetunion, da hatte es z. B. das Baltikum, den Kaukasus mit evtl. wirklich teilweise relativ besseren Lebensumständen.
Dann ist die riesige RSFSR selbst intern wieder differenziert zu sehn. Moskau, Leningrad, bessere Gegenden evtl. in Sibirien. Aber im Grunde war das Land doch, nicht zuletzt durch die riesigen Militäraufwand verursacht, im äußeren Erscheinungsbild schon vor 1991 deutlich auf dem absteigenden Ast. Was jeder westliche Besucher sehn konnte.
Und was „andere Satelliten“ angeht: warum galt dann bei Sowjetmilitärs die Stationierung in DDR oder CSSR als Privileg, sicher nicht wegen des schlechteren Lebensstandards dort. Oder auch Ungarn. Naja. Egal.
@Dirk Wege
Die Mail kommt einem Placebo für die deutsche Gemeinde gleich, andererseits ein verdeckter Hinweis in den Kreml zur Gesprächsbereitschaft.
Die Aussage „in den vergangenen Wochen keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze“ beinhaltet schon einen bemerkenswerten Humor, ist doch der Aufmarsch von +/- 100.000 seit Wochen zwischen der Grenze und dem Don lange abgeschlossen. OSINT Quellen benennen weitere 100.000 bis zur Wolga.
Damit stehen Kräfte für erste und zweite operative Staffel in den „Startlöchern“.
Dass Frau Baerbock, resp. das Kanzleramt hier die Feder führte, ist allen Adressaten deutlich.
@ KPK Mit dem Placebo und allem weiteren haben Sie sicherlich recht. Ich wollte nur die Info weitergeben.
21.12.2021 Stoltenberg:
„Wir sehen, dass sie nach und nach immer mehr Streitkräfte – Artillerie, Kampftruppen, Kampfpanzer – in die Nähe der ukrainischen Grenze bringen“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag…in Brüssel.“
23.12.2021 Feldhusen:
„In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen…“
Kann sich jeder was aussuchen.
[Links zu deutschen Verlagswebseiten kann sich hier allerdings, wie bekannt, keiner aussuchen, sorry – Link gelöscht. T.W.]
„In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen.“
Ist wahrscheinlich sogar eine ehrliche Aussage, da wir (DEU) wohl über keine eigenen ISR Plattformen verfügen, die in der Lage wären einen solchen Aufmarsch aufzuklären.
„Insofern halte ich die Wahrscheinlichkeit eines breiten Angriffs Russlands weiter für niedrig.“
Wahrscheinlich hat man die freigewordenen Analysten vom AFG Referat des AA ins UKR Referat versetzt….genau die, die einen schnellen Vormarsch der Taliban fuer ausgeschlossen hielten.
Aber mal ehrlich, wenn die DEU Community fluchtartig das Land verlassen würde, wäre möglicherweise ein kleiner Stein der eine Lawine ins Rollen bringt. Und Evakuierung können wir ja nun..(nicht alleine, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein).
@Zivi
@Werner ehrenreich
Wahrscheinlich meint @Zivi nicht den Vergleich 1988 zu 2021 sondern 1990er zu 2021.
Aber selbst 2000 zu 2021 hält den Vergleich nicht stand.
Ich empfehle mal dringend ein paar Dokus (vom ÖRR) über Russland zu schauen (Youtube oder Mediatheken) und am Ende steht dann oft von wann diese Dokus sind (Copyright mit Jahresangabe).
Gleichzeitig gibt es auch OSINT Quellen für den gemeinen Bürger.
Facebook, Webcams und Instagram (!)
Wenn man sich da mal die Mühe macht und einfach per Zufall ein paar Russen/Russinen folgt, dann sieht man das genaue Gegenteil von ihrer Einschätzung.
Und ich meine damit nicht die Reichen und Schönen, sondern den Durchschnittsrussen.
Auch an den öffentlichen Zahlen kann man ihre Einschätzung nicht teilen.
Ich gehe noch mit, wenn jemand behauptet, dass der Wohlstand nach der Krimkrise und dem Ukrainekrieg nicht gewachsen ist, aber auf keinen Fall geschrumpft seit Putins Amtsantritt.
Rückgang der Lebenserwartung hat auch noch andere Gründe außer Wohlstand, aber unter Putin hat sich bspw. das Alkoholproblem spürbar verbessert (neue Gesetze), wenn auch immer noch auf einem schlimmen Niveau.
Ja und der Wohlstandsvergleich Satellitenstaaten – Russland ist irgendwie komplett falsch.
Wenn man wirklich vergleichbare Regionen (bspw. Städte-Städte) nimmt, dann waren fast immer die Satellitenstaaten vom Leben her besser. Siehe die Anmerkungen von @Werner
@Denethor et all: Die Angaben hat Sergej Guriew jüngst im Rahmen eines Online-Syposions des WIIW gemacht, über das bislang allerdings nur ein Agenturbericht vorliegt, noch keine Dokumentation der Beiträge. Das WIIW ist stark auf Osteuropa/postsowjetischen Raum spezialisert was für Guriew erst recht gilt, der bis 2013 an der Moskauer Wirtschaftshochschule war (in Russland als Ökonom hablilitiert, Promotion in angewandter Mathematik). Er wurde 2013 von Putins Schlägerbanden („Sicherheitsbehörden“) ins Ausland gezwungen und fungiuerte danach unter anderem als Chefvolkswirt der EBRD und und hat seine feste Stelle an der SciencesPo in Paris. Insofern sind die Quellen zweifelsohne seriös, jedenfalls seriöser als irgendwelche Youtube-Filmchen und anderes anekdotisches Material. Zudem liegen aus der regionalen Wirtschaftsstatistik auch die nötigen Datenreihen vor für Vergleiche mit Teileinheiten der ex-UdSSR.
@Zivi a.D.
Teileinheiten der ex-UdSSR, sind bitte was? Spätere/heutige GUS-Staaten?
Da wir uns in einem vorwiegend SiPo aber eben auch militärischen blog austauschen erlaube ich mir den Hinweis, „Teileinheit“ ist definiert. Kurz, die Führungsebene unterhalb der Kompanie (Kp)/Batterie (Bttr) auch Staffel (Stffl)/meist Luftwaffe, i.d.R. ist dies der Zug.
Hier eine Grafik des WIIW mit den fraglichen Reihen für das BIP per capita Für Russland, Polen und Ukraine (hier in Euro bzw zunächst ECU)
https://wiiw.ac.at/files/news/images/535-1873.jpg
Die Jahre 2011-14 (RU-BIPpc>PL-BIPpc) hatten einen extrem hohen Ölpreis (Brent fast durchgehend >100 Dollar/barrel). Die Grafik stammt zwar aus einem etwas anderen Kontext (Studie zu UA) bringt aber die von mir genannten Daten.
Putins Mafia-Staat hängt nach wie vor weitgehend von den Rohstoffmärkten ab. „Obervolta mit Atomraketen“ sagte Helmut Schmidt einst. Seitdem ist aus Obervolta Burkina Faso geworden, die UdSSR zerfallen und die ehemals eingefangenen und ausgebeuteten Nicht-Russen suchen nach Kräften das Weite. Wer wollte es ihnen auch verdenken angesichts dieses Rußland, in dem über 70% aller Unternehmen, die Staatsaufträge erhalten, den Beamten dafür Bestechungsgelder zahlen (so jüngst laut RBC von der Moskauer Wirtschaftshochschule ermittelt), in dem Transparency International zufolge die Korruption deutlich tiefer verwurzelt und verbreitet ist als etwa im Kosovo und wo selbst ein großer Teil der Staatsanwälte der Auffassung ist, dass die Eigentumsrechte der Bürger nur sehr ungenügend gegen die Übergriffe des (nb: käuflichen!) Staates geschützt sind, wie aus den Berichten von Boris Titov zu ersehen ist. Wen wundert es, dass das reale verfügbare Einkommen der Russen seit Jahren rückläufig ist? Wer ist denn bereit, unter der Knute dieses Gesocks vom Schlage Putin, Lawrow, Schoigu und deren Kumpanen zu leben, wenn auch nur die geringste Chance besteht, bei Nato und EU unterzukriechen?
Die hier so sehr diskutierten „Sicherheitsinteressen“ des Putinschen Russlands gleichen doch bei näherem Zusehen den Begründungen für den „antifaschistschen Schutzwall“ der 1961 errichtet wurde. Der Mafia-Capo Putin will halt seinen Turf, seine Hood absichern um kommod von der Ausbeutung der Leute zu können. Dieser ruhige Lifestyle wäre bedroht, wenn die Leute nicht mehr wollen. Das sind seine „Sicherheitsinteressen“.
@Zivi a.D:
Eigentumsrechte, der Begriff welcher die NATO Osterweiterung politisch begründet. Rechtssicherheit und über Jahrzehnte planbare Zahlungsströme aus Großinvestitionen lässt Industrien ansiedeln.
Vergessen wir nicht, die NATO ist zuallererst ein Defensiv- und Wertebündnis. Demokratische Regierungen haben die Eigenschaft, die Wünsche des Wählers ernst zu nehmen, und der Wunsch der Bürger Osteuropas nach dem Zusammenbruch der Sovietunion? PERSPEKTIVE! Den Balearussen und Ukrainern geht es da nicht anders.