DroneWatch: Rheinmetall übernimmt LUNA-Drohnen
Der Rüstungskonzern Rheinmetall übernimmt die Aktivitäten der bayerischen Firma EMT, die die LUNA-Aufklärungsdrohnen der Bundeswehr herstellte und derzeit am Nachfolgesystem HUSAR arbeitet. Die geplante Übernahme des insolventen Unternehmens durch die israelische Rüstungsfirma Rafael Advanced Defence Systems Ltd. ist damit offensichtlich gescheitert.
Die Übernahme kündigte Rheinmetall am (heutigen) Dienstag an:
Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern übernimmt im Zuge seiner Digitalisierungsstrategie die Aktivitäten des renommierten Drohnenherstellers EMT. Eine entsprechende Vereinbarung haben beide Seiten nun unterzeichnet. Die in Penzberg, Bayern, ansässige EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH engagiert sich auf dem Feld der Entwicklung, Produktion und Instandhaltung von unbewaffneten, taktischen Flugsystemen zur Aufklärung. Wichtigster EMT-Kunde ist die Bundeswehr, die derzeit das neuentwickelte Aufklärungssystem LUNA NG einführt. LUNA NG ist ein Schlüsselelement in der vernetzten Kommunikation und Aufklärung (C4ISTAR) und Kernstück der taktischen Datenübertragung.
Die Übernahme, die in Form eines Asset-Deals erfolgt, soll voraussichtlich zum Jahreswechsel 2021/22 wirksam werden und steht neben den üblichen Gremienzustimmungen auch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigung. Über den Kaufpreis haben die Vertragspartner Stillschweigen vereinbart.
Entscheidend ist der Hinweis auf die Übernahme der Aktivitäten und den Asset-Deal: Rheinmetall übernimmt keineswegs das Unternehmen selbst, das im vergangenen Jahr in ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung gegangen war. Zuletzt hatte EMT im Mai dieses Jahres mitgeteilt, dass eine Übernahme durch Rafael so gut wie abgeschlossen sei – offensichtlich fand das nicht statt oder hatte nicht den gewünschten Erfolg.
Für die Bundeswehr ist entscheidend, dass damit ihr Projekt HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite), das auf LUNA NG-Fluggeräten von EMT basiert, nun vorankommt. Das neue Aufklärungssystem soll sowohl die bisherigen LUNA-Drohnen als auch das Kleinfluggerät Zielortung (KZO) ablösen, die am Ende ihrer Nutzungsdauer angekommen sind.
Da passt es ja, dass genau die Rheinmetall-Tochter die LUNA übernimmt, die bislang schon für KZO zuständig ist:
Rheinmetall will die hochentwickelten Fähigkeiten und Kompetenzen der EMT vollumfänglich übernehmen. Der Konzern beabsichtigt, die vier Standorte des Drohnenspezialisten in Bayern und Schleswig-Holstein zu erhalten und sie mit dem vorhandenen Personal in die Konzernstruktur zu integrieren.
Dazu werden die Aktivitäten der EMT künftig bei der Tochtergesellschaft Rheinmetall Technical Publications, Bremen, angesiedelt sein. Als genehmigter luftfahrttechnischer Betrieb nimmt Rheinmetall Technical Publications bereits seit über zehn Jahren die Rolle als systembetreuende Firma für das Kleinfluggerät Zielortung (KZO) wahr und stellt dabei die Einsatzbereitschaft des Systems sowie die Erfüllung seiner spezifizierten Leistungen sicher.
Ironie am Rande: Schon im Jahr 2000 hatte ich darüber berichtet, dass im damaligen Beschaffungsamt der Bundeswehr kritische Stimmen davor warnten, auf die KZO zu setzen, weil doch LUNA ausreiche…
(Archivbild April 2013: Soldaten montieren die Aufklärungsdrohne LUNA am Observation Post OP North in Afghanistan – Andrea Bienert/Bundeswehr)
„Für die Bundeswehr ist entscheidend, dass damit ihr Projekt HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite), das auf LUNA NG-Fluggeräten von EMT basiert, nun vorankommt.“
Als ob es am Unternehmen lag, dass es nicht voranging.
Hach…
So eine Panzerhaubitze und ein Kampfpanzer…die sind sich ja schon irgendwie ähnlich…Grün, Ketten, Turm, dickes Rohr…dann beschaffen wir doch nur noch Haubitzen und setzten die für Artillerie UND für Panzerei ein…klingt komisch? Ist es auch.
Luna und KZO sind keine Substitute, sondern komplementäre Systeme. Es mag sein, dass sie aus falschem Verständnis und Mangelwirtschaft lange so eingesetzt wurden. Das liegt aber auch daran, dass die Artillerie mehr als die Hälfte ihres eigentlichen Auftrages noch nie in der Geschichte der Bundeswehr erfüllen musste. Das System Artillerie funktioniert, weil KZO die technischen und physikalischen Voraussetzungen für den Kampf mit Feuer erfüllt. Luna nicht. Luna NG auch nicht. Und wenn ein neues System die Anforderungen noch schlechter oder gerade mal so gut erfüllt wie das seit 20 Jahren veraltete System…was sagt das dann über das Neue aus?
Und überhaupt. Müssen immer alle so auf der kleinen KZO rumhacken? Nur weil sie kurze Arme und nen dicken Kopf hat? ;-)
Auch schön, die Aussage Scharpings am Schluß des Focus-Artikels:
„Unsere gemeinsame Verantwortung verlangt, das Geld der Steuerzahler so effektiv wie möglich einzusetzen.“
Aber am liebsten wüsste ich gerne noch viel mehr über die Hintrgründe, sowohl was Rafael betrifft, als auch die Verzögerungen bei HUSAR. (Nerdsmiley)
Ist das jetzt eher gut oder schlecht?
@DeltaHotel
Möchten Sie das ausführen? Wo liegt der relevante Unterschied zwischen zwei derart ähnlichen Systemen?
@Fege hier nur
Nur mal die technischen, aber daraus lässt sich schon einiges ableiten
KZO
Länge/Breite/Höhe: 2260 mm, 3420 mm, 955 mm
Motorleistung: 33 PS
Geschwindigkeit: max. 210 km/h
Dientsgipfelhöhe: >12.000 ft
Flugzeit: bis zu 3,5 Stunden
Reichweite: bis 140 km um Bodenkontrollstation
Gefechtsgewicht: ca. 168 kg
Start: Booster
Fallschirmlandung
Luna NG
Länge/Breite/Höhe: 3220 mm, 5340 mm, 720 mm
Motorleistung: 14 PS
Geschwindigkeit: max. 150 km/h
Dientsgipfelhöhe: >18.000 ft
Flugzeit: bis zu 12 Stunden
Reichweite: bis 100 km um Bodenkontrollstation
Gefechtsgewicht: ca. 110 kg
Start: Katapult, Landung: Netz- oder Fallschirmlandung
KZO ist auf ungeschützten Fahrzeugen aufgebaut. HUSAR wird mit geschützten Fahrzeugen auffahren und auch die Luna ersetzen.
@Fege hier nur: Hatte ich schon mal unter dem letzten Artikel zu dem Thema, aber ich wiederhole mich ungebremst und gerne. ;-)
Das Beispiel KPz und PzH hatte ich mit Bedacht gewählt-auf den ersten Blick sind die sich auch ziemlich ähnlich.
KZO ist ein Flugzeug. Luna ist ein Motorsegler. Da hilft auch keine Weiterentwicklung und kein Update.
Motorsegler sind super für kontinuierliche, entdeckungsarme Aufklärung. Perfekt für SigInt oder HAufkl. Leise, lange Stehzeit, kontinuierliche Abdeckung, große Aufklärungsbereiche.
Ein Artillerieaufklärungssystem muss aber schnell sein. Weil es nicht kontinuierlich aufklärt, sondern punktuell-nämlich dort, wo die vorgelagerten Aufklärungssysteme Ziele erkennen. Eine lange Stehzeit wird der Geschwindigkeit untergeordnet, höhere Entdeckbarkeit wegen des lauteren Motors ebenso.
Luna NG ist einfach zu langsam. Nur halb so schnell wie KZO. Das reicht nicht, um permanent im gesamten Gefechtsstreifen der Division hin- und herzuspringen. Hinzu kommt, dass das Segler-Konzept die Positionierung des Fluggerätes schwieriger macht. DGPS lässt vielleicht unter Laborbedingungen relative Koordinatengenauigkeiten von unter 10m zu, aber bestimmt nicht im Realbetrieb und erst recht nicht im gesamten Bereich der flugtechnisch möglichen Umweltbedingungen. Ob die Richtfunkverbindung der Luna genau genug ist, kann ich nicht einschätzen.
Eine absolute Positionsgenauigkeit muss aber genauso gut möglich sein, wie sie abstandsfähige Punktwaffen benötigen…
@ DeltaHotel
Die Artillerie war einmal alleiniger „Besitzer“ der Drohnen im Heer (und damit auch wesentlicher Träger der Lageaufklärung), dann kamen die langfingrigen Heeresaufklärer, sackten einen Teil der UAS ein und jetzt hat es den Anschein, als müsse sich die Artillerie nach dem richten, was die goldgelbe Zunft wünscht. Vielleicht liegt es auch daran, dass man ein System ohne Startbooster haben wollte, da Booster teuer sind.
Ist schon ein merkwürdiger Weg, von der CL 289 zum Motorsegler.
@Hans Dampf
Ich würde da weniger die Aufklärer in der Verantwortung sehen. Die HAufkl haben die Möglichkeiten und Vorteile der UAS erkannt, auch wenn natürlich eine Drohneur nie so sexy sein kann wie ein „echter“ Aufklärer ;-)
Aber es war die Artillerie, die ihre sämtlichen Aufklärungsmittel vernachlässigt hat. Erst waren nur Kaliberlängen interessant, dann möglichst viele Klebestellen für Patches. Der Systemgedanke-das Zusammenspiel der Teilfähigkeiten, die Wichtigkeit eines jeden Rädchens im Getriebe-ist verloren gegangen. Auch wenn es einfacher ist zu schimpfen, dass Dieser oder Jener zu dämlich war- am Ende diktiert der Haushalt die Fähigkeiten. Und echte Artillerie mit allen Fähigkeiten brauchte man eben nicht am Hindukusch.
Die Aufklärer haben Luna und NG nach ihren Bedürfnissen entwickelt und beschafft. Und haben einen guten Job gemacht. Die Artillerie hat sich zurückgehalten und andere machen lassen.
Ist aber auch unerheblich. Es geht nicht darum, ein System zu beschaffen, dass den Anforderungen der letzten 20 Jahre genügt, sondern der nächsten 20. Und auch nicht darum zu schimpfen, dass alles Mist war. Sondern darum, sich endlich mal auf den Allerwertesten zu setzen, sauber den Bedarf an den taktischen und strategischen Bedingungen auszurichten und sich erst DANACH mit dem Haushälter anzulegen. Nicht schon auf Sparflamme planen. Dann kann man eine saubere Wenn-Dann-Analyse abgeben und den Verantwortlichen informierte Entscheidungen abverlangen.
@DeltaHotel: Können sie den Punkt „Positionsgenauigkeit der Drohne“ näher erläutern? Sie soll sich also auf 10m genau sicher nicht in der Flugbahn der Geschosse befinden, oder worum geht es? Um die Koordinaten des Bildmaterials scheinbar nicht.
Zweite Frage: Welche anderen Streitkräfte verfügen über vergleichsweise schnelle Drohnen für ihre Artillerie? Und haben die Fortschritte in der Bildauflösung und Datenübertragung die geschilderten Einschränkungen vielleicht heute reduziert oder gar aufgehoben?
@Ottone
So viel Bühne, ich werd ganz rot :-)
Jeder Sensor bestimmt die Position eines Ziels zunächst einmal relativ zu sich selbst. Egal ob über Laufzeit und Winkel, etwa bei Radaren, oder über die Pixelposition im Bild in Verbindung mit der Orientierung des Sensors bei optischen Systemen. Diese Genauigkeit hat sich in den letzten Jahren zweifellos verbessert, allein schon durch die Verwendung von Bildsensoren mit hoher Auflösung. Eine Koordinate, die in der Zielmeldung weitergegeben werden kann, entsteht aber erst in Kombination mit der Position der Plattform. Natürlich kann man Einzelbilder im Nachhinein bearbeiten und die Ungenauigkeiten der Plattform bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, aber das halte ich in dem engen Zeitfenster von 5 Minuten von der Zielerkennung bis zur Wirkung aufgrund der extrem hohen Anforderungen an Vergleichsmaterial, Rechenleistung und Ausbildung der Bediener für nicht nahe-Echtzeit-fähig.
Die Fehler in allen Messungen, vom Bildsensor über die Lagesensoren bis hin zur Plattformposition ergeben in der Summe die maximal mögliche Genauigkeit.
Dazu kommen noch Fehler, die von den Sensoren nicht wahrgenommen werden können, wie zum Beispiel die Abdrift durch Wind. Da ist ein Segler nun mal anfälliger. Das verschlechtert nicht zwingend die Genauigkeit, weil die Position vor der Zielerfassung ohnehin kalibriert wird, aber verkompliziert die Mission wegen zusätzlicher Wegpunkte und senkt die effektiv verfügbare Aufklärungszeit weiter.
Die Aufklärungsfähigkeiten anderer Nationen zu vergleichen finde ich eher schwierig, weil man die Sensoren immer im taktischen Zusammenspiel des Gesamtsystems betrachten muss. Nach meinem eher begrenzten Wissen setzten vor allem die Russen auf schnelle Aufklärung, bei den USA wird die Aufgabe eher von Lfz ausgefüllt, die in einer anderen Gewichtsklasse spielen. Aber keiner davon hat so hohe Anforderungen an die Präzision. Zumindest nicht bei der Artillerie.
Die deutschen Drohnen sind auch optisch immer schon so oldschool, das man denen schon von weitem ansieht ,das die 10 Jahre hinter modernen Drohnensystemen hinterherhinken. Selbst die Türkei ist schon mindestens 5 Jahre voraus.
Von einer US Sentinel man ganz zu schweigen.