Israelische Firma steigt bei insolventem deutschen Drohnenhersteller ein
Hinweise gab es schon länger, jetzt ist es konkret: Die israelische Rüstungsfirma Rafael Advanced Defence Systems Ltd. steigt bei dem deutschen Drohnenhersteller EMT ein. Das bayerische Unternehmen, das die LUNA- und ALADIN-Aufklärungsdrohnen der Bundeswehr produzierte und ein Nachfolgesystem für LUNA liefern soll, hatte im vergangenen Jahr nach einem geplatzen Auftrag für Saudi-Arabien ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung begonnen.
Mit der Zustimung der Gläubiger zu einem Insolvenzplan und dem Einstieg von Rafael als Investor sei die Sanierung des Unternehmens fast abgeschlossen, teilte EMT am (heutigen) Dienstag mit. Aus der Pressemitteilung:
Die Gläubiger haben dem Insolvenzplan der EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH heute in einem Abstimmungs- und Erörterungstermin einstimmig zugestimmt. Die Versammlung fand in der Stadthalle von Weilheim in Oberbayern statt. Die Sanierung des Drohnenherstellers in Eigenverwaltung ist damit nahezu abgeschlossen und das Verfahren kann nach der gerichtlichen Bestätigung aufgehoben werden.
(…)
In den vergangenen Monaten führte EMT einen Investorenprozess durch. Bei dem strukturierten M&A-Prozess beteiligte sich eine Vielzahl von Interessenten. Letztlich setzte sich die Rafael Advanced Defence Systems Ltd. aus Haifa in Israel durch. Der Investor stellt die Finanzmittel zur Verfügung, mit denen die Gläubiger nun entsprechend des Plans quotal befriedigt werden. Die Bestätigung des Plans steht noch unter verschiedenen Bedingungen: Dazu zählen vor allem die Kartellfreigabe und die Investitionskontrolle.
EMT beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und will sein Personal auch nach der Reduzierung nicht verringern. Mit einer erfolgreichen Sanierung scheint eine Verwirklichung des Bundeswehr-Projekts HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite), das auf LUNA NG-Fluggeräten von EMT basiert, wieder realistisch. Das neue Aufklärungssystem soll sowohl die bisherigen LUNA-Drohnen als auch das Kleinfluggerät Zielortung (KZO) ablösen, die am Ende ihrer Nutzungsdauer angekommen sind.
(Archivbild 2013: LUNA-Aufklärungsdrohne in Afghanistan – Andrea Bienert/Bundeswehr)
Hoffentlich verhilft es der HUSAR schneller Einsatzbereit zu sein.
Das die Ausbildung an der KZO wieder aufgenommen wurde, war ja ein Zeichen in die andere Richtung.
„Hinweise gab es schon länger“:
[Deutsche Verlagswebseiten werden hier bekanntermaßen nicht verlinkt. Und warum nehmen Sie nicht gleich die Originalquelle?
Darüber hinaus hat die Firma Rafael Advanced Defense Systems Ltd. dem Bundesamt für Ausrüstung, Infor-mationstechnik und Nutzung der Bundeswehr schriftlich mitgeteilt, dass sie eine exklusive Vereinbarung zur Über-nahme der Firma EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH mit dem derzeitigen Generalbevoll-mächtigten im Insolvenzverfahren habe. Der Erwerb steht unter dem Vorbehalt der noch durchzuführenden Investitionsschutzprüfung.
https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19223.pdf
T.W.]
Ich hatte EMT-Produkte insbesondere in Relation zum deutlichen Erfahrungsvorsprung in Israel jetzt nicht unbedingt als marktführend angesehen. Ist das für Rafael eventuell eher ein günstiges Gelegenheitsgeschäft, um in Deutschland (und Europa) den Fuß in die Tür zu bekommen, um eigene Produkte zu vermarkten?
@Mattisk:
Bleibt zu hoffen, dass das auch mit der Erkenntnis zu tun hat, dass Luna, NG oder nicht, KZO nicht ersetzen kann.
Artillerieaufklärung und Aufklärung sind und bleiben unterschiedliche Paar Schuhe mit völlig unterschiedlichen Leistungsanforderungen.
Luna hat im Einsatz unschätzbare Dienste geleistet, aber es ist ein Kind der Einsatzorientierung. Auch für die NG gilt: Die Leistungsparameter sind gut für den Einsatz, aber nutzlos im symmetrischen Gefecht. Wenn Landesverteidigung wieder der Schwerpunkt sein soll, muss sich das auch in den Fähigkeiten der Artillerieaufklärung widerspiegeln. Und da hat EMT nichts im Portfolio.
@deltahotel Villeicht haben die Israelis aber Dinge im Bereich Artillerieauklärung wass dass in Lizenz nachgebaut werden kann….
@DeltaHotel sagt: 18.05.2021 um 22:52 Uhr
„Artillerieaufklärung und Aufklärung sind und bleiben unterschiedliche Paar Schuhe mit völlig unterschiedlichen Leistungsanforderungen.“
Könnten Sie Ihre Aussage für den interessierten Laien ein wenig spezifizieren?
Technologisch ist Rafael da eh 6-10 jahre voraus, es geht hier nur um den Fuss in der Tür für den EU Markt und offensichtlich ein Schnäppchen zu machen. Vielleicht kriegt EMT dann sowas wie Firefly.
@K.B. sagt: 19.05.2021 um 13:13 Uhr
„Normale“ Aufklärung (heißt das dann jetzt „Dimension Land-Aufklärungstruppe“?;-)) soll das Lagebild verdichten und die Entscheidungsfindung unterstützen. Damit ist sie eher großräumig orientiert. Ausdauer und Tarnung sind wichtiger als Geschwindigkeit. Ob das Ziel 100m weiter links oder rechts steht, ist für die Operationsführung in der Regel unerheblich. Dafür ist das Zielspektrum sehr groß und erfordert einen flexiblen Sensor. „Wer tut Was“ ist wichtiger als das genaue „Wo“.
Artillerieaufklärung dient dem Kampf mit Feuer. Punktuelle Aufträge verteilt über ein großes Gebiet. Schnelle Standortwechsel sind entscheidender als gedeckte Annäherung- wer von Artillerieaufklärung erfasst wird, erfährt das in der der Regel ohnehin bald aus anderen Quellen (und auch eine gegnerische Feuereinheit, die zum Stellungswechsel gezwungen wird, ist schon ein Vorteil für die eigene Handlungsfreiheit). Genauigkeit ist entscheidend- bei der Lenkung weitreichender Präzisionswaffen, aber auch bei Flächenzielen. „Wer und was“ haben in der Regel bereits andere Aufklärungsmittel geklärt. Dazu ist das Zielspektrum sehr klein. Der Sensor kann daher spezialisiert und optimiert werden.
Natürlich kann ein Aufklärungssystem auch einen Feuerauftrag auslösen und die Erkenntnisse der Artillerieaufklärung fließen ins Lagebild ein. Aber das sind Zweitrollen. Und in der Zeit, in der ich meine Zweitrolle (mehr oder weniger gut) ausfülle- wer erfüllt dann meinen Hauptauftrag?
Aber um nicht so sehr weit vom Thema abzukommen- gut, dass die 200 Arbeitsplätze erhalten bleiben und auch das Know how im Land bleibt. Die Richtung „Automatisierung der luftgestützten Aufklärung“ mit der Rafael sich positioniert, ist aber auf jeden Fall einen kritischen Blick auf die kommenden Entwicklungen wert…
Autonomous Aerial Systems https://www.rafael.co.il/worlds/air-and-space/autonomous-aerial-systems/ Das ist selbstverständlich. Aber für die Zukunft zu Rafael planen: – „Schließen der Sensor-zu-Shooter-Schleife“.
Für EMT wäre das akzeptabel? Grüßen.
Bestens. Das sind doch sehr gute Nachrichten.
Es ist sehr erfreulich, dass die EMT-Arbeitsplätze und das Know-how in Deutschland weitestgehend erhalten werden können, dass die LUNA-NG und HUSAR wahrscheinlich fertig entwickelt werden und die Bundeswehr ihre LUNA und KZO ersetzen kann.
Rafael bietet als relativ großes, erfahrenes und international erfolgreiches Rüstungsunternehmen mit dem Einstieg bei EMT eine ideale Grundlage für eine robuste und dauerhafte Lösung. Und selbstverständlich ist das eine gute Gelegenheit für Rafael in Deutschland und Europa den Fuß in Tür zu bekommen.
Das ist doch eine wirkliche Win-Win-Situation.
Hmm, war Sensorik nicht so eine Schlüsseltechnologie, die man national halten wollte?