Dokumentation: In Corona-Pandemie stellt Zivilschutz „Betreuungsressourcen für den Kriegsfall“ zur Verfügung
Die Zivilschutzbehörden des Bundes, die im Verteidigungsfall zur Unterstützung der Bevölkerung bereitstehen, wollen eigentlich für einen Kriegsfall vorgesehene Betreuungsmöglichkeiten und medizinische Hilfe zur Bewältigung erwarteter Probleme in der Coronavirus-Pandemie bereitstellen. Diese Unterstützung ist unabhängig von – und im Prinzip zusätzlich zu – einer möglichen Unterstützung der Bundeswehr.
Die Ankündigung kam am (heutigen) Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und Technischem Hilfswerk in Bonn. Da dieser Einsatz von Zivilschutz-Ressourcen eng mit dem Thema Verteidigung zusammenhängt, hier zur Dokumentation die von beiden Behörden veröffentlichten Informationen dazu:
Die Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, und des Technisches Hilfswerks, Gerd Friedsam, haben heute den Bundesländern gemeinsam angeboten, in der sich aktuell zuspitzenden Lage in der Pandemie zur Bewältigung auch die Unterstützungsmöglichkeiten des Bundes anzufordern.
Armin Schuster: „Wir sind der tiefen Überzeugung, dass die Krisenbewältigung eine gemeinschaftliche Aufgabe zwischen Bund und Ländern ist. Deshalb bieten wir den Ländern nun alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Bewältigung der 4. Welle der Corona-Pandemie an. Das BBK tut das vor allem über die Einsatzkoordination von Engpassressourcen bei der Verlegung von Intensivpatienten und mit Bundesressourcen für mobile Einheiten wie etwa Großraumzelte oder Impfcontainer, die für Betreuung und medizinische Hilfe im Kriegsfall vorgehalten werden. Sofern wir nun alle gemeinsam unsere zur Verfügung stehenden Kräfte und Mittel gezielt und planvoll zum Einsatz bringen, können gerade die Bevölkerungsschützer, die Hilfsorganisationen, das THW, aber auch die Feuerwehren einen weiteren existentiellen Beitrag zur Bewältigung dieser riesigen Herausforderung leisten.“
Mehr Details in der gemeinsamenPressemitteilung:
20211117_BBK_THW_Bund_Unterstuetzung_Corona
Da ich nicht bei der Pressekonferenz in Bonn sein konnte, sind für mich da noch Details unklar – zum Beispiel, inwieweit diese Zivilschutz-Kapazitäten mit möglicher Amtshilfe der Bundeswehr verzahnt werden oder diese ggf. ersetzen könnten.
Über die geplante (Wieder)Aufstockung des Amtshilfekontingents der Bundeswehr für die Pandemie ist offensichtlich noch keine Entscheidung im Verteidigungsministerium getroffen worden. Derzeit stehen rund 3.000 Soldatinnen und Soldaten zu dieser Amtshilfe bereit; Anfang des Jahres waren es noch 25.000 gewesen. Eine Aufstockung ist auf jeden Fall geplant; der Umfang ist noch nicht festgelegt.
Hoffentlich werden die verbrauchten Ressourcen dann auch wieder aufgefüllt, nur mal mit Blick auf die Lage an der Ostflanke🤡
Es grüßt der stv Ltr eines KVK im Einsatz
MkG
T.L..
„T.L. sagt: 17.11.2021 um 20:34 Uhr
Hoffentlich werden die verbrauchten Ressourcen dann auch wieder aufgefüllt, “
Ich wäre da eher pessimistisch – ausgehend von den vergangenen Taten.
Ich bin eigentlich nur überrascht, dass es sowas geben soll. Und dass das K-Wort verwendet wird. In den Heftchen des BBK sucht man danach ja z.B. vergebens. Bedeutet das, dass es (wieder) Pläne und Strukturen für Zivilschutz im Kriegsfall gibt?
Ich verstehe bei besten Willen nicht, was durch diese Pressekonferenz denn nun eigentlich angekündigt werden sollen.
Das THW ist schon seit längeren flächendeckend damit beschäftigt die Länder und Kreise zu unterstützen.
Die besagten MTFs sind seit 2008 im Aufbau. Noch immer sind sie nicht vollständig ausgerüstet. Ausrüstung und Material sind regional ohnehin in den Katastrophenschutz der Länder integriert. Hier handelt es sich um ehrenamtliche Kräfte der Hilfsorganisationen, die vor Ort bereits seit letztem Jahr bereits Großes leisten.
Das Pilotprojekt „Labor Betreuung 5000“ wurde vom Bund um Jahre verzögert. Vieles davon ist noch im Bereich Ahrweiler und co. in Nutzung.
Systeme zur Koordination von Intensivverlegungen haben die Länder ebenso. Über Ressourcen Intensivverlegungen durchzuführen, verfügt der Zivilschutz nicht. Zivilschutzhubschrauber sind ohnehin in den Rettungsdienst integriert, die Krankentransportwagen des Zivilschutzes sind absolut ungeeignet. Um es deutlich zu sagen: Meiner Meinung nach hat der Zivilschutz mit dieser Ankündigung nichts weiter zu bieten. Es hat seinen Grund, dass zivile Behörden sich allzu gerne auf die tatkräftige Unterstützung der Bundeswehr verlassen!
„sind für mich da noch Details unklar – zum Beispiel, inwieweit diese Zivilschutz-Kapazitäten mit möglicher Amtshilfe der Bundeswehr verzahnt werden oder diese ggf. ersetzen könnten.“
Corona-Krise und das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und NRW haben ja sehr eindrücklich veranschaulicht, dass das Zusammenwirken von Zivilschutz, Bevölkerungsschutz, Katastrophenschutz, Hilfsorganisationen, Bundeswehr, freiwillige Helfer und Unterstützung von Firmen und NGOs nicht wirklich gut funktioniert.
Es findet ein großer Bazar der Eitelkeiten statt, insbesondere zwischen Bund und Land.
Es fehlte und fehlt weiterhin eine klare Führung, da eigentlich immer die Verantwortung weitergeschoben werden kann. Gleichzeitig wird andauernd von Resilienz gesprochen.
Dann transferiert man diesen Zustand mal in ein LV/BV-Szenar mit der Notwendigkeit eines umfassenden Zivilschutzes (hybride Kriege).
Das THW und die Hilfsorganisationen würde alleine schon nach wenigen Tagen der Betriebsstoff ausgehen.
Das ist keine Kritik an den vielen ehrenamtlichen (!) Helfern, sondern an einer halbherzigen Linie in allen Bereichen (zivile und militärische Verteidigung) seit vielen Jahren.
Sogar nach dem doppelten Stresstest (Corona und Hochwasser) dieses Jahres gibt es aber über die notwendigen Veränderungen (rechtlich, strukturell, materiell, personell) nicht mal ansatzweise eine echte Diskussion.
Gleichzeitig sind sich die jeweiligen Fachkreise einig: So geht es nicht weiter.
Aber wen interessiert es aušerhalb dieser Kreise?
@ Memoria
Dem THW und den Hilfsorganisationen würde alleine schon nach wenigen Tagen der Betriebsstoff ausgehen.
Na da wäre ich gespannt, wieviel länger die Bundeswehr durchhalten würde? Die guten alten Zeiten und die vollen Depots sind doch auch hier vorbei.
@Schorsch52:
Natürlich sind die Fähigkeiten der Bundeswehr auch sehr begrenzt.
Aber ganz konkret verfügt die Bundeswehr im Bereich der Spezialpioniere (Pipelinepioniere) noch über sehr begrenzte – aber immerhin vorhandene – Fähigkeiten zur Betriebsstoffversorgung.
Da ist nur ein Beispiel und gerade weil die Bundeswehr ebenfalls auch in dem Bereich zu schmal aufgestellt ist (schon eine NATO-Übung hätte die Fähigkeiten der Bw nicht verfügbar gemacht), stellt sich die Frage welche Fähigkeiten muss der Zivilschutz organisch vorhalten. Gilt übrigens auch für anderes Pioniermaterial (Brücken, Faltstrassen, Pionierpanzer, etc.). Dabei müssen diese zweckmäßig für den Zivil- und Katastrophenschutz realisiert werden. Das THW braucht natürlich keine Panzerschnellbrücken oder Pionierpanzer, sondern zweckmäßiges Material – das gibt es auf dem Weltmarkt. Aber leider wird genau da eben fortlaufend gespart.
Man kann nicht immer den subsidären Einsatz der Bundeswehr politisch betonen und die originären Organisationen nicht mit den umfassend notwendigen Fähigkeiten (auch bei der Führung abseits von BOS) ausstatten.
Eine realistische Gesamtschau ist notwendig.
Naja, ersetzt wird da vmtl nicht viel. Beantragt (und geleistet) wird ja ganz überwiegend (wo)manpower für Gesundheitsämter, Altenheime, Impfzentren, das wird im Ehrenamt nicht möglich sein.
@Memoria
Das THW hat im Ahrtal zwei Brücken gebaut und hat natürlich auch Brückenbaumaterial im Depot – ob ausreichend mag dahingestellt sein, wobei SP eben „Zivilschutz im Frieden“ ist, also Unterstützung des Katastrophenschutzes.
https://www.thw.de/SharedDocs/Einheiten/DE/Inland/_alt/FGr-BrB-B.html?noMobile=1&selfId=11679600&idImage=1341136¬First=true
In wie weit das Konzept der zivilen Verteidigung mit Leben gefüllt wird? ‚kostet halt. Allerdings gibt es durchaus Strukturen / Einrichtungen, die nicht allgemein bekannt sind. Auch die Sicherstellungsgesetze sollen überarbeitet werden.
https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bevoelkerungsschutz/zivil-und-katastrophenschutz/konzeption-zivile-verteidigung/konzeption-zivile-verteidigung-node.html
@Lobasta
Denkbar wäre, mit den MTF den Krankenhausbetrieb zu unterstützen. Macht aber nur Sinn, wenn reguläre Patienten in die Zelte verlegt werden und die freigewordenen Kapazitäten in den Häusern in Intensivplätze umgewandelt werden können. Die MTF sind für den ITS-Betrieb nicht ausgelegt.
Dass aber viele Einheiten ohnehin doppelt verplant sind, und auch via KatS zum Einsatz kommen können, wurde ja aber zurecht von Ihnen angemerkt. Vielleicht bedeutet es auch einfach, dass der Bund gr0ßzügiger Verbrauchsmaterialien erstattet. Ansonsten aber volle Zustimmung zu allem Gesagtem.
@jabeus
In der Theorie können Ehrenamtliche da schon entsprechend unterstützen und tun das teilweise auch schon. Es kommt natürlich darauf an, dass der Katastrophenfall ausgerufen wird und für die Arbeitgeber die entsprechenden rechtlichen Folgen eintreten. Ob das realistisch ist (und die Leute dann wirklich gehen dürfen), steht auf einem anderen Blatt. Dem Vernehmen fällt das den Kam. vom THW immer noch ein bisschen leichter (von wegen Bundesanstalt), als jenen der weißen Organisationen.
@ Memoria:
Nun will ich ungern nachbohren. Aber auch die übrig gebliebenen Pipelinepioniere ( eine Kompanie?) können nur den Sprit durchpumpen, der vorher irgendwo eingelagert wurde.
Kurz gesagt: es bleibt doch die ehrliche Frage nach den eingelagerten und unabhängig von „der Wirtschaft“ verfügbaren Mengenverbrauchsgütern. Dazu entsprechende Transportkapazitäten etc. etc. – Aber ja, der A4 / G4 Bereich wurde selten gebührend geschätzt.
@memoria Im Grunde ist aber im Katastrophen Fall Zivil alles vorhanden. Was Baubetriebe und Technik angeht. Muss halt sauber organisiert werden.
@Lobasta, das die Krankenwagen des Zivilschutz absolut ungeeignet sein sollen will ich so nicht unterschreiben.
Das sind schon brauchbare Fahrzeuge um Rahmen eines Großschadensereignis (leicht) Verletze in ein Krankenhaus zu bringen. Dafür wurden sie konzipiert und den erfüllen sie in der Praxis.
Richtig ist aber auch, in der aktuellen Lage sind die Fahrzeuge keine Hilfe. Patienten mit Corona in ein Krankenhaus bringen kann der reguläre Rettungsdienst genauso gut und zur Verlegung von Intensivpatienten aus München nach Flensburg sind sie mangels entsprechender Ausstattung und entsprechendem Personal nicht verwendbar.
@Schorsch52
Die Bundeswehr und insbesondere die Lw hat schon noch Tankwagen für F34 (Kerosin) in erklecklicher Anzahl. Statt Kerosin kann man auch Diesel in diesen Tankwagen transportieren. Die gibt es dann in der Variante „Straßentransportwagen“ (STW) und „Flugfeldtransportwagen“ (FTW).
Und wenn der Dieselnachschub der Hilfsorganisationen knapp wird, kann die Bw schon noch Einiges aufbieten.
@Memoria sagt: 17.11.2021 um 21:14 Uhr
„Corona-Krise und das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und NRW haben ja sehr eindrücklich veranschaulicht, dass das Zusammenwirken von Zivilschutz, Bevölkerungsschutz, Katastrophenschutz, Hilfsorganisationen, Bundeswehr, freiwillige Helfer und Unterstützung von Firmen und NGOs nicht wirklich gut funktioniert.“
Die Führungsinstrumente sind alle da, die Frage ist, wie gut die im jeweiligen Landkreis aufgestellt und ausgebildet sind. Denn führen ist Aufgabe der jeweiligen Landkreise, dafür gibt es den Stab HVB (Hauptverwaltungsbeamter) und die TEL (Technische Einsatzleitung).
Die Qualität dieser Stäbe ist ganz unterschiedlich und in Kreisen, die sehr selten von Großschadenereignissen oder Katastrophen betroffen waren oder das unwahrscheinlich ist, meistens sehr stiefmütterlich behandelt. Es gibt Kreisverbindungskommando-Leiter, die mit dem amtierenden Landrat noch nie gesprochen haben, weil dieser sich für die Thematik nicht interessiert.
Wenn Sie die Ursache für schwache Führung oder Führungsversagen in der Katastrophe suchen, dann sind die Landkreise/kreisfreien Städte die Ebene, wo Sie anfangen müssen zu suchen. Denn diese haben die gesetzliche Verpflichtung zum Katastrophenschutz.
Da gibt es auch keinen „Bazar der Eitelkeiten“, wie Sie das ausgedrückt haben, es ist alles geregelt, man muss es nur anwenden. Eitelkeiten gibt es nur, wenn bei unseren Politikern die Katastrophentourismusmaschine angeworfen wird, weil jeder sich in den Vordergrund spielen möchte.
@Thomas Melber:
Das THW verfügt natürlich über Fachgruppen Brückenbau.
Das THW hat jedoch keine eigenen Brücken in Depots. Die „Krupp D-Brücken“ sind Eigentum des BMVI (Behelfsbrücken für Autobahnen), die Bailey-Brücken sind Altbestände der Länder, die einige Ortsverbände des THW über Fördervereine beschafft haben. Letztere sind am Lebenszeitende angekommen.
Das Hochwasser in diesem Jahr zeigte aber auch, dass Schnellbrücken notwendig sind.
Diese kamen von der Bundeswehr bzw. der Industrie.
@Schorsch52:
Im Ahrtal fehlte der zivilen Seite genau diese auch bei der Bw begrenzte Fähigkeit ein mobiles „Tanklager“ schnell (!) zu errichten und zu betreiben.
Die Tankstellen im Ahrtal waren fast alle zerstört.
Wenn jedoch die wenigen Fähigkeiten der Bw anderweitig gebunden sind (z.B. Übung), dann gibt es eben kaum mehr etwas.
@Dante:
Es ist zivil nicht alles vorhanden (s.o.).
@Memoria
„Das THW braucht natürlich keine Panzerschnellbrücken oder Pionierpanzer, sondern zweckmäßiges Material – das gibt es auf dem Weltmarkt. “
Wer sind die Lieferanten? Wo sitzen die? Und wie schnelle werden die wohl benötigtes Material liefern können?
Was mich mal interessieren würde:
Wie hoch ist die Resilienz der bei dem Katastrophenschutz eingesetzten Mitarbeiter. Das System muß doch zusammenbrechen, wenn zu Hause Frau und Kinder im Winter im Dunkeln sitzen, nichts zu essen haben und der Mann irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs ist. (Die Geschlechter dürfen beliebig ausgewechselt werden.)
@TCHe, bezüglich der Ausrufung der Katastrophe. Ja die Frage ist ob die Länder sich trauen diese auszurufen und(!) auch mit den sich ergebenden Konsequenzen zu leben.
Bayern hat zwar die Katastrophe schon (wieder) ausgerufen aber die Konsequenz das in dem Moment die Lage aus dem Innenministerium heraus komplett(!) geführt wird nicht gezogen. Dann hätten nämlich die Ministerpräsidenten und die Sabbelrunde MPK nix mehr zu melden sonder einzig der HVB und sein Stab würden über Einschränkungen im Rahmen des rechtlich möglichen entscheiden.
Und die Frage der Personalverfügbarkeit ist berechtigt. Wobei da eher die Frage wäre was man an Personal tatsächlich aktiviert bekommen würde. Rechtlich ist das klar, aber mit Blick auf die Coronalage muss auch betrachtet werden wo die Helfer arbeiten.
Da dürfte nämlich ein relevanter Anteil im KRITIS-Bereich arbeiten und dort schlicht unabkömmlich sein. Das mag bei einer Hochwasserlage die sich zeitlich und räumlich begrenzt außerhalb meines Wohnortes ereignet nicht auffallen weil mein AG das noch kompensieren kann. Corona trifft aber zeitlich nicht absehbar auch meinen Wohnort und dementsprechend sind dort schon die Alltagsstrukturen entsprechend belastet und Ausfälle können nicht mehr kompensiert werden.
@ TCHe
An den Einsatz der MTFs an Krankenhäusern habe ich auch zuerst gedacht. Bspw. um Notaufnahmen zu entlastet. So könnten bspw. all jene Patienten vorab aussortiert werden, die nur zum Hausarzt müssen. Ich weiß aber nicht ob man dadurch Normalstationen entlasten kann. In meiner Heimatstadt gibt es bspw. ein mitlerweile stillgelegtes Krankenhaus, dass im vergangenen Jahr wieder mit Material ausgestattet wurde um im Rahmen der Pandemie wieder von Nutzen zu sein. Bevor Patienten also in Zelte verlegt werden, denke ich gibt es in der Fläche ausreichend Reserven materieller Art.
Ansonsten wird es aber auch hier auf die Frage hinauslaufen, wo denn nun das Personal herkommt. Sowohl ehrenamtlich aktive Pflegekräfte und Ärzte sind wohl schon anderweitig gebunden. Andere Ehrenamtliche sind meiner Meinung nach nicht unbedingt für einen Klinikbetrieb ausgebildet. Ich glaube nicht, dass hierauf Dauer eine Entlastung des Klinikbetriebes erfolgen kann. Da wäre vielleicht eher zu prüfen, inwiefern Rettungsassistenten/Notfalsanitäter aus dem Rettungsdienst auf in Intensivstationen entlasten können. Ggf. würde dann im Rettungsdienst aber ein (teils schon vorhandenes) Personalproblem auftrete. Das müsste also sehr, sehr fein auf einander abgestimmt werden. Und ohnehin müsste das Personal auf den Intensivstationen erst eingearbeitet werden, dafür fehlt jetzt vielleicht schon die Zeit.
@Flo
Da stimme ich! Mein Einwand bezog sich nur auf Intensivverlegungen. Jenseits dessen haben die Fahrzeug klar ihre Berechtigung.
@Memoria sagt: 18.11.2021 um 11:10 Uhr
„Im Ahrtal fehlte der zivilen Seite genau diese auch bei der Bw begrenzte Fähigkeit ein mobiles „Tanklager“ schnell (!) zu errichten und zu betreiben. Die Tankstellen im Ahrtal waren fast alle zerstört.“
Sie machen in Ihren Ausführungen insgesamt den Kardinalfehler, anzunehmen, die Bundeswehr müsse im Katastrophengebiet irgendetwas selbständig richten, machen oder betreiben. Ohne jetzt die alte Diskussion der Subsidiarität wieder anstoßen zu wollen verweise ich mal darauf, das die Bundeswehr natürlich hilft, aber nur auf Anforderung und mit Fähigkeiten, die sich aus irgendwelchen Gründen von der zivilen Seite nicht abbilden lassen.
Und was die Tankstellen angeht. Ein Kanisterbetankungspunkt geht immer, der Landkreis muss die Fähigkeit aber anfordern. Dafür gibt es ein KVK, das den HVB und seinen Stab in solchen Fragen berät.
BTW, es gab vor ungefähr 3-4 Jahren einen Fördertopf des Bundes für die Kreise und Kommunen, mit denen man Zuschüsse gewähren konnte, damit Tankstellen sich so umrüsten, das sie mit Notstrom arbeitsfähig bleiben. Die Resonanz war – naja, überschaubar. Nur mal so zur Katastrophenvorsorge von ziviler Seite.
@ Da dieser Einsatz von Zivilschutz-Ressourcen eng mit dem Thema Verteidigung zusammenhängt…“ „….die für Betreuung und medizinische Hilfe im Kriegsfall vorgehalten werden…“
Nein. Nach der recht abstrusen Logik von „…im Kriegsfall vorgehalten werden“ kann man nach jedem THW-Einsatz oder auch jedem Feuerwehreinsatz, bei der ein aus Bundesmitteln beschafftes Löschfahrzeug eingesetzt wird oder jedem Hilfsorganisationseinsatz, deri dem mit dem durch das BBK beschafften Bundes-Krankentransportwagen abgearbeitet wird , was täglich vielfach vorkommt, tönen „Dieser Einsatz konnte nur mit für den Kriegsfall beschaffter Ausstattung abgearbeitet werden“. Ein sehr effekthascherischer Tonfall der Herren Schuster und Friedsam über den ich mich sehr wundere, der eher in die schnarrende tönende Wochenschau passt und der recht weit in die Irre führt.
Geradezu albern: „Die Evakuierung des Altenheims in X-Dorf und Wiederherstellung einer Stromversorgung konnte mit für den Kriegafall beschaffter Ausrüstung erfolgen…“ wenn DRK Bettlägerige im Bundes-KTW wegfährt und THW das Notstromaggregat aufgebaut hat.
Das einzige was an originärer ZS-Ausstattung wohl noch vorhanden ist sind gewisse Sanitätsmittelreserven (Medikamente etc), aber diese sind wohl nicht gemeint.
Weil:
1. Es gibt keine originären mobilen Zivilschutz-Ressourcen mehr. Seit dem Zivilschutzneuordnungsgesetz ist Zivilschutz (Bundesaufgabe) eine Sekundäraufgabe der Einheiten des Katastrophenschutzes (Ländersache) und ist mit den Ressourcen des KatS (=Länder) abzuarbeiten.
2. Da Länder Träger des KatS sind, kompensiert der Bund diese „Mehraufgabe Zivilschutz“ durch dann Beschaffung von Ausstattung, die er an die Länder ausgibt und die die Länder dann an die jeweiligen Organisationen verteilen. Die Länder und die Orgs können die Ausstattung dann für eigene Lagen nutzen und sie sind in den KatS-Einheiten voll integriert.
3. THW hat eine unterstützende Zwitterrolle für ZS und KatS. Es wurde einmal primär für ZS aufgestell, aber die Rolle im KatS ist mittlerweile rechtlich gleichwertig.
Es gibt nicht mehr die Blaulicht-Autos mit dem orange-blauen ZS-Dreieck drauf. Es gibt keine „Impfcontainer“ die für den V-Fall eingelagert sind. Es gibt keine ZS-Lager wo Zelte o.ä. für den V-Fall herumliegen. Es gibt keine reinen ZS-Einheiten. Es gibt eben Betreuungsdienst- und Sanitätsdiensteinheiten des KatS der Länder, die in unterschiedlichem Maß über Bundesausstattung verfügen, die Zelte und auch ein paar Sanitätscontainer haben, und es gibt halt das THW – diese sind alle Nase lang irgendwo im Einsatz, nichts neues, und kein Mensch bringt das mit „für den Kriegsfall vorgehalten“ in Verbindung.
@ TW: Vorgenanntes können Sie ggf. nicht wissen – ich finde die Kommunikation von Schuster und Friedsam hier aber recht neben der Spur.
@Lobasta, eine MTF wird ein Krankenhaus nur darüber entlasten können das man sie vor die Notaufnahme stellt und dort ankommende Patienten sichtet, ggf an niedergelassene Ärzte verweist und Patienten die wirklich einer zeitnahen Behandlung im Krankenhaus bedürfe puffert. Auf Station könnte man maximal das Personal als Hilfskräfte nutzen die das examinierte Pflegepersonal unterstützen.
Und auch auf Intensiv könnte man Rettungsassistenten und Notfallsanitäter maximal als Hilfskraft einsetzen, das zwar vieles von der Straße 1:1 in die Klinik transferieren können, aber eben kein Pflegeexamen hat. Wird aber eh nur Theorie bleiben, in der Praxis gibt es nämlich schon einen Personalmangel im Rettungsdienst. Da kann man nix mehr rausziehen um anderswo bestehende Lücken zu stopfen.
@Trevor Faith sagt: 18.11.2021 um 12:11 Uhr
„Wie hoch ist die Resilienz der bei dem Katastrophenschutz eingesetzten Mitarbeiter. Das System muß doch zusammenbrechen, wenn zu Hause Frau und Kinder im Winter im Dunkeln sitzen, nichts zu essen haben und der Mann irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs ist. (Die Geschlechter dürfen beliebig ausgewechselt werden.)“
Bei der Corona-Pandemie spielt das keine Rolle, weil es zu den von Ihnen beschriebenen Szenen nicht kommt. In anderen Fällen wird dann eben zur Not aus den Nachbarkreisen, die nicht selber betroffen sind, verstärkt. Ortskenntnis ist zwar von Vorteil, aber nicht unabdingbar.
Ich habe auch schon in mir völlig fremden Landkreisen gesessen, Einweisung in die Lage und dann geht es eben los. Wichtig sind standardisierte Abläufe und eine klare und offene Kommunikation miteinander.
@Memoria, warum sollte das THW (oder eine andere Organisationen im Bereich Zivilschutz/ Katastrophenschutz) keine Panzerschnellbrücke brauchen? Die muss vielleicht nicht über ein gepanzertes Basisfahrzeug und eine Tragfähigkeit Richtung 100 Tonnen verfügen. Aber die Aufbauzeit ohne große Vorbereitung wäre schon eine Fähigkeit über die man mit Blick auf die Ahr in dem Bereich nachdenken sollte.
@Flo
Da gehe ich mit.
@Lobasta (und auch nochmals Flo)
Denkbar ist natürlich auch, das Personal der MTF in einer festen Unterkunft einzusetzen und die Zelte in den GwSan zu lassen. Angesichts der Witterung ist das sicherlich ohnehin zu bevorzugen, Zeltheizung hin oder her. Mal vom Platzbedarf einer ganzen MTF zu schweigen.
Grundsätzlich könnte alles, was das reguläre Krankenhauspersonal entlastet, sinnvoll sein. Das Personal aus der Rettungsstelle hat dann schon immer noch genug zu tun.
Was die Qualifikation des Personals angeht, ist das Gesagte durchaus richtig.
In der Theorie haben alle Einsatzkräfte einen Ausbildung zum RettSan und haben damit zumindest vier Wochen Klinikpraktikum gemacht. Das ist nicht viel, aber für eine Verwendung als Pflegehelfer könnte das schon taugen. Ich gebe aber unumwunden zu, dass das (a) Theorie ist und (b) die formale Qualifikation auch nicht tatsächliche Einsetzbarkeit bedingt.
Hauptberufliche Pflegekräfte sollten ohnehin nicht in den KatS-Einheiten eingesetzt werden – zumindest für Berlin weiß ich, dass es da klare Regelungen gibt.
Ultimativ sind das aber natürlich alles nur Gedankenspiele, denn da kommen wir wieder zum früheren Punkt zurück: den „echten“ K-Fall wird keiner ausrufen.
@Pio-Fritz:
Ich fordere gar nicht, dass die Bw selbst etwas macht. Ich bin mir durchaus bewusst wie die Verantwortlichkeiten liegen.
Mir geht es darum wo man welche Fähigkeiten sinnvoll verortet.
Der Einsatz im Ahrtal war der größte in der Geschichte des THW, dabei kam das THW gerade auch in der Logistik an Grenzen.
Die Bundeswehr ist in dem Bereich auch auf Kante genäht.
Die Frage ist doch eher:
Was lernt man daraus? Es geht eben nicht nur um einen Betankungspunkt mit ein paar Kanistern, sondern um ein schlüssiges Gesamtkonzept, bei dem man nicht einfach davon ausgehen sollte, dass die Bw dann schon – natürlich auf Aufforderung – die Lücken schließt. Im zivilen Bereich gibt es weiterhin völlig realitatsfremde Vorstellungen von den materiellen Reserven der Bundeswehr.
Im Ahrtal hat es noch gerade so ausgereicht.
Aber was lernen wir daraus?
Was bedeutet das für das Rahmenkonzept des THW?
Mit Blick auf die Führung und die genannten Eitelkeiten:
Natürlich war der Kreis Ahrweiler zunächst in der Verantwortung, dann übernahm das Land mit der oberen Katastrophenschutzbehörde (ADD) und war ebenfalls überfordert. Die Expertise des BABZ in Bad Neuenahr (!) wurde nur sehr zögerlich angenommen. Hintergrund hierfür sind die ewigen Streitigkeiten von Bund und Ländern.
@Trevor Faith u. Flo:
Es geht um Schnellbrücken, die etwas anders als Panzerschnellbrücken aber immer noch schneller verlegt werden können als die vorhandenen Systeme.
Eine Möglichkeit sind logistische Brücken wie in der Schweizer Armee (Unterstützungsbrücke 46m).
@Pio-Fritz, doch die Frage nach der Durchhaltefähigkeit des Katastrophenschutz muss erlaubt sein, auch in der aktuellen Coronalage.
Ja ich kann natürlich aus unbetroffenen Kreisen Kräfte alarmieren die dann auch eine Zeit X durchhalten und dann von anderen unbetroffenen Kräften abgelöst werden. Das das geht haben wir ja an der Ahr gesehen.
Was aber wenn es keine Kräfte gibt die zu Hause nicht betroffen sind? Corona trifft alle, also muss ich damit rechnen das Teile der Einheiten bei Alarmierung schon in Quarantäne stecken oder infiziert sind oder sich unabkömmlich melden weil Kinder gesund und Partner/in mit Corona flachliegt.
@Memoria sagt: 19.11.2021 um 0:15 Uhr
„Die Bundeswehr ist in dem Bereich auch auf Kante genäht.“
Die Bundeswehr kann das leisten, was sie eben kann. Sie bekommt ihre Ausrüstung eben für andere Aufträge und hilft im Falle einer Katastrophe aus. Das sollte man immer im Hinterkopf haben.
Was die zivile Seite angeht, muss dort etwas passieren. Da dieses aber Ländersache ist, spielen da eben die Eitelkeiten der Landesfürsten rein, Föderalismus eben. Bei den Anrainerbundesländern der Elbe hat es drei (!) aufeinanderfolgende sog. Jahrhunderthochwasser gebraucht, bis man an einen Tisch kam und vernünftig nach Lösungen gesucht und Absprachen getroffen hat. Aber für die Diskussion sind wir hier im falschen Blog.
@Pio-Fritz:
Die Zuständigkeiten habe ich durchaus im Hinterkopf, ich hatte gehofft, dass dies mittlerweile deutlich wurde.
Auf der zivilen Seite sehe ich eben nicht nur die Länderebene in der Bringschuld.
Notwendig ist eine wirklich vernünftige Architektur der Zivilverteidigung mit engem Bezug zu Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe.
Dort gibt es auf allen Ebenen genug Baustellen und Probleme. Auch auf Ebene des Bundes mit Blick auf BBK, THW, die Finanzierung von Aufgaben im Zivilschutz (MTF), etc.
Woran es aber vorallem fehlt ist ein gesamtheitliches Problembewusstsein in der Politik und eine ergebnisorientierte Fachdiskussion, die sich von bisherigen Dogmen (Zuständigkeiten auf der zivilen Seite, sinnvolle Verortung von Fähigkeiten, etc) und Fehlwahrnehmungen (wer kann was wirklich?) löst.
@Memoria sagt: 19.11.2021 um 17:10 Uhr
Ich denke schon, wir schwimmen beide in die selbe Richtung. Es wird sich nur leider nichts ändern, weil die Länder für sinnvolle Konzepte und Abläufe einen Teil ihrer Kompetenzen an den Bund abgeben müssten. Und das wird, wie wir beide wissen, nicht geschehen.
„Das einzige was an originärer ZS-Ausstattung wohl noch vorhanden ist sind gewisse Sanitätsmittelreserven (Medikamente etc), aber diese sind wohl nicht gemeint.“
@Landmatrose3000: Na huch, was soll das denn sein und wo sind diese Reserven verortet?
Das, was mir hierzu bekannt ist kann man getrost vergessen (homöopathische Mengen und veraltet).
Vielleicht wissen Sie mehr dazu?
@Memoria, ja eine ehrliche Diskusion über den Katastrophen- und Zivilschutz fehlt und sollte losgelöst vom Ist-Zustand erfolgen. Aber, dazu gehört dann auch über das leidige Thema Geld zu reden und da kann es in meinen Augen nur ein Ergebnis geben.
Irgendwer wird am Ende das Scheckbuch zücken müssen und zwar nicht nur einmalig sondern jährlich auf’s neue in einer Höhe die sich an der Entwicklug von Kosten und Bedarfen orientiert und nicht an der aktuellen Kassenlage.
Wo uns die verfrühstückte Friedensdividende hingeführt hat haben Corona und die Ahr vorgeführt. Bei der Bundeswehr kann man es tlw auch sehen, wenn man es sehen will, ansonsten für mich steht da der große Knall noch aus. Nur wird der dann für alle unschön.
Denn mal Hand auf’s Herz, was will man mit dem „Stolperdraht“ EFP in Litauen auslösen? Das kann doch nur ein Knallfrosch sein. Ja formal wäre es ein Angriff auf die NATO mit entsprechenden Folgen, aber was könnte die Bundeswehr dann in welcher Zeit realistisch an Kräften real vollausgestattet aufbieten?
@Pio-Fritz und Flo:
Für notwendige Veränderungen braucht es sicherlich politischen Mut und natürlich Geld.
Offensichtlich fehlt es aber trotz (!) Corona und Hochwasser weiterhin an einem tieferen Interesse in Politik und Presse woran es wirklich hakt.
Bin mal gespannt, ob die Ampel das Thema nochmal aufgreift, die Grünen hatten ja durchaus Vorschläge gemacht.
@ Stöber
Tatsächlich bevorratet der Bund Sanitätsmaterial. Allerdings an nur wenigen Standorte. Wenn ich mich richtig erinnere, sind die aktuellen Standorte aus einem Pilot-/Forschungsprojekt des BBK hervorgegangen.
Laut der nachfolgenden Information ist ein Erweiterung der Bevorratung geplant.
https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Gesundheitlicher-Bevoelkerungsschutz/Sanitaetsmaterialbevorratung/sanitaetsmaterialbevorratung_node.html
Die dort abrufbaren Inhaltslisten machen für mich nicht den Eindruck veraltet zu sein. Mit der Mengenkritik haben sie aber leider recht.
@ T.W.
Ich begrüße diesen Artikel in Ihrem Blogg übrigens sehr! Wer Landes- /Bündnisverteidigung ernst nimmt, muss die Frage nach der zivilen Verteidigung inkl. Zivilschutz schlicht ebenso im Blick haben. Die Resilienz dieses Systemes und der Bevölkerung ist meiner Meinung nach eine große Schwachstelle dessen. Die Truppe im Feld alleine bringt wohl nicht viel, wenn der zivile Teil der Landesverteidigung kollabiert.
@Lobasta
„Wer Landes- /Bündnisverteidigung ernst nimmt, muss die Frage nach der zivilen Verteidigung inkl. Zivilschutz schlicht ebenso im Blick haben.“
Ja, es ist mir unverständlich, wie man in der Politik davon ausgehen kann, daß Deutschland als „Aufmarschgebiet“ (RSOM, insb. reception, staging, ggf. integration) bei einer militärischen Auseinandersetzung verschont werden würde.
Mit Flächenbombardements ist natürlich nicht zu rechnen, aber Schäden (ggf. auch durch Beschuß) an Infrastruktur und Lähmung (z.B. durch Cyberangriffe) sind wohl sicher drin.
@Lobasta:
Die neue Koalition hat ja eine nationale Sicherheitsstrategie angekündigt.
Man kann nur hoffen, dass dabei auch mal die „heiligen Kühe“ der zivilen Verteidigung angegangen werden.
Notwendig wäre es, da in einem modernen Kriegsbild die Lähmung der zivilen Infrastruktur ein zentrales Element ist.
Die bisherigen Ansätze, das zeigt ja auch der Fall hier im Rahmen von Corona, waren nicht wirklich ausreichend.
Es gibt zwar die Konzeption Zivile Verteidigung aus dem Jahr 2016, aber Papier ist eben geduldig.
Weiterhin gültig ist die Richtlinie zur Gesamtverteidigung aus dem Jahr 1989 (!):
http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/__Verschieben/Gesamtverteidigungsrichtlinien.pdf
@Lobasta:
Danke. Die „WM-Pakete“ waren mir bekannt. Das ist leider alles andere als ausreichend. (Ob die Pakete wirklich gepflegt/gewälzt werden wäre interessant.)
Da hatte jemand eine gute Idee, die dann leider nicht in die Fläche ging.
@ Memoria
Danke für den Link! Die Rahmenrichtlinien kannte ich bis jetzt nicht. Die werde ich mir mal in Ruhe angucken.
@ Stöber
Laut BBK sollen sie ja durch die Krankenhausapotheken gewälzt werden. Ich denke beim Großteil des Materials sollte das eigentlich ohne Probleme möglich sein, wenn denn die Krankenhauslogistik dafür die Zeit hat. Es wäre interessant mal zu erfahren, wie das kontrolliert wird. Dass das BBK die Krankenhäuser anschreibt und um „Unterstützung bittet“, finde ich schon merkwürdig. Ich hoffe der Bund finanziert eine gewisse Anzahl Personalstunden im Monat, damit die Pakete gepflegt werden.
Beruhigend finde ich aber zumindest die Information des BBK die Pakete kurzfristig endlich (!) auf 50 Stück zu erhöhen und richtig zu verteilen. Dann wird man sehen müssen was aus der angekündigten Bevorratung von Sanitätsmaterial für CBRN-Lagen wird.
@Lobasta, warum sollte das wälzen in einer Krankenhausapotheke Zeit erfordern? Das dürfte alles Material sein das ich eh im Krankenhaus nutze, also brauche ich nur etwas mehr Lagerplatz und der Mindestbestand ist halt höher. Da dürfte nur die Herausgabe der Bestände des Bundes im Bedarfsfall echter Mehraufwand sein.
@Lobsta:
Zur besseren Einordnung empfehle ich noch diese Bemerkungen des BBK zur Rechtslage, Probleme bei der Koordinierung und Finanzierung des Konzepts der Zivilen Verteidigung anläßlich einer Anhörung des Bundestages:
http://www.bundestag.de/resource/blob/676650/adc3b884e3e8261aef889158014b06fa/A-Drs-19-4-425-B-data.pdf
Hilft vielleicht für die Einordnung der Einsatzbereitschaft im Katastrophen- und Kriegsfall.
Die Bürokratie prägt die Strategie (und deren Umsetzung) und nicht andersherum.
@ Flo
Es kommt darauf an, wie schnell das ganze abrufbar sein soll.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich mit der Bevorratung von SanMat beschäftigte, empfahl unter 6.3.2 ihres Abschlussberichtes die Lagerung in einheitlichen Boxen oder Paletten: https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesundheit/SanMat/abschlussbericht-aggb-pdf.pdf;jsessionid=5DCC0EFC75D6DD2AD2253B590810962B.live361?__blob=publicationFile&v=4
Aber ich weiß auch nicht, wie das jetzt gehandhabt wird. Sollte es so gelagert werden, macht die Wälzung mehr arbeit.
@Lobasta:
Übrigens wird die Novelle der Rahmenrichtlinie Gesamtverteidigung von der Bundesregierung seit 2016 angekündigt:
https://augengeradeaus.net/2016/08/neue-konzeption-zivile-verteidigung-ergaenzung-zur-konzeption-der-bundeswehr/
Die Ausführungen des BBK in meinem obigen Kommentar zeigen, dass es auch mehr als eine Legislaturperiode später hier keinen Fortschritt gab, obwohl die damit verbundenen Grundsatzentscheidungen (Zuständigkeiten, Schnittstellen) elementar sind.