Neue Konzeption Zivile Verteidigung: Ergänzung zur „Konzeption der Bundeswehr“

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Nachdem die Irritiationen über die Dinge beigelegt sind, die eben nicht in der neuen Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) der Bundesregierung stehen (weder ruft die Bundesregierung darin erstmals seit 1989 zu Hamsterkäufen auf, noch wird darin die Rückkehr der Wehrpflicht propagiert), kann man sich dem neuen Dokument ja sachlich nähern. Die Konzeption ist vorgesehen als Ergänzung oder besser, als die andere Seite der Planung der militärischen Verteidigung:

Die KZV bildet den zivilen Gegenpart zur „Konzeption der Bundeswehr“ (KdB). Beide Dokumente gemeinsam sollen als Grundlage für eine Novelle der „Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV)“ dienen.

heißt es in dem Papier, das das Bundeskabinett am (heutigen) Mittwoch gebilligt hat und das hier komplett zum Herunterladen bereitsteht.

Die Vorstellung des Konzepts durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière und den Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz  und Katastrophenhilfe, Christoph Unger:


(Direktlink: https://youtu.be/n84Ub-5tmzo)
 

In der Konzeption wird die Ergänzung des Einsatzes von Streitkräften immer wieder betont:

Der untrennbare Zusammenhang zwischen militärischer und ziviler Verteidigung
verlangt nach einer abgestimmten Wahrnehmung von Bedrohungen und Gefahren
als gemeinsame Planungsgrundlage. Die Einschätzung der militärischen Bedrohung obliegt primär dem BMVg. Die Planungen zur Zivilen Verteidigung bauen auf dieser
Einschätzung auf.
Die KZV folgt deshalb der Bedrohungseinschätzung der Bundesregierung, wie sie im
„Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ beschrieben ist. Das Weißbuch legt einen Schwerpunkt auf das veränderte Sicherheitsumfeld und die daraus folgenden Herausforderungen für die Landes-und Bündnisverteidigung.
Besonderes Augenmerk mit Blick auf die Landesverteidigung erhielten dabei hybride
Bedrohungen sowohl durch staatliche als auch nichtstaatliche Akteure. Es ist die Aufgabe der Zivilen Verteidigung, sich auf die Abwehr dieser neuen Gefahren auszurichten, ohne dabei ihre Aufgaben bei der klassischen Landes- und Bündnisverteidigung zu vernachlässigen.
Die wachsende Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur und die Ressourcenabhängigkeit moderner Gesellschaften bieten vielfältige Angriffspunkte. Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme, Konfliktführung mit terroristischen Mitteln und Angriffe im Cyberraum können zu einer direkten Bedrohung Deutschlands und seiner Verbündeten werden. Insgesamt ist zu erwarten, dass die Wechselwirkungen von innerer und äußerer Sicherheit weiter zunehmen.
Entsprechend den beschriebenen Angriffsmitteln und Angriffszielen konzentrieren die
Bundesressorts ihre Fachplanungen im Bereich der Zivilen Verteidigung auf folgende
Bedrohungen:
• Einsatz konventionellerWaffen,
• Einsatz chemischer, biologischer, radiologischerund nuklearerWirkstoffe (CBRN-Gefahren),
• Einsatz von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen,
• Cyber-Angriffe,
• Ausfall oder Störung von Kritischen Infrastrukturen.
Bei hybriden Bedrohungen sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
•Vielfalt offener und verdeckter Angriffe,
• Mischung konventioneller und irregulärer Kräfte/Fähigkeiten,
• Mischung militärischer und ziviler Wirkmittel,
• Fokussierung auf verwundbare Strukturen als Angriffsziele,
• Unübersichtlichkeit potenzieller Schadensszenarien,
• Erschwerte Wahrnehmung und Zuordnung,
• kurze oder gänzlich entfallende Vorwarnzeiten.

Die Konzeption Zivile Verteidigung ist natürlich noch sehr viel Rahmen und noch sehr wenig Detail. Deswegen bleiben noch etliche Fragen offen – zum Beispiel die nach den Kosten. Das Bundesfinanzministerium erklärte jedenfalls heute auf meine Frage, dass die neue Konzeption keine Veränderungen in der mittelfristigen Finanzplanung erforderlich machen werde. Das wird interessant – denn nur mit konzeptionellen Überlegungen und den Veränderungen von Regelungen oder gegebenenfalls Gesetzen wird es nicht gehen, darauf werden schon die Länder achten.

Und auch der Bundestag, wie der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, in einer Stellungnahme zur Konzeption klar machte: Ich gehe auch davon aus, dass die verstärkten Anstrengungen im Zivilschutz viel kosten werden und der Bund dies dann im Bundeshaushalt entsprechend absichert. Das ist wichtiger, als über Nudelreserven in der Küche zu debattieren.

(Archvbild: Zivilschutz-Hubschrauber 1979 – Bundesarchiv, B 422 Bild-0231 via Wikimedia Commons unter CC-BY-SA 3.0)