Corona-Pandemie: Noch mehr Bundeswehrsoldaten für Amtshilfe geplant, noch keine Entscheidung über Bundes-Krisenstab

Angesichts der zunehmend steigenden Zahlen von Infektionen und Hospitalisierungen in der Coronavirus-Pandemie plant die Bundeswehr eine weitere deutliche Aufstockung des Personals zur Unterstützung ziviler Behörden. Über einen Krisenstab im Bundeskanzleramt, den möglicherweise ein Zwei-Sterne-General führen soll, steht unterdessen die Entscheidung noch aus.

Zum (heutigen) Montag hatte das Verteidigungsministerium bereits die Zahl der Soldatinnen und Soldaten in der Amtshilfe von bislang 3.000 auf 8.000 erhöht – schon das mehr als die zunächst vorgesehene Verdoppelung auf 6.000 zu Ende November:

Allerdings stellen sich die Streitkräfte darauf ein, dass diese Erhöhung nicht ausreichen wird. Anhebung Bundeswehr-Hilfeleistungskontingent auf 8.000 in Durchführung, 12.000 in Planung, Kontingentplanung jenseits 12.000, Richtung 25.000 ist bereits aufgenommen, hieß es in der internen Lageinformation des Ministeriums am Montag.

Das im März 2020 aufgestellte Kontingent umfasste zuvor schon zeitweise bis zu 25.000 Soldatinnen und Soldaten, allerdings in unterschiedlichen Bereitschaftsstufen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis und so genannte Nationale Territoriale Befehlshaber, Generalleutnant Martin Schelleis, hatte jedoch bereits im Februar dieses Jahres gewarnt, dass die Bundeswehr nicht dauerhaft in großem Umfang zur Unterstützung ziviler Behörden und Einrichtungen zur Verfügung stehen könne, wenn sie nicht andere Aufgaben wie zum Beispiel Verpflichtungen in der NATO gefährden wolle: Spätestens im Herbst müssen wir raus.

Den aktuell drastisch steigenden Bedarf macht unter anderem eine Zahl deutlich: Noch bis zum vergangenen Wochenende waren 53 Soldatinnen und Soldaten in Alten- und Pflegeheimen zur Unterstützung im Einsatz. Am Montag verachtfachte sich diese Zahl auf 398 (s. Grafik oben). Auch in der Kontaktnachverfolgung und vor allem in den Krankenhäusern sind zunehmend Soldat*innen im Einsatz – dabei sind die Bundeswehrkrankenhäuser, die als Teil der jeweiligen regionalen Krankenhausplanung zu rund 80 Prozent zivile Patienten versorgen, noch nicht einmal eingerechnet.

Zudem hatte die Luftwaffe am vergangenen Wochenende – erstmals im Inland – Corona-Patienten von überfüllten Intensivstationen in Süddeutschland mit einem speziell ausgerüsteten Airbus A310 nach Norddeutschland verlegt.

Die bisherige, noch geschäftsführend tätige Bundesregierung, die absehbare neue Bundesregierung der Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie die Bundesländer beraten derweil über einen Krisenstab im Kanzleramt, der die nationale Pandemiebekämpfung organisieren soll. Da darüber noch nicht entschieden wurde, gab es bislang auch keine Bestätigung für die Führung dieses Krisenstabes: Die soll Generalmajor Carsten Breuer (Foto oben) übernehmen, der derzeit das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr führt und dort für die Amtshilfeleistungen der Streitkräfte verantwortlich ist.

Der Krisenstab existiert noch nicht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Sowohl Seibert als auch die Sprecher von Gesundheits- und Verteidigungsministerium lehnten deshalb Aussagen dazu ab, ob die Meldungen über eine Berufung Breuers zutreffen. Über die Zusammensetzung werde zeitnah entschieden, sagte der Sprecher des Wehrressorts, Oberst Arne Collatz.

Es gibt schon einen General, der den Krisenstab leitet, sagte der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Hanno Kautz. Er verwies darauf, dass bereits jetzt im Gesundheitsressort Generalarzt Hans-Ulrich Holtherm als Abteilungsleiter gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium den gemeinsamen Krisenstab beider Ressorts führe. Allerdings habe der bestehende Krisenstab andere Befugnisse, als sie von dem künftigen neuen Gremium im Kanzleramt erwartet würden.

Auch wenn die Ausgestaltung und die Kompetenzen des künftigen Krisenstabes noch nicht feststünden, sei die wichtigste Aufgabe bereits klar, sagte Regierungssprecher Seibert: Die Impfkampagne so stark wie möglich vorantreiben.

Die geschäftsführende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erwähnte in einem Tagesbefehl zur Corona-Amtshilfe der Streitkräfte zwar die Rolle der Bundeswehr in dem neuen Krisenstab, allerdings ohne Details zu nennen: Auch im neuen Corona-Krisenstab, der in diesen Tagen einberufen wird, werden unsere Männer und Frauen Verantwortung übernehmen, schrieb die CDU-Politikerin.

Vor allem aber rief Kramp-Karrenbauer auch die Truppe zur weiteren Vorsicht angesichts der Pandemie auf:

Nutzen Sie die Möglichkeit zum Boostern, also zur Auffrischung, damit Ihr Schutz erhalten bleibt, oder holen Sie die noch fehlende Immunisierung nach. Wer sich schützt, der hilft auch, unsere personelle Einsatzbereitschaft in dieser angespannten Zeit zu sichern. Es ist Ausdruck von Kameradschaft, dass sich auch hier jeder auf den anderen verlassen kann. (…)
Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Rücksichtnahme und der Nächstenliebe. In diesem Jahr, wie schon 2020, hat das eine besondere Bedeutung. Das größte Geschenk, das wir unseren Familien, Freunden und Mitmenschen heute machen können, ist die Vorsicht vor dem Virus. Halten Sie bitte die Abstände ein, reduzieren Sie deutlich Ihre persönlichen Kontakte, beachten Sie die Hygienemaßnahmen.

Die Virenexperten der Streitkräfte, das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, hatte allerdings angesichts der neu aufgetauchten Virus-Variante Omikron auch eine vorsichtig optimistische Botschaft:

Betrachtet man die vielen Mutationen bei der Omikron-Variante, dann ist es allerdings durchaus denkbar, dass diese Virusvariante dem Immunsystems zumindest teilweise besser ausweichen kann, als andere derzeit verbreitete Virusvarianten.
Aber selbst, wenn dies der Fall sein sollte, ist weiterhin davon auszugehen, dass die verfügbaren Impfstoffe immer noch ein hohes Maß an Schutz vor schweren Krankheitsverläufen und Tod bieten werden. Die derzeit in Deutschland verwendeten Coronavirusimpfstoffe führen bei den Geimpften nicht nur zur Produktion vieler unterschiedlicher Antikörper. Sie lösen zusätzlich auch die Bildung spezielle Abwehrzellen gegen das Virus aus. Diese breite Reaktion des Immunsystems bietet auch Schutz gegen neue Varianten von SARS-CoV-2. Die Impfung und insbesondere auch die Booster-Auffrischung sind deshalb nach wie vor unser stärkstes Werkzeug gegen die Pandemie.

(Archivbild März 2021: Generalmajor Carsten Breuer unterzieht sich beim Besuch des neuen Schnelltestzentrums in Mayen einem Corona-Schnelltest – Jacqueline Blang/Stadt Mayen)