Streit um Rüstungsprojekte: SPD will vor allem für Schiffsneubauten und Werften kämpfen

Der – man darf es inzwischen wohl so nennen – Streit zwischen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und mehreren Abgeordneten der Regierungskoalition über die Finanzierung von Rüstungsprojekten geht in eine weitere Runde: Die SPD-Verteidigungsexpertin Siemtje Möller kündigte an, ihre Fraktion werde in den nächsten Tagen versuchen, einige von der Ministerin zur Disposition gestellte Projekte zu retten.

Hintergrund ist das Vorgehen des Verteidigungsministeriums, dem Haushaltsausschuss des Bundestages zahlreiche Beschaffungsvorhaben zur Billigung vorzulegen – und bei einigen davon zur markieren, dass deren Finanzierung im Haushalt nicht gesichert sei. Dazu gehören allerdings auch einige Projekte, die bereits im gültigen Haushaltsplan für dieses Jahr enthalten sind, also vom Ministerium prinzipiell bereits vorgesehen waren, darunter mehrere Vorhaben für die Marine.

Zwei Haushälter und zwei Verteidigungsexperten aus Union und SPD, darunter Möller, hatten dieses Vorgehen scharf kritisiert und von Kramp-Karrenbauer eine Erklärung gefordert, unter anderem dafür, ob die Mittel für die bereits im Haushalt 2021 vorgemerkten Projekte bereits anderweitig vergeben worden seien. Die Ministerin wiederum reagierte darauf mit einem Schreiben, in dem es unter anderem hieß, angesichts des nach 2022 geplanten schrumpfenden Rüstungsetats könnten diese Projekte nicht verantwortungsvoll begonnen werden.

Auf dieses Schreiben wiederum gab es eine Woche lang keine öffentliche Antwort – am (heutigen) Montag reagierte die niedersächsische SPD-Parlamentarierin Möller mit einer Pressemitteilung, die direkte Kritik an Kramp-Karrenbauer enthält:

Das Verteidigungsministerium hat dem Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eine lange Liste mit Projekten vorgelegt, die noch bis Ende Juni im Parlament entschieden werden sollen. Entgegen den bisherigen Planungen, hat das Ministerium viele ursprünglich im Haushalt finanzierte Projekte aus uns bisher unbekannten Gründen unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Diese Projekte sind also plötzlich nicht mehr finanziert, die Gründe dafür legt das Ministerium nicht offen. Darunter sind vor allem für die Marine wichtige, dringend benötigte und lange erwartete Ausrüstungsvorhaben. Zudem hängen an diesen Vorhaben hunderte Arbeitsplätze in den Werften ab, oftmals in strukturschwachen Regionen. Die SPD-Fraktion im Bundestag wird in den nächsten Tagen auf parlamentarischem Wege versuchen, das Schlimmste für die Truppe und für die Beschäftigten in den Werften zu verhindern. Das Verfahren der Ministerin ist völlig inakzeptabel und ihr Verhalten gegenüber dem Parlament ein Tiefpunkt in der bisherigen Zusammenarbeit.

Die nächste Sitzung des Haushaltsausschusses (und zuvor des Verteidigungsausschusses) zu neuen Rüstungsvorhaben findet am Mittwoch dieser Woche statt. Nach Informationen von Augen geradeaus! will das Verteidigungsministerium allerdings in dieser Woche keine Vorlagen zur Billigung vorlegen – sondern alle noch offenen Projekte auf die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor der Sommerpause ab dem 21. Juni schieben.

Zur Übersicht die Schiffbauprojekte, die vom Wehrressort als nicht finanzierbar markiert wurden:

• Ersatzzbeschaffung für Mehrzweck- und Erprobungsboote der Wehrtechnischen Dienststelle 71

• U-Boot Klasse 212CD – ein Gemeinschaftsprojekt mit Norwegen

• Betriebsstoffversorger der Marine, als Ersatz für die sehr alten und nicht mehr betriebssicheren Tanker

• neue Festrumpfschlauchboote

• drei neue Flottendienstboote als Ersatz für Oste, Oker und Alster

(Ggf. weiter nach Enwicklung)

(Foto: Der  Betriebsstoffversorger Rhön bei einem Manöver mit der Fregatte Brandenburg in der Deutschen Bucht im Juli 2020 – Kim Couling/Bundeswehr)