Rüstungsprojekte nehmen erste parlamentarische Hürde – Auflagen für FCAS
Die lange Liste neuer Rüstungsprojekte, die das Verteidigungsministerium dem Bundestag zur Billigung vorgelegt hat, hat eine erste parlamentarische Hürde genommen: Der Verteidigungsausschuss stimmte am (heutigen) Mittwoch den Vorlagen zu, beschloss dabei aber auch Auflagen für das Milliardenprojekt des künftigen Luftkampfsystems FCAS. Die endgültige Beschlussfassung ist am Nachmittag im Haushaltsausschuss vorgesehen.
Den Bundestagsausschüssen liegen für die letzten Sitzungen vor der Sommerpause – und damit faktisch zum Ende der Legislaturperiode – 27 teils milliardenschwere Rüstungsprojekte vor, die jeweils einzeln gebilligt werden müssen. Vor dem Haushaltsausschuss, der das Budgetrecht des Parlaments ausübt, befasst sich jeweils der Verteidigungsausschuss als Fachausschus mit den Vorhaben.
Im Verteidigungsausschuss wurden alle Projekte auf der Liste nach Angaben aus Ausschusskreisen mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gebilligt. Gegen das deutsch-franzsösisch-spanische Projekt Future Combat Air System (FCAS) hatte es zuvor aus der SPD-Fraktion heftige Kritik an der Entwicklung dieses Waffensystems gegeben, vor allem von linken Sozialdemokraten:
.@spdbt, nun heißt es standhaft bleiben und dem #FCAS Luftkampfsystem morgen eine Absage erteilen. Was wir gerade am wenigsten brauchen, ist ein milliardenschweres Aufrüstungsprogramm. Ich erinnere: Unsere Aufgaben als Sozis sind #Friedenssicherung, Diplomatie und #Abrüstung!
— Hilde Mattheis (@HildeMattheis) June 22, 2021
Für das Deutsch-Französisch-Spanische Kooperationsvereinbarung für Forschungs- und Technologieaktivitäten im Rahmen einer gemeinsamen Entwicklung und Beschaffung eines zukünftigen Kampfflugzeugsystems „Next Generation Weapon System (NGWS)“ in einem „Future Combat Air System (FCAS)“ für den Zeitraum 2021 bis 2027 ist ein Finanzbedarf von 4,468 Milliarden Euro vorgesehen – dabei geht es nur um die Entwicklung, noch lange nicht um die Beschaffung des Systems, das frühestens 2040 einsatzbereit sein soll.
Aus allen Fraktionen hatte es auch Kritik daran gegeben, dass dem Parlament zwar die Kooperationsvereinbarung, nicht aber der dafür nötige endverhandelte Vertrag mit den beteiligten Industrieunternehmen vorliegt. Union und SPD billigten deshalb zwar das Vorhaben, brachten deshalb aber auch einen so genannten Maßgabebeschluss ein, der die Zustimmung zu diesem Projekt mit Auflagen verbindet – hier in der Formulierung für den Haushaltsausschuss:
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages möge beschließen:
1. Der Haushaltsausschuss stellt fest, dass derzeit lediglich die zwischenstaatliche Durchführungsabsprache 3 (IA 3) vorliegt, jedoch noch nicht das endverhandelte Vertragswerk mit der Industrie.
2. Zudem konnten bislang weder die Konzeptstudie noch die Phase 1A beendet werden, so dass mithin keine abschließenden Ergebnisse vorliegen, die Eingang in die Phase 1B finden können.
3. Ferner hatte der Haushaltsausschuss mit seinem Maßgabebeschluss vom 12. Februar 2020 auf das Erfordernis einer zeitlichen Parallelität der Projekte FCAS und „Main Ground Combat System (MGCS)“ verwiesen. Er stellt fest, dass die hierzu erforderlichen Fortschritte im Projekt MGCS weiterhin nicht erkennbar sind.
4. Aufgrund der übergeordneten politischen Bedeutung des Vorhabens, insbesondere für die Deutsch-Französische Zusammenarbeit, stimmt der Haushaltsausschuss – trotz des unter Ziffer 1. bis 3. dargestellten Sachstands – der Vorlage zu. Der Haushaltsausschuss erwartet, dass die Bundesregierung die Versäumnisse der Ziffern 1. bis 3. zeitnah aufholt und die Bedingungen erfüllt. Er fordert die Bundesregierung auf,
4.1. das endverhandelte Vertragswerk dem Haushaltsausschuss zur Kenntnisnahme vorzulegen,
4.2. unverzüglich Maßnahmen zur ergreifen, um perspektivisch eine zeitliche Parallelität der Projekte FCAS und MGCS zu gewährleisten. Über das Veranlasste ist dem Haushaltsausschuss zusammen mit der gem. Ziffer 4.1. geforderten Vorlage zu berichten.
5. Daneben fordert der Haushaltsausschuss die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass
5.1. die Partnerstaaten und ihre Industrien auf erkennbarer Augenhöhe in die Phase 1B eintreten und das Projekt hierzu unmittelbar in eine internationale Programmorganisation überführt wird,
5.2. ein möglicher Demonstrator auch in Deutschland zugelassen werden kann,
5.3. die Regelungen hinsichtlich der weiteren Verwertbarkeit von Ergebnissen der gemeinsamen Studien- und Forschungsaktivitäten (Intellectual Property Right – IPR) so angepasst werden, dass Nutzungsrechte unabhängig vom Projekt gegeben sind,
5.4. auch die weiteren vom Haushaltsausschuss für die beiden Projekte FCAS und MGCS erteilten Maßgaben umgesetzt werden. Hierzu sind insbesondere die im Rahmen der ressortübergreifenden Steuerung entwickelten Maßnahmen zur Gewährleistung der deutschen Schlüsseltechnologien zu intensivieren und zu beschleunigen.
6. Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf, vor dem Auslösen der optionalen Phase 2, die Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.
Der SPD-Haushälter Dennis Rohde begründete diese Auflagen in einem Statement:
Beim Nachfolgeprojekt des Eurofighters, FCAS, haben wir noch zahlreiche Fragen. Deshalb machen wir harte und konkrete Vorgaben, mit denen wir die Verteidigungsministerin verpflichten, die bisher versäumten Punkte nachzuarbeiten. Für den weiteren Fortgang des Projekts haben wir klare Bedingungen formuliert und tragen damit den Kritikpunkten des Bundesrechnungshofes und denen des Beschaffungsamts der Bundeswehr Rechnung.
Trotz berechtigter Kritik stehen wir weiter hinter dem deutsch-französisch-spanischen Vorhaben, das ein zentraler Baustein für die souveräne Verteidigungsfähigkeit der Europäischen Union ist. Um die Forschung und Entwicklung des Projektes zu ermöglichen, geben wir die dafür nötigen Haushaltsmittel nun frei. Für alle weiteren finanziellen Verpflichtungen muss die Ministerin jedoch, anders als von ihr gefordert, erneut die Zustimmung des Haushaltsausschusses einholen.“
(Weiter nach Entwicklung)
(Archivbild 17. Juni 2019: Unterzeichnung der Vereinbarungen zu FCAS in Le Bourget; v.l. Eric Trappier (Dassault Aviation), Dirk Hoke (Airbus Defence and Space), die Verteidigungsministerinnen Ursula von der Leyen (Deutschland), Florence Parly (Frankreich), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles – Foto Martin Agüera)
@ Torsten Angerer
„Wenn alle Stricke reißen, kann sich Deutschland vielleicht dem „Tempest- Projekt“ anschließen, gemeinsam mit GB, Schweden und Italien. Obwohl ich nicht weiß, ob überhaupt noch ein Arbeitspaket für Deutschland abfallen könnte, würde ich diese Alternative bevorzugen, mit dem Tornado und dem Eurofighter, hat man doch halbwegs gute Erfahrungen gemacht.“
Tempest wäre mittlerweile eine echte Option, zumal jetzt auch Schweden mit von der Partie ist, die in Skandinavien als „die Deutschen Skandinaviens“ bezeichnet werden. Da passt einfach die Art der Zusammenarbeit.
Schade, dass das FCAS-Projekt sich so entwickelt. Bei Tornado und EF gab es gleichberechtigte Partner, hier gibt es zwei Handlanger und eine Partei, die alles an sich reißt.
@Pak
BAE System hatte aufgrund indischen Interesses an STOBAR-fähigen Eurofightern Mal eine „navalized“ Version des EF entwickelt.
(STOBAR = Rampe zum Abheben, Auffangvorrichtung zum Landen)
Allein diese Umbauten machten das Flugzeug 500kg schwerer als sein „normales“ Gegenstück.
Und ein Umbau auf CATOBAR wäre gar komplett unmöglich gewesen.
(CATOBAR = Katapult zum Abheben)
„Unlike the Super Hornet and Rafale using catapult launch which requires significant strengthening of the landing gear and airframe, Typhoon is considered for ‘ski-jump’ equipped carriers only.“
https://defense-update.com/20110210_naval_typhoon.html
Die Kräfte, welche beim Katapultstart auf den Rahmen wirken sind zu groß und benötigen einen kompletten Umbau.
So ein nachträglicher „Umbau“ von land-based zu carrier-based ist in dem Sinne aber gar nicht möglich.
Auch die 500kg des navalized EF wären schon genug um den Schwerpunkt und damit die Avionik zu verändern. Deshalb muss die Marineversion von Anfang an parallel zur Basisversion entwickelt werden.
Damit diese Parallelentwicklung überhaupt nebenher laufen kann dürfen sich die Basisversion und Marineversion nicht zu stark unterscheiden.
Wenn das FCAS an so einen Scheidepunkt kommt, müssten bei der Basisversion Zugeständnisse gemacht werden um weiterhin die Marineversion entwickeln zu können.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK)
Mir war schon klar, dass es auf einen neuen französischen Flugzeugträger hinausläuft.
Aber hin und wieder soll es schon vorgekommen sein, dass selbst Franzosen schlechte Entscheidungen treffen. Und der Flugzeugträger ist so eine.
Eigentlich wollte ich nicht zu sehr in Detail gehen, weil es off-topic ist, aber Flugzeugträger haben keine Zukunft.
Selbst die Amerikaner, die seit Jahrzehnten das größte Militärbudget haben, die genug Schiffe zum Schutz haben, die reichlich Erfahrung mit Flugzeugträgern im Pazifikkrieg sammeln konnten und die mehr Flugzeugträger als jeder andere betreiben wissen nicht wie sie die Dinger schützen sollen.
Schwedische und deutsche U-Boote gelangen bei Übungen unbemerkt in Schussdistanz, die Chinesen entwickeln Hyperschallwaffen die bisher niemand abwehren kann und die Iraner wollen mit vielen kleinen Torpedobooten die Verteidigung überwältigen.
Wenn schon die Amerikaner sich nicht zu helfen wissen, dann rechne ich den Franzosen noch schlechtere Chancen ein. So leid mir das auch tut.
Das gilt ganz besonders für den Indopazifik.
Eine chinesische Hyperschallrakete hätte den Flugzeugträger getroffen, noch bevor der überhaupt weiß was passiert.
Momentan sehe ich Frankreich damit beschäftigt die Sahelzone stabilisieren zu wollen. Und die setzt sich in erster Linie aus den Binnenstaaten Mali, Niger und Tschad zusammen.
Ein Flugzeugträger ist dafür denkbar ungeeignet. Wer jetzt meint, dass die Lage 2040 ganz anders aussehen würde, den darf ich daran erinnern, dass wir mittlerweile seit 20 Jahren in Afghanistan sind.
Für mich bedeutet so viel Küstenlinie vor allem, dass weltweit eigentlich genug Festland vorhanden wäre um Flugplätze an Land errichten zu können und ein Flugzeugträger gar nicht nötig wäre.
@Jean-Pierre
„Nachdem Frankreich absichtlich gegen die Schweiz verloren hat um die Rafale Bewerbung in der Schweiz zu unterstützen (doch, doch), bleibt mir jetzt nur noch Deutschland als Mannschaft!!!“
Da sieht man Mal wieder was die Franzosen doch für gewiefte Schlitzohren und Geschäftsleute sind. 😄
[So, jetzt greife ich mal ein. Vom Thema Rüstungsprojekte und FCAS sind wir jetzt bei „Flugzeugträger – Fluch oder Segen?“ gelandet, und damit weit, weit, weit ab vom Thema. Wir beenden das jetzt bitte. T.W.]
Hallo zusammen,
@Torsten Angerer (Teil1)
Das FCAS Projekt beinhaltet 92 Paketen verteilt auf 7 Säule. Die Projektorganisation soll das Prinzip des Best Athlete“ einhalten: jedes Unternehmen ist für den Bereich zuständig, für den es seine Fähigkeiten bereits in früheren Programmen unter Beweis gestellt hat (und nicht für den Bereich/die Bereiche, in denen es neue Fähigkeiten entwickeln und neue Märkte erobern möchte).
Die 92 Paketen sollen gleichermaß zwischen den drei Staaten verteilt werden (1/3, 1/3, 1/3). Deutschland, Frankreich und Spanien haben die Führung für dieses Projekt an Dassault Aviation gegeben. Wie die Paketen definieren sind und wer mit wem sie machen soll, konnte ich bis jetzt nicht finden. Die Organisation von einer Säule zur anderen variiert je nach dem speziellen Inhalt jedes der zwischen den Herstellern unterzeichneten Abkommen und spiegelt auch ein teilweise politisches Kräfteverhältnis wider. Angeblich sollen 46% der 92 Paketen mit Hilfe der „Joint Modell“ (oder auch Eurofighter Management Modell genannt) durchgeführt werden. Hier werden alle Partnern gleichermaß zusammen arbeiten. Es gibt kein „Leader“ auf diesen Paketen. Bei Uneinigkeiten sollen die Staaten entscheiden können wie es weitergehen soll.
Bei den restlichen 54% Paketen wir der „Prime Modell“ angewendet (auch als Dassault/Neuron Modell genannt). Das Leadership auf diese Paketen wird zwischen Airbus (DEU + SPA) und Dassault Aviation aufgeteilt und zwar 60% – 40%. Hier entscheidet der „Leader“ wie es weiter gehen soll falls sich die Partnern nicht einig sind. Achtung, dieser Leadership bezieht sich nur auf die Entscheidungsgewalt in der Projektführung und nicht auf der Arbeitslast.
Die Forschungs- und Technologie-Studie (F&T) sieht eine sieben-Säulen-Organisation vor, mit einem führenden Hersteller und einem industriellen Hauptpartner für jede Säule, wobei letzterer mehr als ein einfacher“ Unterauftragnehmer ist.
1. Säule: Kampfflugzeug NGF (Leiter Dassault und Hauptpartner Airbus DS);
2. Säule: Triebwerk (SAFRAN und MTU); SAFRAN arbeitet seit zwei Jahrzehnten mit MTU (Alphajet, A400M, etc.) zusammen: ein Partner und bekannter Konkurrent des Triebwerkherstellers.
3. Säule: Remote Carriers“ (Airbus und MBDA);
4. Säule: Taktische oder Kampf-Cloud (Airbus und Thales); (und nicht Dassault wie Sie gemeint haben)
5. Säule: simlab“, Gesamtkohärenz (Airbus, Dassault, Safran und MTU, sowie MBDA und Thales als Unterauftragnehmer); Die simlab“- oder Kohärenz“-Säule sollte es ermöglichen, alle anderen Säulen zu koordinieren, so dass sie gemeinsam vorankommen, auch wenn sie sehr unterschiedliche Technologien erfordern, insbesondere durch End-to-End-Simulation bei allen Aspekten des Projekts. Sie ist auch eine Säule, bei der die künstliche Intelligenz, die in mehreren anderen Säulen wichtig ist, eine Schlüsselrolle spielen wird.
6. Säule: Sensoren: Bei der Säule Sensoren“ hat sich neben FCMS (Hensoldt, Diehl Defence, ESG und Rohde & Schwarz) und Thales das spanische Unternehmen Indra an die Spitze gesetzt (das Unternehmen hat sich gegen Airbus Spanien durchgesetzt, um Koordinator des Projekts in Spanien zu werden).
7. Säule: Tarnung: (Airbus SPA) Was die Säule Tarnung“ betrifft, so ist ihr Inhalt noch wenig bekannt. Dies ist in der Tat ein strategisch, operativ und industriell sehr sensibles Gebiet. Die Partner arbeiten daran, aber eine Aufteilung ist in diesem Bereich schwieriger, zumindest anfangs, bis die ersten Stufen der Zusammenarbeit genügend gegenseitiges Vertrauen geschaffen haben.
Am 5. November 2019 enthüllte Airbus in der Ausgabe 2019 seines Trade Media Briefing das LOUT (Low Observable UAV Testbed), ein bisher geheim gehaltenes F&T-Projekt zum Thema Tarnung, das seit 2010 im Auftrag des deutschen Verteidigungsministeriums durchgeführt wird. Das Projekt besteht aus einem Demonstrator, der in einem schalltoten Raum in Manching, Deutschland, untergebracht ist. Es handelt sich um einen Prüfstand zur Erprobung von Technologien zur Reduzierung der Radar-, Infrarot-, visuellen und akustischen Signaturen. Ebenso kündigte die DGA am 20. Februar das Ende einer Flugtestkampagne mit Neuron, dem Tarnungsdrohnen-Demonstrator von Dassault, an, mit Unterstützung der französischen Streitkräfte.
Auch wenn das FCAS-Programm sowohl bei den NGF- als auch bei den Remote Carriers natürlich eine bedeutende Tarnungsdimension hat, dürfte dies nicht seine Hauptstärke sein. General Philippe Lavigne, Chef des Stabs der Luftwaffe, sagte: Es ist wichtig zu verstehen, dass wir in allen Bereichen stark sein müssen. Es ist notwendig, eine hohe Tarnfähigkeit zu entwickeln. Das soll nicht heißen, dass wir uns ganz auf die Tarnung verlassen werden. Wenn wir gleichzeitig besser in den Bereichen Interferenz, Sättigung und Übertragung sind, werden wir am Ende besser sein als unsere Gegner.“
Obwohl jede Säule von einem Paar Innovationsführer/Hauptpartner geleitet wird, hat jede Säule auch viele andere Industrielle als traditionelle Subunternehmer
Hallo zusammen,
@Torsten Angerer (Teil 2)
Hier noch eine Erläuterung bezüglich der Gouvernance des Projektes:
Für das FCAS-Programm wurde ein spezifisches Führungssystem eingerichtet. In Frankreich wurde eine Arbeitsgruppe (GTFCAS) zwischen der DGA und dem Stab der Luftwaffe gebildet, die in Absprache mit dem Stab der Streitkräfte arbeitet. Die DGA interveniert über bestimmte Direktionen oder Unterdirektionen. Auf internationaler Ebene wurde in Arcueil unter der Leitung von General Jean-Pascal Breton ein Projektteam mit einer programmatischen und einer operationellen Abteilung für Frankreich, dem GTFCAS und entsprechenden Vertretern aus Spanien und Deutschland eingerichtet.
Die DGA ist der Auftraggeber für das gesamte Projekt im Namen aller Partner: Franzosen, Deutsche, Spanier.
Darüber hinaus betonte General Breton während seiner Anhörung die Notwendigkeit, auf der Ebene der Beziehungen zwischen Staat und Industrie einen neuen systemtechnischen Ansatz zu entwickeln, um den Bedarf besser zu erfassen“. Zu diesem Zweck wurde zum ersten Mal eine auf Dassault-Software basierende Arbeitsteilungsumgebung Staat/Industrie eingerichtet. Zum ersten Mal wird auch die End-to-End-Simulation eingesetzt.
Der Umfang und die Komplexität des Projekts implizieren auch die Mobilisierung der Kreativität der zivilen Welt, entweder durch die führenden Industriellen des Projekts oder durch Startup-Beschleuniger. Dies ist der Fall für den bereits erwähnten vorgelagerten Studienplan Man-Machine Teaming“.
Was ich interessant/witzig fand war folgende Punkt (trifft allerdings nur die französische Seite):
„Darüber hinaus wird auf französischer Seite auch die Agentur für Verteidigungsinnovation (AID) mit mehreren ihrer Instrumente eine wichtige Rolle spielen. Diese ermöglichen es, in unterschiedlichem Maße in die Zukunft zu projizieren:
Forschungsprojekte, die es ermöglichen, uns Technologien vorzustellen, die es noch nicht gibt, zum Beispiel im Bereich Quantenradar oder Neuroergonomie.
Noch prospektiver wird das neue Rote Team“, das durch die Rekrutierung von Science-Fiction-Autoren oder Zukunftsforschern gebildet wird und die Aufgabe haben wird, neue und unvorhersehbare politische, geopolitische, technologische oder soziale Umfeldszenarien zu erfinden, um die Dienste der AID und ihre Anpassungsfähigkeit an diese Szenarien herauszufordern“.“
Hier noch ein paar Links:
https://www.aviationtoday.com/2020/12/09/airbus-lead-new-generation-fighter-jet-development-spain/ (achten Sie auf die Grafiken)
http://www.senat.fr/rap/r19-642-3/r19-642-36.html (bemerkenswert ist, dass der französischen Senat alles auf Deutsch übersetzt hat)
https://www.senat.fr/basile/visio.do?id=r8109051_14&idtable=r8109012_1|r8109052_1|r8108953_14|r8108837_5|r8109051_14|r8109050_13|r8108954_4|r8110605_7&_c=scaf&rch=gs&de=20200520&au=20210520&dp=1+an&radio=dp&aff=sep&tri=p&off=0&afd=ppr&afd=ppl&afd=pjl&afd=cvn&isFirst=true (deutsche Version)
Sorry, dass mein Kommentar wieder so lang geworden ist, aber wenn Sie das alles gelesen haben, sind Sie weit mehr informiert als den Durchschnittleser.
Falls Sie noch mehr Infos haben möchten, sagen Sie mir bescheid (es gibt noch mehr).
Ich glaube, der entscheidende Unterschied, warum es hier nicht gut läuft im Vergleich zu Tornado und EF ist das Fehlen eines eigens dafür gegründeten Unternehmens zur Entwicklung des NGF. Oder ich habe es nicht mitbekommen…
Hier beim NGF agieren nach wie vor verschiedene Firmen, während bei den beiden Vorgängern Konsortien gegründet wurden, an den die Einzelunternehmen beteiligt waren.
Übrigens genauso beim NH90, dem Triebwerk des EF, oder dem Antrieb des A400M…
Hier mangelt es an Zusammenarbeit und einem gemeinsamen Ziel.
Und darum sollte man das Projekt NGF stoppen, bevor dieses Ziel nicht eindeutig klar und von allen Teilnehmern so gewünscht ist.
DAS hat nichts mit dem ganzen FCAS-Projekt zu tun. Das brauchen wir, ganz egal welche Kampfflugzeuge da integriert werden. Rafale, EF, F-35B und vermutlich F-18 werden so oder so ein Teil des FCAS werden.
Aber die NGF-Entwicklung sollte man stoppen. Die Wünsche und Ziele sind zu verschieden.
@ Jean- Pierre
Vielen Dank für die mehr als umfangreiche Antwort, ein wahre Fleißarbeit.
In der Tat sind einige der Informationen neu für mich, und kann jetzt nach dem Lesen mit deutlich erweitertem Wissen glänzen.
Ich habe auch die beiden ersten Quellenangaben inhaltlich zumindest überflogen, und einige neue Erkenntnisse gewonnen.
Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass zumindest beim Flugzeugmodell, also dem Hauptbestandteil des FCAS, Frankreich deutlich die Nase vorn hat.
Wenn Dassault, Safran und Thales die Federführung haben, so ist doch schon fast das ganze Flugzeug in seinen Grundelementen fertig gebaut.
Ich kann hier, auch aus den von Ihnen angegebenen Quellen keine gleichwertige Aufteilung der notwendigen Arbeit erkennen, wenn es zum Beispiel heißt: „Safran wird die Gesamtverantwortung für die Konstruktion und Integration des Triebwerks tragen und MTU Aero Engines die Federführung im Service übernehmen.“
Allerdings heißt es ein wenig später, dass beide Firmen ein Gemeinschaftsunternehmen bis Ende dieses Jahres gründen wollen, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Aus meiner Sicht sind noch zu viele Fragen offen, die hoffentlich bald beantwortet werden.
Es wäre toll, wenn Frankreich, Spanien und Deutschland hier ein innovatives, extrem komplexes Vorhaben erfolgreich in die Wirklichkeit umsetzen.
Nochmals vielen Dank für den enormen Aufwand bei der Erstellung Ihres Beitrages, und den darin enthaltenen Informationen.