Bundeswehrtagung 2021: Kleine blaue Männchen und Bundeswehr-Einsatzbereitschaft (Zusammenfassung)
Die jährliche Bundeswehrtagung fand in diesem Jahr – pandemiebedingt – nicht nur weitgehend online statt, sondern auch komplett öffentlich per Livestream (dafür gab’s dann eben nicht die interne Fragerunde). Und im Mittelpunkt standen vor allem die Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft. Ein paar Merkposten aus dieser Veranstaltung am (heutigen) Freitag:
• Die Eröffnungsrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer setzte, wie zu erwarten, den Rahmen für die Bedrohungslage, die für die Streitkräfte ausschlaggebend ist. Dabei schlug sie den ganz großen globalen Bogen – von der Aufrüstung Russlands mit 20 neuen Großverbänden an der Westgrenze, vor allem aber der erwarteten zunehmenden militärischen Integration von Belarus und Russland, mit der die russischen Streitkräfte näher an die Grenzen einiger NATO-Länder rückt, bis zu China und dessen maritimen Milizen im Südchinesischen Meer, die sie als kleine blaue Männchen mit den kleinen grünen Männchen verglich, den russischen Soldaten, die ohne Hoheitskennzeichen in der Ukraine im Einsatz waren.
Ein Schwerpunkt ihrer Rede war, auch das absehbar, die schwierige Haushaltslage der Bundeswehr. Die Streitkräfte dürften in den nächsten Jahren nicht wieder zum Steinbruch werden, aus dem die Lücken im Bundeshaushalt geschlossen würden. Eine Konsequenz: von der Bundesregierung und der deutschen Politik gewünschte multinationale Projekte könne der Verteidigungshaushalt nicht alleine stemmen, sie müssten auch von anderen Ressorts mitgetragen werden.
Dass die Umstrukturierungspläne für die Bundeswehr der Zukunft wenige Monate vor der Wahl kamen, ist für die Ministerin kein stichhaltiges Argument: Der Umbaubedarf der Bundeswehr kennt keine Wahlperiode, er kennt nur Handlungsnotwendigkeiten.
Für den – nach dem Abzug aus Afghanistan – künftig größten Auslandseinsatz der Bundeswehr, das Engagement in Mali, hatte Kramp-Karrenbauer eine Botschaft, die nach der Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am (gestrigen) Donnerstag aufhorchen lässt: Wir können nur bleiben, wenn absehbar wieder reguläre demokratische Verhältnisse herrschen. Als Feigenblatt werde sich die Bundeswehr von der Regierung des westafrikanischen Landes nicht missbrauchen lassen.
Die komplette Rede zum Nachhören:
• Generalinspekteur Eberhard Zorn stellte seine Rede komplett auf die geplanten Umstrukturierungen ab. Das Team GI begleitete das dankenswerterweise mit den wesentlichen Aussagen via Twitter, hier dokumentiert:
Insgesamt geht es in der NATO vor allem darum, wie die Einsatzbereitschaft in der Breite unserer Truppen – die Readiness von geschlossenen Verbänden – weiter gesteigert werden kann.
Wenn wir dauerhaft Kräfte mit kurzer Vorwarnzeit verlegefähig & einsatzbereit halten, trägt dies zur Abschreckung im NATO-Rahmen bei. Dies gibt der Politik Handlungsoptionen, wenn an anderer Stelle Krisen aufkommen & es gibt uns dann auch Relevanz im Bündnis.
Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 steht die LV/BV für uns wieder an erster Stelle. Für die Bundeswehr ist sie parallel zu unseren Einsätzen die anspruchsvollste Aufgabe. Wir unternehmen alles, um sie dafür wieder umfassend zu ertüchtigen.
Mit unseren internen Analysen haben wir die für die Landes/Bündnisverteidigung erforderliche Führungsstruktur untersucht. Insbesondere haben wir die Szenare betrachtet, die unterhalb des Artikels 5 angesiedelt sind.
Mit den Eckpunkten haben wir die Struktur der Bundeswehr weitergedacht & die nötigen Entscheidungen getroffen. Wir richten uns künftig an den vier Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See & Cyber- und Informationsraum aus.
Zudem werden wir zwei operative Führungskommandos haben, eines für die Auslandseinsätze & eines für die territorialen Aufgaben. Mit dieser „Zwei-plus-vier-Struktur“ schaffen wir klare Verantwortlichkeiten & reduzieren die Komplexität.
Damit wir wieder zu einer besseren Balance kommen, müssen wir Stabselemente reduzieren und die Truppe stärken. Wir werden Dienstposten in den heute bestehenden höheren Stäben einsparen.
Die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung ist für uns die Messlatte. Diese gilt es zu erhalten.
Damit wir wieder zu einer besseren Balance kommen, müssen wir Stabselemente reduzieren und die Truppe stärken. Wir werden Dienstposten in den heute bestehenden höheren Stäben einsparen.
Mit Blick auf unsere Fähigkeiten will ich an dieser Stelle noch einmal ein Plädoyer für den im Eckpunktepapier erwähnten breiten Fähigkeitsmix abgeben. Wir sind Anlehnungsnation für unsere europäischen Partner.
Anlehnbarkeit bedeutet immer die Zusammenarbeit mit Partnern. Multinationalität ist für uns eine wesentliche politische Bestimmungsgröße, die sich im Denken, Handeln und auch in den Strukturen der Bundeswehr materialisiert.
Alle Maßnahmen des Eckpunktepapiers haben zum Ziel, dass die Truppe ihren Auftrag bestmöglich wahrnehmen kann.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Veranlassten einen weiteren Schritt machen, um nicht nur „geplant einsatzbereit“ zu sein, sondern mit guter Kaltstartfähigkeit aus der Grundgliederung heraus geschlossene Truppenkörper anbieten können.
Das Tempo der Umsetzung ist hoch. Das muss es aber auch sein, damit die Veränderungen schnell und spürbar in der Truppe ankommen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Veranlassten einen weiteren Schritt machen, um nicht nur „geplant einsatzbereit“ zu sein, sondern mit guter Kaltstartfähigkeit aus der Grundgliederung heraus geschlossene Truppenkörper anbieten können
Alle Maßnahmen des Eckpunktepapiers haben zum Ziel, dass die Truppe ihren Auftrag bestmöglich wahrnehmen kann.
Die Rede zum Nachhören:
• Aus der Podiumsdiskussion bei dieser Bundeswehrtagung ein Beitrag aus der Truppensicht – Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann, Kommandeurin des Logistikbataillons 172, schildert ihre Erwartungen an die Umstrukturierungen. Und dazu gehört auch (wenn auch nicht nur) eine Beschreibung der Wirklichkeit. Zum Beispiel, dass Planung und Bau einer Mehrzweck-Lagerhalle für ein Logistikbataillon seit zehn Jahren andauern…
• Wer die komplette Podiumsdiskussion nachhören will (den Anfang macht Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik; die weiteren Redner werden in der Moderation angekündigt):
(Foto: Panel auf der Bundeswehrtagung 2021, v.l.: Claudia Major, SWP; Generalinspekteur Eberhard Zorn; Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalleutnant a.D. und ehemaliger Beigeordneter NATO-Generalsekretär Heinrich Brauß; Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann, Kommandeurin Logistikbataillon 172; Moderator Klaus Schweinsberg; per Video zugeschaltet Gaby Dreo vom Forschungsinstitut Cyber Defence an der Bundeswehruniversität München und der niederländische Admiral Rob Bauer, künftiger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
Kernige Ankündigungen eines aufrechten GI.
Doch sein Truppenbezug ist auch ein Nachteil. Er ist schlicht politisch unerfahren. Diese gut klingenden Ankündigungen werden mangels politischer Unterstützung versanden. Ein Beispiel: Die unsäglichen, regelmäßig oberflächlichen Sprechblasen eines Herren Otte (CDU) sind so abgedroschen. Gleichermaßen substanzlos wie die Worthülsen der Opposition.
Auch die die durch den GI erwähnte Gleichrangigkeit mit Konfliktverhütung, Krisenbewältigung, Krisennachsorge und Stabilisierung wird rasch zu deutlichen Verwerfungen führen. Aus neuen Gefahren und Risiken werden wieder und wieder regionale Krisen entstehen, die dann konkrete und unmittelbar zu begegnenden Bedrohungen für die Interessen Deutschlands und die Sicherheit seiner Bürger darstellen werden.
Alles in allem – diese Bundeswehr ist „Dank“ ihrer politisch gewollten Nachrangigkeit weit weg davon, je wirklich abschrecken zu können. Weder Russland noch China nehmen Deutschland militärisch ernst. Was für die zählt, ist eine einsatzbereite, kampferfahrene Armee. Dazu zählt, ob wir es wollen oder nicht, Deutschland für diese beiden Länder schon lange nicht mehr. Von Bedeutung für die NATO ist doch der Aufbau/Erhalt eines schwierig zu ortenden und zu zerstörenden, redundanten Systems von zukunftsträchtigen Kernwaffenträgern. Dazu kann Deutschland doch nicht beitagen (außer ein paar Flugzeugen)
Worte helfen nicht, die schrecken nicht ab! Ankündigungen gab es genug. Auch frühere Minister und Generalinspekteure fanden markige Worte. Doch dabei bleib es.
Ich sehe schon, wie wie wir in 2-3 Jahren das jetzt noch als so unabdingbar und immer währende „Notwendige“ angesehene wieder (mal) zurückdrehen.
Stellen wir uns vor: In Russland hält dauerhaft echte Demokratie Einzug, die Ukraine wird EU Mitglied, die baltischen Staaten verbrüdern sich mit Belorussland. In Deutschland herrscht Meinungshoheit des neuen ‚ökologischen’ Pazifismus. Die UNO fordert vermehrt Einsätze in ALLEN Teilen der Welt, und so weiter, und so weiter.
Da stehen wir dann wieder da und finden, dass alles jetzt wieder „grundlegend“ anders werden muß.
AKK lässt kein aktuelles Thema aus. Die chinesischen blauen Männchen (für die mobilisierten Fischer Flottillen?) waren für mich als Begriff neu.
dez. Hinweis: Malfunction bei den rübergeretten Kommentaren. Sie werden nicht angezeigt.
[Mir schon. Cache geleert? T.W.]
Ein paar zugespitzte Gedanken zur Meta-Ebene:
Diese Veranstaltung hat einmal mehr den Stand der verteidigungspolitischen Diskussionskultur in Deutschland aufgezeigt. So lange derartige Veranstaltungen (von Bundeswehr, Atlantischer Gesellschaft, etc.) als Veteranentreffen zelebriert werden, wird dieser Stand genauso miserabel bleiben, wie er ist. Und dann kann es auch kein Lob für eine Moderation geben, die die kostbare Rede- und Fragezeit den Ehemaligen einräumt.
Zweite Erkenntnis: Es sind die Frauen, die die gemütliche Bräsigkeit aufzubrechen versuchen. Noch gelingt es den älteren Herren leider, sie zu ignorieren oder kleinzureden…
Claudia Major zerpflückt die strategische Selbstgefälligkeit. OTL Anja Buresch-Hamann leistet den Offenbarungseid für die operative und taktische Ebene.
Und während Frau Major als Antwort dann bekommt ‚So schlimm wird´s schon nicht werden.‘ (vom ehem. GenLt Heinrich Brauß), ist Frau Buresch-Hamann (auch als Vertreterin der aktiven Truppe) komplett aus der Diskussion raus.
Erinnert irgendwie an „Die Strategische Lage zum Jahresbeginn 2021“ der Atlantischen Gesellschaft, als Julia Berghofer die Selbstgefälligkeit und das Aphorismen-Dreschen der drei Herren störte…
https://ata-dag.de/veranstaltung/die-strategische-lage-zum-jahresbeginn-2021/
@K.B.
Ist mir auch aufgefallen. Leider ist es in meinen konservativen Kreisen üblich, über die Frauen zu schimpfen, die angeblich die Bundeswehr „kaputt gemacht“ hätten. Wenn ich das nächste Mal so etwas höre, werde ich auf dieses Video verweisen.
„Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen!“
Noch nie war die Bundeswehr weiter davon entfernt. Logistisch, mental, physisch, psychisch, …..
Das hätte mal aller Offenheit angesprochen werden sollen. Führungsprozess: 1. Lagefeststellung.
Insofern ist die „Verzwergung“ der Bundeswehr eine logische Konsequenz, die bedauerlich ist.
Mein Eindruck am Ende der Bundeswehrtagung: „die da oben“ leben in einem anderen Universum. Sowohl die Ministerin als auch der GI (der zum Ende etwas besser wurde) lasen ihre Scripte vor und wirkten hölzern, erkennbar in weiten Teilen nicht sattelfest und außerhalb ihrer comfort zone.
Die Diskussion war dann eher politisch und strategisch, durchaus interessant, aber die drängenden Probleme der Streitkräfte kamen nur am Rande vor, und dann ohne echte Kritik.
Mit Blick auf die Streitkräfte war das Mantra der Ministerin und ihres GI „Mehr Truppe weniger Stäbe“, „Truppenstrukturen stärken“, „organisiere dich wie du kämpfst“, „Einsatzbereitschaft erhöhen“ etc.
Konkret bedeutet das kurzfristig erst einmal -und das ist meine Interpretation der jetzt als Hochglanzbroschüre vorliegenden Eckpunkte und der dafür relevanten Tagungsinhalte- die folgenden quick impact projects:
– Aufstellung eines Weltraumkommandos –>Abgrenzung?
– Aufstellung eines Heeresführungskommandos 2.0–>what for?
– Aufstellung eines Doktrinzentrums an der Führungsakademie;Nutzen unklar, DEU hat alle Doktrinen/Vorschriften der NATO mitentwickelt, alle außer DEU nutzen sie auch
– Verschieben der Feldjäger und der ABCisten von der SKB zum Heer;dort entsprechende Kapazitätserhöhung J1, 4, 6, 8; im nächsten Schritt Zerschlagen der Kommandos und aufsaugen des Führungspersonals in das Kdo Heer oder das neue Kdo Landstreitkräfte
– Hochziehen des MN CIMIC Command von der Truppenebene auf Ebene Kdo Heer
– Verstärken der überdimensionierten 16 Landeskommandos (die bisher reine Verbindungsorgane sind) um eine Führungsfähigkeit, d.h. 16 zusätzliche Stäbe in der Fläche neben Flottillen, Geschwadern, Brigaden, Regimentern– what for?
– Aufstellen eines Stabes für den StvGI zur Führung der „Zentralen Streitkräftegemeinsamen Dienststellen“;noch nicht sicher, aber ist das nicht „SKB light“?
– Aufstellen eines Bundeswehramtes neben dem oder statt des Streitkräfteamt(s)
Vielleicht kann jemand mir mal erklären oder schönreden (sorry, couldnt resist), wie durch diese Maßnahmen „Mehr Truppe-weniger Stäbe, Truppenstrukturen stärken, Einsatzbereitschaft erhöhen“ erreicht werden.
Der Rest des ohnehin nicht so ambitionierten Eckpunktepapiers wurde ja jetzt qua Untersuchung in die nächste Legislatur geschoben, dabei so „big rocks“ wie die Unterstellung von Sanitäts-, Logistik, Führungsunterstützungskräften unter das Heer und die Verwendung des Rests der freifallenden Dienststellen. Am Rande: der Bereich LogKdo ist n.h.K. größer als der Dimensionsbereich CIR.
Die ständige Wiederholung des „geplant einsatzbereit sein“ als etwas Schlechtes verkennt zwei Dinge: zum einen wurde der NATO Long Term Commitment Plan eigens geschaffen um Mitgliedstaaten wie DEU dazu zu bringen wenigstens einmal alle paar Jahre schnell verfügbare einsatzbereite Kräfte zur Verfügung zu stellen; und zum zweiten ist diese schnelle Verfügbarkeit ja trotz markiger Ankündigungen (eigene Vollausstattung und so) für die VJTF-Brigade 2023 wieder nicht vollumfänglich gelungen. Wie sollen wir es denn schaffen, ständig Kräfte (in ungenannter Stärke) aller vier Dimensionen einsatzbereit zu haben? Ich finde die Absicht gut, allein mir fehlt der Glaube.
Eine positive Nachricht von der Tagung: irgendjemandem in der kleinen Eckpunkte-Scripting-Community ist nach dem 18.05.2021 aufgefallen (besser spät als nie), dass im Eckpunktepapier NULL Vorkehrungen für Jointness aka Multidomain Ops aka Streitkräftegemeinsamkeit oder gar Bundeswehrgemeinsamkeit getroffen wurden. Das wird jetzt auch untersucht wie der GI sagte (und vielleicht wird dann ein weiterer Stab aufgestellt).
Eine letzte Beobachtung: Die Angehörigen 87 b vom BMVg abwärts sitzen höflich lächelnd dabei und sehen zu wie die Ministerin und der GI die Streitkräfte zerlegen.
BMVg und zivile OrgBer werden dann zu einem späteren Zeitpunkt hinsichtlich der Verfahren und Prozesse untersucht…., vielleicht gibt es auch eine Abschichtung von Aufgaben….
Ich dachte, naiv wie ich bin, dass das BMVg und die zivile Seite der Bundeswehr keinen eigenen Daseinszweck haben, sondern in erster Linie dafür sorgen, dass die Streitkräfte optimal wirksam werden können.
[Sie hatten da merkwürdige Formatierungsbefehle und Sonderzeichen drin, die alles etwas zerschossen haben. Habe die mal rausgenommen und hoffe, es stimmt jetzt alles… T.W.]
Frau OTL Buresch-Hamann hat u. a. einen ganz wesentlichen Aspekt hinsichtlich Zukunftsfähigkeit der T r u p p e angesprochen: Ist das derzeitige Modell des SaZ sowie BS zeitgemäß oder sollten hier andere Modelle angedacht werden! Genau so! Denn wenn die Soldatenlaufbahnverordnung bzw. die entsprechenden Vorschriften nicht geändert werden, passt die ganze Reform nicht, es sei denn – wie ein Forist in einem anderen Faden sinngemäß geschrieben hat – man möchte zukünftig einen OTL, zwei Leutnante und fünf Hauptfeldwebel auf einem Boxer (Kampftruppe) sitzen haben. Die Stäbe sollen ja angeblich (dauerhaft) verschlankt werden!
Es bleibt spannend!
Irgendwie kann ich nicht wirklich sehen wie hier Lage, Auftrag, Durchführung zusammenpassen.
Als erhebliches neues Problem wird durch die Ministerin die Lage in Osteuropa (mehr Fähigkeiten Russlands in 20 Großverbänden im Militärbezirk West, wachsende Präsenz von Russland in Belarus, einschl. einer dauerhaften Präsenz) angesprochen.
Die Ministerin und der GI fordern daher einsatzbereite Großverbände (Auftrag).
Die Priorität bei der Beschaffung (Durchführung) liegt jedoch bei FCAS usw.
Absehbar ist, dass deswegen genau die Verbände nicht einsatzbereit sein können.
@sailor195: Volltreffer Mittschiffs. Die militärische Bendlerblase findet kein Gehör in der Waschmaschine (Berliner nickname fürs Kanzleramt) und die Debatten im Block finden unterhalb einer strategischen Wahrnehmungsebene – von was und wem auch immer – statt. NICHT MAL das ZMSBw und GIDS liefern politisch Verwertbares oder historisch Aufklärendes für LV/BV. Und das Heer will demnächst eine Operative Leitlinie verkünden. In welchem Theater findet die Komödie statt, oder ist es ein Trauerspiel???? (Und über die MdB’s sage ich lieber gar nichts.) Keiner hat den Führungsprozess verstanden und mir wird nur schwindelig.
Zu den Fähigkeiten zukünftiger Akteure in Kriegen und Konflikten gehören u.a. die militärischen Systeme der Staaten mit ihren Führungssystemen, Nachrichtengewinnungs und Aufklärungssystemen, ihren Waffen und Wirkmitteln sowie ihren logistischen Systemen. Technischer Fortschritt ist ein wichtiger Treiber für zukünftige Kriege. Hybride Akteure fordern uns ausserhalb bisheriger Denkmuster heraus.
Krieg ist zum Begriff ohne klare Abgrenzungen geworden. Seine Zukunft wird daher eher bestimmt sein durch die fortschreitende Involvierung irregulärer Akteure und die dynamische Weiterverbreitung von Technologie, mit welcher immer schon Überlegenheit angestrebt wurde.
Das Verständnis von Streitkräften und Mitteln müsste grundlegend neu definiert und durch die Dimensionen interdisziplinärer und hybrider Bedrohungs- und Machtformen erweitert werden.
Umfangreiche Forschung und Entwicklung hat einen himmelwärts wachsenden Markt in mehrere innovative Richtungen erstellt. Zum Beispiel wird die Nachfrage nach Raketen voraussichtlich durch interne als auch externe Sicherheitsbedrohungen, Gebietsstreitigkeiten und Modernisierungsinitiativen von Streitkräften auf der ganzen Welt durchgeführt werden.
Also sind leistungsfähige Raketenabwehrsysteme zu berücksichtigen.
Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich die alten Herren aus Zeiten des Kalten Krieges, vor allem beim Heer im Aufwind befinden. Alles so wie damals, halt ein bisschen moderner. Hightech-Armee Bundeswehr z.B. mit einem HFüKdo 2.0? Wie war es doch alles so klar, im Denken der Panzerschlachten in Norddeutschland. Wir gewinnen mit dieser ja nicht Reform genannten Reform nicht den zukünftigen Krieg, sondern lassen alte Denkmuster wieder aufleben. Ein bisschen aufgehübscht mit Digitalisierung und CIR.
GI: „mit guter Kaltstartfähigkeit aus der Grundgliederung heraus geschlossene Truppenkörper anbieten können“.
Die „Kaltstartfähigkeit“ (GI: Readiness von geschlossenen Verbänden) entwickelt sich zum neuen Schlagwort zur Kurzbeschreibung operativer Absicht für Großverbände.
Fast gleichlautend äußerte sich der InspH am 08.06.21 bei einer online-Diskussion der GSP.
Die Forderung dazu lautet „Kaltstartfähigkeit = aus sich heraus handlungsfähig werden“.
Bedingung ist der Umbau der Brig und Div zu „kohäsiven“ Großverbänden. Obige Aussage des GI, „geschlossene Verbände“, muss auf die Großverbandsebene bezogen gelesen werden, denn, Btl und Rgt stellen nur im Verbund ihres Großverbandes eine Größe dar.
Deutsche Großverbände müssen dazu eine konventionelle Eskalationsfähigkeit abbilden, was zuvorderst sofort einsatzfähige, also kampfbereite, Panzerverbände bedeutet.
Das Heer als Ganzes wird ausgerichtet auf Kriegsfähigkeit und Siegfähigkeit.
Anderes ist sinnlos.
„Kohäsive“ Großverbänden, bedeutet?
Zumindest die Brigaden sind „im Raum“ zusammenhängend und zusammenhaftend zu dislozieren! Eine mechBrig, deren Bataillone sich im Radius von 150 – 200 km aufgliedern, können kaum gemeinsame Kaltstartfähigkeit entwickeln.
Daraus folgt, unausgesprochen, die Forderung nach Großstandorten angelehnt an geeignete Übungsräume: Bergen-Munster, Senne, Klietz-Letzlingen-Altmark, Altengrabow-Oberlausitz, auf alle Fälle für die mechBrig.
Es muss sich einfach etwas in der Grundhaltung zu unserer Bundeswehr ändern. Die Truppe braucht vor allem Anerkennung für ihre Leistungen und sie braucht den Rückhalt aus der Bevölkerung und der Politik. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee aber Parlament und Regierung tun so, als wäre sie nicht da. Ich denke da an das peinliche Verhalten unserer Regierung, den Einsatz in Afghanistan unter keinen Umständen als Kampfeinsatz bezeichnen zu wollen.
Wenn man Soldaten schon in den Einsatz schickt, dann sollte man auch einen klaren Plan haben und den Soldaten einen klaren Auftrag geben. Und dann hat man ihnen auch den Rücken zu stärken, wenn der Einsatz schwierig wird.
Afghanistan und auch der Einsatz in Mali kranken an denselben Problemen. Die Regierung schickt Truppen, um sich gegenüber den Verbündeten nicht zu isolieren, nicht aber, weil man von der Sinnhaftigkeit ernsthaft überzeugt wäre.
Die „Bedrohungsanalyse“ von AKK zeigt eigentlich nur dass es keine unmittelbare und ernstzunehmende Bedrohung für die Bundesrepublik gibt. Besser so als anders. Die von AKK vorgeschobenen Argumente zählen wenig. Aus dem simplen Grund, weil uns die Ukraine genausowenig was angeht, wie Georgen oder Belarus. Und vermutlich hätte man auch überhaupt keine Probleme mit Russland, wenn die NATO, wie vor Jahren einer russischen Regierung versprochen, sich nicht nicht nach Osten ausgedehnt hätte.
Wenn aber keine unmittelbare Bedrohung existiert, außer der Bekämpfung von Katastrophenfolgen, dann bleibt nur die gemeinsamen Verteidigung von Verbündeten im V-Fall. Wäre die jetzige Bundeswehr mit ihrer Materialrochade dazu fähig? Unsere Verbündeten bezweifeln das ziemlich offen.
Und leider reicht der Rückhalt aus der Politik nicht mal so weit. Ich habe nicht den Eindruck, dass selbst die Soldaten, die im Rahmen von UN-Missionen entsandt werden, besondere Wertschätzung erfahren. Bei unseren Nachbarn und Verbündeten sieht das völlig anders aus.
Solange Regierung und Parlament so tun, als wäre die Bundeswehr etwas, dessen man sich schämen muss, solange wird es auch immer schwierig bleiben, die Milliardenzu rechtfertigen, die man für ihren Unterhalt ausgibt. Ein deutliches Zeichen wäre auch, wenn man die Verantwortung für die Bundeswehr einer sachkundigen Persönlichkeit (Formulierung bewusst geschlechtsneutral) überträgt. Der letzte VM, dem man Sachkunde attestieren konnte, war ein Herr Wörner.
Vielleicht legt ja der/die nächste Kanzler(in) mehr Wert auf Sachkunde bei der Ministerwahl. Die Hoffniung stirb zuletzt.
@Sailor 1995 sagt: 11.06.2021 um 17:00 Uhr
„– Aufstellen eines Stabes für den StvGI zur Führung der „Zentralen Streitkräftegemeinsamen Dienststellen“;noch nicht sicher, aber ist das nicht „SKB light“?“
Ja, natürlich. Es war doch jedem klar, dass es so etwas (oder zumindest so etwas ähnliches) geben wird.
Es gab diese zentralen Dienststellen schon immer! Früher hießen sie halt ZMD. Die Frage ist nicht, ob es die gibt, sondern wie groß sie sind und ob sie ein „Eigenleben“ entfalten dürfen (wie es die SKB als eigener OrgBer konnte und durfte).
Das gleiche gilt für ZSan. Es gab schon immer einen streitkräftegemeinsame Sanität und wird diese auch weiterhin geben. Die Frage ist halt: Wie groß und wackelt der Schwanz mit dem Hund oder umgedreht…
Zu den blauen Männchen.
Frau AKK folgt einem alten bundesdeutschen Muster.
Deutschland beugt sich allzu oft unreflektiert den Interessen der USA.
Nun folgen wir wieder ziemlich hörig den im Kern egoistischen US-Bemühungen um eine Anti-China-Koalition. Es geht im Kern um Bedrohung der amerikanischen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen. Also! Amerikanisch! Wirtschaft. Das sind die Schlüsselwörter.
Der wirtschaftliche Aufstieg, ich wiederhole der wirtschaftliche(!) Aufstieg, Chinas hat natürlich das Kräfteverhältnis in der Welt verändert. Die ökonomische und technologische Vorherrschaft der USA und ihre Rolle als alleiniger Supermacht gehören der Vergangenheit an. Es gibt auch nicht mehr eine eindeutige militärische Überlegenheit der USA in der Region um China. Die chinesische Aufrüstung hat dazu geführt, dass die USA ihren Verbündeten in der Region nur noch schwer zu Hilfe kommen könnten.
Damit hat die USA in ihre Supermachtrolle ein großes Problem und nur über viele Umwege kommen wir zu den Interessen der NATO.
Klar ist doch, dass China keine Krieg führen muß und möglicherweise auch gar nicht will, um seinen Einfluß in der Welt zu erweitern. Das sehen wir seit Jahren und haben auch immer schon mitgemacht. Da konnte man prima Geld verdienen!
Wir haben ein fast Jahrzehnt gebraucht, um die grünen Männchen zu verdauen. Geschafft haben wir real nicht viel. Ein für LV/BV nahezu ungeeignete BW, seit Jahren wissen wir das. Übrigens immer schön mit einem CDU BM! Welcher Partei gehört AKK an?
Also sollten wir mal wieder versuchen das verschüttete Prinzip der Einheit von ‚Auftrag – Ziel – Mittel – Weg‘ zu widmen anstatt von blauen Männchen zu schwatzen.
Ich frage mich, wer so etwas einer BM aufschreibt, wie weit muss man entrückt sein?
Wenn man das im Politbüro in China liest, lachen die sich kaputt. Wenn das der Putin liest, sagt er, weiter so Deutschland. Diese Bundeswehr kann sich so wunderschön mit sich selbst beschäftigen. Die sorgt mit ihren verkalkten, stabs- und HQ lästigen Strukturen schon dafür, dass es wohl einsatzbereite Großverbände nur auf dem Papier geben wird. Schmankerl, für eine InstHalle brauchen die Deutschen 10 Jahre, passt zum Hauptstadtflughafen.
China rückt nun mit Milliarden in Afghanistan ein. Ohne blaue Männchen schaffen sie da Fakten, während die USA kleinlaut abziehen.
Übrigens! Gab es nicht vor kurzem eine intensive Zusammenarbeit ZSan mit chinesischen Streitkräften? Hat sich da nicht ein InspSan Sporen verdient? Kann man ja mal in die Suchmaschine eingeben. Gibt es prima Bilder und Artikelchen.
Na ich kenne schon die Antwort von den Foristen mit BMVg Bezug: Da gab es noch keine blauen Männchen. Überraschung! Wie damals auf der Krim.
@Schlammstapfer sagt: 11.06.2021 um 19:04 Uhr
„Die „Bedrohungsanalyse“ von AKK zeigt eigentlich nur dass es keine unmittelbare und ernstzunehmende Bedrohung für die Bundesrepublik gibt. Besser so als anders. Die von AKK vorgeschobenen Argumente zählen wenig. Aus dem simplen Grund, weil uns die Ukraine genausowenig was angeht, wie Georgen oder Belarus. Und vermutlich hätte man auch überhaupt keine Probleme mit Russland, wenn die NATO, wie vor Jahren einer russischen Regierung versprochen, sich nicht nicht nach Osten ausgedehnt hätte.“
Das kann ich so nicht teilen. Natürlich geht uns die Ukraine etwas an. Ganze pragmatisch weil wir einen stabilen
Nachbarstaat zu den EU Staaten Polen und Rumänien brauchen und ideell, weil wir eine Gesellschaft unterstützen sollten, die sich aktiv und unter Bedrohung für Freiheit, Demokratie und für die Hinwendung zu Europa entschieden hat.
Und die Behauptung, dass wir ggü. RUS wortbrüchig geworden wären ist ziemlich durchschaubare Kreml-Propaganda.
Werthaltungen militärischer Führungskräfte in Spitzenverwendungen, wo sind sie hin?
Eine solche, für den Hauptauftrag nicht einsatzbereite Bundeswehr entsteht nicht von allein.
Wer steht für diese Fehlentwicklungen ein?
Ehe es kommt, nein, nicht alles hat die Politik vermasselt. Ganz viel haben die Generale selbst verbockt!
Ich habe gelernt:
Die Verantwortung des Offiziers versteht sich im Spannungsfeld zwischen dem militärischen Auftrag und der Truppe. Einerseits ist der Offizier an das Primat der Politik und den von den ihr erteilten Auftrag gebunden. Anderseits ist der Offizier für das Wohlergehen der ihm anvertrauten, unterstellten Soldaten verantwortlich.
Wohlergehen! Ab einer bestimmten Ebene wird in der heutigen Zeit allerdings Verantwortungsübernahme durch Moralisieren ersetzt. Manche nennen es schwafeln.
Macht alles nichts, die nächste Beförderung steht bald ins Haus. Bezüge stimmen.
Beamtenmentalität bei Generalen, ist das nicht die Wahrheit?
@KPK:
Diese Ansätze sind selbstverständlich richtig und zu begrüßen.
Was jedoch nicht deutlich gesagt wird:
Zu einsatzbereiten Brigaden oder gar Divisionen wird es ohne erhebliche Steigerung des Verteidigungshaushaltes auch in 10 Jahren nicht kommen.
Was auch hier in der Debatte oft untergeht ist die hauhalterische Realität.
Mit der nun politisch gewollten Realisierung von großen Prestigeprojekten (insbesondere FCAS) ist auch der letzte finanzielle Spielraum bis 2030 (!) aufgebraucht.
Diese Projekte müssen trotz der geplanten Steigerung des Finanzplanes (4 Mrd. bis 2025) auch aus dem Einzelplan 14 finanziert werden. Dies bedeutet das viele kleine und mittlere Vorhaben gestrichen werden müssen, obwohl auch die Ministerin deren Bedeutung betont.
Damit werden die Landstreitkräfte nicht nur auf der Stelle treten, sondern Fähigkeiten verlieren.
Heute war aber auch zu hören, dass die NATO weiterhin insbesondere den zugesagten deutschen Beitrag bei Landstreitkräften fest einplant.
Auftrag, Kräfte und Mittel sind in der Dimension komplett auseinander gestiftet.
Es wird halt nur nicht immer deutlich gesagt.
Da bleiben dann kohäsive Großverbände eine Illusion, die sich aber natürlich in Sonntagsreden gut anhört.
Der Bundesregierung und der Koalition sind offenbar Prestigeprojekte und (maritime) Industriepolitik wichtiger als einsatzbereite Streitkräfte zur Abschreckung in Europa.
@K.P. sagt: 11.06.2021 um 20:03 Uhr
„Macht alles nichts, die nächste Beförderung steht bald ins Haus. Bezüge stimmen.
Beamtenmentalität bei Generalen, ist das nicht die Wahrheit?“
Ja genau. Alle korrupt und/oder inkompetent und/oder rückgratlos. Gut das das endlich mal jemand sagt.
Noch mehr Stammtischparolen gefällig?!
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 11.06.2021 um 18:56 Uhr
„Das Heer als Ganzes wird ausgerichtet auf Kriegsfähigkeit und Siegfähigkeit.“
Sind sie sicher, dass diese Sprache angemessen ist?
So richtig es sein mag, möglicherweise innerhalb von Streitkräften sein kann, von „Sieg“ zu sprechen, ist der Umgang mit „Sieg“ in unserer Gesellschaft vorsichtig einzusetzen.
Politisch festgelegt ist die defensive Struktur unserer Streitkräfte. Die Bundesrepublik Deutschland verfolgt gemeinsam mit ihren Verbündeten in der NATO als sicherheitspolitisches Ziel,
einen Krieg zu verhüten und den Frieden in Freiheit zu bewahren. “Der Soldat ist gezwungen, sich gedanklich und in der täglichen Ausbildung mit der Anwendung von Gewalt zu beschäftigen, auch wenn er die Gewalt nicht anwenden möchte … kämpfen können heißt noch nicht kämpfen zu wollen“ (der ehemalige Generalinspekteur Ulrich de Maiziere). Was für eine kluge Aussage.
Somit ist die Bundeswehr hauptsächlich eine Verteidigungsarmee, die die Unversehrtheit des Territoriums sowie die Freiheit der Eigenentwicklung des politischen Systems gewährleisten soll.
Das Grundgesetz bestimmt in Art. 87a Abs. 1: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Somit genießt der Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung Verfassungsrang.
Gleichwohl ist aktuell die Bundeswehr für ihren Verfassungsauftrag in Gänze nicht einsatzfähig.
So weit zur Ausgangslage.
Bekannt ist, dass der Kommandeur der 1. Panzerdivision Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart schreibt: „Wir müssen uns am scharfen Ende unseres Berufes, der Einsatz und Kriegstauglichkeit, der Durchhaltefähigkeit mit dem unbeugsamen Willen zur Durchsetzungs- und letztendlich Siegfähigkeit messen lassen.“
Mit Blick auf unsere Geschichte aber auch unserem Grundgesetz rege ich an, Sprache vorsichtiger einzusetzen. „Siegfähigkeit“ der Wehrmacht“, „Siegfähigkeit“ Deutschlands in zwei Weltkriegen. Damit will niemand eine Verbindung herstellen. Auch ein sprachlichen Zusammenhang zwischen militärischem Potential und einem damit verbundenem politischen Druckpotential, auch als Instrumentarium direkter militärischer Intervention sollte durch sprachliche Überbetonung militärischer Siegfähigkeit eher vermieden werden. Mit Blick auf die von den USA, einer Demokratie, begonnenen Kriege, hat sprachliche Sorgfalt für eine Demokratie wie Deutschland ein besonderes Gewicht.
Mit Sprache können wir die Welt nicht nur beschreiben, sondern auch ein wenig verändern oder „erschaffen“. Was wir sagen und wie wir etwas sagen, ist nicht gleichgültig!
Sprache ist das konstitutive Element sowohl für Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse als auch die Stabilisierung dieser Verhältnisse. Bundeswehr ist Teil der Gesellschaft, ob es Soldaten gefällt oder nicht. Unsere Gesellschaft braucht keine Überbetonung von „Siegfähigkeit“!
Zusätzlich erwähne ich, dass der desolate Zustand der Bundeswehr es einfach lächerlich erscheinen läßt, solche überzogene Sprache zu verwenden. Denn rein formal gesehen, fehlt der Bundeswehr jegliche Grundlage militärischer Siegfähigkeit. Also auch formal ist die Verwendung solcher Parolen nicht gerechtfertigt.
Koffer sagt am 11.06.2021 um 20:55 Uhr
…..„Macht alles nichts, die nächste Beförderung steht bald ins Haus. Bezüge stimmen. Beamtenmentalität bei Generalen, ist das nicht die Wahrheit?“….
„Ja genau. Alle korrupt und/oder inkompetent und/oder rückgratlos. Gut das das endlich mal jemand sagt….
Noch mehr Stammtischparolen gefällig?!“
Ich finde es gut, dass man hier auch mal Klartext redet. Das ihnen das nicht gefällt, ist hinzunehmen und überrascht nicht.
Beamtenmentalität, Dienst nach Vorschrift und teilweise als sinnlos empfundene Aufträge gibt es allerdings zahlreich. In der Bundeswehr und natürlich im BMVg. Wegschauen hilft nicht! Das als Stammtisch zu qualifizieren spricht für persönliche Betroffenheit, hilft aber auch nicht.
In Zukunft bitte deutlich weniger Bürokratie und Beamtenmentalität und wieder mehr echte, militärische Führungskultur!
@Koffer:
Ich fand in der Bedrohungsanalyse die Sucht auf Belarus interessant (wurde hier ja schon diskutiert). Offensichtlich geht man im BMVg (und auch im AA und Kanzleramt?) davon aus, dass Russland so starken Einfluss auf Belarus hat, dass die russischen Streitkräfte bald Belarus nicht nur als Aufmarschgebiet, sondern auch als Stationierungsort verwenden können.
Dies wird – naheliegenderweise – als eine wesentliche Verschlechterung der Lage der baltischen Verbündeten bewertet.
Die Ukraine sollte da eine deutlich nachgeordnete Rolle spielen – was bisher in manchen Äusserungen nicht so deutlich rüber kam.
Aber was bedeutet das praktisch?
Eine Verstärkung der Präsenz im Baltikum?
Mit welchen Kräften auch immer.
GenLt a.D. Brauß hat derlei Anfang des Jahres vorgeschlagen:
https://dgap.org/en/research/publications/russias-strategic-interests-and-actions-baltic-region
Leider erreichte auch heute die Diskussion nicht diesen Tiefgang und den notwendigen Realismus im Bereich „Durchführung“.
Irgendwie bezeichnend.
Wo soll derlei denn stattfinden, wenn nicht bei der Bundeswehrtagung?
@Klaus Ährbach sagt: 11.06.2021 um 22:17 Uhr
„Ich finde es gut, dass man hier auch mal Klartext redet.“
Das ist nicht Klartext sondern dumpfes „die da oben“ Geschimpfe. Ohne Subtanz und ohne Eleganz.
„In Zukunft bitte deutlich weniger Bürokratie und Beamtenmentalität und wieder mehr echte, militärische Führungskultur!“
Kein Widerspruch, aber das fängt nicht beim General an, sondern bei jedem selbst, ich kenne genügend „beamtigere“ StFw/OStFw und Oberstlt EdeKa einerseits und genügend entscheidungs- und führungsstarke Generale andererseits.
Zu behaupten „die da oben“ sind wahlweise inkompetent oder pflichtvergessen aus Karrieregeilheit oder oder aber, „wir hier unten“ sind pflichtgetreu und voller Spannkraft ist nicht nur Unfug, sondern auch unkameradschaftlich.
@Memoria sagt: 11.06.2021 um 22:35 Uhr
„Wo soll derlei denn stattfinden, wenn nicht bei der Bundeswehrtagung?“
Ja, könnte man auf der Bundeswehrtgung machen, muss nicht dort sein, könnte aber dort sein.
Die verstärkte Orientierung der USA in den pazifischen Raum wird von der Biden-Administration mit wachsender Vehemenz weiter verfolgt:
https://augengeradeaus.net/2021/05/entwurf-fuer-den-us-verteidigungshaushalt-753-mrd-us-dollar-112-mrd-fuer-forschung-und-entwicklung/comment-page-2/#comment-364068
Was Deutschland weiterhin fehlt ist eine sinnvolle Balance zwischen der Erfüllung der NATO-Zusagen in Europa und einer vernünftigen Rolle im Indo-Pazifik.
Die Ministerin redet ja fast nur noch von China und dem Indo-Pazifik und verwendet auch viel Zeit auf das Thema. Primär ist das jedoch eine Aufgabe für das Auswärtige Amt.
Viele Verteidigungsminister spielten aber gerne Neben-Außenminister, da dies offenbar angenehmer ist als die praktischen Probleme der eigenen Organisation wirklich zu lösen.
Vielleicht wäre ein Besuch im Baltikum aktuell eher sinnvoll, auch um die Aufmerksamkeit auf die Situation in Osteuropa zu lenken.
Spätestens kurz vor der Bundestagswahl wird das Thema wieder absehbar mediale Aufmerksamkeit erlangen, denn dann findet die Großübung Zapad-21 in Russland und (!) Belarus statt.
Wie oben schon erwähnt fehlt mir eine wirkliche Strategie im BMVg.
Wir springen irgendwie nur immer neuen politischen und militarischen Trends hektisch hinter her, anstatt mal irgendetwas ernsthaft zu machen (politisch: Auslandseinsätze, LV/BV, Indo-Pazifik; militarisch: NetOpFü/EBO, COIN, MDO).
Ob da ein neues Doktrinenzentrum wirklich hilft?
Gleichzeitig leeren multinationale Großprojekte den Haushalt.
Diese ganzen offensichtlichen Widersprüche erfahren aber eigentlich keine Aufmerksamkeit in der Politik und Öffentlichkeit.
Es wird weiter vor sich hin gewurschtelt – man sollte aber nicht glauben, dass in Osteuropa und Russland die wirkliche Lage der deutschen Verteidigungspolitikspolitik ebenso naiv bewertet wird wie im Inland.
Aber wir sind ja nach den Reden weiterhin Ablehnungsnation.
Man sollte sich aber an einen morschen Ast vielleicht nicht zu sehr anlehnen.
@Schlammstapfer und andere : Es gab keine Versprechen des Westens, dass sich die NATO nicht nach Osten erweitert!
Nehmen Sie dies zur Kenntnis und lesen Sie den nachfolgenden Bericht :
https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2018/nato-osterweiterung-gab-es-westliche-garantien
Aus einem neuen Papier von GenLt a.D. Brauß et al:
„Should military cooperation between Moscow and
Minsk be further enhanced and lead to permanent
stationing of Russian ground and air forces in Belarus,
this would significantly change the regional military
equation. NATO would then need to consider further
strengthening its forward presence and should undertake appropriate advance planning. In this context,
the provisions of the NATO-Russia Founding Act, to
which the alliance is still committed although Russia
has comprehensively violated it, leave considerable
room for upgrading the eFP battle groups up to reinforced mechanized brigades.15“
https://www.gmfus.org/publications/next-steps-nato-deterrence-and-resilience, S. 8
Das zeigt vielleicht plastischer die Dimension der möglichen Lageänderung.
Denn wenn die Abschreckung verstärkt werden sollte, dann werden sich viele Blicke in der NATO dabei auf Deutschland richten.
Es muss nicht so kommen, aber wenn es so kommt, dann sind wir auch dann knapp 10 Jahre nach der Krim erneut überfordert.
Schon eine echte Zertifizierung der NATO Readiness Initiative wäre ja eine erneute Blamage.
Wir kratzen die Reste des Materials der VJTF 2023 dann wieder zusammen (Läusekamm) und feiern und dafür.
@K.P. und @Klaus Ährbach:
Dass unsere Spitzenmilitärs immer noch von einigen Foristen in Schutz genommen werden und Kritik an deren Mitwirken beim Niedergang der Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte als „Stammtischparolen“ abgetan wird, ändert nichts an deren klarer Mitverantwortung für den desolaten Zustand der Bw. Hinter diesen Flaggoffizieren stehen zudem jede Menge „Zauberlehrlinge“,
die zur Förderung der eigenen Karriere ihren Herrn willig nachplappern, statt ihnen klarzumachen, dass manche (gutgemeinte?) Idee nur auf dem Papier funktioniert. Habe selbst Ende der 80er-Jahre im BMVg erlebt, wie abschätzig man auf dem damaligen „Berg der Erleuchtung“ in Bonn über die Truppe dachte. Dieses Denken dürfte sich im Bendlerblock in den letzten 40 Jahren nicht wesentlich zum Besseren verändert haben. Schließlich ziehen die Flaggoffiziere nur solche Stabsoffiziere nach sich, die immer noch eine 80-Prozentlösung finden, statt zuzugeben, dass Aufträge ohne entsprechende Mittel nicht durchführbar sind. Diejenigen, die sich das trauen werden schnell als Querulanten abgestempelt und haben „EdeKa“.
@Otto Meinfeld
Danke für den Hinweis zur Sprache der Bundeswehrführung.
Bundeswehrtagung: Schöngeredete Mängel und Worthülsen, anstelle Aufdeckung zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Verblüffende, im Grunde substanzlose Schlagwörter als Hülle!
Klarheit ist in der Rhetorik desBMVg ebenso Mangelware wie Unverwechselbarkeit. Offenbar greifen Generäle nun in den gleichen in den gleichen Textbaukasten wie die Politiker, um ihre umständlichen Satzgebilde zu errichten.
Reden, ohne etwas zu sagen: Kaum eine Gruppe hat das mittlerweile so perfektioniert wie Generäle der Bundeswehr.
Oder etwas so auszudrücken, dass es nicht verstanden wird – beziehungsweise nicht verstanden werden kann oder soll. Steckt dahinter vielleicht ein System?
Es erinnert an kommunistische Länder, wenn NICHTS funktioniert dann hat man sprachlich auf den Putz geschlagen!
So wurden die verbalen Propagandaschlachten im Kalten Krieg mit manchmal ganz flachen Worthülsen geführt. Statt politischer Debatten werden Worthülsen des Sozialismus wiedergekäut.
Jetzt also die SIEGFÄHIGKEIT der Bundeswehr!
Allein der materielle Zustand der Bundeswehr spricht Bände.
Es sollte besser statt markiger Worte die Eruierung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr hinsichtlich der geforderten Aufgaben im Mittelpunkt stehen.
Sind die Streitkräfte in ihrem gegenwärtigen Zustand den neuen Herausforderungen gewachsen? Dabei ist die Frage zu klären, ob Deutschland seinen Verpflichtungen nachkommen kann und wo Nachholbedarf besteht.
Dieser kritischen Würdigung müssen neben den strategischen Planungen vor allem die technischen, personellen, logistischen und finanziellen Aktiva unterzogen werden. Es ist zu prüfen, ob die Bundeswehr als eine moderne Armee, die den Anforderungen der Politik und Bündnispartner gerecht wird, gelten kann.
Wie sehr liegen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, wenn es um die Frage nach schneller, flexibler Truppenverlegung, zeitgemäßer Ausbildung oder für den Einsatz geeigneter Ausrüstung geht?
Kann man von einer zukunftsfähigen Armee sprechen?
Wie vermag die Deutschland den Verbindlichkeiten gegenüber den Bündnispartnern in der Europäischen Union und NATO nachzukommen?
Welche Lehren hat BMVg aus den Einsätzen gezogen?
Wie ist die Meinung der Soldaten über den Stand der Bundeswehr?
@Lucky.Sailor sagt: 12.06.2021 um 7:43 Uhr
„Dass unsere Spitzenmilitärs immer noch von einigen Foristen in Schutz genommen werden und Kritik an deren Mitwirken beim Niedergang der Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte als „Stammtischparolen“ abgetan wird, ändert nichts an deren klarer Mitverantwortung für den desolaten Zustand der Bw. Hinter diesen Flaggoffizieren stehen zudem jede Menge „Zauberlehrlinge“,“
Ah, jetzt also trash-talk nicht nur über die Generalität, sondern auch über GenStOffz per se. Man könnte fast meinen, dass das jetzt Neid aus Ihnen spricht.
Wenn Sie sachlich-faktische Kritik haben, bin ich interessiert (und mal ganz ehrlich gibt ja derzeit genug Punkte, die zu kritisieren sind!), aber pauschale Verunglimpfungen Kameraden sind für mich ein no-go :(
Otto Meinfeld sagt: 11.06.2021 um 21:58 Uhr
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 11.06.2021 um 18:56 Uhr
„Das Heer als Ganzes wird ausgerichtet auf Kriegsfähigkeit und Siegfähigkeit.“
?
Danke für Ihre Erwiderung, ich hatte schon nicht mehr mit Contra-Reaktion gerechnet, was erfreulich gewesen wäre, da „Kriegsfähigkeit und Siegfähigkeit“ Bedingungen für das Bestehen von Streitkräften sind, welchem Zweck sollten sie sonst dienen?
Wird das glaubhaft mit Truppe, in Doktrin und Ausbildung und Aufstellung dargeboten, funktioniert Abschreckung nachhaltig. Und erfolgreiche Abschreckung ist doch NATO und Bw- Absicht, oder? Dass wir dazu noch gewaltige Schritte voranschreiten müssen, steht auf einem anderen Blatt. Wie Sie zutreffend ausführten „Mit Sprache können wir die Welt nicht nur beschreiben, sondern auch ein wenig verändern oder „erschaffen“. Exakt, mit Ehrlichkeit zum Daseinszweck von Truppe eben.
Diese Sprache erachte ich also nicht nur als unbedingt angemessen, sondern als uneingeschränkt erforderlich.
Wenn der ex-IBuK KTzG eine positive Leistung erbracht hat, dann den der Nutzung der Vokabel „Krieg“ in Bezug auf Afghanistan. Obige Begriffe als Selbstverständlichkeit für das Wesen von Streitkräften schließen hier nahtlos an.
Danke also an GenLt Mais, InspH, der die Formulierung in jüngster Zeit verschiedentlich verwendete, zuletzt am 08.06.21 bei der GSP in Berlin.
Ich gestehe also, Copyright beim InspH. Danke Herr General.
@abduri07:
Anspruch und Wirklichkeit sind immer mehr entkoppelt und es wird in einigen Bereichen bald noch schlimmer werden.
Die Truppe leidet darunter extrem.
Politik und militarische Führung versuchen dies allzuoft schön zu reden.
Das hat System, es wird eine ungenaue Sprache verwendet, damit die wahren Gegebenheiten nicht zu leicht offenbar werden.
Das Kernproblem ist liegt dabei aber nichtmal im BMVg, sondern bei den Spitzen der Koalition denen allen gemeinsam eine einsatzbereite Bundeswehr nicht wichtig ist.
Es genügte ja 16 Jahre lang sicherheitspolitische Schaufensterpolitik.
Die Bundeswehr ist nicht einsatzbereit und kann die NATO- Zusagen der Bundesregierung (!) nicht erfüllen.
Wirklich stören tut dies weder die Politik noch die Medien und die militärische Führung fügt sich in den Rahmen ein.
@ Koffer
„Vorgesetzte tragen eine besondere Verantwortung“
@ all
Wie Medieninhalte mangels Substanz als reine Ideologiesprache wahrgenommen werden können.
Losungen des Zentralkomitees der SED und der NVA zur Schaffung des »sozialistischen Bewusstseins« :
Arbeite mit, plane mit, regiere mit!
Mein Arbeitsplatz – Mein Kampfplatz für den Frieden!
So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben!
Zu jeder Zeit Gefechtsbereit!
Ich fliege, und das macht mich stolz!
Zum Vergleich:
Die Ministerin auf der Bundeswehrtagung 2021:
Stark. Standhaft. Stolz.
„Das ist die Bundeswehr, für die ich kämpfe und für die ich mich in der Truppe, im Ministerium und in der Politik einsetze“,
China ist systemische Herausforderung für den Westen. „Blaue Männchen“
Beschaffung in der Bundeswehr muss effizienter werden.
Sicherheitspolitik präsenter im öffentlichen Diskurs verankern.
Möglicherweise etwas weniger: „Unsere Bundeswehr ist eine Erfolgsgeschichte“ und „Stolz“, sondern mit Blick auf den tatsächlichen Zustand der Bundeswehr mehr Bescheidenheit?
@ Schlammstampfer
Na dann viel Glück. Das ist, gesellschaftlich und politisch, hierzulande so ziemlich die „Mutter aller denkbaren Unthemen“. Wir haben nicht mal ein nationales Narrativ für die Bundeswehr, jedenfalls keines, das nicht von Teilen der Gesellschaft (und Politik) fundamental hinterfragt bzw sogar abgelehnt wird. Wieviele verweisen bei der Frage auf die exakte Formulierung des Artikels 87 („Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“)? Wieviele meinen damit nicht die politisch-juristischen Winkelzüge seit 1994 (d.h. hohle Phrasen wie „Deutschlands Sicherheit wird auch am Hindukusch verteidigt“), sondern meinen damit ganz exakt die Lage von vor 1989; nämlich die Bundeswehr hält sich komplett aus anderer Leute Konflikte heraus und der politische Betrieb hat Null Zugriffsrechte auf das Mittel „militärische Gewalt“ zur Erlangung politischer Ziele?
Wie soll man gesellschaftliche (und damit letztendlich politische) Unterstützung generieren, wenn signifikante Teile der Gesellschaft eben Kernpunkte der Forderungen seitens der „SecPol Bubble“ (Engagment auch militärischer Natur auch in weit entfernten Ländern, Militär als „normales“ außenpolitisches Werkzeug, auch militärische Konfrontation mit Rußland [zumindest auf relativ niedriger Stufe] etc) rundweg ablehnen … und dies aus Gründen grundlegendster persönlicher Ansichten und Werte? Wie soll sich dort etwas bewegen, wenn die Politik nicht einmal den Versuch macht das Thema ohne vorweg genommenes Ergebnis mit dem Souverän zu diskutieren (und zwar ohne die der SecPol Bubble so eigene oberlehrerhafte Art den Otto-Normalbürger als „zu belehrendes“ bzw „zu unterweisendes“ Subjekt zu behandeln)?
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach sind hierzulande soviele Tabus unterwegs, daß sämtliche Räume für Debatte und Streit längst von denen blockiert sind. Mal das Szenario von Frau Major zur Hand genommen: Wie wäre denn die gesellschaftliche Reaktion, wenn der amerikanische Pivot in den Pazifik ein Mehr an Engagement im Osten (auch und v.a. militärisch) nötig machen würde? Wäre da nicht der Aufschrei des Entsetzens, wenn das „kleine Deutschland“ die Nuklearmacht Russland „abschrecken“ soll? Und mal auf (gaaanz) lange Sicht gefragt: Wie soll die Nichtproliferation von Nuklearwaffen (auch und v.a. in Europa) denn verhindert werden, wenn die politische Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft (für die Trump nun wahrlich nur ein Symptom war/ist) deren „Verläßlichkeit“ soweit abschmelzen läßt, daß sich v.a. die Osteuropäer eben nicht mehr auf deren Nuklearschirm verlassen können/wollen? Wie soll sich da Deutschland positionieren, wenn weite Teile der Bevölkerung schon zivile nukleare Optionen rundweg ablehnen und fragen nach militärischen nuklearen Optionen das politische Equivalent zum Selbstmord sind? Kurzum: Wir werden um das Schlachten vieler heiliger politischer Kühe nicht herumkommen, aber die Politik muß hier mit Ehrlichkeit vorangehen … ohne die Gesellschaft zu bevormunden oder sie zu ignorieren. Die Gefahr (initiiert durch die SecPol Bubble) sehe ich nämlich auch. Und das wäre ein äußerst schlechter Weg, da dadurch die Risse vertieft und die Gräben innerhalb der Meinungslandschaft breiter werden würden.
Hier paßt IMO die gute alte Frage, ob nun das Huhn oder das Ei zuerst dagewesen ist. Ist die politische Feigheit und Schweigsamkeit Ursache der öffentlichen Indifferenz oder ist sie durch besagte Indifferenz bedingt?
Meiner persönlichen Meinung nach ist die Antwort „teils, teils“ … denn schließlich werden Politiker nicht in einer Fabrik ausgestanzt und dann programmiert, sondern entstammen eben doch der Gesellschaft. Vielleicht sollte man endlich ehrlich sein und konstatieren, daß dieses Deutschland und diese Gesellschaft eben auf absehbare Zeit (vielleicht never ever) nicht die Art military power sein werden, die die SecPol Bubble und das Ausland gern hätten. Dazu sind wir zu verklemmt was das ganze Thema Militär angeht und alle „Begehrlichkeiten“ widersprechen in weiten Teilen den Idealen der „Zivilmacht“ Deutschland (zumindest in den persönlichen Ansichten nicht weniger Bundesbürger).
Absolut richtig, vor allem der letzte Satz. Eigene Interessen wurden nie definiert, so daß alle Auslandseinsätze letzten Endes nur politische Blowjobs für diesen oder jenen ausländischen Partner gewesen sind und bis auf weiteres auch bleiben werden.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt um 12.06.2021 um 10:27 Uhr
Sie führen aus:
„Wird das glaubhaft mit Truppe, in Doktrin und Ausbildung und Aufstellung dargeboten, funktioniert Abschreckung nachhaltig.“
Damit beschreiben sie bestens den Papiertiger Bundeswehr, denn nichts von dem, was sie im Konjunktiv anführen funktioniert für den Hauptauftrag der Bundeswehr.
Also im Ergebnis keine Abschreckung.
Zugespitzt kann man auch zu dem Ergebnis kommen, dass genau das Gegenteil von Abschreckung eintritt.
Die militärische Stärke Deutschlands verkümmert. Verbündete und Gegner fragen sich, was macht Deutschland mit den vielen Milliarden für Verteidigung? Zu erhöhten Einsatzbereitschaft führt es ja wohl nicht.
„Das Wesen von Streitkräften“ sind eben keine Sprechblasen, sondern, da bin ich bei ihnen – „Wird das glaubhaft mit Truppe, in Doktrin und Ausbildung und Aufstellung dargeboten, funktioniert Abschreckung nachhaltig.“
Wir wissen doch, warum sie den Konjunktiv verwenden.
Weil sie den InspH so herausheben, das Heer ist ganz weit weg von Abschreckung, das wird schon hier im Blog deutlich. Das dies bei einer Bundeswehrtagung kaum zur Sprache kommt, sondern in einem Einheitsbrei untergeht, ist schlimm genug.
Ich hätte eine Anregung, wenn man schon vom Sieg spricht:
Selbstreflexion – eine Fähigkeit, die über Sieg oder Niederlage entscheidet!
Statt großer Worte, fangen wir mit Erhaltung oder gar Rückgewinnung von Einsatzwert und Kampfkraft an?
KPK:
Die Aussagen zu Kriegstüchtigkeit usw. sind ja alle richtig – auch nach innen gerichtet („mindset“).
Aber es fehlt eben das Fleisch am Knochen (Vollausstattung). Davon wird nun seit 2014 geredet und 2024 (die berühmten 10 Jahre Vorlauf?? Der große Selbstbetrug der Bundeswehr) wird weiterhin keine Brigade vollaussgesattet oder gar einsatzbereit/ gefechtstauglich /kriegstauglich sein. Aktuell wird ja schon wieder überall an Munition gespart.
Das sind die echten Probleme.
Siegfähigkeit sieht anders aus.
Wie man das erreicht zeigt Russland seit 2008. Übrigens auch durch eine veränderte Personalauswahl der hohen Offiziere (geistige Flexibilität, Eigenverantwortung, Aggressivität, taktisches und operatives Können, Einsatzerfahrung).
Da helfen dann eben immer gleiche oder etwas abgewandelte „harte Worte“ was man alles können müsse (!) nur wenig weiter. Anspruch vs. Wirklichkeit.
Soviel Realismus und Klarheit sollte in der Diskussion nicht untergehen, weil sich alle über die schmissigen Begrifflichkeiten freuen (in einem gesunden Maß notwendig, aber nicht hinreichend).
Ich bin jetzt ehrlich überrascht, dass an dieser Stelle die schwammige und unverbindliche Wortwahl der politischen, aber besonders der militärischen Führung bemängelt wird. Erstens ist dies bereits seit mindestens zwanzig Jahren so und zweitens genügt ein Blick auf zivile Seite unseres Landes, um zu erkennen, dass es dort ebenso läuft. Mit Trull ging glaube ich der letzte General, der sich sprachlich (bewusst) in jeder Position treu blieb und deswegen von nicht wenigen im Heer verachtet wurde.
Feinstes Denglisch mit genügend buzzwords suggeriert in der Managementebene Fachwissen und Kompetenz, sowie Weltoffenheit und einen hohen Bildungsgrad. Nur bei Härtefällen holt man sich „Killer“, die beispielsweise Umstrukturierungen gegen alle Widerstände durchdrücken und bisweilen sprachlich recht brachial agieren können.
Unspezifische Wortwahl schützt zudem vor dem Problem, wirklich messbare Ergebnisse auf einer bestimmten Zeitachse vorweisen zu müssen. Warum sollte es im militärischen „Management“ also anders sein, schließlich sind wir augenscheinlich seit der Amtszeit von Frau vdL ja offiziell ein „Nine-to-five“-Unternehmen?
Alle Menschen sind zudem Kinder ihrer Zeit, weswegen sich Verhaltensweisen durch alle sozialen Ebenen der Gesellschaft ziehen. Jetzt zu lamentieren, die Führung im BMVg würde nur mit Worthülsen agieren, überraschscht deshalb – ist es irgendwo in unserem Land bzw. in westlichen Demokratien denn anders? Einsatzbereite Streitkräfte sind in einigen Länder absolut gesetzt (USA), in anderen bestenfalls nice to have (z.B. DEU), ihre permanente Ausrichtung auf die Zukunft und damit eine einhergehende und durchgängige(!) Finanzierung aber, inbesondere vor dem Hintergrund einer globalen Pandemie und gigantischen Summen zur Bewätigung, immer absolut unsexy weil unfassbar teuer.
Also bleibt man vage und beschwört eine neue, großartige Zukunft, die auf der Zeitachse möglichst weit weg liegt (Unser Heer 2030 (AUT) / HEER 4.0 2032 (DEU), Kohleausstieg 2038 (ziv), Ende Verbrennungsmotor 2050 (ziv), usw.) – so müssen andere sich am Ziel messen lassen, weil man selbst lange, lange Zeit aus der Verantwortlichkeit ausgeschieden ist.
Kann man jetzt also „Zauberlehrlingen“ und „Flaggoffizieren“ vorwerfen, wie sie sozialisiert wurden? Wohl kaum – und wer meint, man müsste im Ministerium „nur mal ordentlich mit Rückgrat auf den Tisch hauen“ der verkennt, dass dies mindestens seit der Zeit von BMin Rühe vorbei ist: Dieser ließ unbequeme (militärische) Mitglieder seines Stabes gerne auch über Nacht ablösen. Soviel zur guten, alten Zeit… ;-)
@ Koffer
Wenn Faktenwissen ihre Meinungen nur stört. Andere abzuwerten, um sich selbst aufzuwerten, scheint ihr beliebtes Verhaltensmuster zu sein, was die in diesem Blog so gewünschte Meinungsfreiheit stört.
Das sie zufällig, aber für mich auffallend häufig, für die militärische Führung und politische Leitung Partei ergreifen, fällt mir schon auf, ihre Motivlage gehört nicht hierher.
Wir kennen sie alle: Menschen, die immer meinen, immer Recht haben zu müssen, zu jedem Thema, in jedem Faden etwas zu sagen zu haben. Nehmen sie bitte die Aussage der Foristen nicht so persönlich und halten sie doch das Gebot der Sachlichkeit selbst ein.
Vermutlich kenne sie das: Im Dienst, Im Verein, auf der Arbeit oder sogar in der eigenen Clique gibt es immer einen, der sich beweisen muss, immer Recht hat, immer auf Seiten der Chefas steht. Natürlich gehören sie nicht dazu, nie und nimmer!
Unabhängig davon, wir kennen die Bundeswehr, Kameraden mit Profilneurose können anstrengend sein.
Es ist ja normal, dass es einen gewissen „Konkurrenzkampf“ im Forum gibt und jeder ist im tiefsten Inneren davon überzeugt, die Dinge am besten erklären zu können. Wichtig ist dann aber ein Mindestmaß an Reflexionsvermögen und eine größtenteils entspannte Haltung, die anderen Foristen ebenfalls Raum lässt und Erkenntnisse, Meinungen und letztlich Fähigkeiten zugesteht. Nicht so beim permanenten Contra im Gewand der Obrigkeit.
Möglicherweise hilft, „Woran liegt es?“ und „Was wir gemeinsam tun können… „?
Eine Verständnisfrage zur Aussage „Aufrüstung Russlands mit 20 neuen Großverbänden an der Westgrenze“: Ist es (über den breiten Daumen gepeilt) halbwegs realistisch, daraus einen Zuwachs („Aufwuchs“?) von 300.000 bis 500.000 zusätzlichen Köpfen/Gewehren anzunehmen? Wenn diese Größenordnung nicht völlig daneben ist, bleibt fraglich woher diese (jungen) Leute kommen sollen angesichts schrumpfender Bevölkerung in Russland.
@Koffer
„Noch mehr Stammtischparolen gefällig?!“
Sagt gerade der, der anderen Kreml-Propaganda unterstellt!
Es ist vollkommen egal, ob es nun mündliche Absprachen gab oder das nur erfundene Behauptungen sind.
JEDER Staat kann seine Meinung ändern oder zu einer Meinung finden.
Russland hat über 20 Jahre mehrmals klargestellt was es von einer NATO-Osterweiterung hält und alle haben nur die Schutern gezuckt. Am Ende hat man eben eine Antwort für diese Nichtbeachtung bekommen.
Ich hätte es auch so gemacht – und das sehen nicht wenige Offiziere in meinem Umfeld auch so und einigen trauen es sich auch offen gegenüber anderen (höheren) Offizieren so auszusprechen.
Das gleiche passiert mit China im Moment. Durch die enorme Wirtschaftsmacht und die absolute unanfechtbare Wirtschaftsmacht in der nahen und fernen Zukunft setzen einfach viele Länder auf dieses „Sieger“pferd. Oder sind mangels Alternativen gezwungen auf China zu setzen.
Das passt natürlich den aktuellen Siegerpferden nicht – verständlich. (neben EU/Europa und USA auch einigen zweitplatzierten Siegerpferden wie Japan, Russland, Australien u.a. nicht)
Man wird aber den Lauf der Geschichte nicht aufhalten, wenn man die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt ist.
Wenn man China als aktuelle Bedrohung und/oder zukünftige Bedrohung wahrnimmt, muss man fast den gesamten Rest der Industriestaaten und einige Schwellenländer auf seine Seite ziehen um gegen diesen Koloss anzukommen.
Da bringen ein paar NATO Schiffe überhaupt gar nichts.
Ohne Russland in diesem Spiel gegen China hat man schon verloren. Ohne die nordafrikanischen Länder hat man auch verloren.
Man muss so viele Fronten (nicht nur militärische) wie nur möglich abschaffen und ein stabiles Nordafrika gehört ebenso zur europäischen Sicherheit (nicht nur zur militärischen Sicherheit gesehen, sondern auch politisch/wirtschaftlich/gesellschaftlich) wie das gesamte Türkeithema und das Thema Iran.
Genau solche Überlegungen sollte man eher mal im Ministerium und bei den Tagungen anstellen und nicht glauben, dass man gegenüber Russland einerseits und China andererseits zwei große Gegner in Schach halten kann. Und dann noch nebenbei mal eben andere Spannungsfelder in der Welt vor seiner Haustür lösen muss.
Das funktioniert nicht (mehr), da könne wir (EU oder NATO) noch so tolle Strategiepapiere drucken. Dafür sind wir zu klein oder die Gegner zu groß und/oder zu entschlossen.
Trennung – Generalsdebatte:
Der Großteil der Generäle hat sich in den letzten Jahren nun wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Das muss man doch mal eingestehen.
Hier wird nicht für die Armee gedacht, sondern für die Ministerin / Ministerium.
Wenn das der Auftrag war und man keinen Schneid hat mal auch öffentlich sich gegen politische Positionen zu stellen (zum Wohle aller) – dann gehört man eben auch nicht in diese Ränge.
Selbstverständlich hat am Ende die politische Führung die Hosen an, aber in den letzten Jahren kommt da nicht groß Widerspruch.
Da kommt dann schon die Vermutung auf, dass einem das eigene Hemd wichtiger ist, als die Armee (der Auftrag) dahinter.
Im Nachgang zur Bundeswehrtagung: Die mediale Lobegemeinschaft der Führungskräfte und Generäle auf Twitter aber auch anderen sozialen Medien umarmt und bestätigt sich vor dem Hintergrund dieser Tagung.
Da ist sie wieder, die Twittersucht und der Kuschelkurs mit Vorgesetzten!
Für mich bestätigt sich, besonders die auffallend zunehmende Selfie-Sucht entlarvt doch eher Narzissten. Für mich steht fest, wer ständig Selfies schießt und sie auf den sozialen Netzwerken verteilt, leidet unter „Selfitis“ – das hat keinen Informationswert oder gar Mehrwert, sondern ist vermutlich Ausdruck eines psychischen Nachholbedarfes. Militärische Führungskräfte mit ständiger Selfitis haben für mich zu wenig Selbstbewusstsein und versuchen, sich angepasst in ihr Umfeld einzufügen, einfach zu gefallen, im Kern sich selbst.
Darüber hinaus gibt es nun auch Bundeswehrangehörigen eine Tendenz, eine Reihe komplizierter und komplexer Zusammenhänge, bis hin zu menschlichen Verhaltensweisen mit einem einzigen Wort zu labeln. Aber das ist gefährlich, weil es etwas Realität gibt, wo es keine gibt. Zu fragen bleibt: Wann erhält ein Ereignis einen Wert in sozialen Netzwerken? Welches Ziel und welchen Einfluss haben nutzerbezogen Inhalte?
Sinnlose Tweets sind eher schädlich. Wer interessiert sich schon für die neuen Urlaubsfotos eines Generals oder über die aktuelle Luftfeuchtigkeit im seinem Wohnort?
Okay, ich verstehe, das ist Meinungsfreiheit. Natürlich.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, aber den OT „die twittern zu viel“ machen wir an dieser Stelle bitte nicht und haben ihn damit auch schon beendet. T.W.]
@Lord Beaug sagt: 12.06.2021 um 12:07 Uhr
„Wenn Faktenwissen ihre Meinungen nur stört.“
Ja, wenn es doch nur Fakten wären, dann fände ich eine gute Diskussion auch wichtig!
Aber derzeit geht es doch von geneigter Seite nur darum „die da oben“ schlecht zu machen. Das hat nichts mit Fakten zu tun.
„Andere abzuwerten, um sich selbst aufzuwerten, scheint ihr beliebtes Verhaltensmuster zu sein“
LOL, naja, wenn Sie meine Rufe zu mehr Sachlichkeit und Abwendung von persönlichen Angriffen und Neiddebatten als Abwertung betrachten, dann bin ich wohl schuldig im Sinne der Anklage :)
„Das sie zufällig, aber für mich auffallend häufig, für die militärische Führung und politische Leitung Partei ergreifen, fällt mir schon auf,“
In der Tat verteidige ich bei einigen (!) Themen die Führung. Aber ich habe nun mla in meinen Jahren in der Bundeswehr gelernt, dass es einfach ist „die da oben“ pauschal zu kritisieren, aber viel, viel schwieriger es dann selbst besser zu machen.
Sachliche Kritik ist für mich i.O., billige Stammtischparolen und pauschale Stimmungsmache und unkameradschaftliche Aussagen sind für mich nicht i.O., das ist für mich eine rote Linie.
@LaForge sagt: 12.06.2021 um 13:31 Uhr
„Sagt gerade der, der anderen Kreml-Propaganda unterstellt!“
Kommentator @Nurso sagt: 12.06.2021 hat dazu um 7:19 Uhr alles notwendige gesagt:
https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2018/nato-osterweiterung-gab-es-westliche-garantien
„Trennung – Generalsdebatte:
Der Großteil der Generäle hat sich in den letzten Jahren nun wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Das muss man doch mal eingestehen.
Hier wird nicht für die Armee gedacht, sondern für die Ministerin / Ministerium.
Wenn das der Auftrag war und man keinen Schneid hat mal auch öffentlich sich gegen politische Positionen zu stellen (zum Wohle aller) – dann gehört man eben auch nicht in diese Ränge.“
Einerseits haben Sie natürlich recht, dass wir von unseren (höheren) Generalen noch mehr öffentliche (!) Stellungnahmen und sachliche Beratung verlangen müssen, als es bisher in DEU üblich war.
Aber vielleicht sehen Sie nicht, wie häufig es dann eben doch passiert. Halt nicht mit illoyalen Artikeln in der BILD o.ä. aber sachlich und konstruktiv. Denken Sie mal an den letzten InspLw, der sich mit der damaligen BM hinsichtlich des besten Flugzeugmuster als EF Nachfolge angelegt hat. Oder die eindeutigen Aussagen von GI und letztem InspH (und ich glaube auch der neue hat sich diesbezüglich mehrfach eingelassen) hinsichtlich der Gefährdung des LV/BV Auftrages aufgrund mangelnder Finanzausstattung. Oder die Aussagen des InspSan hinsichtlich der Notwendigkeit eines starken SanDst (wobei das dann schon nicht mehr sachlich war und mEn rote Linien überschritten hat).
Es gibt weitere Beispiele.
Müssen unsere höheren Generale mehr tun? Ja, ich denke schon.
Kann man Ihnen pauschal vorwerfen, dass sie um der Karriere willen nicht die Wahrheit sagen und ihre Pflicht nicht erfüllen? Nein.
Bleiben wir doch bitte auf der sachlichen Ebene und diskutieren konkret darüber wer, wann, was gesagt (oder nicht gesagt) hat und nicht pauschal auf der Ebene „die da oben sind doof/korrupt/pflichtvergessen/karrieregeil“.
Zivi a.D. sagt: 12.06.2021 um 12:22 Uhr
„Eine Verständnisfrage, …“
Hängt davon ab, von welchem Typ Großverband gesprochen wird!
Brigade, Division, Armee oder Front bedeuten erhebliche Unterschiede in Pers/Mat-Umfang und Kosten.
Dass die RUS Armee mal eben so 20 Div aufstellt, erscheint nicht realistisch. Sofern die Angaben überhaupt zutreffend sind, unterstelle ich Brigadegröße. Die Folgefrage ist dann aber, welches Material wird genutzt?
@Schlammstapfer p.p „Und vermutlich hätte man auch überhaupt keine Probleme mit Russland, wenn die NATO, wie vor Jahren einer russischen Regierung versprochen, sich nicht nicht nach Osten ausgedehnt hätte.“ Den Anteil an Lüge in dieser Behauptung haben andere schon klar gestellt (Dank @Nurso @Koffer). Ebenso wichtig scheint mir aber, dass diese Legende vom „nur auf westliche Provokation/Aggression antwortenden Russland“ das Kernproblem Putins verdecken soll: Dieses russische Regime kann „seiner“ Bevölkerung keine akzeptable Perspektive mehr bieten. Daher haben – Überraschung!!! – mit Putins Re-Sowjetisierung des „post-sowjetischen“ Raums genau die Fluchtbewegungen und Abstimmungen mit den Füßen wieder eingesetzt, die auch schon der UdSSR zu schaffen machten und sie letztlich zu Fall brachten.
Die jüngsten Bruchlinie in Putins Reich: Kasachstan weigert sich der Aufforderung des Kremls Folgen zum Schulterschluss innerhalb der EAWU gegen die westlichen Sanktionen Folge zu leisten, die Wirtschaftsunion solle „nicht politisiert“ werden.
(Chor der Schlammstampfer tritt von links und rechts gleichzeitig auf die Bühne, skandierend „NATO bereitet Einmarsch in Zentralasien vor“)
@Zivi a.D:
Um welche Verbände und welche Größenordnung es sich handelt ist noch nicht klar. Manche Beobachter vermuten es geht vorallem darum vor dem Treffen Putin/Biden ein Signal der Stärke zu senden.
Welches Signal senden wir?
Es ist aber auch bei weniger als 20 Verbänden klar, dass neue Großverbände aufgestellt werden und modernem Material ausgestattet werden:
https://russianmilitaryanalysis.wordpress.com/2021/03/22/russian-forces-in-kaliningrad-implications-of-the-newly-formed-18th-guards-motor-rifle-division/
Wir hingegen kriegen nicht mal eine Brigade ans Laufen.
Gleichzeitig ist dieser Tage vorallem von der Union viel von glaubwürdiger Abschreckung und unserer Position im Bündnis die Rede.
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen…
@csThor 12.06.2021 um 10:54 Uhr
„politisch-juristischen Winkelzüge seit 1994“.
Das Bundesverfassungsgericht ist also politisch und betreibt juristische Winkelzüge?
Sie persönlich sehen sich auf dem Boden des Grundgesetzes, im Einklang mit dem Soldatengesetz, im besonderen § 8?
Ganz sicher?
@Zivi a.D.:
Hier noch etwas mehr aktueller Hintergrund zu den Perspektiven in Russland:
https://mobile.twitter.com/KofmanMichael/status/1403066366538784778
Sofern Sie das genauer interessiert.
Zudem sollte man Bedenken dass mit einer de-facto-Integration von Weißrussland durch Russland auch weitere militärische Fähigkeiten und Personalreserven unmittelbar am NATO-Bündnisgebiet verfügbar werden.
Putin spielt gutes Schach und wir – wenn überhaupt – UNO mit Kindern.
@Koffer ergreift also verdächtig häufig für die Führung Partei? Und wenn schon. Vielleicht will er aufrütteln und erinnern, dass wir uns hier in einer Echoblase befinden und uns gegenseitig negativ bestärken. Vielleicht will er darauf hinweisen, dass mit einer „Wir gegen die“-Mentalität nichts zu gewinnen ist.
Oder dass mancher hier mit zweierlei Maß misst. Ich persönlich bin auch nicht begeistert davon, dass öffentliche Funktionsträger auf Twitter aktiv sind, aber es gibt keinen Sinn zu beklagen, dass Militär und Sicherheitspolitik keine Öffentlichkeitsveranstaltung seien, und gleichzeitig den Offizieren das Twittern vorzuwerfen.
Optimismus ist jedenfalls nicht verwerflich und braucht auch nicht in die Nähe von Schöntuerei gerückt zu werden.
W.Mitthad, 12.06.2021 um 11:13 Uhr
Sie haben Recht, im Hauptauftrag funktioniert das gegenwärtig jedenfalls nicht, bzw unzureichend.
Nur ist das erkannt, nicht erst seit gestern, sondern im Prinzip in Zusammenhang mit dem Kassensturz zu LV/BV nach russischem Krimabenteuer.
Mit dem Eckpunktepapier wurde reagiert, nicht zur Kenntnis genommen?
Generalleutnant Mais fasste die dem Heer zugewiesenen Aufträge laut Eckpunktepapier zusammen, hier nur der m.E. wesentliche aus seinem Inspekteurbrief :
„In der Umsetzung bzw. Nachjustierung des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr fokussieren wir auf das rasche Erhöhen der Einsatzbereitschaft für eine nationale Division, die Verbesserung der Führungsfähigkeit sowie die planerische Umsetzung des Kräftekontinuums „leicht-mittel-schwer“ in der Dimension Land“.
Anpassungsbedarf wurde im Heer benannt, u.a. bedeutet das eine Handlungsfähigkeit von Brig und Div „aus sich heraus, im Kaltstart“. Den Div fehlen dazu noch die Elemente ELoKa, San und Feldjäger. Heeresflugabwehr leider auch. Die Fla kann aber nicht über Leistungsvereinbarung mit der Luftwaffe bereitgestellt werden. Bis auf weiteres wird daher die qualifizierte Fliegerabwehr gefördert und den mechTrTl zugeführt werden.
An ihren und unseren Taten, sofern noch im Dienst, kann gemessen werden.
@ KPK
Wenn Sie mich so fragen: Blöderweise ja. Das BVerfG hat sich nämlich von der Politik zum Deppen machen lassen und Bonn bzw später Berlin die lästige Pflicht Politik auch glaubhaft und nachvollziehbar begründen zu müssen abgenommen und dem politischen Betrieb einen quasi Freibrief für „alles kann, nichts muß“ gegeben. Wer, außer Verfassungsfachleute und Juristen (sowie diejenigen mit Partikularinteressen, genannt „ThinkTanker“) lesen Artikel 81a Abs. 1 denn nicht wie eine stringente Beschränkung der Bundeswehr auf eine rein defensive Rolle … und was „defensiv“ ist, wird hierzulande von weiten Teilen der Bevölkerung eben sehr sehr restriktiv ausgelegt. Die Politik hat diesen Blankoscheck mit Kußhand genommen, ist man dank der für Otto Normalbürger nicht wirklich nachvollziehbaren juristisch verklausulierten „Begründung“ doch um das ach so unangenehme Erklären des Warum und Wieso von Auslandseinsätzen herumgekommen. Auch das ist IMO Teil des „freundlichen Desinteresses“ – der Bürger nimmt keine Notiz von Sicherheitspolitik, weil die eigene (Laien) Meinung ja doch keine Relevanz zu haben scheint und fragwürdige „politische Gefälligkeiten mit anderen Mitteln“ ja mit so herrlich nichtssagenden Begriffen wie „Solidarität“ oder „Verantwortung“ gerechtfertigt werden.
Und da ich Zivilist bin, kann mich ihr Verweis auf das Soldatengesetz nicht treffen. Und selbst wenn ich einer wäre – meine Kritik am Wie bleibt. Karlsruhe hat hier auf unselige Weise dem politischen Betrieb bei dessen Verantwortungverweigerung sekundiert.
[Es ist mir ziemlich schleierhaft, wie Sie jetzt auf den Gesetzgebungsnotstand in Artikel 81 des Grundgesetzes kommen, aber egal: Die OT-Debatte über das Bundesverfassungsgericht beenden wir damit. T.W.]
Für alle Foristen, welche die Erfolge des Heeres betonen.
Ich empfehle einen Soll- Ist Vergleich.
Auch die Faktoren Kräfte – Raum – Zeit wären hilfreich.
Möglicherweise bekommt man auch raus, wieviele Milliarden ausgegeben wurden und was an Mehrwert, Kampfkraft etc. herauskam.
Wenn man das Datum ändert, könnte man 1:1 ganze Bausteine in die Lagebeurteilung der Bundeswehrtagung einsetzen. Na ja die Strukturen waren ja dann wohl doch nicht so optimal.
Aber man ist in den Augen einiger Heeresspezialisten „prima“ vorangekommen.
Auszug
Rede desInspekteur des Heeres anlässlich des parlamentarischen Abend des Förderkreis Heer
30. September 2015
„……Das Deutsche Heer steht insgesamt gut da – insbesondere hinsichtlich seiner Struktur und seines Personals. Und auch unser Material entspricht – insbesondere in den Einsätzen – höchsten Ansprüchen. Allerdings erfordern Landes- und Bündnisverteidigung ein Umdenken. In Zukunft wird es weniger darauf ankommen, überschaubare Heereskontingente für Einsätze bereit zu stellen und auszurüsten. Dies werden wir parallel leisten müssen und können…..
……..Vielmehr ist es erforderlich, dauerhaft luftbewegliche und gepanzerte Großverbände schnell – im Rahmen VJTF und NRF auch sehr schnell – zu verlegen und einzusetzen. Allerdings: Notice to movei st nicht zu verwechseln mit der Zeit zur Verlegung und dem Zeitpunkt der Wirkung im Ziel!Dies bedarf Verbände in Divisionsstärke, die bereits im Frieden über das gesamte Gerät verfügen, welches sie zur Erfüllung dieses Auftrags benötigen. Nur so werden wir innerhalb der NATO unsere Glaubwürdigkeit erhalten und unseren Einfluss geltend machen können. ……
……Kurz- und mittelfristig ist es entscheidend, das Heer so auszustatten, dass jeder Verband an seinem Standort das Material hat, das er für die Erfüllung seines Auftrags benötigt. Der Maßstab ist die Brigade als Kern des Heeres, als Systemverbund.Mittelfristig müssen dabei auch bereits dringend benötigte Neu- oder Austauschbeschaffungen durchgeführt werden….“