Bundeswehrtagung 2021: Kleine blaue Männchen und Bundeswehr-Einsatzbereitschaft (Zusammenfassung)
Die jährliche Bundeswehrtagung fand in diesem Jahr – pandemiebedingt – nicht nur weitgehend online statt, sondern auch komplett öffentlich per Livestream (dafür gab’s dann eben nicht die interne Fragerunde). Und im Mittelpunkt standen vor allem die Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft. Ein paar Merkposten aus dieser Veranstaltung am (heutigen) Freitag:
• Die Eröffnungsrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer setzte, wie zu erwarten, den Rahmen für die Bedrohungslage, die für die Streitkräfte ausschlaggebend ist. Dabei schlug sie den ganz großen globalen Bogen – von der Aufrüstung Russlands mit 20 neuen Großverbänden an der Westgrenze, vor allem aber der erwarteten zunehmenden militärischen Integration von Belarus und Russland, mit der die russischen Streitkräfte näher an die Grenzen einiger NATO-Länder rückt, bis zu China und dessen maritimen Milizen im Südchinesischen Meer, die sie als kleine blaue Männchen mit den kleinen grünen Männchen verglich, den russischen Soldaten, die ohne Hoheitskennzeichen in der Ukraine im Einsatz waren.
Ein Schwerpunkt ihrer Rede war, auch das absehbar, die schwierige Haushaltslage der Bundeswehr. Die Streitkräfte dürften in den nächsten Jahren nicht wieder zum Steinbruch werden, aus dem die Lücken im Bundeshaushalt geschlossen würden. Eine Konsequenz: von der Bundesregierung und der deutschen Politik gewünschte multinationale Projekte könne der Verteidigungshaushalt nicht alleine stemmen, sie müssten auch von anderen Ressorts mitgetragen werden.
Dass die Umstrukturierungspläne für die Bundeswehr der Zukunft wenige Monate vor der Wahl kamen, ist für die Ministerin kein stichhaltiges Argument: Der Umbaubedarf der Bundeswehr kennt keine Wahlperiode, er kennt nur Handlungsnotwendigkeiten.
Für den – nach dem Abzug aus Afghanistan – künftig größten Auslandseinsatz der Bundeswehr, das Engagement in Mali, hatte Kramp-Karrenbauer eine Botschaft, die nach der Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am (gestrigen) Donnerstag aufhorchen lässt: Wir können nur bleiben, wenn absehbar wieder reguläre demokratische Verhältnisse herrschen. Als Feigenblatt werde sich die Bundeswehr von der Regierung des westafrikanischen Landes nicht missbrauchen lassen.
Die komplette Rede zum Nachhören:
• Generalinspekteur Eberhard Zorn stellte seine Rede komplett auf die geplanten Umstrukturierungen ab. Das Team GI begleitete das dankenswerterweise mit den wesentlichen Aussagen via Twitter, hier dokumentiert:
Insgesamt geht es in der NATO vor allem darum, wie die Einsatzbereitschaft in der Breite unserer Truppen – die Readiness von geschlossenen Verbänden – weiter gesteigert werden kann.
Wenn wir dauerhaft Kräfte mit kurzer Vorwarnzeit verlegefähig & einsatzbereit halten, trägt dies zur Abschreckung im NATO-Rahmen bei. Dies gibt der Politik Handlungsoptionen, wenn an anderer Stelle Krisen aufkommen & es gibt uns dann auch Relevanz im Bündnis.
Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 steht die LV/BV für uns wieder an erster Stelle. Für die Bundeswehr ist sie parallel zu unseren Einsätzen die anspruchsvollste Aufgabe. Wir unternehmen alles, um sie dafür wieder umfassend zu ertüchtigen.
Mit unseren internen Analysen haben wir die für die Landes/Bündnisverteidigung erforderliche Führungsstruktur untersucht. Insbesondere haben wir die Szenare betrachtet, die unterhalb des Artikels 5 angesiedelt sind.
Mit den Eckpunkten haben wir die Struktur der Bundeswehr weitergedacht & die nötigen Entscheidungen getroffen. Wir richten uns künftig an den vier Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See & Cyber- und Informationsraum aus.
Zudem werden wir zwei operative Führungskommandos haben, eines für die Auslandseinsätze & eines für die territorialen Aufgaben. Mit dieser „Zwei-plus-vier-Struktur“ schaffen wir klare Verantwortlichkeiten & reduzieren die Komplexität.
Damit wir wieder zu einer besseren Balance kommen, müssen wir Stabselemente reduzieren und die Truppe stärken. Wir werden Dienstposten in den heute bestehenden höheren Stäben einsparen.
Die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung ist für uns die Messlatte. Diese gilt es zu erhalten.
Damit wir wieder zu einer besseren Balance kommen, müssen wir Stabselemente reduzieren und die Truppe stärken. Wir werden Dienstposten in den heute bestehenden höheren Stäben einsparen.
Mit Blick auf unsere Fähigkeiten will ich an dieser Stelle noch einmal ein Plädoyer für den im Eckpunktepapier erwähnten breiten Fähigkeitsmix abgeben. Wir sind Anlehnungsnation für unsere europäischen Partner.
Anlehnbarkeit bedeutet immer die Zusammenarbeit mit Partnern. Multinationalität ist für uns eine wesentliche politische Bestimmungsgröße, die sich im Denken, Handeln und auch in den Strukturen der Bundeswehr materialisiert.
Alle Maßnahmen des Eckpunktepapiers haben zum Ziel, dass die Truppe ihren Auftrag bestmöglich wahrnehmen kann.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Veranlassten einen weiteren Schritt machen, um nicht nur „geplant einsatzbereit“ zu sein, sondern mit guter Kaltstartfähigkeit aus der Grundgliederung heraus geschlossene Truppenkörper anbieten können.
Das Tempo der Umsetzung ist hoch. Das muss es aber auch sein, damit die Veränderungen schnell und spürbar in der Truppe ankommen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Veranlassten einen weiteren Schritt machen, um nicht nur „geplant einsatzbereit“ zu sein, sondern mit guter Kaltstartfähigkeit aus der Grundgliederung heraus geschlossene Truppenkörper anbieten können
Alle Maßnahmen des Eckpunktepapiers haben zum Ziel, dass die Truppe ihren Auftrag bestmöglich wahrnehmen kann.
Die Rede zum Nachhören:
• Aus der Podiumsdiskussion bei dieser Bundeswehrtagung ein Beitrag aus der Truppensicht – Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann, Kommandeurin des Logistikbataillons 172, schildert ihre Erwartungen an die Umstrukturierungen. Und dazu gehört auch (wenn auch nicht nur) eine Beschreibung der Wirklichkeit. Zum Beispiel, dass Planung und Bau einer Mehrzweck-Lagerhalle für ein Logistikbataillon seit zehn Jahren andauern…
• Wer die komplette Podiumsdiskussion nachhören will (den Anfang macht Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik; die weiteren Redner werden in der Moderation angekündigt):
(Foto: Panel auf der Bundeswehrtagung 2021, v.l.: Claudia Major, SWP; Generalinspekteur Eberhard Zorn; Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalleutnant a.D. und ehemaliger Beigeordneter NATO-Generalsekretär Heinrich Brauß; Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann, Kommandeurin Logistikbataillon 172; Moderator Klaus Schweinsberg; per Video zugeschaltet Gaby Dreo vom Forschungsinstitut Cyber Defence an der Bundeswehruniversität München und der niederländische Admiral Rob Bauer, künftiger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
@ Kurt Walze
Was genau hatte das HFüKdo mit dem kalten Krieg zu tun? Könnten Sie hierzu etwas ausführen, obschon es ein solches zu dieser Zeit nicht gab?h
@KPK:
„Anpassungsbedarf wurde im Heer benannt, u.a. bedeutet das eine Handlungsfähigkeit von Brig und Div „aus sich heraus, im Kaltstart“. Den Div fehlen dazu noch die Elemente“
Es fehlt vorallem das Geld, es hilft wenig immer die Ankündigungen zu wiederholen ohne zu verstehen was wirklich im Haushalt passiert (s.o.).. Es muss auf der politischen Ebene verstanden werden, dass die Kaltstartfähigkeit sehr viel Geld kostet, dass derzeit nicht einmal planerisch vorhanden ist.
Sie haben wohl genug Lebens- und Berufserfahrung um das einzuordnen.
Fazit: Anspruch und Wirklichkeit passen nicht mehr zusammen.
Die Union behauptet stets der jeweilige Koalitionspartner wolle dies nicht.
SPD und FDP sind bereits dabei gewesen.
Die Grünen sind dann wohl die nächste Ausrede. Wenn die Union wirklich will, dann bekommt die Bundeswehr auch mehr Geld jedes Jahr.
Bisher war man schlichtweg nicht mutig genug. Ob sich das mit Herrn Laschet ändert?
@ T.W.
Schlichter Tippfehler. Gemeint war Artikel 87a Abs. 1. Mea culpa.
@Hans Dampf sagt: 12.06.2021 um 21:49 Uhr
„Was genau hatte das HFüKdo mit dem kalten Krieg zu tun? Könnten Sie hierzu etwas ausführen, obschon es ein solches zu dieser Zeit nicht gab?“
Autscht ;)
@Memoria sagt: 12.06.2021 um 22:25 Uhr
„Die Union behauptet stets der jeweilige Koalitionspartner wolle dies nicht.
SPD und FDP sind bereits dabei gewesen.
Die Grünen sind dann wohl die nächste Ausrede. Wenn die Union wirklich will, dann bekommt die Bundeswehr auch mehr Geld jedes Jahr.“
Sie haben absolut Recht. Zwar ware in der Tat die SPD in den letzten Jahren der Stolperstein und absehbar werden es in der nächsten Legislatur die Grünen sein, aber wenn die Union wirklich, wirklich gewollt hätte, dann hätte sie es natürlich durchsetzen können.
Aber auch wenn in der Union das Interesse dafür nach meiner Wahrnehmung da wäre, so waren die Entscheider dort bisher nicht bereit den notwendigen Preis zu zahlen und andere öffentlich beliebtere Projekte zurückzuschneiden.
„Bisher war man schlichtweg nicht mutig genug. Ob sich das mit Herrn Laschet ändert?“
Mutig ist glaube ich nicht der richtige Begriff. Ausreichend motiviert, ist glaube ich treffender. Ich glaube bei Laschet dürfte es etwas einfacher werden als bei Merkel, die ja keinerlei Interesse an der Bw und an Sicherheitspolitik gezeigt hat, aber auch Laschet ist mir bisher zumindest nicht als wirklicher Bw- und/oder Sicherheitspolitischer-Enthusiast aufgefallen. Als er neulich seine außen- und sicherheitspolitische Grundsatzrede gehalten hat, war ihm die Bw kaum ein Nebensatz wert. Das sagt glaube ich viel aus :(
Nachtrag
Jetzt hat sich Laschet ggü. der AFP zu den 2% bekannt und zur Bw als sicherheitspolitisches Instrument.
Aber wie gesagt, in seiner Grundsatzrede kamen wir kaum vor. Die Aussage der AFP ggü. fühlt sich eher als nur „nachgeschobenes Lippenbekenntnis“ an :(
KORREKTUR
Nicht ggü. der AFP, sondern in der BAMS.
Memoria: 12.06.2021 um 22:25 Uhr
Ihr regelmäßiger Hinweis zu unzureichender Finanzausstattungen im EP 14 kann im definierten Einzelfall zutreffend sein, in seiner Allgemeinheit im Kontext zu Absichten des Eckpunkte-Papiers bzw. Rüstungsvorhaben zuvor jedoch nicht.
Sollen Inspekteure die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass Manna in Form vom Euros vom Himmel falle und sämtliche Wünsche dann schon irgendwie in Erfüllung gingen.
Der InspH beweist Vorausschau und Verantwortungsbewusstsein. Der Kampf um Gelder ist ein unaufhörlicher, in Konkurrenz zu anderen TSK/OrgBer und letztlich mit dem Finanzminister.
Anspruch und Wirklichkeit passten nie zusammen, aber der beständige Einsatz für ein Optimum in Pers/MatAussttg muss gezeigt werden.
Dem entspricht GenLt Mais.
Edit/Der grüne Parteitag beschließt heute zu Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik. Seien wir neugierig, u.a. wie Herr Habeck davon kommt, siehe Militärhilfe für die Ukraine.
@ Koffer
Jein – Armin Lachet hatte sich bereits am 19. Mai dazu bekannt und tat dies im Rahmen der Eröffnung der IX. Adenauer-Konferenz (der Konrad-Adenauer-Stiftung). Ebenso sieht er einen Umbau des Bundessicherheitsrates zu einem „ressort- und ebenenübergreifenden Nationalen Sicherheitsrat“, welcher als erste Aufgabe eine „Nationale Sicherheitsstrategie“ entwickeln soll und die, nach einem Beschluss der Bundesregierung, dann anschließend im Bundestag zur Erörterung stehen wird. Den Bericht dazu finden Sie auf der Seite der KAS.
Jetzt stellt sich nur die Frage: Wieviel Glauben können wir diesen Bekenntnissen noch schenken, betrachtet man die Versprechen und Ankündigungen der vergangenen sechzehn Jahren unter Führung der Union?
@Koffer:
Es sind erneut Ankündigungen, was daran wirklich umgesetzt wird wird sicher noch spannend.
Koffer am 13.06.2021 um 9:02 Uhr
„Jetzt hat sich Laschet ggü. der AFP zu den 2% bekannt und zur Bw als sicherheitspolitisches Instrument.“
Dazu kommt allerdings:
Der CDU Kanzlerkandidat machte aktuell deutlich „Auslandseinsätze“ (!!) verstärken (!!) zu wollen.
Da haben wir schon die Diskrepanz zwischen der BM und dem möglichem neuen Kanzler.
Allerdings wollte auch AKK noch 2019 dass Deutschland in der internationalen Sicherheitspolitik mehr Verantwortung übernimmt – auch durch Bundeswehreinsätze.
Auch Wolfgang Schäuble fordert mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Die Bundeswehrtagung fordert eine klare Schwerpunktbildung und Priorisierung! Schwerpunkt kann es nur einen geben, Schwerfläche gab es lange genug. Da hat der GI schon recht.
Heute heißt es auch: „Die Zukunft im Blick!“
Nun also erst einmal volle Fahrt auf LV/BV auch strukturell, dann bald wieder, dann natürlich im Schwerpunkt, kleine Einsätze, durchhaltefähig?
Was ist denn nun der neue Schwerpunkt der Zukunft?
So wie man das BMVg kennt heißt es bald wieder „Mehr Verantwortung in internationalen Krisen“,
Dann drehen wir wieder die gesamte Bundeswehr auf links, denn beides gleichzeitig im Schwerpunkt geht nicht, haben wir erlebt. Dann gibt es die nächste Reform, welche dann wieder nicht so heißt.
Übrigens, die Deutschen sind mehrheitlich gegen eine Ausweitung der Auslandseinsätze der Bundeswehr. In deren Sicht sollte der Schwerpunkt ganz klar LV/BV sein.
Die Deutschen denken mit Blick auf das Scheitern in Afghanistan und dem erneuten Experiment Mali nun eher, militärische Friedensmissionen sollten nicht mehr im Vordergrund stehen, sondern die zivile und politische Konfliktbearbeitung. Maßnahmen wie die Unterstützung von Demokratisierungsprozessen und die Stärkung der Zivilgesellschaft im Ausland müssten gestärkt und ausreichend finanziert werden. Nur die zivile Friedensförderung wirke langfristig. Militärische Interventionen können das nicht garantieren.
Es bleibt für mich die Frage wo denn der Gedanke aus dem Positionspapier hin ist „Die Strategiefähigkeit und die strategische Kultur in unserem Land wollen wir fördern“.
Weitsicht zeichnet Führungskräfte aus. Sie bräuchten vernetztes Denken, organisationale Exzellenz und strategische Weitsicht, um Tagesgeschäft und gleichzeitig Entscheidungen für die Zukunft erfolgreich zu steuern. Im Mittelpunkt aller Schritte, die man jetztunternimmt, sollte immer eine zentrale Frage im Blickfeld bleiben, nämlich welche „nicht lenkbaren Faktoren und Kombinationen beeinflussen heute und in Zukunft die Bundeswehr, ihre Vision und ihre zukünftigen strategischen Postionen am stärksten?
Hoffnung entstand. Diesmal! Endlich! Erste richtige Schritte! Geht es jetzt los?
Doch dann kam Laschet. Was schreibt man dem den auf?
Alles so schnell schon wieder weg?
Nun Strategielosigkeit war ja Wesensmerkmal im Merkel- Kanzlermat und natürlich in dem CDU geführten BMVg. Strategiewechsel war im Grunde die eigentliche Konstante. Dich es war ja gar keiner, man hatte auf Planlosigkeit einfach Strategie draufgeklebt.
Nun geht es wieder los. Ich sehe schon die zukünftige „neue Strategie“. Wir heben uns mal die alten Reden der Vorgängerreformen schön auf, beim jeweils neuen Strategiewechsel können wir dann die Reden der Vorgänger ziehen.
Also doch lieber Strategielosigkeit als zukünftige Strategie?
Ich finde Kanzlermat und BMVg zerstören mit ihrer Plan- und Strategielosigkeit Vertrauen und Bereitschaft der Bevölkerung. Die, welche jetzt sagen, stimmt alles nicht, denen sage ich, wir treffen uns in 5 oder 10 Jahren, wenn ein neuer BM, ein Generalinspekteur feststellt, die Ausrichtung auf LV/BV ist alles nicht (mehr) das Wahre, Einsätze ohne Ende in Afrika und im Mittelmehr erfordern eine neue (!!) Struktur.
@KPK:
Natürlich liegen Anspruch und Wirklichkeit nie komplett übereinander, aber es sollte zumindest noch eine realistische Möglichkeit der Zielerreichung geben.
Das ist bei unveränderter Finanzierung nicht der Fall (siehe WamS von heute, „Bundesregierung spart am Heer – und gefährdet ihre Glaubwürdigkeit“).
Der Inspekteur des Heeres muss natürlich weiter auf die Zusagen an die NATO hin planen. Der GI sollte aus meiner Sicht die eingegangenen Verpflichtungen deutlicher erklären.
Meine Kritik richtet sich an die Entscheidungsträger in der Politik, die seit Jahren Zusagen und langfristige Finanzierung nicht hinbekommen.
Herr Laschet will offensichtlich die 2% ins Wahlprogramm aufnehmen.
Die Ministerin will klare Finanzlinien in den Koalitionsvertrag einbringen.
Das ist zwingend notwendig, aber dafür muss die Union dann auch kämpfen.
@KPK:
„Ihr regelmäßiger Hinweis zu unzureichender Finanzausstattungen im EP 14 kann im definierten Einzelfall zutreffend sein, in seiner Allgemeinheit im Kontext zu Absichten des Eckpunkte-Papiers bzw. Rüstungsvorhaben zuvor jedoch nicht.“
Das verstehe ich nicht wirklich, was meinen sie mit Einzelfall? Warum gilt dies nicht in der Allgemeinheit beim Eckpunktepapier und Rüstungsvorhaben?
Genau darum geht es mir ja und nicht um einzelne Vorhaben.
Die Bundeswehr hat in der Allgemeinheit nicht das Geld zur Erreichung der gesetzten Ziele!
@Memoria
„Meine Kritik richtet sich an die Entscheidungsträger in der Politik, …“
In diesem Punkt stimme ich zu.
Zu Armin Laschet generell, eine fundierte sicherheitspolitische Kenntnis erkenne ich unter Betrachtung bekannter Aussagen bislang leider nicht. 2% ist Binse, also übliche Gebetsmühle und (@new credibility) „Auslandseinsätze“ (!!) verstärken (!!) hat mit LV/BV und Eckpunktepapier kaum Deckungsgleichheit.
Weiß jemand, ob die Parteien im Wahlkampf SiPo-gerichtet Fachberatung hinzuziehen, automatisch erhalten?
@Voodoo sagt: 13.06.2021 um 10:07 Uhr
„Jein – Armin Lachet hatte sich bereits am 19. Mai dazu bekannt und tat dies im Rahmen der Eröffnung der IX. Adenauer-Konferenz (der Konrad-Adenauer-Stiftung). “
Auf genau diese Grundsatzrede bezog ich mich. Da war Laschet die Bw und bestenfalls nur Halbsätze wert. Er hat umfassend über Außenpolitik gesprochen, ein bisschen über Sicherheitspolitik, gar nicht über Militärpolitik und nur nebenbei über die Bundeswehr!
@Memoria sagt: 13.06.2021 um 10:31 Uhr
„Herr Laschet will offensichtlich die 2% ins Wahlprogramm aufnehmen.
Die Ministerin will klare Finanzlinien in den Koalitionsvertrag einbringen.
Das ist zwingend notwendig, aber dafür muss die Union dann auch kämpfen.“
Wir werden sehen, aber ich habe eine gewisse Skepsis. Ich denke eher, dass das jetzt so stark gefordert wird, damit man sich dann in den Koalitionsverhandlungen auf den Status quo einigen wird. Und nicht mit dem Status quo reingeht und dann wegen Post-Corona wieder auf 1,3% o.ä. fällt.
Aber vielleicht sehe ich das zu schwarz.
@KPK:
Die Fachberatung findet vorallem über die Fachleute in der Fraktion (Abgeordnete und Mitarbeiter) statt.
Herr Laschet scheint bisher nicht im Blick zu haben, dass 2% nicht der Kern sind, sondern NDPP-Ziele.
Könnten sie bitte noch auf meine Nachfrage von 10:38 Uhr antworten?
Da scheint es ein grundlegendes Missverständnis zu geben.
Ich habe mir die hier verlinkten Audios von der Tagung mal angehoert, alles recht unterhaltsam, aber vorhersehbar, auch das Frau Major mit „demokratischer Verteidigungspolitik“ in meinen Augen NULL Reaktion bei den Panelisten hervorgerufen hat, schade, aber nicht ueberraschend. Pseudo-innovative Braesigkeit („Komfortzone“) auf allen Ebenen, schoen von wirklich ALLEN garniert mit dieser im Kern eigentlich herablassenden Volkstuemlichkeit iSv „unsere Truppe ist die Beste, was die alles leistet, brav, brav, wir sind SO stolz!“. Und die Truppe ist ja neuerdings ein Effektor. Echt jetzt? Wird alles fuer die Soldatinnen und Soldaten gemacht, eckpunktemaessig, weil Wohlergehen und Fuersorge und so? Die Fuehrung scheint das erstmal beibehalten zu wollen: So zu tun als seien die Streitkraefte Selbstzweck, also da fuer die Interessen des Personals, und nicht anders herum. Wenn es damit so weitergeht, sollten wir nicht erwarten, dass es sobald aufhoert mit dem strategische Vakuum der letzten Dekaden. Alter Wein wird in neue Faesser gefuellt, der manchmal sauer aufstoesst. Aktuell erstehen Zombie-Versionen von KRK & HVK wieder auf.
Angeblich hat ein Herr namens Gramsci mal was gesagt wie: Das Alte liegt im Sterben, das Neue ist noch nicht geboren. Ich verlinke hier mal einen Aufsatz von Frau Dr. Franke, welcher meines Wissens auf dieser Seite noch nicht erwaehnt oder verlinkt wurde, in dem sie mEn sehr gut dieses Gefuehl von „Inflection point in world history“ (Biden) aus ratloser DEU Mittelschichts-Sicht darstellt:
https://warontherocks.com/2021/05/a-millennial-considers-the-new-german-problem-after-30-years-of-peace/
Sie hat recht, denke ich: Es muss schnell was passieren in Sachen Strategiefaehigkeit, auch und gerade im Mindset. Aber der moegliche Kanzler Laschet wirkt in Sachen Sicherheits- und Verteidigungspolitik desinteressiert, hinter der Zeit und fehlgeleitet. Und ist damit nicht allein.
Und hier schliesst sich der Kreis zur „demokratischen Verteidigungspolitik“ –
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 13.06.2021 um 10:55 Uhr:
„Weiß jemand, ob die Parteien im Wahlkampf SiPo-gerichtet Fachberatung hinzuziehen, automatisch erhalten?“ Die Parteien brauchen keine Fachberatung; die Parteien brauchen in ihren Reihen Staatsbuergerinnen und Staatsbuerger in Uniform, die sich ausserhalb der Dienstzeit in Zivilkleidung ihrer Pflicht zur Teilhabe an der politischen Willensbildung in unserem Land stellen und mit als Mitglieder die Debatten & Beschluesse mit ihrer Stimme mit beeinflussen. Ich sagte bereits in anderen Threads: Auch bei Parteien gilt: BS in = BS out. Und wer meint, zu schlau zu sein fuer Parteipolitik, wird halt von Leuten regiert, die (vermeintlich) doofer sind als man selbst.
@Memoria
„Das verstehe ich nicht wirklich, was meinen sie mit Einzelfall“?
Losgelöst von derzeitiger Debatte dem Eckpunktepapier folgend, jeweilige Einzelvorhaben vergangener Jahre mit kritischer Finanzlage, z.B. PUMA VJTF, PUMA 2. Los, Nachfolge TORNADO usw.
@KPK:
Verstehe weiterhin nicht so ganz was sie mir damit sagen wollen.
Die Umsetzung des Eckpunktepapieres und die Erfüllung der Nato-Verpflichtungen kostet deutlich mehr Geld.
Wenn dies funktionieren soll muss der Haushalt erheblich steigen.
Erfolgt das nicht ist nichtmal ein umfassender Fähigkeitserhalt finanzierbar, wobei es erheblichen Bedarf an Fahigkeitsaufwuchs gibt (u.a. 3 Divisionen).
Dafür braucht man ab ca. 2030 ca. 2% des BIP. In absoluten Zahlen mehr als 60 Mrd. € im Jahr.
Dies hat der GI auch gestern bei der CSU nochmal erklärt:
https://www.csu.de/csu-live/tag-der-bundeswehr-20210612/
@ Koffer
Das hatte ich missverstanden, roger that. Die Frage wäre, ob Politikerinnen und Politiker heute zwischen Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik differenzieren (können/wollen) oder alles für die gleiche Soße halten… ;-)
Es dürfte aber mittlerweile einigen dämmern, dass die verbündeten Nationen durchschaut haben, dass man in DEU nicht so ganz zu den eigenen, blumigen Worten steht und was damit international auf dem Spiel steht.
@Voodoo sagt: 13.06.2021 um 14:15 Uhr
„Die Frage wäre, ob Politikerinnen und Politiker heute zwischen Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik differenzieren (können/wollen) oder alles für die gleiche Soße halten… ;-)“
Mein Problem ist, dass ich befürchte, dass Laschet hier die ambivalente Position Merkels fortsetzen wird.
Merkel hat viel wert auf Außenpolitik gelegt, aber schon viel weniger auf Sicherheitspolitik. Und für Militärpolitik und Bundeswehr nur offensichtliches Desinteresse übrig.
Ich befürchte halt, dass das bei Laschet so weitergehen könnte.
Damit hätten wir dann u.a. ein Problem bei der Durchsetzung der finanziellen Ausstattung der Bw in der nächsten Legislatur. Das BMF wird ja vermutlich wieder an den (oder einen) Koalitionspartner gehen und wenn das BKAmt nicht deutliche Vorgaben macht, bekommt das BMVg wieder die gleichen Probleme wie in den letzten 20 Jahren. Eigentlich möchte die Union mehr, aber es ist ihr halt nicht wichtig genug um dafür anderes zu opfern…
„Es dürfte aber mittlerweile einigen dämmern, dass die verbündeten Nationen durchschaut haben, dass man in DEU nicht so ganz zu den eigenen, blumigen Worten steht und was damit international auf dem Spiel steht.“
Wobei das natürlich bei vielen Partnern auch so ist, aber DEU durch seine Größe fällt halt mehr auf und ist halt auch mehr in der Verantwortung…
Zitat:“Eine Konsequenz: von der Bundesregierung und der deutschen Politik gewünschte multinationale Projekte könne der Verteidigungshaushalt nicht alleine stemmen, sie müssten auch von anderen Ressorts mitgetragen werden.“
Fällt das unter „neues aus Absurdistan“? Wer soll denn da die „multinationalen Projekte“ mitfinanzieren? Das BMBF vielleicht , weil F&E ja was mit Forschung zu tun hat? Oder das BMZ vielleicht, schließlich geht es um Zusammenarbeit. DasBMVI sollte man aussen vor lassen. Angesichts der aktuellen Leitung wäre ein Scheitern der Projekte vorprogrammiert. Da das ganze ja furchtbar viel Geld kosten wird, braucht man natürlich das BMF und es kann natürlich keine internationale Kooperation ohne das AA geben.
Oder aber man stockt den Etat des VM einfach zu Lasten der anderen Haushalte auf. Dann kann den „Freunden“ auf der anderen Seite des Atlantiks gegenüber beweisen, dass man dem 2% Ziel ernsthaft nahe kommen will.
@Koffer:
Das BMF war in der letzten Legislaturperiode auch bei der Union.
Damals gab es auch weniger Geld als gedacht.
Die Ressortzuordnung in dem Bereich Verhandlungssache.
Aktuell verspricht Laschet ziemlich viel und dabei auch Widersprüchliches (2% und Schuldenbremse).
Wir werden zum Jahreswechsel hoffentlich schlauer sein.
Mit Blick auf die von der Ministerin erwähnte Lageänderung mit Blick auf Belarus hier ein Hinweis auf eine virtuelle Veranstaltung am 15.06.21:
https://www.csis.org/events/zapad-2021-and-future-russias-force-presence-belarus
Wenn der Zweck der Bundeswehrtagung Deception war, dann haben die Ministerin und ihre ziv/mil Mitstreiter ihn erreicht, wie auch die Diskussion bei AG deutlich macht.
Die Öffentlichkeit nimmt das alles nach einem kurzen Aufreger über das Eckpunktepapier wie immer nicht war, die Medien haben nicht aufgeschaltet und die Fachzirkel befassen sich mit dem Grundsätzlichen der Außen- und Sicherheitspolitik, Bedrohung, NATO, etc.
Ich kann vieles von dem hier Gesagten teilen, vermisse aber die weitergehende Befassung mit den Zielen der Reform, nämlich „Mehr Truppe weniger Stäbe“, „Truppenstrukturen stärken“, „organisiere dich wie du kämpfst“, „Einsatzbereitschaft erhöhen“.
Meine Hauptkritikpunkte sind unverändert:
1) Niemand hat eine Joint Perspective, alle kümmern sich um ihren eigenen Verantwortungsbereich und sind still solange sich nichts verändert. Der GI und seine Scriptgruppe kümmert sich um das Heer, oder neudeutsch, die Landstreitkräfte. Zu Anspruch und Wirklichkeit sowie Fortschritte des Heeres wurde ja hier schon genug gesagt und Ex-Inspekteure zitiert.
2) Die „innovative“ Idee mit dem kämpfen und siegen wurde bei den US-Streitkräften spätestens im Irakkrieg wieder nach vorne gebracht (….fight and win…) und das ist ja schon ein paar Tage her.
3) Die grundlegende Überarbeitung des Fähigkeitsprofils wurde mehrfach angesprochen, weil nicht alimentierbar, ich erkenne aber keine Bewegung höheren Orts. und auch keine Absicht sich damit zu befassen. Es gibt auch keine Absicht neue Fähigkeiten aufzubauen oder verloren gegangene wiederzubeleben (siehe Drohnen und Drohnenabwehr-Diskussion).
4) Die Reform zerschlägt funktionierende Strukturen bietet aber kaum Verbesserung und erfüllt den selbst gesetzten Anspruch „Mehr Truppe weniger Stäbe“, „Truppenstrukturen stärken“, „organisiere dich wie du kämpfst“, „Einsatzbereitschaft erhöhen“ nicht. Was erreicht wird ist lediglich eine Verbesserung der Situation des Heeres ohne Rücksicht auf collateral damage in anderen Bereichen.
Apropos Kollateralschaden: ich bin sicher, das AKK ihre Partei um zigtausende Wählerstimmen gebracht hat. Die Mitarbeitenden des Sanitätsdienstes und der SKB im In- und Ausland samt ihrer Angehörigen werden jetzt in eine lange Phase der beruflichen und persönlichen Unsicherheit gestürzt. Und das wird AKK persönlich übelgenommen.
Das betrifft die meisten dieser Menschen nicht (glauben die Ministerin und der GI)? Dann fragen Sie das mal den jungen SaZ, der weiterverpflichtet werden will, den PUO oder jungen Offizier, der Berufssoldat werden will, den MUT Loggie oder LUT ABCisten, der jetzt plötzlich beim Heer landet. Wird er versetzt? Muss er die Uniformfarbe wechseln? Oder fragen Sie den Feldjäger, der bald wieder Infantrie allgemein mit Zusatzbefähigung sein wird….
Ein anderer deutlicher Hinweis, dass die militärische Führung, die doch immer ihre Truppennähe betont, die Sorgen und Nöte der betroffenen Mitarbeiter nicht kennt, oder sich nicht dafür interessiert.
BTW: seit der Umgliederung des Leitungsstabes ist die Kommunikation der Ministerin und des Ministeriums in die Truppe, in die nachgeordnete militärische Führung, in das Parlament, in die interessierte Öffentlichkeit eine absolute Katastrophe.
Eine neue Entwicklung in Belarus zeigt wie variantenreich die Instrumente zur Beeinflussung anderer Staaten gewählt werden. Belarus beginnt verstärkt Flüchtlinge aus dem Irak einzufliegen und nach Litauen weiterzuleiten:
https://mobile.twitter.com/CarolineGruyter/status/1404157100570382338
Sehr ähnliche Aktionen gab es 2015/2016 von Rußland gegenüber Finnland – nachdem Finnland ernsthaft erwogen hatte der NATO beizutreten bzw. enger mit der NATO zu kooperieren. Nachdem diese Pläne zurück genommen wurden, war die „Flüchtlingskrise“ vorbei.
Quelle: https://www.osw.waw.pl/en/publikacje/analyses/2016-04-06/enforced-cooperation-finnish-russian-migration-crisis
Das dies nun auch in Belarus stattfindet ist ein weiterer Hinweis auf den wachsenden Einfluss Russlands auf Belarus.
Die litauische Innenministerin spricht in diesem Zusammenhang bereits von einem hybriden Krieg:
https://www.newsweek.com/lithuania-alleges-migrant-influx-well-organized-blames-belarus-increase-1598194
Das sind die Dinge die Frau Major in der Diskussion auf der Bundeswehrtagung angesprochen hatte.
Da hat man beim NATO-Gipfel also ein praktisches Beispiel für die angespannte Lage in Osteuropa.
Wir bekommen ja schon die klassischen Themen nicht hin (siehe Artikel in der WamS zum Heer) – trotz aller Ankündigungen auf der Bundeswehrtagung.
Echte vernetzte Sicherheit würde beispielsweise versuchen den Irak davon zu überzeugen diese Flüge gar nicht starten zu lassen.
Unsere Ideenlosigkeit, Mutlosigkeit und Planlosigkeit wird da immer mehr zum Problem.
Die Bundeswehr ist realistisch gesehen, für Landes- und Bündnisverteidigung nahezu eine Lachnummer geworden.
Ein reiches Land, wie Deutschland sollte sich „2% leisten können, rufen die Lobbyisten!
Reich ist nur, wer sich den grössten Unfug leisten kann, ohne ärmer zu werden: eine Gorch Fock ist das markante Beispiel für Geldverschwendung ohne messbare Leistungserbringung.
Das CDU dominierte BMVg trägt die Verantwortung für sogar völlig nutzlose und kostspielige Beschaffungen.
Wie erklärt man diese Verschwendung von Steuergeldern? Wie erklärt er man „sunk costs“ – zu Deutsch versunkene Kosten? Wie erklärt man das Bundeswehrprinzip, eine Fehlinvestition als solche erkennen und trotzdem weiteres Geld in sie investieren?
Messen und Messbarkeit von Leistung, funktioniert in der Wirtschaft, nur nicht bei der Bundeswehr. Warum auch, Verantwortung übernimmt ja niemand.
Trendwenden Material und Finanzen zeigen z.B. kaum messbare Erfolge mit positiver Wirkung auf die materielle Einsatzbereitschaft. Praxistest gibt es selten genug aber immer schöne Folien, welche die Realität ausblenden und Zahlen schön rechnen.
Also immer weiter gutes Geld schlechtem hinterher werfen. Eine Schande. Vor allem, wenn man sieht, was diese Bundeswehr wirklich kann, etwas was der GI andeutet. Eine Bundeswehr, welche seit Jahren ihren Verfassungsauftrag nicht erfüllt.
Das alles wird nun weiter durch immer neue Tagungen und Reformen vertuscht.
Handlungsfähigkeit der Bundeswehr im Sinne der Verfassung, steht nur auf dem Papier.
Geplant ist u.a. mal wieder eine neue Systematik der Einsatzbereitschaft. Immer mal wieder neue Systematiken, Meldewege, neue Vortragsformate, neue Schönrechnungsmodelle.
Ein USMC General in einem NATO Meeting:
Where the rubber meets the road is the most important point – it’s the moment of truth.
Ich verstehe das so:
When/where the rubber hits/meets the road refers to the point at which an abstract idea or plan is tested out in practice.
Warum gibt es keinen wirklichen Praxitest?
BMVg ist halt „never-never land“.
BMVg ist eine Fantasiewelt von völliger Realitätsferne, in die man sich eingesponnen hat. Selbst der GI schlägt nicht durch. Das System wehrt sich.
Da war doch noch was, Bundeswehr und Verfassungsauftrag?
Ja, schon, viel zu große Worte, nun setzt man erst mal wieder brav jeglichen Reformwahnsinn um. Rasch erst mal wieder neues Geld fordern. Das lenkt ab von Fehlerkultur im Hause BMVg.
Und noch eine kleine „Nachdenkerei“
Zur Veranstaltung der Ministerin und des GI ist in diesem Forum viel Bedenkenswertes geschrieben worden. Dabei ist leider die Kritik an den Statements der „Ehemaligen“ etwas untergegangen. Der Autor dieses Beitrags ist 67 Jahre alt und arbeitet – wenn auch informell – als „Evocatus“ weiterhin in der Konzeption und Validierung von Themen der hybriden bzw. Cyberkriegführung mit. Dies erfordert in diesen Zeiten exponentieller, disruptiver Veränderungen übrigens ein ständiges Dazulernen, insbesondere von den Jüngeren.
Sicher hilft bei dieser Arbeit der Rückgriff auf die Erfahrungsmuster, die man in langen Jahren erworben hat Aber man muss sie auch infrage stellen oder zumindest transformieren können. Wer hier darauf beharrt, es besser zu können als die, die nun Verantwortung tragen, läuft Gefahr zu einer Karikatur seiner selbst zu werden.
Auch im Alter hat man als Soldat seine Rolle, denn der Eid hat zumindest in Deutschland kein Verfallsdatum. Aber als „Evocatus“ ist diese Rolle die des „Steigbügelhalters“ für die Jüngeren. Und im respektvollen Umgang der Generationen miteinander wirkt man hier meist mehr durch kluge Fragen, mit denen man die Jüngeren zum Nachdenken bringt, als durch fertige Statements. Und manchmal gewinnt man auch mehr an Glaubwürdigkeit durch Berichte über eigene Fehler, aus denen man selbst gelernt hat als durch das Vortragen von „Heldengeschichten“.
@Memoria: Dank für die Hinweise,
W. Bebo am 14.06.2021 um 10:53 Uhr
Ein hartes Urteil. Es stimmt sehr viel von dem, was sie schreiben, ihr teilweise beißender Zynismus ist allerdings gar nicht notwendig, es ist so schon schlimm genug.
@ Cato am 14.06.2021 um 16:44 Uhr
Danke für diese wesentliche „Nachdenkerei“
Ich möchte einige Gedanken ergänzen.
Krieg ist aber – leider! – wieder eine traurige Realität. Eine eindeutige Typisierung der kriegsführenden Parteien wird jedoch immer schwieriger und gerade der hybride Typ wird immer relevanter: wechselhaft, heterogen, widersprüchlich, eine Gemengelage jenseits klassischer Strukturen und Organisationen, die eine eindeutige Kategorisierung verunmöglichen: Seien es politische Parteien, ethnische Sippen oder Religionsgemeinschaften, organisierte Kriminalität oder gewaltbereite Wirtschaftsakteure.
Die immens gewachsene Abhängigkeit unserer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts von Ressourcen, von Infrastruktur und von freiem Datenverkehr führt zu neuen strategischen Verletzlichkeiten, die die Dimensionen bisheriger Denkmuster, Disziplinen und Zuständigkeiten sprengen. Entsprechend muss der Verfassungsauftrag der Verteidigung unseres Landes viel vernetzter wahrgenommen werden, da zukünftige Bedrohungen ein Koordiniertes, gleichzeitig flexibles und adäquates Handeln erfordern.
Kriege, traditionell ausgetragen zu Lande, zu Wasser und in der Luft, werden bereits bereits heute, in nicht erklärten „Vorkriegsphasen“, hybrid, meist im Cyberspace geführt.
Die Definition neuer kriegsspezifischer Eventualitäten steht erst am Anfang einer ernsthaften sicherheitspolitischen Diskussion in Deutschland..
Zu Beginn muß klar sein, wenn unsere Bevölkerung nicht mitmacht ist es egal wie viel Geld man in die Bundeswehr investiert. Es muss eine Gesamtleistung unseres Landes sein. Das klingt wahrscheinlich für einige Soldaten zu einfach, doch für mich ist es der Kern.
Die Entwicklungen seit der letzten Reform bzw. Neuausrichtung zeigt bedauerlicherweise, dass es Deutschland, vor allem seiner Bundeswehr, nicht gelang, sich auf die wahrscheinlichste Erscheinungsform eines zukünftigen Krieges vorzubereiten.
«Krieg ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.» Diese CLAUSEWITZ Definition öffnet den Blick für das Verständnis von «anderen Mitteln», auch und gerade in der Zukunft. Im Internationalen Clausewitz-Zentrum der FüAk hört man CLAUSEWITZ Definitionen sehr oft, das Umsetzen von Lehre und Forschung in Praxis könnte m.E. besser werden.
Weder durch das Kanzleramt, noch durch BMVg, noch durch andere Ministerien wird umgesetzt, dass bei der Abwehr verschiedenster, teils diffuser Bedrohungen immer ein vernetzter Ansatz gefordert ist.
Die „neuen“ gedanklichen Arbeiten im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Bundeswehr stehen weder auf dem Boden der Realität, schon gar nicht zukunftsgerichtet.
Strategen, Konzeptionäre, Politiker und Generäle nehmen immer noch vergangene Kriegsbilder als Blaupause, schaut man genau hin, versteckt sich das auch hinter den Ankündigungen des Eckpunktepapiers. Eine ordentliche Analyse zur Sicherheitspolitik führt leider zu dürren, meist recht altbackenen Forderungen und Vorschlägen.
@Peter Rolle:
„Im Internationalen Clausewitz-Zentrum der FüAk hört man CLAUSEWITZ Definitionen sehr oft, das Umsetzen von Lehre und Forschung in Praxis könnte m.E. besser werden.“
Hier liegt in meinen Augen ein wesentliches Problem. Ein wirklich fundiertes Nachdenken über Krieg und Kriegsführung findet in der Bundeswehr nicht statt.
Die Ausbildung ermöglicht noch nicht einmal eine professionelle Diskussion hierüber. Auch die dritte Grundsatzrede der Ministerin an der FüAk gab in diese Richtung leider keine neuen Impulse.
Gleichzeitig wird die öffentliche Debatte immer hektischer und oberflächlicher – einschließlich die Kommunikation des BMVg.