KSK-Sammelaktion: Generalinspekteur verzichtete auf Detail im Zwischenbericht

Zu der umstrittenen Sammelaktion für Munition im Kommando Spezialkräfte (KSK) hat Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn eingeräumt, dass er diese Information bewusst nicht in seinen Zwischenbericht zu Untersuchungen und Reform des Spezialverbandes aufgenommen habe. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte nach eigenen Worten davon keine Kenntnis.

Die Ministerin und der Generalinspekteur mussten sich am (heutigen) Mittwoch den Fragen der Abgeordneten im Verteidigungsausschuss des Bundestages stellen, nachdem Details zu der Aktion öffentlich bekannt geworden waren. Bereits im Januar dieses Jahres war in einem Prozess gegen einen Oberstabsfeldwebel der Eliteeinheit, auf dessen Privatgrundstück Munition und Sprengstoff gefunden worden war, die Sammelaktion des KSK öffentlich geworden; in der vergangenen Woche hatten NDR und WDR dazu mehr Details bekannt gemacht. Danach sollen KSK-Soldaten die Möglichkeit bekommen haben, Munition abzuliefern, die sie zuvor rechtswidrig gehortet haben sollen. Unklar bleibt bislang, ob damit auch das Versprechen einer Amnestie, also des Verzichts auf strafrechtliche Verfolgung, verbunden war.

Vor den Abgeordneten sagte Zorn nach Angaben aus Ausschusskreisen, er habe im Oktober vergangenen Jahres von Heeresinspekteur Alfons Mais einen ersten Zwischenbericht der Task Force Munition und sicherheitsempfindliches Gerät KSK erhalten. Diese Gruppe war als Teil der Reformbemühungen für den Eliteverband eingesetzt worden, um neben den Untersuchungen zu rechtsextremistischen Vorfällen auch den Umgang mit Munition und Sprengstoff und Fehlbestände in der Einheit aufzuklären; das Heer sollte dafür eine Generalinventur vornehmen.

Aus dem Bericht des Heeresinspekteurs ging dabei hervor, dass KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr am 24. März 2020 befohlen hatte, bis Ende Mai die anonyme Rückgabe von gehorteter Munitition und Sprengstoff zu ermöglichen. Ob der Brigadegeneral damit seine Befugnisse überschritten habe, weil er zugleich auf disziplinare Ermittlungen bei dieser Rückgabe verzichtete, müsse noch geprüft werden.

Diese Sammelaktion sei nur einer von zehn Bereichen zum Thema Munition im KSK gewesen, in denen ermittelt werde, sagte Zorn. Er habe deshalb darauf verzichtet, zu diesen Munitionsrücknahmeeinrichtungen und zu den anderen Bereichen Details in seinen Zwischenbericht im November vergangenen Jahres aufzunehmen. Einen Abschlussbericht zu der Task Force Munition habe das Heer Mitte Februar vorgelegt, eine einordnende Stellungnahme sollten die Abgeordneten in der nächsten Woche erhalten.

Allerdings, auch das räumte der Generalinspekteur vor dem Ausschuss ein, sei selbst bis zur Vorlage des Abschlussberichts der Task Force der KSK-Kommandeur selbst dazu noch gar nicht vernommen worden; das sei erst am vergangenen Montag nachgeholt worden.

Kramp-Karrenbauer sagte nach Angaben aus Ausschusskreisen, sie selbst habe den Zwischenbericht des Heeres nicht gekannt, sondern nur den Zwischenbericht des Generalinspekteurs. Die Aufklärungsarbeit zu Details der Sammelaktion sei jetzt Aufgabe des Kommandeurs der Division Schnelle Kräfte, Andreas Hannemann.

Zum Gesamtkomplex gab die Ministerin nach der Ausschusssitzung eine recht lange Stellungnahme ab – fast neun Minuten (und ohne Nachfragemöglichkeit). Zum Anhören:

AKK Statement KSK Verteidigungsausschuss 24feb2021     

 

 

Der Opposition im Bundestag reicht das, wenig überraschend, nicht aus. Der FDP-Abgeordnete Marcus Faber:

Die Erläuterungen im heutigen Verteidigungsausschuss zu der ‚Munitionsamnestie‘ im KSK durch die Verteidigungsministerin und den Generalinspekteur werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern. Es kann nicht sein, dass Informationen über rechtswidrige Aneignung von Munition und deren straffreie Rückgabe einfach aus einem Bericht gestrichen werden. Monate nach Kenntnis des Fehlverhaltens wird auf Druck der Presse und des Parlaments überhaupt erst wieder ermittelt. Die fehlende Transparenz aller Verantwortlichen und die mangelnde Nachverfolgung dieses Vorgehens ist ein Skandal, dem wir Freie Demokraten weiter nachgehen werden.

und die Grünen-Parlamentarierin Agnieszka Brugger:

Das Ministerium hat die hoch umstrittene Munitionssammelaktion in allen bisherigen Berichten verheimlicht. Die Hintergründe der Aktion und die Gründe für die Intransparenz des Ministeriums bleiben auch nach dieser Sitzung mehr als unklar, die Abgeordneten wurden mit dünnen Antworten auf die nächsten Tage vertröstet.
So bleiben nach dieser Sitzung extrem viele und wichtige Fragen offen. Wenn das Versprechen der Ministerin nach schonungsloser Aufklärung nicht nur eine leere Ankündigung bleiben soll, müssen jetzt alle Informationen, Motive und Hintergründe schnellstens offengelegt werden. Sonst geht das Vertrauen in den Aufklärungswillen nicht nur im Parlament verloren.

(Archivbild: Scharfschützenausbildung des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in der Schweiz im Juli 2018, (deshalb auch noch nicht in Multitarn) – Jana Neumann/Bundeswehr; Audio: BMVg)