Fürs Protokoll: Neue MAD-Präsidentin Rosenberg ernannt
Die neue Präsidentin des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD), ist jetzt auch offiziell im Amt. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ernannte die bisherige Bundeswehrdisziplinaranwältin Martina Rosenberg am (heutigen) Freitag zur Nachfolgerin von Christof Gramm, der Ende September abgesetzt worden war. Die 49-jährige Juristin ist die erste Frau an der Spitze eines deutschen Nachrichtendienstes; als ihre wichtigste Aufgabe sieht die Ministerin die Bekämpfung von Rechtsextremismus in der Bundeswehr.
Die Ernennung Rosenbergs soll zusätzliche Dynamik in die Bekämpfung von Rechtsextremismus in den Streitkräften bringen, erklärte das Ministerium in der Mitteilung zur offiziellen Amtseinführung. Sie könne ein eigenes Programm zur weiteren Modernisierung des Amtes vorlegen, bei dem die Aufdeckung möglicher Netzwerkstrukturen über die Bundeswehr hinaus und die enge Kooperation mit anderen Sicherheitsbehörden im Mittelpunkt stünden.
Die Ablösung des bisherigen Präsidenten Gramm hatte die Ministerin damit begründet, dass die jetzt anstehende weitere Umsetzung der Reformen und der Modernisierung des BAMAD einen neuen Abschnitt markiert, der zusätzliche Anstrengungen und Dynamik erfordert. Dieser neue Abschnitt soll auch personell sichtbar gemacht werden. Allerdings wurde Gramm intern auch angelastet, dass es in dem Nachrichtendienst unter seiner Führung Probleme bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus in der Bundeswehr gegeben habe – bis hin zu Informationslecks, bei denen Ermittlungsergebnisse weitergegeben wurden.
Andererseits hatte der bisherige MAD-Chef im Juni erstmals öffentlich davon gesprochen, dass es in der Truppe rechtsextreme Netzwerke gebe – eine Aussage, die aus dem Nachrichtendienst wie aus dem Ministerium zuvor so nicht zu hören war. Ausschlaggebend für Kramp-Karrenbauers Entscheidung war möglicherweise der Umgang Gramms mit Informationen zu einem mutmaßlichen Rechtsextremisten, über den der MAD Informationen gesammelt hatte, angeblich aber nicht umfänglich weitergegeben haben soll.
Die Ministerin ließ keinen Zweifel daran, dass der Militärische Abschirmdienst derzeit die Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Truppe als wichtigste Aufgabe habe. Dem BAMAD kommt, neben vielfältigen anderen Aufgaben, gerade in der Bekämpfung von Rechtsextremismus in der Bundeswehr eine herausgehobene Rolle zu. Mit Frau Rosenberg haben wir eine besonders geeignete Präsidentin gefunden, die, und davon bin ich überzeugt, der Weiterentwicklung des BAMAD eine zusätzliche Dynamik verleihen wird, erklärte Kramp-Karrenbauer nach Angaben des Ministeriums.
(Foto: Rosenberg bei der offiziellen Ernennung – Jana Neumann/Bundeswehr)
Genau rechtzeitig zur Vorstellung der Maßnahmen beim KSK – diese sollen ja zum 31.10. feststehen.
Also, die „wichtigste Aufgabe“ des MAD ergibt sich aus dem Longtitle.
Das kann nicht Rechtsextremismus sein, nur weil der gerade im medienwirksamen Fokus steht. Es geht vorrangig darum, die militärische Sicherheit der Streitkräfte gegen nachrichtendienstliche Angriffe von innen und außen zu gewährleisten. Kampf gegen Extremismus sowohl von rechts und links oder anderen ideologischen wie religiösen Richtungen ist TEIL davon.
Frau Rosenberg kann man nur viel Erfolg wünschen! Es ist sehr erfreulich, dass das BMVg gegen Rechts wachsam bleibt und das Thema weiterhin eine hohe Priorität genießt. Frau Rosenberg hat sich hier als Bundeswehrdisziplinaranwältin in jedem Fall einen Namen gemacht. Islamismus ist zwar auch eine Gefahr, aber beim Rechtsextremismus ist es sicherlich nach wie vor die große Zahl von Verdachtsfällen im Grenzbereich zwischen Radikalismus und Extremismus, die besorgniserregend ist.
Es ist gut, dass der MAD mit den in Kürze zu erwartenden gesetzlichen Änderungen des Verfassungsschutz- bzw. MAD-Gesetzes stärker mit dem Verfassungsschutzverbund zusammenarbeiten kann (etwa durch stärkere Integration in das Nachrichtendienstliche Informationssystem NADIS). Hier könnte Frau Rosenberg durch eine entsprechende Priorisierung ebenfalls darauf hinwirken, dass dies über die grundsätzlichen gesetzlichen Möglichkeiten hinaus künftig auf Arbeitsebene besser läuft. Dies ist im Bereich Rechtsextremismus unabdingbar nötig.
Hoffentlich werden aber auch die Spionageabwehr und die MAD-Zuständigkeit beim Geheimschutz als klassische MAD-Themen durch Frau Rosenberg nicht vernachlässigt. Die 360-Grad-Abschirmung auch gegen Aktivitäten „befreundeter“ Nachrichtendienste in Deutschland muss im Schulterschluss mit dem BfV weiter ausgebaut werden. Auch im Bereich Cyber-Bedrohung sollte der MAD einen stärkeren Beitrag leisten, in dem er noch deutlicher an einer Sensibilisierung mitwirkt. Zudem kann der MAD durch gründliche Sicherheitsüberprüfungen dazu beitragen, dass Führungskräfte mit gering ausgeprägtem IT-Sicherheitsbewusstsein von sicherheitsempfindlichen Posten ferngehalten werden. Frau Rosenberg war ja mal Geheimschutzbeauftragte – vielleicht ist daher gerade von ihr in diesem Bereich etwas zu erwarten. Leider meinen derzeit viele Dienststellenleiter, dass Spionage und Cyberangriffe immer nur die anderen treffen, aber nie sie selbst oder ihre eigene Dienststelle. Wenn ganze Abteilungen entgegen eines eindeutigen Nutzungsverbots Cloud-Dienste im Internet und WhatsApp zum Austausch von Personaldaten nutzen und der Grundsatz „Kenntnis nur wenig nötig“ bei VS offenbar gar nichts mehr zählt, dann kann man sich alle anderen Sicherheitsmaßnahmen sonst auch sparen. Wer so etwas toleriert oder forciert, darf keinen Sicherheitsbescheid erhalten oder müsste als Auflage zumindest eine IT-Sicherheitsfortbildung besuchen. Ich hoffe auf den MAD und Frau Rosenberg.
@Flyer2005
Ich behaupte: so wie Hans Georg Maaßen über das Nicht-Erkennen von Hetzjagden in Chemnitz gestolpert ist wurde die Nicht-Identifizierung von rechtsextremen Netzwerken Christoph Gramm zum Fallstrick.
Daraus ergibt sich der SP der Arbeit des BAMAD für die nächste Zeit, JM2C.
[Ich ahne schon, welche Debatte sich aus diesem Vergleich entwickeln könnte… bitte nicht. T.W.]
In einer Zeit, wo man schon rechts ist, wenn man an einer traditionellen Familienstruktur festhält und Positionen vertritt, die z. B. Helmut Schmidt vertreten hat, da ahne ich, dass demnächst die Gesinnungsueberpruefung in der Truppe um sich greifen wird. Herr Hauptmann ich weiß was…
[Die Debatte nach dem Muster „Wer sein Land liebhat, gilt doch heute schon als Rechtsextremist!!!1!!111!!!“ überlassen wir bitte den einschlägigen Foren. Danke. T.W.]
Das BAMAD sollte die ihm zugewiesenen vielfältigen Aufgaben aus guten Gründen umgänglich und gleichermaßen wahrnehmen. Und zwar jeweils so, wie es für die Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung stehende Ressourcen gibt.
Politische Wünsche sollten genau das berücksichtigen.
Insofern halte ich die Vorgabe von AKK für sachlich falsch. Aber die Medien wollen es so.
@ Flyer2005
Zitat: „Wenn ganze Abteilungen entgegen eines eindeutigen Nutzungsverbots Cloud-Dienste im Internet und WhatsApp zum Austausch von Personaldaten nutzen und der Grundsatz „Kenntnis nur wenig nötig“ bei VS offenbar gar nichts mehr zählt, dann kann man sich alle anderen Sicherheitsmaßnahmen sonst auch sparen. “
So ist es ! Mich würden mal die Zustände bei der Bw interessieren, wenn WhatsApp mal für 4 Wochen abgeschaltet werden würde, wo die Bw doch immer behauptet, sie hat so gute Kommunikationsinfrastruktur, so etwas braucht sie nicht. Was dann alles bei der Bw nicht mehr funktionieren würde ?
@Georg
Die Bw hat Stashcat und BwMessenger auf dienstlichem Gerät freigegeben bis VS-NfD. Allerdings wird es Zeit, „preiswerte“ Smartphones für die Truppe auszugeben und nicht nur für einige „Erlauchte“ (Beachtung SAZV, u.a. versteht sich).
Ja, der Umgang mit VS in der Truppe hat Luft nach oben. Das ist aber vor allem ein Ausbildungs- und Dienstaufsichtsproblem.
Das teilweise die Befehle zum Sportfest oder ähnlich unkritische Dokumente VS-NfD eingestuft werden, ist ebenfalls nicht sehr hilfreich. Erklären Sie einem Soldaten einmal, warum die Kenntnisnahme eines solchen Dokuments durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.
Man darf halt auch nicht pauschal überall VS-NfD drauf schreiben, sonst muss man sich auch nicht wundern, wenn es keiner mehr ernst nimmt.
Stärkerer Fokus Rechts ist in Ordnung. Dabei sollten aber die anderen Aufgaben nicht vergessen werden, die beim MAD auch gestärkt werden müssen. Alle Welt erzählt uns, dass wir resilienter gegen hybride Bedrohungen und Cyber werden müssen. Hier muss ein Kernbeitrag des MAD liegen — die Bundeswehr entsprechend mit zu schützen.
@Thomas Melber: Soweit ich gehört habe sind sowohl StashCat als auch BwMessenger derzeit nur bis OFFEN zugelassen — auch auf dienstlichem Gerät. Beim BwMessenger ist eine VS-NfD-Variante für dienstliche Geräte vorgesehen. Die unterschiedlichen Varianten können zumindest vorläufig nicht untereinander kommunizieren. Das kommt in einer späteren Ausbauphase. Die Wahrscheinlichkeit ist daher hoch, dass die Leute aus Bequemlichkeit weiter WhatsApp nutzen, wenn sie nicht zum Wechsel gezwungen werden. Es ist Tatsache, dass in weiten Teilen der Bundeswehr weiterhin WhatsApp genutzt wird. Ich habe es selbst im Sommer erlebt, dass ein Brigadekommandeur VS-eingestufte (!) Befehle als PDF per Whatsapp an seinen Stab (also uns) weitergeleitet haben. Im BMVg läuft es übrigens genauso.
@Gert: Richtig. Die Frage ist: Wo wird das Ganze vermittelt. Ich erinnere mich nicht daran, dass auf meinem gesamten LGAN ein einziges Mal über Geheimschutz und Militärische Sicherheit gesprochen wurde. Das erfolgt höchstens im Rahmen der jährlichen Sicherheitsbelehrung, die bundeswehrweit (meist sowieso belächelte) S2-Oberleutnante runterrattern. Wir jagen hier Führungskräftenachwuchs auf allen Ebenen in den Geschäftsbereich, der zwar vom Schutz vor Cyber und Hybrid faselt, aber sich über Geheimschutz noch nie wirklich Gedanken gemacht hat (dafür sind die alle mit ihrem gesamten Lebenslauf bei XING und LinkedIn vertreten…).
„auch gegen Aktivitäten „befreundeter“ Nachrichtendienste in Deutschland muss im Schulterschluss mit dem BfV weiter ausgebaut werden“
Wie lange hat es gedauert, bis man befreundet endlich in Anführungszeichen geschrieben hat? Denn Staaten haben keine Freunde, sie haben Interessen.
@soho
Die jährlichen Belehrungen sind auf jeden Fall schon mal ein wichtiger Baustein. Wo es eher hapert ist die Dienstaufsicht. Neben den Disziplinarvorgesetzten und TE-Führern sollte es eigentlich überall einen S2-Bereich geben.
Die dienstliche Nutzung von Whatsapp and Co. mahnt man beim ersten Bekanntwerden ab. Wenn das danach nicht abgestellt wird, ist das einer klarer Fall für ein Disziplinarverfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Schubert
@soho
+1
Ohnehin erschreckend wie einige Sorglos mit ihren Daten im Internet umgehen.
@Flyer2005
Bei Verstöẞen gegen den Datenschutz einfach direkt an den ADSB Bundeswehr oder Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Erfahrungsgemäß hört man den Knall ganz ganz schnell vor allem wenn es über den/die BFDI läuft, hängt das Problem dann direkt im BMVg.
@soho
Wenn der eine oder andere Führungsoffizier, verstehen würde das der „belächelte“ S2-Oberleutnant diese Tätigkeit in Vertretung des jeweiligen Kommandeurs ausübt und sich der Tragweite der Befugnisse dieses Oberleutnants bewusst wäre, dann würde das Lächeln eventuell im Gesicht einfrieren.
Übrigens mit der so lästigen Unterschrift unter die jährliche Sicherheitsbelehrung, nehmen sie für alle Verstöße gegen die MilSich die volle Verantwortung auf ihre Kappe sie haben dann nämlich wissentlich dagegen verstoßen, dazu gehört auch das Handy in der Sperrzone, weil man ja wichtiger als der Rest ist.
Vielleicht weniger Lächeln beim nächsten Mal und einfach das machen was der böse 2er gerne erwartet.
Mir scheint schon, dass die Debatte jetzt irgendwo auf so Nebengleise läuft, die mit dem eigentlichen Thema nix mehr zu tun haben?
(Vielleicht sollte ich mal einen gesonderten Thread aufmachen „Warum What’sApp keine gute Idee für militärische Kommunikation ist und warum der Speiseplan der Truppenküche nicht zwingend als VS-NfD eingestuft werden muss“ – aber erst mal lassen wir diesen OT bitte.)
@Herr Wiegold
Solche Aussagen helfen Laien, zumindest mir, vieles in Kontext zu bringen und so das „Gesamt“ Bild besser zu verstehen.
Trennung
Im Moment ist das Vertrauen in die BW und den MAD unter den Bürgern erschüttert.
@ ThoDan sagt: 02.11.2020 um 8:33 Uhr
„Im Moment ist das Vertrauen in die BW und den MAD unter den Bürgern erschüttert.“
Dieses Thema interessiert den „Bürger“ (Gehören Sie nicht dazu?) momentan gar nicht. Der ist mehr damit beschäftigt, das er nicht mehr zu seinem Lieblingsitaliener darf.
@T. W.: Mir scheint schon, dass die Debatte jetzt irgendwo auf so Nebengleise läuft, die mit dem eigentlichen Thema nix mehr zu tun haben?“
Hat 1. damit zu tun, daß man sich eher über die eigentlichen Aufgaben des BAMAD austauschen will als über das, was Frau R. als ihren SP ankündigt.
Und 2. daß das Thema wer als „Rechts“ = „Rechtsradikal“ = „Rechtsextremist“ gilt – mit Bezug auf das, was Frau R als ihren SP ankündigt – hier durch Sie gleich in eine Ecke gedrückt wird
[Bei Punkt 1 stimme ich Ihnen zu. Zu Punkt 2: Ich trete Versuchen entgegen, Rechtsextremismus zu verharmlosen – und teile nicht die Ansicht, dass ich damit Personen oder Aussagen „in eine Ecke drücke“. T.W.]
Oder hier sind ne Menge ungediente dabei, die die interne Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit des MAD nicht kennen… da gibt es reichlich Infobroschüren anhand welcher schnell klar wird, was kritisch im Sinne der Verfassungstreue ist, und was nicht.
Und dann blickt der Soldat hier in die Kommentarsektion und wundert sich, warum standfeste Demokraten sich so leicht über trollige Begriffsvernebelungen irritieren lassen.
Mal sehen ob die neue MAD-Chefin dem ein oder anderen mal so Broschüren gelassen um die Ohren haut /SCNR
@Hoffmann: Was meinen Sie denn mit „eigentlichen Aufgaben“ des MAD? Der MAD nimmt die Aufgaben einer Verfassungsschutzbehörde für den Geschäftsbereich des BMVg wahr. Der Schutz unserer verfassungsmäßigen Ordnung vor Rechtsextremisten gehörte stets zu den Kernaufgaben des Verfassungsschutzes. Mithin sollte das auch für den MAD so gelten.
Das heißt ja nicht, dass man alles andere außer Acht lassen muss. Der MAD wird in den kommenden Jahren um mehrere Hundert Stellen gestärkt. Der Dienst hatte ausweislich der Angaben auf Wikipedia zu seinem personellen Tiefpunkt im Jahr 2014 lediglich 1.067 Mitarbeiter. Mittlerweile ist man offenbar wieder bei rund 1.300. In der zweiten Hälfte der 2020er Jahre lassen die bisher öffentlich geäußerten Planungen rund 1.800 Mitarbeiter erwarten. Somit sollte auch für mutmaßlich vernachlässigte Aufgaben, wie der bereits angesprochenen Spionageabwehr und Abschirmung vor Cyberbedrohungen ein deutliches Fähigkeitsplus herausspringen.