DroneWatch: Neue Debatte, Argumente wie schon 2014
Das Verteidigungsministerium hat eine, nun ja, neue Debatte zum Thema bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr begonnen. Nach fünfstündiger Diskussion ist allerdings klar: Die Argumente von Befürwortern und Gegnern haben sich seit 2014, eigentlich schon seit 2013 nicht wesentlich geändert.
Mit der Debatte am (heutigen) Montag kam das Ministerium den Vorgaben von Koalitionsvertrag und Bundestags-Haushaltsausschuss nach: Vor der Entscheidung über die Beschaffung der Bewaffnung von unbemannten Flugzeugen der Bundeswehr, so steht es zum Beispiel im Beschluss des Haushaltsausschusses von 2018, müsse eine ausführliche völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und ethische Debatte darüber geführt werden. Nun läuft die Ausbildung deutscher Piloten und Payload-Operatoren an den geleasten Drohnen des Typs Heron TP in Israel seit dem vergangenen Jahr, im kommenden Jahr sollen die Maschinen zunächst in Afghanistan eingesetzt werden – damit rückt auch die Frage näher, ob es denn eine Bewaffnung für diese Systeme geben soll.
Die Diskussion darüber führen Politik und Zivilgesellschaft, Bundeswehr, Ministerium und Abgeordnete, Gegner und Befürworter seit Jahren. Schon der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte 2013 die Militärbischöfe der beiden christlichen Kirchen und einen Wissenschaftler zur Debatte geladen. Ein Jahr später gab es eine öffentliche Anhörung dazu im Bundestag (das Wortlautprotokoll hier). Eine Entscheidung aber steht bis heute aus.
Die fünfstündige Debatte, die jetzt im Berliner Bendlerblock stattfand, der Coronavirus-Pandemie wegen in kleinem Kreis und als Livestream via YouTube, schien wie eine Neuauflage der Debatten vor sechs oder sieben Jahren. Die Argumente beider Seiten haben sich kaum verändert: Zum Schutz der Soldaten in Einsätzen das richtige Mittel, sagen die Befürworter. Der gefährliche Beginn einer Rutschbahn in gezielte Tötungen, wie sie die USA praktizieren, sagen Kritiker, die zudem in der Bewaffnung von Drohnen auch den Einstieg in autonome Waffensysteme sehen.
Und so waren die Belege, die die jeweilige Seite vorbrachte, auch an diesen grundlegenden Ansichten orientiert, ohne dass es da großen Spielraum zu geben schien. Eigentlich könnte ich meine Zusammenfassung von 2014 mit – auch nur zum Teil – anderen Podiumsmitgliedern hier einfach erneut referieren.
(Zum Nachhören, aufgeteilt nach den jeweiligen Panels, gibt’s die Audios der aktuellen Debatte hier.)
Und letztlich lief es auf das hinaus, was die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sehr deutlich auf den Punkt brachte: Jeder hier muss irgendwann mal die Hose runterlassen, was er will und was er nicht will. Das zielte natürlich auf die Regierungskoalition von Union und SPD, an der letztlich die Entscheidung hängt – so sie denn noch in dieser Legislaturperiode fallen sollte. Denn die Union ist eindeutig für die Beschaffung der Waffen und folgt da der Haltung von Verteidigungsministerium und Streitkräften. Die Sozialdemokraten geben sich da weit weniger eindeutig; ob ihre Fraktion eine solche Beschaffungsentscheidung mittragen würde, scheint mir schlicht völlig offen.
Die aktuelle Debatte wird, jedenfalls formal, bis zur Sommerpause noch weitergehen: Am 18. Mai ist ein Live-Chat mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Peter Tauber und Generalinspekteur Eberhard Zorn geplant, ebenfalls im Mai sollen Bundestagsabgeordneten Videos zu dem Thema präsentiert werden (die ich natürlich auch gerne sehen würde). Es folgen noch zwei Debatten an der Universität in Regensburg und der Bundeswehr-Universität in München. Und dann wandert das Thema auch schon aus der öffentlichen Debatte in die Politik – nach der Sommerpause. Allerdings: Ob es da so weit kommt, dass sich der Haushaltsausschuss mit einer Beschaffungsvorlage befassen muss, scheint mir derzeit noch recht zweifelhaft.
(Foto: Heron TP-Drohne bei der Ausbildung von Bundeswehr-Personal in Israel – Luftwaffe)
Irgendwie komm ich da nicht nach. Wenn die BW sagt es ist nützlich und es geht um CAS und grade nicht um autonomes Töten von Einzelpersonen auf Langstrecke und alles muss in einem definierten Rahmen vom Parlament gebilligt werden dann haben doch alle was sie wollen.
Die „Argumente“ sind dieselben, weil die „Debatte“ sich ja eigentlich ja auch nicht um RPAs dreht. Nein, nein … es geht wie seit Anbeginn über Bande eigentlich um Auslandseinsätze a la Afghanistan oder Mali. Denn wenn man sich nicht in sowas verstricken läßt, braucht man ja auch keine bewaffneten Drohnen (wie Bartels ja ausführte haben die in einem Peer-to-Peer Krieg keine Überlebenschance). Oder, wie die Stimmen contra bewaffnete Drohnen offenbar befürchten, bedeuten diese ein Mehr an solchen Auslandseinsätzen und deshalb … Oder so ähnlich. Daher ists immer noch die gleiche Ersatzdebatte.
Volle Zustimmung an den Hausherren.
Irgendwann muss man sich eben entscheiden.
Das will man aber oftmals nicht.
Wie realitätsfern die Argumente oftmals sind wurde ja auch schon mehrfach besprochen:
https://augengeradeaus.net/2019/12/dronewatch-franzosen-starten-mit-bewaffneten-drohnen-im-sahel-deutsche-debatte-stockt/#comment-327816
Ich teile ebenfalls die Skepsis des Hausherren, dass es hierzu vor der nächsten Wahl eine Entscheidung gibt.
Denn zur Wahrheit gehört auch: Wirklich wichtig ist es auch der Union nicht.
Nach der Wahl wird es sicherlich nicht einfacher.
Da bleibt nur zu hoffen, dass die eingesetzten Soldaten in verschiedenen Einsatzgebieten nicht doch in ungeplante Lagen kommen (Friktionen…). Allein schon die Berichte aus Kunduz sind ja deckungsgleich zu Berichten vor mehr als 10 Jahren. Zwischenzeitlich waren aber auch viele Ebenen zwischen dem taktischen Führer vor Ort und der Leitung des BMVg nicht immer drängend bei dem Thema, da politisch nicht gewollt.
Anscheinend muss erst wieder etwas passieren, bevor etwas passiert.
Aber vier Termine in relativ kurzer Zeit hintereinander, lassen schon auf ein gewisses Interesse schließen. Dazu die Äußerungen Herrn Pflügers hinsichtlich Entscheidung noch im Juni? Spoiler oder Fake News?
eines weiteren Ausweises, dass die „Debatte“ lediglich ein Intstrument der Entscheidungsprokrastination ist hätte es eigentlich nicht bedurft.
Mich würde auch nicht wundern diskutierte man hierzulande noch über die völker-verfassungsrechtlich und ethische Zulässigkeit von Armbrüsten.
Alberner als die obige Scheindiskussion wäre es vermutlich auch nicht.
Die Welt dreht sich weiter, deutsche Sicherheitspolitik dreht sich um sich selbst.
vermutlich auch eine Naturgesetzlichkeit
@memoria Nachdem etwas passiert ist, ist es aber etwas spät. Sie nehmen die Durchfalltabletten auch nicht nach dem alles in die Hose gegangen ist. Sarc off.
Dies ist ein oftmals vorgebrachtes Argument gegen bewaffnete Drohnen. Jedoch läuft es für mich irgendwie an unserer deutschen Realität vorbei:
1. Wir haben keine allgegenwärtigen Geheimdienste, deren Arm weit in die militärische Entscheidungsebene hineinreicht oder die eigenen Flotten unterhalten. Insofern stellt sich das Hauptproblem nicht.
2. Wir haben keine vollautonomen Systeme, die bewaffnet werden sollen – irgendwo sitzt ein Pilot/Operator/Bediener „unter Aufsicht“ in seinem Container, steuert sein Fluggerät und feuert ggf. die Waffen ab. Damit unterliegt jeder Waffeneinsatz automatisch den geltenden ROE und ungerechtfertigter Abschüsse können somit vollumfänglich nach deutschem Recht geahndet werden. Wer dies bezweifelt, dürfte eigentlich auch verhindern wollen, dass Soldaten die Feldlager verlassen, denn die unterliegen „da draußen“ auch keiner wie auch immer gearteten übergeordneten Kontrolle – trotzdem vertrauen wir ihnen.
3. Erst die Anschaffung von vollautonomen Waffensystemen würde das ethische Problem aufwerfen, was in der Debatte aufgerissen wird. Warum diskutiert man ausufernd ein Problem, welches sich gerade nicht stellt?
Das Problem ist, das viele im gesamten politischen Lager halt keine Soldaten/Warrior haben wollen, sondern lieber leicht bewaffnete „Schuelerlotsen“, die in einem 3. Welt Staat den einheimischen Sicherheitskraeften etwas Waffenausbildung angedeihen lassen. Ansonsten haelt man sich zurueck, verweisst auf unsere unsaegliche Vergangenheit, laeuft mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt und beklagt sich das die Amerikaner entweder zuviel oder zuwenig tun. Derweil lachen sich AQ, ISIS und Boko Haram sowie die Russen und Chinesen halbtod. Um in der NATO nicht vollkommen unterzugehen wurschteln wir uns mit VJTF und EFP durch. Und wenn alles nix nutzt schieben wir noch ein PESCO Projekt an und schicken 100 Mann mehr nach Mali oder lassen eine Orion ueberm Mittelmeer kreisen. Wir sollten uns damit abfinden, das sich in den naechsten 50 Jahren daran wohl nix aendern wird. Vielleicht sollten wir froh sein wenn wir keine bewaffneten Drohnen haben, dann brauchen wir uns wenigsten nicht dafuer zu schaemen wenn wir sie dann doch niemals einsetzen oder das die Drohnen 10 Jahre nach Einfuehrung immer noch keine Flugzulassung/Bewaffnung haben.
In der Diskussion um die ethische Dimension versteckt sich in einer vermeintlichen Nebenbemerkung von Bartels (ab 45:30) der wirkliche Kern der Diskussion:
Die gesellschaftliche Akzeptanz von Gewaltanwendung in Einsätzen.
Sei es zum Selbstschutz oder gar zur Zielerreichung.
Zweiteres wird fast beiläufig negiert (so ähnlich auch von PSts Tauber in seiner Einleitung) und eine Philosophie der Deesklalation postuliert.
Bei Bartels geht es erneut einher mit der unreflektierten, impliziten Annahme der Überlegenheit der eigenen Position gegenüber den USA.
Wobei gleichzeitig völlig ausgeblendet wird worin sonst die Kernaufgabe von Streitkräften in Einsätzen bestehen soll.
Die Drohnendebatte kratzt eben auch nach 10 Jahren nur an der Oberfläche der sehr grundlegenden Fragen zum Selbstverständnis unseres Landes und der Rolle seiner Streitkräfte und deren Wesenskern.
Die „Killer-Drohne“ ist lediglich das Symbol für die dauernd vermiedene Diskussion um das Töten.
Leider wurden diese Grundfragen auch in der ethischen Debatte erneut ausgeklammert.
Einsatzphilisophie Deesklalation – historisch, theoretisch, empirisch und auch ethisch eine gewagte These.
Erneut – bezeichnenderweise – ohne Widerspruch.
Angesichts des seit Jahren herrschenden Beschaffungs-/Rüstungschaos, ist es der Streit um des Kaisers Bart. Denn selbst bei einem Beschluss durch die Bw genutzt Drohnen zu bewaffnen, würde es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Jahre dauern dies zu tun. Ich würde mich freuen, wenn hinsichtlich der Ausrüstung auf 100% der bereits auf dem Papier genehmigten Umfänge endlich die Umsetzung erfolgen würde.
Diese ganze Situation und Diskussion ist schlimmer als bei der Einführung des Maschinengewehrs, des U-Boots, des Panzers, des Flugzeugs, des Gefechts der Verbundenen Waffen, etc. Immer, wenn neues vorhanden ist, kommen Leute daher, die Bedenken haben und das Überkommene bewahren wollen, während andere eben diese Waffe(n) bereits eingeführt haben.
Eigentlich hat sich seit der Einführung der Armbrust wenig geändert.
Mich erinnerte das Format etwas an die „breite sicherheitspolitische Debatte“ des letzten Weißbuchs: Die Mainstream-Sipol-Blase befruchtet sich selbst und am Ende fasst man altbekanntes worthülsengewaltig zusammen.
Auch in diesem Format ist es nicht gelungen die rechtlichen, ethischen, politischen und militärischen Perspektiven wirklich konsequent zu verknüpfen.
Ja es blieben sogar die Argumentationslinien des BMVg nicht stringent.
Der PSts Tauber stellte in seiner Einführung fest:
„Sogenannte „Targeted Killings“, zu verstehen etwa als die Bekämpfung und Tötung von Einzelzielen ohne unmittelbare Bedrohung (…), sind und bleiben nach deutschem Recht und Gesetz explizit ausgeschlossen.“
Damit weitet der PSts explizit targeted killings auch auf legitime Ziele im bewaffneten Konflikt aus und begründet die Ablehnung rechtlich.
Dies widerspricht der herrschenden Meinung der Völker- und Verfassungsrechtler.
Dies wird später in der Podiumsdiskussion zur rechtlichen Perspektive nochmals bestätigt.
Abschließend begründet dann der Abteilungsleiter Recht des BMVg die Zielauswahl für bewaffnete Drohnen mit dem Targetingprozess.
Bei den zwischenzeitlich stets betonten Selbstverteidigungsszenaren spielt jedoch Targeting gar keine Rolle.
Selbst ROE sind dann – nach NATO-Verständnis – nicht relevant.
Eine aus meiner Sicht in wesentlichen Punkten nicht wirklich stringente Argumentation.
Oder hab ich da etwas falsch verstanden?
Memoria sagt: 12.05.2020 um 5:50 Uhr
„In der Diskussion um die ethische Dimension versteckt sich in einer vermeintlichen Nebenbemerkung von Bartels (ab 45:30) der wirkliche Kern der Diskussion:
Die gesellschaftliche Akzeptanz von Gewaltanwendung in Einsätzen.
Sei es zum Selbstschutz oder gar zur Zielerreichung.“
Ich persönlich glaube, daß die Gesellschaft nur vorgeschoben wird und diese tatsächlich weiter ist, als die Politiker, die die Entscheidungen für Einsätze der Bundeswehr treffen sollen. Ganz im Ernst: Wenn man nicht in der Lage ist, harte Entscheidungen zu fällen und nur Wohltaten verbreiten kann (Stichwort: Schönwetter-Politiker), hat man in der Politik nichts verloren. Allerdings würde das erklären, warum Vieles in der Politik immer noch nicht entschieden ist, z.B. Katastrophenvorsorge.
Ich tippe mal auf einen schwammigen Kompromiss. Die Heron Tp wird kommen, die Bewaffnung aber eben nicht. Und ob villeicht, entscheidet sich nach der nächsten Wahl. Je nach Koalition.
[Oh Mann. Die Entscheidung für die Heron TP wurde vor zwei Jahren getroffen, die Maschinen sind geleast, die Ausbildung in Israel findet statt. Ihr „Kompromiss“ ist keiner – bitte auch mal gucken, was bisher schon passiert ist. T.W.]
Wer jetzt über das Ergebnis der Diskussion enttäuscht ist, der ist aber sehr optimistisch an die Sache rangegangen. Mich hätte es überrascht, wäre es anders gewesen.
Es fehlt schlicht am grundsätzlichen Rahmen für deutsche Streitkräfte. Wie sind sie in der Gesellschaft verortet, welches Aufgabenspektrum sollen sie abdecken und welche Mittel dazu anwenden. Alles dies ist ungeklärt, weil es nicht offen angesprochen wird.
Man braucht sich doch nur die laufenden Einsätze ansehen, und man weiß, welcher gesellschaftspolitischer Eiertanz dahintersteckt. Von klaren Linien (z.B. Zielen und deren Erreichung) sind wir meilenweit entfernt.
@Trevor Mit dem unterschied dass das Anwendungsverbot der Armbrust nur gegen Christen galt. Da waren die Regeln klar. Hat sich dennoch niemand dran gehalten.
@ Pio-Fritz, 12.05.2020 um 11:15 Uhr
„Es fehlt am grundgesetzlichen Rahmen für die deutschen Streitkräfte…“ Wie jetzt??? Ehrliche Frage!
Ich hoffe, wir wollen jetzt nicht für jede Kleinigkeit eine (grund-)gesetzliche Festlegung. Dann sind wir nämlich „festgelegt“.
[Huhu, einfach richtig lesen… da steht „am grundsätzlichen Rahmen“, nicht am grundgesetzlichen… T.W.]
@TW Ich weiß noch nicht mal was ich vor 2 Tagen gemacht habe. Sorry ist mir entfallen. Also wird sich jetzt nicht um die Drohne als solches sondern nur die Sinnfrage der Bewaffnung gestritten?!?
[Äh, ja, ich dachte, das wäre klar? T.W.]
@ TW Weil immer um die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen gesprochen wird und nicht um die Bewaffnung von Drohnen die schon da sind. Muss ich verschlafen haben. Lg
Mich würde es sehr interessieren, wenn mir jemand erklären könnte, ob sich die Waffen einer Drohne signifikant von anderen unterscheiden.
Platt gesagt : Sind die genauer, mit größerer Reichweite, höhere Sprengkraft / Wirkung?
Wenn nicht, dann gibt es in dieser Hinsicht keine Probleme, diese einzusetzen.
@Trevor Faith:
Im Kern geht es natürlich um die politischen Entscheidungsträger. Dort drückt man sich immer wieder um alle kinetischen Themen.
Wie ja auch Herr Felgentreu in der Diskussion zugab, da er eine Teilnahme an Barkhane bspw. ablehnt. Aus rechtlichen und politischen Gründen. Jedoch kurz davor den deutschen Beitrag in der Anti-IS-Koalition (der Willigen) erwähnt.
Auch ich glaube das große Teile der Bevölkerung dies durchaus pragmatische sehen als die öffentliche Debatte vermuten lässt.
War zu erwarten, dass unsere politischen Luftpumpen wieder nichts auf die Reihe bekommen. Man kann nur jedem potentiell am Militärdienst interessierten Kandidaten empfehlen, sich lieber einen besseren Beruf zu suchen. Diese Argumente sind ein Witz, vor allem weil sie, nur um ein Beispiel zu nennen, das gesamte Konzept der F125 Fregatten selbst als obsolet definieren. Stabilisierungseinsätze wird es immer geben, genauso wie deutsche „boots on the ground“.
Ein Umdenken wird erst stattfinden wenn wieder deutsche Soldaten für nichts und wieder nichts in einem Dorf ohne Namen im Nirgendwo jämmerlich verrecken, weil sie keine Unterstützung erhalten.
Wer Streitkräfte besitzt, sollte jede Möglichkeit nutzen, deren Überlebenschancen zu erhöhen. Aber leider läuft in unserer Politik und bei der Bundeswehr alles falsch.
Pio-Fritz sagt: 12.05.2020 um 11:15 Uhr
„Es fehlt schlicht am grundsätzlichen Rahmen für deutsche Streitkräfte. Wie sind sie in der Gesellschaft verortet, welches Aufgabenspektrum sollen sie abdecken und welche Mittel dazu anwenden. Alles dies ist ungeklärt, weil es nicht offen angesprochen wird.“
Mit Verlaub: Man muß das Rad nicht neu erfinden. Das sind alles Dinge, die bereits geklärt sind (Landesverteidigung und internationale Einsätze); es wurden auch ausreichend viele politische Debatten zum Thema geführt. Es geht letztendlich einzig und allein um die Werkzeuge, die die Bundeswehr hierfür haben soll. M.E. ist eine Drohne auch nicht bedenklicher als ein Artilleriegeschütz, Jagdbomber mit lasergelenkten Bomben oder ein Scharfschützengewehr. Inzwischen sind noch ganz andere Waffensysteme in der Pipeline.
Krieg ist hässlich – war es immer und wird es immer sein.
Die ganze Debatte um die ‚bewaffnete Drohne‘ ist eine Scheindebatte.
Es geht – wie auch von anderen bereits angesprochen – um die Grundsatzfrage, was Streitkräfte denn überhaupt sind.
Die Deutsche Politik ist dabei völlig unmündig, mit Streitkräften umzugehen. Sie hätte die Streitkräfte gerne nur zur Bekämpfung von Naturkatastrophen, zur Notrettung und als Entwicklungshelfer.
Am schlimmsten dabei ist aber, dass es gerade die Bundeswehrführung ist, die sich ständig mit derartigen Vorstellungen bei der Politik ‚anbiedert‘.
Auch bei der Debatte um die ‚bewaffnete Drohne‘ hat man seitens der Bw-Führung mal wieder ausschließlich den Aspekt der Selbstverteidigung hervorgehoben und man war sich nicht zu schade auch noch auf die emotionale Tränendrüse zu drücken mit dem Bild vom „Kommandeur der zuschauen muss wie Raketen abgefeuert werden auf seine Soldaten und er dabei hilflos zusehen muss“.
Die brutale Wahrheit lautet dagegen ganz einfach: Streitkräfte brauchen Waffen und Mittel, um andere Menschen zu töten, und zwar am besten die modernsten Waffen und Mittel. Seit sich Menschen nicht mehr mit den bloßen Händen gegenseitig umbringen, sind sie danach bestrebt immer bessere Hilfsmittel zum Töten des Gegners zu (er)finden. Schon längst wurde der Zeitpunkt überschritten, bei man sein Gegenüber nicht mehr sehen muss, um ihn zu töten. Eine Debatte hierüber ist überflüssig. Wer hier irgend etwas unmoralisches dabei findet, der sollte zum Psychiater gehen.
Die Bw-Führung hätte bereits längst alle Soldaten aus Afghanistan, Mali und dem Irak abziehen sollen mit dem Hinweis darauf, dass derartige ‚Out-of-Area‘-Einsätze grundsätzlich nur durchgeführt werden, wenn die Deutschen Soldaten dabei den bestmöglichen Schutz genießen, also Pers. Schutzausst., Satelliten- und Luftaufklärung, Gunships, bewaffnete Drohnen, Kampf-/Hubschrauber, Route-Clearance-Packages, etc.
Solange die Bw das nicht hat, braucht sich der Bundestag mit derartigen Einsätzen gar nicht weiter zu befassen.
[Wie ich neulich schon feststellen musste, es ist halt die Lust am Krawall, die Sie antreibt. Ob die Debatte überflüssig ist, entscheiden nicht Sie. T.W.]
@all Ne wirklich dumme Frage. Wer trifft denn am Ende die Entscheidung? Ist das wie an der UNI dass jeder ein Manuskript kriegt in dem steht was wofür und warum und was es kostet und jeder hebt die Hand oder nicht?
@Dante 11:05
29.01.2019: „In Israel haben die ersten Crews der Luftwaffe ihre Ausbildung auf dem unbemannten Aufklärungsflugzeug Heron TP begonnen“.
https://www.flugrevue.de/militaer/deutsche-soldaten-erstmals-in-israel-stationiert-luftwaffe-startet-heron-tp-ausbildung/
Aus dem Einsatz, ein ZgFhr-Bericht aus Mali:
@MatthiasLehna (11. Mai)
GebJgTr
„… Daneben gab es auch längere Patrouillen, LTPs, oder mehrtägige Operationen weiter weg, um Aufklärungseinheiten zu beschützen. Für solch größere Vorhaben hatten wir die #Heron, die zur Road Recce, meistens Stunden voraus geflogen ist. …“
(2/10)
@Trevor Faith sagt: 12.05.2020 um 13:35 Uhr
„Das sind alles Dinge, die bereits geklärt sind (Landesverteidigung und internationale Einsätze); es wurden auch ausreichend viele politische Debatten zum Thema geführt.“
Ach ja? Auf dem Papier vielleicht, aber es wird nicht gelebt. Und schon gar nicht ist das in der Gesellschaft angekommen, weil es medial so gut wie gar nicht auftaucht. Und welche politischen Debatten? Sie meinen jetzt nicht die „drolligen fünf Minuten“ während der Haushaltsdebatte? Oder das Geschangel, wenn es um Mandatsverlängerungen geht? Es mag geklärt sein, aber es fehlt die Umsetzung.
@Sindbad sagt: 12.05.2020 um 14:24 Uhr
„Die Bw-Führung hätte bereits längst alle Soldaten aus Afghanistan, Mali und dem Irak abziehen sollen mit dem Hinweis darauf,…“
Irgendwie vermitteln Sie den Eindruck, die Grundzüge einer Parlamentsarmee nicht verstanden zu haben. Stichwort „Primat der Politik“, die Bw-Führung entscheidet eben nicht, ob der Einsatz stattfindet, höchstens wie.
Um es mal im Jugendsprech auszudrücken: „Haste nicht gerallt, Digga, wa?“
Anbei noch ein Interview des Deutschlandfunk mit Peter Zauber zum Thema.
Interessant für mich, dass ein Drohnenführer einen Rechtsberater an der Seite hat.
https://www.deutschlandfunk.de/cdu-politiker-tauber-bewaffnete-drohnen-bieten.694.de.html?dram:article_id=476487
[Haben Sie den Namen des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Tauber jetzt bewusst so geschrieben oder war das ein Tippfehler? T.W.]
Eine Debatte über die Beschaffung einer Bewaffnung für die geleasten israelischen Drohnen und damit eine zusätzliche Wirkmöglichkeit gegen einen Feind.
Eine Debatte, die ihren Startpunkt in 2009 hat und im Jahr 2020 noch immer nicht beendet ist.
Eine Debatte von Vertretern eines Parlaments, die über „gefährliche Beginn einer Rutschbahn in gezielte Tötungen“ in ebendiesem Parlament sprechen.
Also ihre „Parlamentsarmee“ in Auslandseinsätze schicken und den dann dort kämpfenden Soldaten soviel Vertrauen entgegenbringen, dass dort geltende und vom Parlament genehmigte ROE´s für den Waffeneinsatz einfach ignoriert und „gezielt“ getötet wird? Ob sich Soldaten darüber Gedanken machen, wer mit welchen Motiven diesen Auslandseinsatz befiehlt und genehmigt? Bestimmt.
Ich finde, die Debatte sagt weniger über die Notwendigkeit der Bewaffnung von Drohnen aus, aber sehr viel über die Vertreter dieses Parlaments.
@Dante
Zumindest im Bundestag wird das dann genau so ablaufen. Alle anderen bekommen kein Manuskript und dürfen Ihre Entscheidung zum Fenster hinausbrüllen. :o)
@ Pio-Fritz
Treffer, versenkt! Es gab und gibt keine Debatte, weil eine Seite nur moralinsaures Gequietsche mit zum teil fragwürdiger (hintergründiger) Zielsetzung zum Besten gibt und die „andere Seite“ eigentlich ja nur sinnentleerte Sprechblasen produziert, bei denen man zusätzlich noch die fehlende intellektuelle Beschäftigung mit der Thematik 10km gegen den Wind erkennt, und ansonsten vor Angst (vor dem Wähler bzw seiner Reaktion) schlotternd unter dem Schreibtisch kauert und hofft, der Kelch möge an ihnen vorübergehen.
@ Trevor Faith
Mit Verlaub: Unter einer Debatte verstehe ich den Austausch rationaler Argumente. Was wir stattdessen seit 1990 haben ist der ewig gleich Eiertanz so wie oben von mir beschrieben. Und niemals, nicht ein einziges Mal, hat die deutsche Politik in ihrer Gesamtheit (d.h. über Sprechblasen einzelner „armer Tropfe“, die das Thema aufs Auge gedrückt bekommen haben, hinaus) irgendwann irgendwo ein auch nur ansatzweise glaubhaftes Konzept eines „nationalen Interesses“ hervorgebracht … Alles, aber auch alles was ich dazu gesehen/gelesen habe gehört klar in die „nichtssagende Sprechblase“ Kategorie. Afghanistan? Mali? Politische Blowjobs für Washington und Paris, nichts weiter … Das Geschwurbel von wegen „islamistischer Terror“ oder „Migrationsbewegungen“ glaubt Berlin ja nicht mal selbst, warum sollte Otto-Normalo das glauben? Ich jedenfalls tue es nicht.
Das hat jetzt genau was mit der Bewaffnungsfähigkeit von Drohnen zu tun? Technisch betrachtet nichts, aber die Frage dient als willkommene Ersatz-Debatte bei der man so schön um das Goldene Kalb tanzen und sich der Gretchenfrage (Wie hältst du es mit Auslandseinsätzen der BW?) entziehen kann. Deswegen wird sich auch nichts an dem Eiertanz um Drohnen ändern, solange die Politik eine echte und ergebnisoffene Debatte verweigert … auch auf die Gefahr hin, daß die Bevölkerung eben die „Argumente“ der Transatlantiker und Interventionisten nicht schluckt und einen „Mützenich“ vollzieht und „Magna Helvetia“ ausruft.
@ BG
Grundsätzlich ist die Bewaffnung für eine Drohne keine Neuentwicklung sondern es wird meist eine bewährte Waffe von Kampfhubschraubern wie die „Hellfire“-Rakete eingesetzt. Normalerweise wird mit einem Laserzielbeleuchter das Ziel markiert und die Rakete findet dann selbstständig ihr Ziel.
Der Laserzielbeleuchter befindet sich auch an der Drohne und wird vom „Payload Operator“ bedient.
Wenn man sich die Daten der AGM-114 Hellfire anschaut:
https://de.wikipedia.org/wiki/AGM-114_Hellfire
dann sieht man das der Gefechtskopf ca. 9 kg Sprengstoff enthält und das Gesamtgewicht der Rakete bei ca. 50 kg ist.
Die kleinste gängige Bombe an einem Kampfflugzeug hat ca 250 lbs (amerikanische Pfund), was ca. 113 kg Explosivmasse darstellt ! Daran sieht man schon, das der Raketeneinsatz einer Drohne immer punktgenauer und weniger zerstörerisch sein wird, als der Einsatz eine Bombe vom JaBo aus.
Überrascht war ich, das jetzt zur gezielten Tötung einer einzelnen Person eine Spezialversion einer Hellfire ohne Sprengstoff entwickelt worden ist. Diese Rakete tötet durch die kinetische Energie beim Aufprall auf die Person und durch entfaltbare Messer ( ! ) im Gefechtskopf. Daran sieht man wie präzis die Rakete ins Ziel gesteuert wird, d.h. sie kann einen einzelnen Menschen gezielt aus einer Gruppe töten.
https://esut.de/2019/05/meldungen/luft/12815/r9x-neue-hellfire-variante/
Ich bin jetzt mal zu faul zum argumentieren und denke dass sich die Debatte ergebnislos totlaufen wird.
@T.W. Tippfehler, natürlich Peter Tauber.
@ BG
Zitat: „Interessant für mich, dass ein Drohnenführer einen Rechtsberater an der Seite hat. “
Den hat aus meiner Sicht nicht der Drohnenpilot an seiner Seite, sondern der Kdr, der den Einsatz befiehlt und leitet.
Also der Oberst Klein hatte am 04.09.2009 einen Rechtsberaer an seiner Seite !
Bei aller „Krawallerei“ von @Sindbad, ein Punkt scheint mir dennoch ganz wichtig:
In der deutschen (!) Öffentlichkeit wird die Bundeswehr immer noch gerne als „bewaffnetes THW“ gesehen. Da wird – und das konnte man sehr gut sogar bei AKK sehen – von der Bw Dinge gefordert, die grundsätzlich eigentlich dem katastrophenschutz zuzurechnen sind oder sein sollten.
Die Versorgung und Bevorratung von Schutzausrüstung ist hier ein klassischer Fall. Der Katastophenschutz ist nicht mehr vorhanden – einzig ein paar Helikopter der Luftrettung sind noch in klassischem Orange vorhanden. (OT aus).
Da wir aber keine stratefischen Interessen als Bundesrepublik haben, können wir keine strategischen Erfordernisse/Aufgaben für die Bw definieren.
Da die Bw keine strategischen Aufgaben hat, kann sie keine klaren Anforderungen an die dazu nötige Ausrüstung Formulieren.
Da es dies Anforderungen nicht gibt, kann auf dieser Grundlage keine „Werkzeugauswahl“ stattfinden. Denn, wenn man nicht weiß, was man braucht, kann man das auch nicht beschaffen.
Braucht die Bw neues Werkzeug, dann bleibt daher die Anforderung an dieses Werkzeug gerne auf der Strecke und es wird nur über die rein ethischen Herausforderungen gerungen.
Das hat dann eher was von einem philosophischen Pro-Seminar, denn von einer sachlichen Debatte.
….
@georg Darauf sind die Amis stolz und gleichzeitig hat die Hälfte der Bevölkerung keine Arbeitslosen oder Krankenversicherung. Amerika first. Hurra. Sarc off.
@ Pio-Fritz
„Stichwort Primat der Politik“
Bravo! – Sie haben gerade die Bundeswehrführung von jeglicher Verantwortung für militärische Einsätze exkulpiert.
Leeb, Bock und Rundstedt wird’s freuen.
Im übrigen impliziert die Formulierung ‚Soldaten abziehen‘ doch selbstverständlich einfach den Mut der verantwortlichen Generäle auf der 3 und 4 Sterne Ebene der Politik gegenüber die militärisch sinnvollen/notwendigen Anforderungen VOR einem Einsatz zu präsentieren. Dazu gehören auch die Mindest-Mandatsobergrenzen.
Es wird doch kein einziger Auslands-Einsatz im Bundestag diskutiert, der nicht vorher von der Bundeswehrführung ausgeplant worden ist.
Genau darauf bezieht sich doch meine Kritik.
Oder nehmen sie einfach nur als Beispiel den Oberst der zur ethischen Frage als ehem. Führer der Beratergruppe in Kunduz vorgetragen hat. Wenn er der Meinung ist, er hätte für seinen Einsatz eine bewaffnete Drohne gebraucht, dann hätte er das Kommando über die Beratergruppe ablehnen sollen, oder wenigstens seine Bedenken vorher äußern sollen. Warum dann nach dem Einsatz lamentieren? – Im übrigen habe ich es in diesem Fall persönlich nicht verstanden, warum er für seinen relativ bescheidenen Einsatz mehr als die Überwachungsdrohne gebraucht hätte, die ihm ja eh zur Verfügung stand. Immerhin hat man doch sehen können dass man beschossen wird. Das gibt einem doch immerhin die notwendige Zeit in Deckung zu springen.
Aber genau darin liegt die Problematik bei der Drohnendebatte bei der Bundeswehr. Weil man den eigentlichen militärischen Grund nicht sagen darf (gezieltes chirurgisches Ausschalten eines Gegners) muss man es mal wieder mit ‚Selbstverteidigung‘ begründen, damit es unsere weichgespülten Politiker schlucken. Die Begründung des Oberst fand ich dann eben ziemlich lahm.
@wetzelsgruen:
„Eine Debatte von Vertretern eines Parlaments, die über „gefährliche Beginn einer Rutschbahn in gezielte Tötungen“ in ebendiesem Parlament sprechen.
Also ihre „Parlamentsarmee“ in Auslandseinsätze schicken und den dann dort kämpfenden Soldaten soviel Vertrauen entgegenbringen, dass dort geltende und vom Parlament genehmigte ROE´s für den Waffeneinsatz einfach ignoriert und „gezielt“ getötet wird?“
Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich mit der Beschreibung auf die aktuelle oder mögliche künftige Rolle des Bundestages beziehen.
Es gibt nämlich einen wesentlichen Unterschied: Bisher sind ROE ein Thema der Exekutive, diese werden nicht vom Bundestag genehmigt.
Warum u.a. die SPD dies für ein Einsatzmittel ändern will und dafür gesonderte ROE dem Bundestag zur Billigung vorlegen will, ist daher ein weiterer logischer Bruch in der Debatte.
PSts Tauber konnte so verstanden werden, dass sich das BMVg dies vorstellen kann.
Ähnlich seltsam waren die Aussagen des Wehrbeauftragten zur Mandatierung einzusetzender Mittel.
Das ist doch alles reiner Unsinn. Wo ist denn eigentlich der „moralische“ Unterschied zwischen einem Kampfflugzeugpiloten der in 150 km Entfernung den Knopf drückt und einem Flugzeugführer am Boden, der das in 600 km Entfernung macht.
Der Unterschied ist, dass kein Pilot sein Leben riskiert und man nicht ständig teure Kampfflugzeuge starten muss, weil diese UAVs sehr lange in der Luft bleiben können.
Typisch naive moralinsaure deutsche Diskussion….
@Georg:
Zustimmung. Die Aussage des PSts wunderte mich auch. Ebenso die Aussagen des Oberst Ehbrecht zu den Verantwortlichkeiten vor Ort, die er nur ungefähr kenne.
Ich ging immer davon aus, dass es klar definierte Zuständigkeiten – vorallem in NATO-Einsätzen – von Ground Force Commander und JTAC gibt. Siehe auch Kunduz 2009 – da waren diese Zusammenhänge und Abläufe ja auch nicht allen Handelnden klar.
Für mich nicht verständlich, warum in so einem zentralen Punkt so unscharf diskutiert wurde.
@Dante
Darauf sind die Amis stolz und gleichzeitig hat die Hälfte der Bevölkerung keine Arbeitslosen oder Krankenversicherung. Amerika first. Hurra.
Man muss nicht immer alles glauben was RT und der STERN so von sich geben. Im Zweifelsfall mal 6 Monate in die USA gehen und mit echten Amerikanern leben und reden. Reisen bildet und man stellt fest, dass der Ami uns naeher steht steht als viele uns Glauben machen wollen.
[Und damit bitte auch diesen OT beenden… T.W.]
Vorweg ein Disclaimer: Ich persönlich bin der Meinung, dass bewaffnete unbemannte Systeme eine wichtige Rolle in der aktuellen und noch mehr zukünftigen Gefechtsführung einnehmen und daraus folgernd alle modernen Streitkräfte, somit konsequenterweise auch die Bundeswehr (wenn sie modern sein soll, bewaffnete Drohnen (Land/Luft/See) benötigen.
Nun zur Debatte: Mir ist aufgefallen, dass sowohl der Wehrbeaftragte Bartels auch General Zorn die Leistungsfähigkeit von Drohnen aus technischer Sicht falsch dargestellt haben, ich weiß nicht ob aus Unkenntnis oder aufgrund der verfolgten Agenda.
Bartels behauptet sinngemäß, dass bewaffnungsfähige Drohnen sich zwar für Stabilisierungsoperationen (siehe Afghanistan und Mali) eignen, aber nicht für die Kriegsführung gegen einen technisch entwickelten Gegner mit Flaugabwehrkapazitäten (da diese dann innerhalb weniger Minuten bekämpft werden würden).
Diese Aussage ist so einfach nicht haltbar, sie trifft zwar auf die Heron TP oder die Predator zu, aber eben nicht für bewaffnete Drohnen an sich. Die nicht Befähigung der Heron TP/Predator liegt nicht in der technischen Hürde, sondern in den geforderten Entwicklungsspezifikationen. Diese Art von Drohnen sollen vor allem eine lange Stehzeit in einer nicht bedrohten Umgebung bieten und möglichst günstig im Betrieb sein. Daher hat man auf den Einsatz jeglicher Schutzkomponenten (Manövrierbarkeit und Schutzsysteme) verzichtet. Technisch wäre es aber machbar. So arbeitet ja bspw. Boeing im Auftrag der australischen Streitkräfte an der Entwicklung des „loyal Wingman“, einer Drohne die für den Kampf in genau diesen Szenarios eingesetzt werden soll. Das gleiche sieht man auch an der unbemannten Version der F-18, die vor wenigen Monaten erstmals im Verbund mit bemannten F-18 getestet wurde. Ja die Systeme sind jetzt noch nicht in den Streitkräften, aber sie werden es bald sein, aller Voraussicht nach noch in diesem Jahrzehnt.
Ich reite deswegen auf diese Aussage herum, weil sie die Debatte nicht weiterbringt, da wir den Punkt jetzt abräumen müssen, sonst haben wir im Vorfeld von FCAS unter Umständen die gleiche Debatte nochmal.
General Zorn hingegen behauptet die Wirkmittel die die Drohne zum Einsatz bringen kann sind zielgenauer und skalierbarer (Missionsabbruch bis zur letzten Sekunde des Aufschlags und Einstellbarkeit der Wirkstärke).
Diese Aussage ist so auch nicht haltbar, da diese Faktoren nicht durch das Luftfahrzeug (bemannt oder unbemannt) beeinflusst werden, sondern durch den Effektor. Die Bundeswehr kann genau so hingehen und diesen oder einen ähnlich wirkenden Effektor in ein bemanntes System integrieren, dann würde man auch die selbe Wirkung im Ziel erreichen. Interessanterweise hat man ja sogar ein Rüstungsunternehmen in seinem Land, dass genau diese Technologie (nennt sich RADIUS) in seinem Portfolio anbietet.
Die Wirkung im Ziel kann die Drohne nicht „besser“ als bemannte Flieger, sie kann es nur effizienter sprich günstiger, da die Beschaffungs- und Betriebskosten für eine Drohne ein Bruchteil von bemannten Systemen darstellen. Mit einer Handvoll Drohnen kann man über mehrere Jahre hinweg ohne weiteres das ganze Jahr über 24/7 ein System über einem bestimmten Einsatzgebiet haben, was sofort aufklären und wirken kann. Um das mit bemannten System zu kompensieren würden vermutlich die zur Verfügung stehenden Flugstunden der gesamten Strahlenflieger der Luftwaffe nicht ausreichen.
Ich finde auch hier muss das BMVg sich ehrlich machen und sagen, wenn wir diesen Effekt haben wollen (die Möglichkeit die Truppe im Einsatzland kinetisch aus der Luft zu schützen), dann können wir es nur mit bewaffneten Drohnen machen, nicht weil diese es zielgenauer oder mit weniger Kollateralschäden erreichen, sondern weil wir uns diesen Effekt mit bemannten Systemen nicht leisten können.
Im Grunde ist auch das „offene Cockpitt“ der Drohne kein Alleinstellungsmerkmal, den technisch ließe sich das Sensorbild von bemannten Systemen auch an mehreren Stellen gleichzeitig zeigen.
Zum Schluss noch was zu der Aufforderung in der letzten Diskussionsrunde, dass jedem Drohnenpiloten ein Rechtsberater an die Seite gestellt werden muss.
Wieso? Mit welcher Begründung?
Die Absurdität dieser Forderung erkennt man sehr einfach wenn man sich bewusst macht, was ein bewaffneter Drohneneinsatz ist, nämlich der Einsatz von militärischer Gewalt. Wer also fordert, dass jeder Bombenabwurf/Raketenschuss von einer Drohne durch den Rechtsberater genehmigt werden muss, der muss auch konsequenterweise jeden Panzerschuss, Bombenabwurf eines Tornado/Eurofighters, Artillerieschuss oder den Schuss aus einer Granatmaschinenwaffe vom Rechtsberater genehmigen lassen. Selbst der Schuss aus dem G36 müsste dann ja auch vor Rechtsberater genehmigt werden.
Dass es durch durch die Veranstaltung erneut nicht gelang den Rechtsrahmen im bewaffneten Konflikt für jeden Beobachter klar herauszuarbeiten, zeigt ein Bericht der Deutschen Welle:
„Ein Thema, das im wahrsten Sinne des Wortes Sprengstoff birgt, heißt es doch explizit im Koalitionsvertrag: „Völkerrechtswidrige Tötungen lehnen wir kategorisch ab, auch durch Drohnen.“ Doch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will das ändern.“
https://www.dw.com/de/bundeswehr-bedingt-abwehrbereit/a-53374581
Aus meiner Sicht hätte der Rechtsrahmen das erste Panel sein müssen. Denn zuvor gab es ja allerlei Aussagen, die nahe legen, dass der Kombattantenstatus weiterhin nicht verstanden wird (siehe die erneute Diskussion um Fliehende im Panel mit den Abgeordneten).
Wobei sich ja auch so zeigte wie begrenzt die Lernfähigkeit einiger Abgeordneten ist.
Die Abgeordnete Keul konnte sich ja auch in keinen der aktuellen Einsätze die Notwendigkeit von bewaffneten Drohnen vorstellen – nachdem die Lage in Kunduz detailliert geschildert wurde.
Der obige Bericht zeigt aber, dass diese Verwirrung in der öffentlichen Diskussion anhält, somit kann sich die Debatte nicht wirklich weiterentwickeln.
Was den ein oder anderen wohl gar nicht stört.
@Memoria
ROR gemäß Bw Wiki:
Katalog von Verhaltensmaßregeln, erstellt auf politischer/militärischer Führungsebene, die einheitliche Aktionen/Reaktionen der militärischen Führer und Truppenteile im Einsatzgebiet sicherstellen.
Also bei politischer Führungsebene bin ich bei den von mir beschriebenen zukünftigen Einsätzen ganz schnell im Parlament. Wenn sich der Führer vor Ort dann jeden einzelnen Schuß genehmigen lassen muss, wo bleibt dann die Auftragstaktik? In meiner Wahrnehmung ist es ja wesentlich leichter von ganz weit hinten mit sturer Befehlstaktik am Gängelband zu führen als den Verantwortlichen vor Ort die Mittel in die Hand zu geben, das Problem zu lösen.
Auch diese Veranstaltung zum Thema „Bewaffnung von unbemannten Luftfahrzeugen“ hat – ungeachtet der sachlichen Argumente die dafür zum wiederholten Mal von Fachleuten qualifiziert vorgetragen wurden – wiederum gezeigt, daß Diskussionen mit den entschlossenen Gegner jeglicher Bewaffnung unbemannter Luftfahrzeuge ungefähr die gleichen Erfolgsaussichten haben, diese mit sachlichen Argumenten zu überzeugen, wie Diskussionen mit entschlossenen Impfgegnern über die Notwendigkeit für alle verbindlicher Schutzimpfungen gegen bestimmte ansteckende schwere Krankheiten wie z.B. Masern.
@wetzelsgruen:
Nochmal zur Verdeutlichung:
Die Formulierung von RoE ist bisher eine Aufgabe des BMVg. Übrigens gilt dies auch für das Mandat (in Zusammenarbeit mit dem AA).
Auch keine neue und drohnenspezifische Debatte.
Das Gängelband kommt also im Wesentlichen aus dem eigenen Haus.
Was mich in den Äußerungen der Leitung des BMVg dieser Tage verwundert ist, dass immer mehr drohnenspezifische ROE, gebilligt durch den Bundestag, thematisiert werden:
https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1260471220128137217
Dies wäre eine zweifache wesentliche Veränderung (ROE für ein Waffensystem, parlamentarische Billigung).
Offenbar glaubt man so einen Kompromiss mit der SPD finden zu können.
Wobei die SPD doch eher Einsatzkonzepte und Eibsatzgrundsätze meint und dies teilweise mit Einsatzregeln / RoE verwechselt.
Somit sehe ich auch eine Rutschbahn hin zum Mikromanagement – leider teilweise noch befördert durch das BMVg.
Hier noch ein Auszug aus dem gestrigen DLF-Interview mit PSts Tauber:
„Spannend für mich waren gestern auch in der Diskussion eher die Momente, wo beide Seiten auch mal angedeutet haben, wir könnten mal aufeinander zugehen, wir können auch mal prüfen, wo sind eure Argumente eigentlich gut, was müsste zum Beispiel in den Einsatzregeln drinstehen, um auch die Argumente der Friedensbewegung, die ich ernst nehme, weitgehend abzubilden.“
https://www.deutschlandfunk.de/cdu-politiker-tauber-bewaffnete-drohnen-bieten.694.de.html?dram:article_id=476487
Da erlaube ich mir an meinen ersten Kommentar hier zu erinnern in dem sich ein link zu den Standard-ROE der NATO wiederfindet.
Das ist ja ein völlig anderes Abstraktionsniveau. Scheint nicht jedem klar zu sein, der den Begriff Einsatzregeln bzw. ROE verwendet.
Auch wenn Einsatzkonzepte gemeint sind, dann sollten diese vielleicht nicht primär mit der Friedensbewegung abgestimmt werden.