Erneut drohen USA mit Truppenabzug aus Deutschland

Die Stationierung von US-Truppen – und vor allem von militärischen Einrichtungen der USA – in Deutschland kann man ja recht unterschiedlich sehen: Entweder als Sicherheitsdienstleistung der USA für Deutschland. Oder als günstig gelegenen Ausgangspunkt mit funktionierender Infrastruktur für das US-Militär.

Tatsächlich dürfte es eine Mischung aus beidem sein, allerdings kommen aus den USA inzwischen regelmäßig Drohungen, die Truppen würden abgezogen. Immer verbunden mit dem Hinweis auf die deutschen Verteidigungsausgaben, die das in der NATO vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel nicht erreichen. Aktuell vom US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:

Kurz vor den geplanten Europa-Reisen von US-Präsident Donald Trump verschärfen die USA ihre Drohungen mit einem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschland. „Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden“, sagte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell.

Die Ausgangslage hat sich seit der letzten Drohungsrunde im vergangenen Jahr nicht verändert, deshalb kann ich meine Faktenübersicht vom Juni 2018 auch hier recyceln. Auch Grenells Forderung („es ist wirklich beleidigend“) klingt wieder nach einem Vorgehen, das auf der emotionalen Ebene entweder Befriedigung oder Entsetzen erzeugen (soll), aber mit Fakten – vorerst – noch nichts zu tun hat.

Nicht so ganz klar ist zum Beispiel, wie eine Einrichtung wie das U.S. Africa Command in Stuttgart, die ausschließlich für einen anderen Kontinent zuständig und nur aus praktischen Gründen nicht in einem afrikanischen Land stationiert ist, unmittelbar zur deutschen Sicherheit beiträgt.

Also schauen wir mal, welche größeren Installationen der US-Streitkräfte es in Deutschland so gibt:

• Das U.S. European Command in Stuttgart

• Das U.S. Africa Command in Stuttgart

• Das Hauptquartier der U.S. Army Europe in Wiesbaden

• Die Ramstein Air Base der U.S. Air Force

• Die (offiziell nicht bestätigten) US-Atomwaffen in Büchel

• Das Krankenhaus der US-Streitkräfte in Landstuhl

• Die – sehr großen – Trainingseinrichtungen in Grafenwöhr und Hohenfels

• Die in Vilseck, Bayern, stationierten Truppen einer Brigade der U.S. Army

(und vermutlich noch ein paar mehr, die ich jetzt nicht auf dem Schirm habe).

Dass alle diese Einrichtungen in Deutschland liegen, hat zum einen historische Gründe – aber seit langer Zeit auch praktische. Denn das Aktionsgebiet der hier installierten Kommandos und der stationierten Truppen ist ja nicht Deutschland, sondern die von hier aus (im Vergleich zu den USA) viel leichter erreichbaren Einsatzgebiete: In den vergangenen Jahren Afghanistan und der Irak, und sowohl die Nordost- als auch die Südostflanke der NATO sind ungefähr gleichermaßen gut erreichbar.

Natürlich lässt sich das alles in andere europäische Länder verlegen, zum Beispiel ins benachbarte und Trump freundlicher gesinnte Polen. Das würde allerdings einen recht großen finanziellen Aufwand bedeuten, und die von Polen angebotenen zwei Milliarden US-Dollar für die erhoffte Stationierung einer US-Division wären da eher Peanuts.

Abgesehen von den Kosten, würde es aus militärischer Sicht recht wenig bringen: Außer dass US-Truppen näher an die (Nord)Ostflanke der NATO rücken, wäre für sie kein rechter Vorteil erkennbar. Im Gegenteil, für andere Einsatzregionen müssten die entsprechenden Verkehrswege sichergestellt werden – und da geht es nicht nur um Flugplätze. Auch der Weg zu den Seehäfen an der Nordsee vergrößert sich (wenn man nicht denkt, sie könnten einfach durch Ostseehäfen ersetzt werden, die in einem bestimmten Bedrohungsszenario nicht ganz so praktisch sind).

Auch eine Rückverlegung der Truppen (und der Kommandozentralen?) in die USA scheint nicht so richtig praktisch: Alle Vorteile, die die USA im Hinblick auf Europa und Afrika durch ihre Einrichtungen in Deutschland haben, würden dann aufgegeben.

(Foto: U.S. Army Col. Mark Swofford, U.S. Army Medical Department Activity Bavaria commander, speaks during a U.S Army Health Clinic Grafenwoehr Change of Command Ceremony at the Tower Barracks, Germany, July 3, 2019 – U.S. Army photo by Gerhard Seuffert)