Dokumentation: Außenminister wirbt für Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes
Die Zukunft des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan ist in diesen Tagen alles andere als gewiss – nicht zuletzt angesichts der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die US-Truppen vom Hindukusch heimzuholen. Diese Ankündigung ist, bislang, nicht von praktischen Vorbereitungen unterlegt. Aber die Lage ist alles andere als klar.
Vor diesem Hintergrund muss man auch das neue Mandat für eine Fortsetzung des deutschen Afghanistan-Einsatzes sehen, das die Bundesregierung in der vergangenen Woche vorgelegt hat: Das enthält eine vorerst unveränderte Verlängerung dieser Mission. Darüber debattierte am (heutigen) Donnerstag der Bundestag, der letztendlich die Entscheidung fällt, in erster Lesung – und da ist interessant, wie Außenminister Heiko Maas für die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes geworben hat.
Aus Maas‘ Rede vor dem Parlament:
Ich bin auch der festen Überzeugng, dass am Beginn einer neuen Phase stehen.
Es gibt endlich Bewegung hin zu einem Friedensprozess: Durch das mutige Verhandlungsangebot von Präsident Ghani oder etwa die Vorgespräche des US-Sondergesandten Khalilzad mit den Taliban.
Das sind alles kleine Schritte, das wird doch niemand in Zweifel ziehen. Rückschläge bleiben wahrscheinlich.
Wir stehen noch ganz am Anfang eines langen Weges bis zu einem möglichen Friedensschluss. Aber es ist eben ein Prozess, er ist in Gang gesetzt worden.
Vor allem aber führt kein Weg vorbei an der Einbeziehung der afghanischen Regierung, die ihre Gesprächsbereitschaft durch die Einberufung einer Loya Dschirga – einer großen Ratsversammlung – zuletzt erneut bewiesen hat.
Es mag sein, dass einige glauben, das auch unser militärisches Engagement mit Beginn des Friedensprozesses nicht mehr benötigt wird. Aber das halte ich dann doch für eine gefährliche Illusion.
Gerade jetzt, in dieser Phase, kommt es darauf an, der afghanischen Regierung den Rücken zu stärken und so den Friedesnprozess erst möglich zu machen.
Wenn wir erreichen wollen, dass es künftig nicht nur um Terrorismusbekämpfung geht, dass Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht unter die Räder kommen,
dann ist die Fortsetzung unseres diplomatischen, zivilen und militärischen Engagements entscheidend.
Wir haben in Afghanistan Verantwortung übernommen. Und es ist Teil unserer Verantwortung, dass Menschenrechte, die Rechte von Frauen und Minderheiten, dass die Ansätze von Normalität geschützt werden in Afghanistan.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Wochen und Monaten ist viel über den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan spekuliert worden. Dass es keinen endgültigen Plan gibt für das, was proklamiert worden ist, ist zutreffend. Was zutrifft ist, dass die Amerikaner ihr Engagement in Afghanistan zurzeit überprüfen.
Klar ist aber auch, dass wir alle Änderungen an der NATO Mission weiter gemeinsam beraten, beschließen und umsetzen wollen.Denn wir sind mit unseren Soldaten natürlich auch abhängig von der Arbeitsteilung mit den amerikanischen Streitkräften.
Natürlich eröffnen Fortschritte im Friedensprozess perspektivisch die Möglichkeit, das militärische und längerfristig auch das zivile Engagement in Afghanistan nicht nur anzupassen, sondern auch zu reduzieren. Entsprechende Szenarien und Handlungsoptionen hat die Bundesregierung in ihrem Inputpapier gegenüber dem Bundestag aufgezeigt.
Maßgeblich aber bleibt für uns, dass alle Anpassungen in Unterstützung einer Friedenslösung erfolgen. Die Stabilisierung eines Landes wie Afghanistan ist eine Generationenaufgabe. Sie erfordert strategische Geduld. Diese Geduld müssen wir aufbringen – gerade jetzt – wo es erste positive Ansätze gibt, um die Chancen auf einen dauerhaften Frieden zu erhöhen. Und dafür braucht es weiterhin den Einsatz unserer Bundeswehr.
(Aus dem vorab vom Auswärtigen Amt veröffentlichten Redetext, so weit möglich anhand der gehaltenen Rede ergänzt. Wird später nach dem Plenarprotokoll ggf. korrigiert.)
(Archivbild Februar 2018: Ein deutscher Guardian Angel sichert das Camp Pamir der afghanischen Nationalpolizei in Mazar-e Sharif im Rahmen der Mission Resolute Support – Jana Neumann/Bundeswehr)
@Zimdarsen; Koffer
Zimdarsen versucht in seiner bemuehten steten Wiederholung des falschen Referenzrahmens US-/ alliierter mutmasslicher Kriegsverbrechen den AFG Einsatz als quasi verbrecherisch darzustellen oder zu konnotieren. Dem ist vollkommen zu widersprechen.
Die Amerikaner haben wiederholt Hochzeiten und sonstige Menschenansammlungen aus der Luft angegriffen. In allen mir bekannten Faellen waren es Kommunikationsfehler, falsche BdL – also Fehler von beteiligten Soldaten in ihren Funktionsketten.
Daraus haben NATO und USA Konsequenzen gezogen, die in Doktrin, RoE und Ausbildung eingeflossen sind.
Ich verweise auf entsprechende CIVCAS Analysen und Vorschriften.
Mir ist nichts bekannt, dass Alliierte fahrlaessig/ grob fahrlaessig im Sinne einer unbedingten Einsatzfuehrung den Tod von Zivilisten in Kauf genommen haben oder leichtfertig angeordnet haetten. ( Ich war mehrfach und in unterschiedlicher Funktion am Targeting Prozess beteiligt. Sie auch, @Zimdarsen?)
75% aller CIVCAS gehen auf das Konto der Taliban! (IED)
Und- in einem hochgradigen assymetrischen Konflikt, in dem eine Partei sich nahezu in nichts vom zivilen Umfeld unterscheidet- wohldem, der in gleichem Masse schuetzt wie er den Gegner abnutzt, ohne in abzaehlbaren Einzelfaellen zu verfehlen.
@Zimdarsen- Ihre Behauptungen sind einfach falsch. Das hat fast schon was Agitatorisches an sich.
[Hm. Das ist hier nicht so der Umgangston. Ihre Meinung ist Ihre Meinung, aber „fast schon was Agitatorisches“ gab’s hier schon auf ganz anderem Level. T.W.]
Diese ganze Diskussion um militärische Fehler, zivile Opfer und vor allem dieses unsäglich, s.a. @Eric Hagen | 25. Februar 2019 – 22:53 , „die Taliban sind aber viel schlimmer als wir“ ist für die Entscheidung, ob der Einsatz fortgeführt werden soll oder nicht völlig unerheblich.
Sicherlich geht es hier um die Entscheidung, bleibt die Bundeswehr in der Mission oder nicht. Aber die entscheidende Frage ist doch, können die Alliierten in Afghanistan einen gesellschaftlichen Umschwung dahingehend stabilisieren, das halbwegs demokratische Strukturen entstehen?
In meinen Augen heißt die Antwort ganz klar NEIN. Die Konsequenz daraus ist, Abzug aus Afghanistan. Die ehemaligen Warlords und Stammesführer, die sich der vom Westen unterstützten afghanischen Regierung zugewandt haben, wurschteln weiter wie bisher. Sie machen sich die Taschen mit Hilfsgeldern voll, es gibt Korruption und Günstlingswirtschaft. Seit 2009 haben sich die Taliban in einem Maße erholt, das sie ein nicht wegzudenkender politischer und militärischer Faktor in Afghanistan sind. Sie werden von dem Teil der Bevölkerung getragen, der weiterhin in Armut lebt und von den Behörden drangsaliert wird. Nachschub an Kämpfern gibt es reichlich aus den seit fast 40 Jahren bestehenden Flüchtlingscamps in Pakistan. Und Pakistan schürt das Feuer.
Ich sehe da keine „Verantwortung des Westens“ oder ähnliche Moralallgemeinplätze. 18 Jahre stark unterstützte Chance auf Wandel reichen irgendwann. Gescheitert ist gescheitert.
@Koffer
Lesen Sie einfach den Artikel der BBC. @Zimdarsen wird zumindest durch die UN unterstützt in seiner Argumentation. Der Artikel ist von vorgestern, Zitat daraus:
„This is the UN’s 10th annual report documenting the plight of civilians in the Afghan conflict – more than 32,000 civilians killed and around 60,000 injured in a decade. It is time to put an end to this human misery and tragedy,“ said Tadamichi Yamamoto, the top UN official in Afghanistan.
„The best way to halt the killings and maiming of civilians is to stop the fighting. That is why there is all the more need now to use all our efforts to bring about peace.“
https://www.bbc.com/news/world-asia-47347958
@Eric Hagen
„Daraus haben NATO und USA Konsequenzen gezogen, die in Doktrin, RoE und Ausbildung eingeflossen sind.“
Das mag ja so sein, aber all das hat offensichtlich im Ergebnis nichts gebracht. Denn, Zitat:
„More civilians were killed last year in Afghanistan than at any time since records have been kept, according to a new report from the UN.There were 3,804 civilian deaths in 2018, including 927 children, the highest recorded numbers in the country’s long-running war. “
Die Quelle ist übrigens BBC, bevor wieder russischer Einfluß vermutet wird.
https://www.bbc.com/news/world-asia-47347958
Ist das Leid das der Einsatz erzeugt absehbar auf lange Sicht geringer als er verhindern soll?
Sind die Erfolgsaussichten hoch genug ?
Sind die Gründe für den Einsatz und Mittel ethisch?
Zusammengefasst ist der Einsatz legitim?
@Eric Hagen
„Zimdarsen versucht in seiner bemuehten steten Wiederholung des falschen Referenzrahmens US-/ alliierter mutmasslicher Kriegsverbrechen den AFG Einsatz als quasi verbrecherisch darzustellen oder zu konnotieren.“
Nein, das versuche ich nicht, in keinem Satz habe ich eine rechtlich zu bewertende Forderung erhoben. Es geht mir auch nicht darum, wer mehr Schuld trägt.
Mir geht es um die Art und Weise der vermeintlichen Konfliktbewältigung, Stabilisierung von AFG, Reduzierung der Bedrohung für Europa/USA.
Meine Meinung ist und die hat nichts mit Agitation zu tun, sondern mit der Bäschäftgung um die Möglichkeit einer Stabilisierung des Landes. Wer sich damit ernsthaft auseinandersetzt, kommt an den Ursachen für Kriminalität und Gewalt nicht vorbei. Auch ist zu hinterfragen wie sich der Rückhalt der Kriminellen in der Bevölkerung und Zulauf zu den kämpfenden Taliban begründet.
Dabei ist ein wesentlicher Grund (und es gibt noch einige weitere zB Umgang mit Pakistan, Organisiertes Verbrechen, Rohstoffhandel, Arbeitslosigkeit, Unterversorgung, Armut uvm) die Art und Weise des Vorgehens der US seit Kriegsbeginn. Einem Angehörigen der Rache für seine getöteten Verwandten schwört ist es relativ egal mit welcher Absicht ein Pilot eine Bombe abwirft oder ob das Völkerrechtlich abgedeckt war.
Wer die Wirkung der Daisy Cutter (und es war nicht nur eine) gesehen hat, wer die Abwurfgebiete kannte, weiß was angerichtet wurde. Eine Daisy Cutter tut sich im Übrigen sehr schwer mit der Unterscheidung einzelner Personengruppen oder gar Menschen. Fakt ist, diese Bomben wurden zu Hauf aus der C-130 nicht nur auf Höhleneingänge geworfen.
In wie weit die USA/Allianz Kriegsverbrechen verübt hat ist nicht Gegenstand meiner Betrchtung. Das wäre ein eigenes Thema und in diesem Bezug bleibt anzumerken, dass nicht alles was erlaubt ist, bei den Betroffen gut ankommen muss.
Auch ist für uns deutsche Soldaten das Vorgehen der US Streitkräfte oft fragwürdig (unabhängig vom Rechtsrahmen und der Rechtmäßigkeit).
Fakt ist, dass die Gegner der kämpfenden Taliban über die Jahre sehr unterschiedlich vorgingen und mal mehr und mal weniger ziv Opfer in Kauf nahmen. Es hier geht nicht um die Intention (nachzulesen in vielen Mandatstexten), sondern um die Wirkung im Ziel und deren nachhaltige Folgen in der Betroffenen Gesellschaft.
Die Zahlen der Abwurfmunition und der ziv Opfer stammen im Übrigen nicht von mir, sondern von offiziellen Stellen aus den USA.
Mal zur Ergänzung: Wenn der Staat nicht liefert…
Delivering public services in insurgency-affected Dasht-e Archi district in Kunduz province
„Sind die Gründe für den Einsatz und Mittel ethisch?“
Ein Staat ist kein evangelischer Kirchenkreis. „Ethik“ (ein ohnehin schwammig subjektiver Terminus) ist nicht LEitlinie nationalen Handelns sondern Interessen und deren Durchsetzung im Rahmen nationaler und internationaler Reglements. (und ggf. auch im Zuge der Fortentwicklung dieser Normen)
Dieses in Deutschland unterausgeprägte Verständnis geopolitischer Handlungsimperative ist doch maßgeblich für die chronische Irrtiation unserer ausländischen Partner. (übrigens auchd er gegner)
@wacaffe | 26. Februar 2019 – 11:34
Na, das erzählen Sie mal nicht den zahlreichen Ethikkommissionen im Land, das sie sich mit einem „schwammigen subjektiven Terminus“ beschäftigen. Ethik ist Teil einer der ältesten Wissenschaften überhaupt, der Philosophie, und hat von dort seinen Eingang in viele andere Wissenschaften, u.a. Medizin oder Wirtschaftswissenschaften, gefunden.
„Dieses in Deutschland unterausgeprägte Verständnis geopolitischer Handlungsimperative …“
Welche geopolitischen Handlungsimperative? Dazu muss man erst einmal welche definieren. Daran mangelt es in Deutschland doch, daher das elende Herumgeeiere bei jedem Einsatz. Wenn wir welche hätten, dann wüsste man auch, das wir in Afghanistan nichts zu suchen haben.
@wacaffe
„Ethik“ (ein ohnehin schwammig subjektiver Terminus) ist nicht LEitlinie nationalen Handelns sondern Interessen und deren Durchsetzung im Rahmen nationaler und internationaler Reglements.“
Das mag bei anderen Staaten so sein, bei uns in Deutschland ist es eben nach den Erfahrungen und Lehren so, dass GG Artikel 1 und 87a Grundlage unseres Handelns ist und nicht, den Wohlstand mit militärischen Mitteln zu mehren.
Unsere Werte, die Freiheit und das Recht zu verteidigen sind die Leitlinien/Werte unseres Handelns und das ist in unserem Interesse.
@ zimdarsen
na dann aber halali für den Wertekreuzzug zur Befreiung des völkerrechtswidrig besetzten und einem kulturellen Genozid unterzogenen Tibet…..
merken Sie was?
„Werte“ sind nur da sinnvolle Leitlinie wo man deren Durchsetzung auch beeinflussen kann. Außenplitisch hat eine BuReg das Interesse Deutschlands zu vertreten.
Das kann sogenanntes „ethisches“ Handeln bedingen, muss es aber nicht.
Verantwortungs- und/oder Handlungsethik, das ist hier die Frage…..solange das im Koalitionsvertrag nicht geregelt ist – bzw. im GG – wird es wohl keine Auflösung dieses realsicherheitspolitischen Dilemmas geben /SARC off-
Liegt wohl auch daran, dass Deutschland sichrheits-und verteidigungpolitisch nicht „autark“ ist – siehe Afghanistan: egal ob wir bleiben oder abziehen, ohne die Unterstützung der USA sind beide Optionen „aus eigener Kraft“ nur mit erheblichen Risiken umsetzbar.
Und die Risikobereitschaft der Berliner Republik ist ja Legende ;-)
@Pio-Fritz | 26. Februar 2019 – 9:25
„Ich sehe da keine „Verantwortung des Westens“ oder ähnliche Moralallgemeinplätze.“
Ehrlich gesagt sehe ich das nicht unbedingt als „Allgemeinplatz“. Wir (der Westen) sind nun mal reich und mächtig und haben (einen Teil) unseres Wohlstandes auf den Schultern der 3. Welt erworben. Zudem haben wir auch heute noch sicherheitspolitische und wirtschaftliche Interessen.
D.h. Verantwortung aus vergangenem geht hier sehr wohl mit Interesse in der Gegenwart einher.
Und selbst wenn nicht. Wer ein Unrecht geschehen lässt, obwohl er die Mittel gehabt hätte es zu verhindern, macht sich mitschuldig. Diese uralte ethische (und theologische) Maxime trifft meiner festen Überzeugung nach nicht nur auf persönliches Handeln zu, sondern natürlich auch staatliches/gesellschaftliches Handeln!
@Pete | 26. Februar 2019 – 9:37
„Lesen Sie einfach den Artikel der BBC.“
Ich muss Sie bitten sich meine Kommentare (erneut?!) zu Gemüte zu führen. Ich bestreite doch gar nicht, dass es Kollateralschäden gegeben hat.
In AFG tobt ein blutiger Krieg, natürlich kommen dabei (viele) Unschuldige zu schaden und ums Leben.
Ich widerspreche halt nur @Zimdarsen mehr oder weniger verbrämter Beschuldigung ggü. den USA als „den Schuldigen“. Es ist weder im allgemeinen noch im konkreten so einfach!
@Eric Hagen hat dazu amS zutreffende Worte gefunden.
@wacaffe | 26. Februar 2019 – 11:34
„„Ethik“ (ein ohnehin schwammig subjektiver Terminus) ist nicht LEitlinie nationalen Handelns sondern Interessen und deren Durchsetzung im Rahmen nationaler und internationaler Reglements.“
Sorry, ich bin ja auch einer, der häufig und beharrlich eine Anerkenntnis „realpoetischer“ Notwendigkeiten fordert.
Aber man kann doch die ethische Dimension von staatlichem Handeln nicht Komplet verleugnen. Natürlich muss sich DEU Außenpolitik vor allem zu erst an DEU Interessen ausrichten. Aber wenn humanitäre Aspekte UND regionale Stabilität nun einmal beide zu den definierten Interessen gehört (und das tut es), dann darf man doch auch nicht plötzlich so tun, als würde die ethische Dimension unseres Handelns nicht existieren!
@ Pio-Fritz | 26. Februar 2019 – 13:46
„Ethik ist Teil einer der ältesten Wissenschaften überhaupt, der Philosophie, und hat von dort seinen Eingang in viele andere Wissenschaften, u.a. Medizin oder Wirtschaftswissenschaften, gefunden.“
+1
„Wenn wir welche hätten, dann wüsste man auch, das wir in Afghanistan nichts zu suchen haben.“
Aha. und das steht Ihrer Meinung nach jetzt bereits fest? Warum sollte man nicht auch zu dem Ergebnis kommen, dass wir in AFG sehr wohl „etwas zu suchen haben“? Und zwar sowohl aus „ethischen“, als auch aus „realpolitischen“ Kategorien heraus?!
@Zimdarsen | 26. Februar 2019 – 16:03
„dass GG Artikel 1 und 87a Grundlage unseres Handelns ist“
Ja, Zustimmung.
„und nicht, den Wohlstand mit militärischen Mitteln zu mehren.“
Warum ist das ein „entweder/oder“?! Natürlich ist die Mehrung von Wohlstand eine staatliche Aufgabe und die Bundeswehr ist nun mal Mittel des Staates.
Ein Problem wäre das jetzt amS nur, wenn wir andere Staaten mit militärischen Mitteln „wirtschaftlich ausbeuten“ würden, aber eine stabile Region schaffen ist natürlich AUCH in wirtschaftlichem Interesse DEU…
@wacaffe
„merken Sie was?“
Ja, dass das GG für Deutschland und die Bw gilt, nicht für Tibet.
Warum wir dann in AFG sind? Lesen Sie die Mandatstexte, da finden Sie die Begründung!
Ich bitte Sie zu unterscheiden, was Recht und Gesetz ist, wie es ausgelegt wird und was meine persönliche Meinung ist.
Das Grundgesetz und unser Eid ist nicht meine Meinung, aber meiner Meinung nach sehr gut. Für deren Auslegung machen Sie bitte nicht mich verantwortlich.
„„Werte“ sind nur da sinnvolle Leitlinie wo man deren Durchsetzung auch beeinflussen kann.“
Das ist Ihre Meinung, es gibt aber auch Menschen (Gruppe) die stehen zu ihrer Meinung unabhängig deren Durchsetzungsfähigkeit. Läuft dann unter Anstand, Prinzip, Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Ehre, Würde uvm.
„Außenplitisch hat eine BuReg das Interesse Deutschlands zu vertreten.“
Keiner sagt was anderes, nur die Auslegung -unserer Interessen- ist unterschiedlich.
„Das kann sogenanntes „ethisches“ Handeln bedingen, muss es aber nicht.“
Ansichtssache. Bin mir sicher, dass alle in der Regierung behaupten, dass Sie zum Zeitpunkt der Entscheidung auf ethischer Grundlage gehandelt hatten. Manchmal gibt es eben Dilemmatas oder falsche Entscheidungen.
@wacaffe
Falsche Adresse, versuchen sie es mal mit Augustinus und nicht mit Timur Lenk oder dem SPQR.
Der Wertekreuzzug für Tibet wäre nach meiner Laienhaften oberflächlichsten BdL illegitim da er erheblich mehr Leid verursachen als beseitigen würde und das mit sehr geringen Erfolgsaussichten.
@Pio-Fritz
Philosophie ist auch die höchste der Wissenschaften
Wenn die Politik kein klares und realistisch erreichbares Ziel vorgibt ist ein Einsatz von Militär nach meiner Meinung gegenüber den eigenen Soldaten und der betroffenen Bevölkerung nicht legitim. Daran hapert es seit langem bei AFG bzw. fast schon seit immer, und eine reine Verlängerung des Mandates würde das mur verschlimmern.
Ich stimme aber Koffer hinsichtlich Verantwortlichkeiten zu :You break it, you own it. Verantwortung für Folgen oder Nachwirkungen eines militärischen Konfliktes wird man kaum los wenn man sich erst einmal eingemischt hat. Und auch Eric Hagen hat aus meiner Sicht recht, wenn er darauf hinweist, dass sehr viele Afghanen über eine Rückkehr der Taliban alles andere als begeistert sein werden. Bei den Vorstellung wie es den Afghanen die die ISAF/OEF Truppen unterstützt haben und einem
grossen Teil der weiblichen Bevölkerung dort geht wenn die Taliban wieder zurück sind wird mir ganz schlecht.
Das Argument das DEU, die anderen beteiligten EUR-Statten allein nichts ausrichten können wenn USA abziehen ist mir zu schwach. Die EU hat ca. 1,9 Mio Soldaten und so machtlos und klein ist DEU nun auch nicht. Wir neigen zur Zelbstverzwergung. Statt wir können wäre es ein wir wollen nicht. Ich muss sagen, falsch finde ich da die Gedanken von Maas nicht. Rolle der BW und anderer Beteiligter Institutionen wäre es nun ihn zu mal vernünftig zu beraten (was sind erreichbare Ziele, wie können wir dahin kommen). Auch wenn man den Wunsch haben kann dass Politiker Clausewitz lesen-so richtig ist das nicht ihr Job, und wofür haben wir denn teuer bezahlte Strategen im Flecktarn.
Bei einem Abzug nur weil man ja grad so doll am Rockzipfel von USA hängt und sich überhaupt nicht zutraut auch ohne die was (vielleicht sogar was besseres? Ohne Daisy-Cutter-Blödsinn und so? Mal mit besseren “europäischem” Ansatz?) auf die Beine zu stellen können sich ja alle bedanken die mit PTB, Familienkrach oder schlimmerem oder gar nicht aus AFG zurückgekehrt sind. Wie sinnlos war das denn dann bitte.
Tr
@TomTom
Sehr lesenswert Beitrag.
Zusammengefasst plädieren Sie für eine Fortsetzung des Einsatzes, auch ohne U.S.-Kräfte, was allerdings keine „reine Verlängerung des Mandates“ sein sollte?
Ohne Erörterung zu entsprechender Auffassung aller sonstigen Truppensteller, die unbedingt gewusst werden muss, wie sieht für Sie ein „klares und realistisch erreichbares Ziel“ aus, dessen Fehlen Sie anprangern.
@Koffer
„mehr oder weniger verbrämter Beschuldigung ggü. den USA als „den Schuldigen“.“
Wo habe ich die USA als DEN Schuldigen bezeichnet?
Es gibt zum Thema Schuldige viele in AFG welche sich schuldig gemacht hatten.
Die USA haben mE Fehler gemacht, die dazu geführt hatten, dass große Teile Bevölkerung den USA gegenüber nicht freundlich gesinnt sind und Sicherheit eben auch bei anderen suchen. Das die Anschläge in AFG die größten Opfer fordern und auch Schuld an der Situation sind ist doch offensichtlich!
Das Regime in AFG vor dem Einmarsch der USA ist ebenso nicht ohne Schuld. Wenn man sich dann noch betrachtet was dazu alles führte, dass die Bande an die Macht kam wird es ganz schräg.
@TomTom
So ist es. Die EU und DEU wissen was zu tun wäre, es fehlt am Willen!
Man beklagt sich über das Vorgehen der Amerikaner (zurecht oder nicht, spielt keine Rolle) weiß wie es besser geht, spricht über vernetzten Ansatz (der richtig wäre), wenn es dann aber um den Einsatz im Handel, Kriminalitätsbekämpfung, Sicherheit für die Menschen, Arbeitsplätze im Handwerk, Polizeiaufbau uvm geht (nicht Geldkoffer übergeben) beschränkt man sich auf Alibi Engagement. Welche Produkte aus AFG werden bei uns in der EU fair gehandelt?
Die EU könnte, wenn der Will vorhanden wäre, AFG auf die Beine helfen.
@ Klaus-Peter Kaikowsky | 26. Februar 2019 – 23:36
Sorry für die ganzen Rechtschreibfehler in meinem Vor-Posting.
Die aktuelle Haltung der ganzen anderen Truppensteller zum Thema kenne ich nicht so gut, klar, die wäre äusserst wichtig wenn man die Optionen erörtert. Das sollte aber aus meiner Sicht eben unbedingt auf allen Ebenen gemacht werden. Jetzt zu sagen, dass DEU keine anderen machbaren Optionen als Rückzug hat finde ich nur zu kurz gesprungen. Wenn das das Ergebnis von intensiven Gesprächen mit dem anderen Partnernationen sein sollte , dass nun alle (ausser DEU?) einfach nur noch rauswollen, tja dann wird ein Bleiben für DEU wohl wirklich unrealistisch. In Konsequenz müssten sich dann alle gerade machen und sagen dass der ganze Einsatz wirklich eine saudumme Idee war und sowas nicht wieder vorkommt. Und akzeptieren dass EUR-Nationen zukünftig weiter als recht zahn- und ideenlose Tiger wahrgenommen werden bei denen ohne grossen Bruder USA nicht wirklich was geht. Und dann mal bei Flüchtlingsobergrenzen bei Afghanen (wir schieben ja dahin ab, weil ist ja gerade (noch) recht sicherschön kulant werden. Fände ich im aktuellen globalen Umfeld nicht wünschenswert, und ich glaube man darf die Aussenwirkung so einer Entscheidung (auf RUS, CHN,…) nicht unterschätzen.
Ich bin überrascht, wie sehr sich viele Kommentatoren auf die ethisch/moralische Verantwortung berufen und Afghanistan stabilisieren wollen. Zur Not ohne die USA.
Dabei wird vergessen, das unsere Werte und Moralvorstellungen in der dortigen Welt nichts zählen. Die möchte dort nur eine verschwindend geringe Minderheit. Eine Mehrheit möchte, das die ausländischen Truppen verschwinden, weil sie sich in der Souveränität beschnitten fühlen.
Und politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich hat sich außerhalb Kabuls in den letzten 18 Jahren fast nichts getan. was soll also das Militär dort? Es bestehen noch nicht einmal die Voraussetzungen für eine Stabilisierungsmission. Die geistigen Eliten haben zum Großteil das Land schon verlassen, weil es keinen richtigen Reformprozess gibt.
Das ist ein Faß ohne Boden, aber wir sind ja so reich, wir können noch ein paar Billionen hinterher kippen, damit es den Drogenbaronen auch richtig gut geht./sarc
Ich verstehe die Arroganz der westlichen Nationen nicht, die unbedingt ihr Lebensmodell aufdrücken wollen, ohne Rücksicht auf Verluste. Warum hat China dort nicht eingegriffen? Die hätten auch Interesse an Rohstoffen. Weil die schlauer sind als wir, die haben genug Erfahrungen mit ihren eigenen Volksgruppen.
@ Klaus-Peter Kaikowsky | 26. Februar 2019 – 23:36
Zu
“wie sieht für Sie ein „klares und realistisch erreichbares Ziel“ aus, dessen Fehlen Sie anprangern.”
Sehr gute Frage, ich muss zugeben, ich persönlich kann das in der kurzen Zeit hier im Blog nicht beantworten. Wenn ich das könnte würde ich hoffentlich mit der Fähigkeit Millionem verdienen.
@Pio-Fritz | 27. Februar 2019 – 9:09
„Ich bin überrascht, wie sehr sich viele Kommentatoren auf die ethisch/moralische Verantwortung berufen und Afghanistan stabilisieren wollen. Zur Not ohne die USA.
Dabei wird vergessen, das unsere Werte und Moralvorstellungen in der dortigen Welt nichts zählen. Die möchte dort nur eine verschwindend geringe Minderheit.“
Sorry, aber nur weil hier einige auch (!) aus Gründen von Verantwortung, Moral und Ethik nicht ohne Not den Einsatz abbrechen wollen, heisst das doch nicht, dass diejenigen auch unserer Werte und Moralvorstellungen auf die AFG-Gesellschaft (vollständig) übertragen wollen.
Das eine ist eine Begründung für unser Handeln, das andere ist ein mögliches Ziel des Einsatzes.
Zwei Dinge, die nun wirklich gar nichts miteinander zu tun haben.
@Koffer | 27. Februar 2019 – 21:46
Leider haben Sie (mal wieder) nur einen Teil des Kommentars herausgegriffen und den entscheidenden Satz mit der Souveränität Afghanistans weggelassen. das macht keinen Sinn.
Im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Überzeugung, das in Afghanistan kein Einsatz angebrochen würde, sondern regulär beendet. Da es keine Zieldefinition gibt, kann man auch nichts nicht-erreichen.
„Einen Abzug sämtlicher [ U.S.] Truppen sehe ich derzeit nicht“ (Marcus Potzel, SonderBea BR) bei FAZ.NET
39 Staaten neben den USA stehen in AFG. Sie sind nicht befähigt, einen Abzug der USA aufzufangen, dabei auch DEU, GBR, ESP.
DIES ist die Nachricht hinter der Nachricht.
Ernüchternd, gerade auch für die „mehr-Verantwortungs-Macht“ Deutschland. Die Ministerin kümmert sich derzeit intensiv um Finanzielles und Soziales, was gut ist.
Streitkräfte können aber nur dann erfolgreich sein, wenn die Befähigung passt. Der Handlungsdruck bei Material bleibt.
@Pio-Fritz
Es stimmt nicht, dass in AFG unsere Werte und Moralvorstellungen nichts zählen, jedoch gibt es ein nicht zu verachtende Delta. Doch es geht nicht darum unser Delta dort zu implementieren.
Auch andere Staaten in Europa handeln im Außland von Werten geleitet.
„Für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik gilt der Grundsatz des konsequenten Eintretens für die weltweite Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts; UN-Charta und Menschenrechtskonvention gelten in Österreich mit Verfassungsrang. Sie setzen auch den Rahmen für die militärische Ethik.“