Neues Mandat für Afghanistan: Erst mal weiter wie bisher (Nachtrag: Merkel)
Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan soll vorerst unverändert weitergehen – auch wenn unklar bleibt, ob und wie eine mögliche Truppenreduzierung der USA sich auf die NATO-geführte Resolute Support Mission am Hindukusch auswirkt. Das Bundeskabinett billigte am (heutigen) Mittwoch ein neues Mandat für den Einsatz, das das bislang gültige Mandat für ein weiteres Jahr fortschreibt. Der Bundestag muss noch darüber abstimmen.
Wie nach dem vom Bundestag im März vergangenen Jahres gefassten Beschluss (Bundestagsdrucksache 19/1094) sollen auch nach dem neuen Mandat bis zu 1.300 Soldaten in Afghanistan eingesetzt werden können; damit bleibt es das zweitgrößte Engagement der deutschen Streitkräfte nach den beiden Missionen im westafrikanischen Mali. Unverändert liegt der Schwerpunkt auf der Begleitung, Unterstüzung und der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte.
-> Das neue Mandat in der Bundestagsdrucksache 19/7726
Derzeit sind rund 1.200 deutsche Soldaten am Hindukusch im Einsatz, die meisten von ihnen in Masar-i-Scharif im Norden Afghanistans.
Damit werden die zusätzlichen Möglichkeiten des im vergangenen Jahr ausgeweiteten Mandats weitgehend ausgeschöpft. Knapp 200 Soldaten leisten ihren Dienst im Resolute Support-Hauptquartier in der Hauptstadt Kabul, rund 80 sind in Kundus im Einsatz bei der Beratung der afghanischen Streitkräfte.
Nach Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump, die Zahl der derzeit rund 14.000 US-Soldaten in Afghanistan um die Hälfte zu reduzieren, ist derzeit unklar, wie es mit dem internationalen Einsatz am Hindukusch weitergehen wird. Sowohl Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als auch die Bundeswehrführung hatten deutlich gemacht, dass ohne US-Truppen ein weiterer deutscher Einsatz langfristig nicht möglich sein würde.
Offen bleibt allerdings, bis zu welchem Grad ein US-Abzug dennoch die NATO-Mission weiterhin ermöglichen würde. Auch auf die derzeit laufenden Gespräche mit den Taliban über einen Frieden in Afghanistan würde sich eine Truppenreduzierung auswirken.
Der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan hatte am vergangenen Wochenende bei einem Überraschungsbesuch in Afghanistan erklärt, bislang habe er keine Anweisungen aus dem Weißen Haus, die Zahl der amerikanischen Soldaten zu verringern. Das Thema dürfte allerdings dennoch die Beratungen über den Afghanistan-Einsatz beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel bestimmen, das ebenfalls am (heutigen) Mittwoch begann.
Nachtrag: Die Abhängigkeit von den USA beim künftigen Afghanistan-Engagement ist der Bundesregierung natürlich klar, wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf diese Frage bei einer Pressekonferenz mit dem luxemburgischen Premierminister Xavier Bettel sagte:
Frage: Frau Bundeskanzlerin, das Bundeskabinett hat heute beschlossen, den Afghanistan-Einsatz zu verlängern. Gleichzeitig gibt es eine Debatte darüber, dass die Amerikaner ihre Truppen zum Teil oder ganz zurückziehen möchten. Gilt die deutsche Präsenz denn auch dann, wenn die Amerikaner abziehen?
Merkel: Ja, wir haben in der Tat die Verlängerung des Afghanistan-Mandates beschlossen. Die Bundesverteidigungsministerin und genauso auch der Bundesaußenminister haben allerdings deutlich gemacht, dass unsere Präsenz und auch die Präsenz der anderen Nationen, die im Norden Afghanistans ihren Dienst versehen, auch von dem amerikanischen Engagement abhängig ist. Das heißt, wenn sich dort Veränderungen ergeben, dann werden wir immer wieder überprüfen müssen, ob unser Engagement noch nötig ist. Das ist die Verquickung und Verflechtung, die es innerhalb der Nato gibt, und darauf haben wir hingewiesen. Das wird auch in den laufenden Gesprächen mit dem amerikanischen Kollegen natürlich immer wieder deutlich gemacht.
(Archivbild: Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn, l., wird am 6.7.2018 beim Besuch im Resolute Support-Hauptquartier in Kabul vom deutschen Stabschef Generalleutnant Alfons Mais empfangen – Jordan Belser/Resolute Support Headquarters )
Wesentlich ist wohl, auf welche Fähigkeiten der USA sich die Bw abstützt und auf welche man nach dem Abzug noch verläßlich (*) zugreifen kann.
(*) verläßlich nicht in dem Sinne, daß die amerikanischen Kameraden nicht wollen, sondern daß sie zahlenmäßig nicht mehr dazu in der Lage sind bzw. andere Aufträge in anderen Räumen haben.
Zum Nachtrag Statement der Bundeskanzlerin „Das heißt, wenn sich dort Veränderungen ergeben, dann werden wir immer wieder überprüfen müssen, ob unser Engagement noch nötig ist.“
Mit einem Blick für die Realität der begrezten Möglichkeiten der Bundeswehr müsste es wohl eher heißen „… noch MÖGLICH ist.“
Ich warte erst mal auf die Kommentare zum Archivbild … (Stichwort „TV Splitterschutzcreme“) bzw. „Der GI ist als FschJg unverwundbar …“.
[Bitte nicht… Ernsthaft: Nein. T.W.]
@BJK – wieso der GI ist doch im Bild „voll gepanzert“? General Mais trägt seinen lagegerechten Anzug im Camp.
Aber zum Thema: Der Sieg der Taliban ist absehbar…“ihr habt die Waffen, wir haben die Zeit!“ Nach so vielen Jahren muss ich mich fragen, ob ich damals vor Ort nicht doch meine Zeit verschwendet habe.
Wenn die USA abziehen, kann der verbleibende Rest nichts mehr leisten. Das dem so ist, muss allen beteiligten schon seit 15 Jahren klar sein. Dies sollten die Europäer und allen voran DEU mal bedenken. Es gibt eine Menge Fähigkeiten die eine „Europäische Armee oder die Armee der Europäer“ nicht oder nur in unzureichender Stückzahl hat. Hauptquartiere gehören übrigens nicht dazu…
@ BJK | 13. Februar 2019 – 23:09
Der GI ist gelernter Artillerist (s. Vita), der für kurze Zeit Kdr der LLBrig 26 war.
Interessanter dürfte aber sein, ab welchem Level reduzierter US Fähigkeiten/ Möglichkeiten, die Regierung keine Verlängerung des AFG Mandats im Bundestag beantragt.
@Fux | 13. Februar 2019 – 23:07
Ein Einsatz der Bundeswehr alleine in AFG ist und war nie gewollt. Die vielfältigen Äußerungen der dt. Politiker dazu in der Historie des Einsatzes sind da ganz eindeutig.
Die USA haben diesen Einsatz gewollt und Unterstützung der Verbündeten eingefordert. Wenn die USA jetzt beschließen, der Einsatz in seiner jetzigen Form ist zu Ende, dann ist es nur konsequent zu prüfen, ob die Bundeswehr das Land verlässt.
Ich habe diesen Hang zu Endloseinsätzen noch nie verstanden. Gerade in AFG, wo man heute von dem ursprünglichen Ziel weiter entfernt ist als vor 10 Jahren. Besserung kaum in Sicht.
Ich erinnere mich noch an die vielen philosophischen Diskussionen zum Thema „gerechter Krieg“ und „ungerechter K.“. Frage: Ist diese Fragestellung eigentlich auch auf Afghanistan anwendbar? Und weiter: Wenn ja, hat das auch einen praktischen – also für die Realpolitik – relevanten Wert oder ist es lediglich akademischer Natur?
Und historisch gesehen: Welche „Interventionen“ (seit Ende II. WK) haben eigentlich irgendeine (politisch) gewünschte Wirkung positiver Art erzielt? Ich werfe nur Begriffe in den Topf wie Korea, Vietnam, Irak, Libyen … Oder muss man konsternieren, dass militärische Einsätze o.g. Art lediglich Kosten, Menschenleben, Gesundheitsschäden etc. verursacht haben, jedoch weder das gewünschte strategische Ziel auch nur ansatzweise erreichten, sondern vielmehr zu einer signifikanten Verschlechterung der Gesamtsituation führten?
Provokante Fragen, allemal. Aber wirklich abwegig?
@USNATO
A/SecDef: There will be no unilateral troop reduction in Afghanistan. It will be coordinated. We will work together with our @NATO Allies.
Das „The United States Mission to NATO’s official account“ wird’s sicher wissen.
@Pio-Fritz 8:58
Achsoooooo…. dann bezog sich das „Assistance“ in ISAF und das „Support“ in RS all die ganzen Jahre für alle anderen Nationen vor Ort immer nur auf eingeforderte „Unterstützung“ für die dort – ich nutze mal das Wort *engagierte* – USA …. ja ok, dann ist die seitens der Bundeskanzlerin verwendete Formulierung „noch NÖTIG ist“ natürlich mit Blick auf den Abzug der US-Truppen völlig korrekt, denn obsolet.
Und ich Dummerchen dachte immer, es ginge fast nun 20 Jahre um die („noch nötige“) Unterstützung der afghanischen Regierung beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen und des Landes sowie bei deren Kampf gegen radikalislamische Gruppierungen…
Wer Sarkasmus findet, darf ihn behalten ;-)