Dokumentation: Außenminister wirbt für Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes
Die Zukunft des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan ist in diesen Tagen alles andere als gewiss – nicht zuletzt angesichts der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die US-Truppen vom Hindukusch heimzuholen. Diese Ankündigung ist, bislang, nicht von praktischen Vorbereitungen unterlegt. Aber die Lage ist alles andere als klar.
Vor diesem Hintergrund muss man auch das neue Mandat für eine Fortsetzung des deutschen Afghanistan-Einsatzes sehen, das die Bundesregierung in der vergangenen Woche vorgelegt hat: Das enthält eine vorerst unveränderte Verlängerung dieser Mission. Darüber debattierte am (heutigen) Donnerstag der Bundestag, der letztendlich die Entscheidung fällt, in erster Lesung – und da ist interessant, wie Außenminister Heiko Maas für die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes geworben hat.
Aus Maas‘ Rede vor dem Parlament:
Ich bin auch der festen Überzeugng, dass am Beginn einer neuen Phase stehen.
Es gibt endlich Bewegung hin zu einem Friedensprozess: Durch das mutige Verhandlungsangebot von Präsident Ghani oder etwa die Vorgespräche des US-Sondergesandten Khalilzad mit den Taliban.
Das sind alles kleine Schritte, das wird doch niemand in Zweifel ziehen. Rückschläge bleiben wahrscheinlich.
Wir stehen noch ganz am Anfang eines langen Weges bis zu einem möglichen Friedensschluss. Aber es ist eben ein Prozess, er ist in Gang gesetzt worden.
Vor allem aber führt kein Weg vorbei an der Einbeziehung der afghanischen Regierung, die ihre Gesprächsbereitschaft durch die Einberufung einer Loya Dschirga – einer großen Ratsversammlung – zuletzt erneut bewiesen hat.
Es mag sein, dass einige glauben, das auch unser militärisches Engagement mit Beginn des Friedensprozesses nicht mehr benötigt wird. Aber das halte ich dann doch für eine gefährliche Illusion.
Gerade jetzt, in dieser Phase, kommt es darauf an, der afghanischen Regierung den Rücken zu stärken und so den Friedesnprozess erst möglich zu machen.
Wenn wir erreichen wollen, dass es künftig nicht nur um Terrorismusbekämpfung geht, dass Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht unter die Räder kommen,
dann ist die Fortsetzung unseres diplomatischen, zivilen und militärischen Engagements entscheidend.
Wir haben in Afghanistan Verantwortung übernommen. Und es ist Teil unserer Verantwortung, dass Menschenrechte, die Rechte von Frauen und Minderheiten, dass die Ansätze von Normalität geschützt werden in Afghanistan.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Wochen und Monaten ist viel über den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan spekuliert worden. Dass es keinen endgültigen Plan gibt für das, was proklamiert worden ist, ist zutreffend. Was zutrifft ist, dass die Amerikaner ihr Engagement in Afghanistan zurzeit überprüfen.
Klar ist aber auch, dass wir alle Änderungen an der NATO Mission weiter gemeinsam beraten, beschließen und umsetzen wollen.Denn wir sind mit unseren Soldaten natürlich auch abhängig von der Arbeitsteilung mit den amerikanischen Streitkräften.
Natürlich eröffnen Fortschritte im Friedensprozess perspektivisch die Möglichkeit, das militärische und längerfristig auch das zivile Engagement in Afghanistan nicht nur anzupassen, sondern auch zu reduzieren. Entsprechende Szenarien und Handlungsoptionen hat die Bundesregierung in ihrem Inputpapier gegenüber dem Bundestag aufgezeigt.
Maßgeblich aber bleibt für uns, dass alle Anpassungen in Unterstützung einer Friedenslösung erfolgen. Die Stabilisierung eines Landes wie Afghanistan ist eine Generationenaufgabe. Sie erfordert strategische Geduld. Diese Geduld müssen wir aufbringen – gerade jetzt – wo es erste positive Ansätze gibt, um die Chancen auf einen dauerhaften Frieden zu erhöhen. Und dafür braucht es weiterhin den Einsatz unserer Bundeswehr.
(Aus dem vorab vom Auswärtigen Amt veröffentlichten Redetext, so weit möglich anhand der gehaltenen Rede ergänzt. Wird später nach dem Plenarprotokoll ggf. korrigiert.)
(Archivbild Februar 2018: Ein deutscher Guardian Angel sichert das Camp Pamir der afghanischen Nationalpolizei in Mazar-e Sharif im Rahmen der Mission Resolute Support – Jana Neumann/Bundeswehr)
Strategische Geduld also. Ist das nun eine Beraterfirmasprechblase, die ausschmueckt, dass man auch nach 18 Jahren noch keinen (eigenen?) Plan hat?
„Natürlich eröffnen Fortschritte im Friedensprozess perspektivisch die Möglichkeit, das militärische und längerfristig auch das zivile Engagement in Afghanistan nicht nur anzupassen, sondern auch zu reduzieren.“
Dazu müsste man das zivile Engagement erstmal intensivieren und damit meine ich nicht den Drogenhandel oder Black Water und deren Nachfolgerganisationen.
Es ist alles ziemlich halbseidenes Gerede zur Beruhigung des Plenums, wenigstens der Teile, deren Zustimmung erwartet wurde.
„… Durch das mutige Verhandlungsangebot von Präsident Ghani oder etwa die Vorgespräche des US-Sondergesandten Khalilzad mit den Taliban …“.
Ghani hat den Mut bewiesen nicht auf Einmischung bei den U.S. – Talibangesprächen in Qatar/Doha zu bestehen.
Die Gespräche laufen an Kabul vorbei, was Indiz für die nicht existente Vertrauensbasis Washington – Kabul ist.
Generationenaufgabe und strategische Geduld machen nur dann Sinn, wenn U.S.-Streitkräfte mit Kampfkraft im Land bleiben. Falls nicht, no comment vom AA.
Zitat Minister Maas:
„…Wir stehen noch ganz am Anfang eines langen Weges bis zu einem möglichen Friedensschluss…“
Das ist schon witzig. Ganz am Anfang eines langen Weges?
Zu den Fakten:
– Der Krieg begann im Herbst 2001 mit dem Ziel – neben der Bekämpfung von al Qaida- die seit 1996 herrschenden Taliban zu stürzen.
– Die Kosten für diesen Krieg belaufen sich alleine für die Vereinigten Staaten auf etwa 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
– Nun, im Februar 2019, verhandeln die USA mit eben den Taliban, die seit 2001 gestürzt werden sollten, um endlich aus Afghanistan abziehen zu können.
Bewertung:
– 17 Jahre Krieg gegen die Taliban mit einem „Investment“ von 1,7 Billionen Dollar (nur USA), um am Schluß mit den Taliban den Abzug zu verhandeln, die man vor 17 mit dem Krieg stürzen wollte.
– Gemessen am „desired endstate“ war der Krieg erfolglos, überflüssig und immens teuer, wie andere westliche Kriege nach 2001 (zumindest Irak und Lybien) auch.
Folgerung:
– Trump hat Recht mit dem Abzug!
– Man könnte ja mal überlegen, ob die Aufrüstung und Kriege der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht lediglich für die Rüstungsindustrie ein Erfolg waren.
– Man kann ja auch einmal aus Fehlern lernen und muß nicht ständig die selben Fehler wiederholen.
– Der viel gescholtene Trump scheint, was den Rückzug aus nicht zu gewinnenden Kriegen (Afghanistan, Syrien) betrifft, erheblich mehr aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben als der deutsche Außenminister.
@zimdarsen: Volle Zustimmung, die verschiedenen Aussenminister haben zwar immer den „vernetzten Ansatz“ auf Powerpoint dargestellt, wenn es dazu kam Flagge zu zeigen, waren die Militärs fast immer alleine. Da schliesse ich alle, auch den jetzigen Bundespräsidenten, mit ein. Abgesehen von der Tatsache dass eine Strategie weder national noch international erkennbar war, geschweige denn umgesetzt wurde. Das Zeitfenster für einen Abzug, der einigermaßen würdevoll und gesichtswahrend vor sich geht, schliesst sich langsam. Spätestens wenn Trump seine Ankündigung umsetzt, zeigt sich wie viel die Europäer militärisch leisten können, ohne sich auf die USA abzustützen. Es wäre blamabel und es bleibt zu hoffen, dass rechtzeitig Planungen für diesen Fall anlaufen. Das Material werden wir noch brauchen.
@Wetzelsgruen
Wären wir aus Eigeninteresse da, so müßte der Einsatz natürlich auch ohne Präsenz der USA fortgeführt werden bzw. man müßte erklären, warum er nun nicht mehr so wichtig ist.
Wenn der Einsatz „nur“ aus Bündnistreue / Freundschaft zu den USA erfolgt stellt sich die Frage, warum wir ein über das Interesse der Amerikaner hinausgehendes Engagement eingehen sollten. Frankreich hat sich ja auch vor Jahren verabschiedet.
Also ich bin nicht oft mit den Mitkommentatoren hier einer Meinung, aber in diesem Fall haben sie meine volle Zustimmung!
Offensichtlich glaubt Maas die Bundeswehr hätte ohne Afghanistan noch nicht genug zu tun, anders kann ich mir seine Haltung nicht erklären!
Es besteht kein Zweifel, der Afghanistaneinsatz ist vollkommen gescheitert! Und egal wie lange wir da noch rumsitzen, ändern können wir daran nichts mehr. Umgekehrt riskieren wir jedoch das Leben unserer Soldaten für eine aussichtslose Mission!
Würden die USA jetzt nicht den Schlussstrich ziehen, wären wir dort wahrscheinlich noch Jahre ohne dass sich etwas verändert! Die von Maas gewünschten Ziele können unter keinen Umständen erfüllt werden. Von daher ist es Zeit unter diesen unglücklichen Einsatz endlich einen Schlussstrich zu ziehen!
An sich ist es doch ziemlich einfach: Solange die Truppen vor Ort sind gibt es keine Taliban Regierung in Kabul. Gleiches gilt für die Provinzen. Wer hingegen jetzt komplett abziehen will, der muss sich auch für die Konsequenzen und die entsprechenden Medienberichte daheim wappnen, inkl. neuer Flüchtlinge.
Unsere Anwesenheit macht also einen Unterschied.
Mal wieder Politikersprech für einen weiteren Endloseinsatz ohne tiefgreifenden Erfolg (nach westlichem Maßstab).
Wenn die afghanischen Volksgruppen gerne unter der Herrschaft der Taliban leben wollen, und anders ist deren Stärke nicht zu erklären, ja in Herrgotts Namen, dann lasst sie doch. In der Südsee und am Amazonas gibt es Völker, zu denen man keinen Kontakt aufbauen darf, damit diese in ihren archaischen, steinzeitlichen Strukturen ungestört weiterleben können. Unser Maßstab ist hier nicht gefragt.
Hallo Herr Maas, aufwachen, die von Ihnen geforderte Zeitspanne einer Generation ist nahezu um! Wo sind die Ergebnisse?
@Ottone
In AFG wird auch wieder gewählt werden. Die TLB werden Kandidaten nominieren, die z.T. auch gewählt werden, und wahrscheinlich werden die TLB dann auch an einer Regierung beteiligt werden.
Was sonst sollten die Verhandlungen? Welche Zugeständnisse sollten die TLB machen?
@Ottone
So einfach und zudem richtig.
U.S.-Truppen verlassen AFG: es folgt zwangsläufig der Rest der RSM-„Pracht“ auf dem Fuße.
Dann ziehen logischerweise die Taliban in Rosenmontagsmanier durch Kabul, hissen die Flagge des Propheten über dem Königspalast.
Sechs Monate später wird sich zeigen, was der EU-Deal mit der Türkei zur Entlastung der Balkanroute wirklich Wert ist.
Mittelfristig werden die nördlichen Nachbar-Staaten, xyz-stan, von Talibanablegern beglückt und die iranischen Mullahs fragen sich erschreckt, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt hatten.
Was wollen wir in Afghanistan? Das ist eine archaische Clan-Gesellschaft. Ein bisschen Moderne da implementieren geht nicht. Entweder man baut da gewaltsam eine westliche Gesellschaft auf, dann über Jahrzehnte und mit UN-Mandat (aber trotzdem mit welchem Recht?), oder man lässt es komplett bleiben.
Wir sind da reflexartig als 9-11-Freunde der USA mit hingegangen, die uns das nicht danken, sondern noch halb als Drückeberger verachten. Jetzt alleine bleiben? Niemals.
Es gibt auch kein erreichbares Ziel, was man da soll oder will. Entwicklungshilfe, falls es das sein soll, geht auch billiger.
@Pio-Fritz | 22. Februar 2019 – 9:57
„Wenn die afghanischen Volksgruppen gerne unter der Herrschaft der Taliban leben wollen, und anders ist deren Stärke nicht zu erklären, ja in Herrgotts Namen, dann lasst sie doch.“
Damit liegen Sie voellig falsch.
Es gibt keinerlei Anlass, die Taliban zu romantisieren, jetzt, da sie u.U. die USA soweit bekommen, dass jene mit den Taliban verhandeln wuerden. ( Mit welchem Fluegel, welcher Shura eigentlich?)
Die Taliban terrorisieren weiterhin die Zivilbevoelkerung. Faengt bei ganzen Doerfern und Provinzen an und hoert bei Schulmaedchen auf. Der ganz ueberwiegende Teil der CIVCAS geht auf deren Konto. ich muss die kerben im Talibanholz nicht alle aufzaehlen; sie wurden x-mal hier diskutiert.
In ihren ganzen Verhalten, in ihren Wertmassstaeben, in ihrem (arachaischen) Weltbild, das sie mit kriminellen Einkuenften und Handlungen, terroristischen Methoden nicht nur in AFG selbst, sondern auch regional destabilisierend projektieren, sind und waren diese Typen genau das, warum ein erheblicher Teil der afghanischen Bevoelkerung im Kampf des Westens und der USA die einzige Chance auf eine besseres, wuerdigeres Leben sehen und sahen.
Diese Hoffnungen werden nun endgueltig verraten. Hoffnungen, die unsaegliche Sprechblasen und hohle Versprechen des Westens, auch und gerade aus DEU, genaehrt und geweckt wurden.
Lehre fuer Afghanen: der Westen kann und will uns nicht helfen. Da nutzt ein Friedensvertrag mit den TB am Ende auch nichts. Da tritt der Bruder-und Buergerlrieg nur in ein neue, weitere Phase.
Man kann ja mal in Suchmaschinen eingeben: – Projekte Europa Afgahnistan- da findet man dann eher NICHTS.
Die Bundesregierung hat seit 2009 gut 450 Millionen Euro in einen Treuhandfonds für die afghanischen Streitkräfte eingezahlt. Insgesamt sind Milliarden von „Stabilisierungs-Dollars“ geflossen – und mutmaßlich großteils in den Kassen verschiedener Clans verschwunden. Nichts wurde nachhaltig in Handwerk und Nahrungsmittelproduktion investiert.
Der seit Jahren ständig angekündigte Abzug der Nato-Truppen eine ungeheuerliche Belastung für die afghanische Wirtschaft, die ohnedies am Boden liegt. Afghanische Roherzeugnisse werden vielfach außerhalb des Landes veredelt; in Pakistan findet die Wertschöpfung statt. Hier werden die Früchte zu Saft verarbeitet, das Getreide gemahlen, die Halbedelsteine bearbeitet. Das einzige was richtig gut läuft ist nach dem Bericht des UNODC ist die geschätzte Opiumproduktion (2017 um 63 Prozent gestiegen, auf 9000 Tonnen) und wir bauen und unterhalten dafür einen Flugplatz, damit es noch besser klappt.
So wird das auch in 10 Generationen nichts. Wir müssten unsere Märkte öffnen und das produzierende Gewerbe stärken aber das wollen wir ja auch in Afrika nicht.
Also sollte man das Kommunizieren und die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Ohne ziv Engagement sind Soldaten nur für die ersten Tage/Monate das Mittel der Wahl. Wenn der Rest nicht kommt, kann man es lassen.
Habe mir eben die Debatte in der Mediathek angesehen. Die beste Rede war die von Frau Strack-Zimmermann. Peinlich: der AM Maas war noch gar nicht in AFG :-(
@Couch Potato
„Was wollen wir in Afghanistan?“
Auch ich bin gegen eine weitere militärische Präsenz in Afghanistan. Denn diese hat NICHTS Gutes gebracht, sondern nur Unsummen von Steuergeldern gekostet.
„Das ist eine archaische Clan-Gesellschaft…“
Geben Sie mal bei Google ein: „Bilder Afghanistan 1960“. Sie werden erstaunt feststellen, dass das outfit der jungen Frauen nicht anders ist als zur selben Zeit in Europa. Auch der Schulbesuch der Frauen war damals eine Selbstverständlichkeit. Die afghanische Gesellschaft (zumindest in Kabul) war damals auf dem Weg in die Moderne. Dann begannen die Weltmächte wieder einmal um Afghanistan zu streiten und der Westen unterstützte die Mujahedin. Das Ergebnis ist das was Sie „archaische Gesellschaft“ nennen.
Frau Clinton hat das hier in großer Offenheit zugegeben:
https://www.youtube.com/watch?v=WnLvzV9xAHA
3. Für Irak und Iran gilt übrigens das Selbe. Und fast wäre auch Syrien in die Hände einer islamistischen Gewaltherrschaft (ISIS) geraten, welche auch von Staaten unterstützt wurde, die offiziell ISIS bekämpften. Es scheint, dass wir aus der Geschichte nichts lernen.
Nach fast zwei Jahrzehnten am Arsch der Welt stehen wir Deutschen am Anfang eines langen Weges; er hätte besser geschwiegen.
Eine Verlängerung ohne öffentliche Debatte und Kommentare hätte der Michel resigniert akzeptiert. Oben genanntes Zitat und man provoziert nur.
Da war doch der Herr General, dem das Kinn auf die Festplatte ging, als Parlamentarier bemerkten, die wüssten gar nicht, wie sie den Einsatz dem Wählet vermitteln sollten.
P.S: Bin Laden ist TOT!
@Pete
Ja, die waren schon mal weiter.
Wenn man die Rückwärtsbewegung ins Mittelalter stoppen will, müsste man die Finanziers dieser Fundamentalisten stoppen. Aber die braucht man immer stärker als Gegengewicht zum Iran, die werden auf- und nicht abgebaut.
Aber wir sind ja noch nicht mal gegen die Drogenmafia in Afghanistan vorgegangen.
@Pete
nur dass Frau Clinton hier die Kausalität umdreht, denn es war ja gerade der Anlass der Sowjets in Afghanistan einzumarschieren, weil sie von dem „kommunistischen“ Präsidenten gemäß Beistandsvertrag darum ersucht wurden, weil eben die afghanische Regierung nicht mehr allein gegen die Mujahedin ankam. Steht auch in Brzezinskis Büchern, dass der Plan war, die Sowjets, nach Afghanistan zu locken …
Die Sowjets hatten relativ schnell eingesehen, dass das nichts wird (sehr interessant dazu die jung&naiv Folge mit Thomas Ruttig), auch die Zivilgesellschaft (ja, gab es auch in der Sowjetunion) war außerordentlich unglücklich über diesen Krieg. Hat insgesamt trotzdem fast 9 Jahre gedauert – aber wir sind jetzt im Jahr 18 (und man hat den Eindruck, dass es bzgl. Afghanistan gar keine Zivilgesellschaft in Deutschland gibt).
@Klaus-Peter Kaikowsky | 22. Februar 2019 – 11:07
„die iranischen Mullahs fragen sich erschreckt, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt hatten“
Auf welches Pferd setzen denn Ihrer Meinung nach die Iraner? Haben sie dazu Quellen? Dass der Iran in jüngerer Zeit bemüht ist, dort Einfluss zu gewinnen, ist wohl so. Wobei das bei einem Nachbarland, dass mindestens 1 Mio. afghanische Flüchtlinge aufgenommen hat, nicht verwerflich ist, sondern dringendst angeraten. Zudem haben die einen weiteren klaren Heimvorteil. Persisch und Dari sind Dialekte einer Sprache. Von daher muss m.E. der Iran in eine afghanische Lösung einbezogen werden.
@ Thomas Meiner Das ist ja die Gretchenfrage, was können wir in AFG noch erreichen ohne die USA? Dasselbe trifft für andere aussenpolitische Ideen dieser Regierung zu, viele Worte aber keine Kraft dahinter. Die Afghanen waren mal ein weltoffenes, geradezu modernes Land, den Film aus Kabul in den 60ern habe ich in der Deutschen Botschaft gesehen, erläutert von alten Herren, die diese Zeit noch erlebt haben. Miniröcke in Kabul! Die Gebäude waren teilweise noch wiederzuerkennen, das Verhalten der Menschen nicht.Traurig, aber ich glaube nicht, dass die Chance zum Wandel aus 2001 wiederkommt, auch die deutsche Hilfe vor Ort war von Illusionen und unrealistischen Vorstellungen der Politiker, damals Rot-Grün, geprägt. Wenn ich dann sehe, welche Prioritäten der derzeitige Aussenminister dort eben nicht setzt, danke. Schade um die Opfer, es wurde nichts erreicht.
@justanick
Die weltweiten Freundesstaaten sind dazu Islamische (Bundesrepubliken) Republiken: Afghanistan, Gambia, Komoren, der Iran, Mauretanien, Pakistan, der Sudan.
Teherans Ziel als Hegemon sind Regierungen nach Grundsätzen der SCHIITISCHEN Islamischen Republik mit der Scharia als einzig anerkannter gesetzlicher Grundlage.
Eine sunnitische, erfolgreiche Konkurrenz an seiner Ostflanke ist das letzte, was die
Mullahs sich wünschen. Fundamentalistische Konkurrenz der Mekkaner sieht Teheran beim Blick nach Osten, blutig ausgetragen im Jemen, zur Genüge.
Mit der Ruhe im Osten wäre es mit einer Taliban-Regierung an der Ostgrenze gründlich vorbei.
Bei allen Diskussionen wird doch oft übersehen, dass insbesondere Pakistan ein Interesse daran hat, eine handlungsfähige Zentralregierung in Kabul zu verhindern um über die Taliban weiterhin maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklungen in AFG zu behalten.
Und wer will die Atommacht Pakistan dafür ernsthaft sanktionieren?
Die Pakistani halten im Gegensatz zum Westen die entscheidenden Hebel in der Hand:
Eine schnell wachsende Bevölkerung liefert billigen personellen Nachschub für die Koranschüler (Die haben ihre Hauptquartiere nicht ohne Grund in Pakistan). Andere Perspektiven gibt es für den Gotteskriegernachwuchs in ihrer Heimat ohnehin kaum, ob in PAK oder AFG.
Der Vorteil der kulturellen Nähe (gleiche Religion, ähnliche Sprachen, Sitten, Gebräuche, Denken und Handeln in Sippen und archaischen Clan-Strukturen, Verständnis der Mentalität und geteilte Moralvorstellungen) – all das kann von Menschen aus fremden Kulturkreisen wie Westeuropäer oder Amerikaner nicht wirklich erlernt werden. Menschen aus dem Westen werden überwiegend als Fremdkörper oder Außenseiter wahrgenommen und eher nicht als Bereicherung empfunden werden.
Ich halte einen Abzug in Absprache mit den Amerikanern bis spätestens Ende 2021 für unausweichlich, eine Weiterführung des Einsatzes hat aufgrund der oben genannten Gründe m.M.n. keinerlei Aussicht auf Erfolg.
Die Lehre aus dieser letztendlich gescheiterten Mission sollte lauten, das man sich aus bewaffneten Konflikten weitab von Europa konsequent heraushält.
@KPK
Ich habe den Eindruck, dass der letzte Krieg, der so was wie Religionskrieg enthielt der 30-jährige war.
Die immer wieder behaupteten Schiiten gegen Sunniten und gegen Alawiten usw. halte ich für vorgeschoben. Dass jemand solche Bruchstellen für Machtinteressen zu nutzen trachtet – ja klar. Sie kennen sicher die Redensart „Wasser predigen und Wein trinken“, dass vieles doch nur für den Untertan bestimmt ist, während der Machthaber sich einen Dreck drum schert. Das wird im Iran nicht anders sein. Die Villenviertel im Norden von Tehran haben gleich wieder neue Besitzer gefunden.
Sie werden vermutlich nicht behaupten wollen, dass der Krieg von God’s own country gegen den Irak 2003 ein Religionskrieg war? Warum sollte für andere Staaten die Religion so als Motor für alles und jedes in den Vordergrund gerückt werden? Und was Religion als Grundlage der Verfassung anbelangt – Sie kennen sicher das GG, das da beginnt „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, …“ ziemlich religiös angehaucht. nicht?
Und warum man den Jemen den Iranern in die Schuhe schiebt, hat sich mir noch nie erschlossen. Wie sollen die dahin kommen? Dazwischen ist Saudi-Arabien, die Häfen sind seit Jahren blockiert. Und während Flüge nach Syrien regelmäßig berichtet werden, hat es solche in den Jemen nie gegeben. Hier baut man, und ganz speziell die Saudis, einen Strohmann auf, um so etwas wie eine Legitimierung für diesen Krieg zu bekommen.
Um zum Thema zurückzukommen. Ich halte den Aufbau des Feindbildes Iran für grundfalsch. Auch hier ist unbedingt Dialog geboten, insbesondere da der Iran in Afganistan eine positive Rolle spielen könnte, als Ausgleich zu dem was @Ziethen von Pakistan schreibt. Interessant auch, dass der indische Einfluss Richtung Afghanistan über den Iran verläuft.
@Eric Hagen | 22. Februar 2019 – 11:56
Soso, ich liege Ihrer Ansicht nach völlig falsch.
Na denn, wie erklären Sie denn die Stärke, auch die militärische, der Taliban? Ohne Rückhalt in der Bevölkerung geht das nicht. Es gibt ausreichend Berichte und Reportagen über die Taliban und ihre Kämpfer. ich erinnere da nur beispielhaft an das Interview mit General Stahl bei „jung&naiv“. Nachzuschauen hier im Blog.
Wenn es so wäre, wie Sie es beschreiben, hätte die afghanische Armee und Polizei nicht diese Probleme, ein Mindestmaß an Sicherheit zu garantieren. Da polarisieren Sie zu stark.
Und wie gesagt, man kann niemanden zu seinem „Glück“ zwingen, weil es jeder anders definiert. Hier in AFG müssen die NATO-Kräfte akzeptieren, das westliche Werte nicht gefragt sind.
@Pio-Fritz 1109Uhr
Natuerlich sind die Gruende fuer das Scheitern in AFG vielschichtig.
Sie haben es jedoch so verkuerzt, als dass die afghanische Bevoelkerung ( in toto) sich die Taliban als bestimmendes Element zurueck wuenschten.
Solche Menschen gibt es bestimmt, viele arrangieren sich mit diesem Gedanken, weil sie einfach kriegsmuede und schwer erschoepft sind, fuer andere ist dies die Rueckkehr von Drangsal, Unterdrueckung und ungebremstem Machtanspruch.
Suchen Sie jedoch nach den wesentlichen Gruenden, schauen Sie jedoch nach PAK. Hier finden Sie geschaetzt 2/3 aller Antworten. PAK hat den Schluessel zu und in AFG.
@Pio-Fritz:
Zu 100% bei ihnen !!! Westliche Werte in der arabischen oder wie auch immer muslimischen Welt sind Irrpfade sondergleichen …
Welche Interessen hat Deutschland an Afghanistan ?
Moralschwangere Demokratie, Mädchenschulen und Menschenrechte ?
Wenn es nur das ist raus aus dem Abenteuer, war viel zu lange … sonst erkläre man doch worum es geht !? Öl aus den ehem. russischen Republiken in den indischen Ozean per Pipeline ? Handelswege ? Interessen an der „Seidenstrasse“ ?
Moral ist kein politischer Maßstab, da sollten wir uns hier einig sein !
@Eric Hagen | 23. Februar 2019 – 12:34
Und das ist Ihre Begründung dafür, warum das Mandat weiter bestehen bleiben muss?
Die Koranschulen in den afghanischen Flüchtlingslager in Pakistan?
Das Pakistan kein Interesse an einem befriedetem und stabilen Afghanistan hat, das ist doch schon lange bekannt. Solange das so ist, wird sich an der Situation auch nichts ändern.
Und dafür wollen Sie das Leben unserer Soldaten riskieren? Vielleicht noch vor der (unrealistischen) Drohkulisse einer „Flüchtlingswelle“ nach Deutschland?
Wenn man keine Erfolge hat, und auch nicht de Chance darauf, diese in nächster Zeit zu erzielen, sollte man die Konsequenzen ziehen und den Einsatz beenden.
Salve,
@SER
Ich stimme Ihnen zu, saß wir AFG verlassen müssen, da wir dort nichts erreichen werden (können).
Allerdings ist Moral immer ein politischer Maßstab, denn sonst wäre es ja kein Problem in einer Diktatur zu leben. Recht haben Sie insofern, saß es keine universelle Moral gibt. Falls aber Regierung und Bevölkerung(sgruppen) unterschiedliche Auffassungen von Moral besitzen, sollte es notwendig sein die jeweils eigenen Vorstellungen aufzulisten und ggf. neue gemeinsame Definitionen zu entwickeln.
Doppelmoral, da bin ich bei Ihnen, scheidet völlig aus.
Es ist schon interessant, dass oft gerade jene, welche Bündnissolidarität sehr weit auslegen, also dem Partner helfen, auch wenn er ein unsauberes Spiel spielt, jetzt den Abzug der Bw fordern.
Es war angeblich im Interesse der BRD den USA nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 beizustehen.
Die Regierung Schröder hat am 16. November 2001 im Bundestag über den Antrag Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA Beistand gefordert.
Man hat AFG, obwohl keine Afgahnen an den Terroranschlägen beteiligt war unter Inkaufnahme von massiven Kollateralschäden angegriffen. Der im Anschluss auflodernde Bürgerkrieg unter Beteiligung ausländischer Truppen hat durch fehlende zivile Unterstützung immer seinen Schwerpunkt im militärischen Bereich. Deutschland unter Abstimmung mit vielen Partnern einen Teil der Verantwortung übernommen.
Am Ende bleibt, Deutschland hat zuallererst aus Bündnissolidarität unterstützt und das lag NACH Einschätzung der Mehrheit im Parlament im Interesse der BRD und EU.
Hat sich das grundlegend geändert oder könnte es sein, dass die USA eine falsche Strategie in AFG gefahren hatten?
Man sollte nicht vergessen, dass wir heute mehr ziv Opfer in AFG zu beklagen haben als all die Jahre davor und es die USA waren, welche ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht hatten.
Deutschland schuldet hingegen bzgl AFG keinem was, außer evtl. enttäuschte Hoffnungen bei vielen heute Erwachsenen Afgahnen welche unseren Versprechungen glaubten. Man kann auch die Würde verlieren, nicht nur Kriege.
Seit Beginn der Aufzeichnungen sind angeblich im vergangenen Jahr mehr als 500 Zivilisten bei Luftangriffen durch USA/AFG getötet und unzählige verletzt worden, erklärte die UNO.
Man stelle sich Terrorbekämpfung in en USA/Europa mit solchen Mitteln und Opfern vor.
[Den aktuellen UNAMA-Bericht greife ich noch auf, wenn ich dazu komme; erstmal ist mir Mali dazwischengekommen… T.W.]
@Zimdarsen | 24. Februar 2019 – 12:09
„Es war angeblich im Interesse der BRD den USA nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 beizustehen.“
Angeblich? Ich würde eher sagen „offensichtlich“. Denn wenn Alliierte sich in Zeiten der Not nicht beistehen, dann sind es keine Alliierte, oder?!
„Man hat AFG, obwohl keine Afgahnen an den Terroranschlägen beteiligt war unter Inkaufnahme von massiven Kollateralschäden angegriffen.“
Die damalige Afghanische Regierung hat Terroristen umfassend Schutz geboten. Von daher war AFG natürlich sehr wohl am Terrorismus beteiligt.
Und mit Bezug auf „massive Kollateralschäden“: Ob es massiv war oder nicht kann man diskutieren. Bedauerlich sind Kollateralschaden aber immer. Dennoch sind sie in einem Krieg nun einmal nicht zu vermeiden…
„und es die USA waren, welche ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht hatten.“
Seltsame Formulierung. Etwas unsachlich, oder?
„Deutschland schuldet hingegen bzgl AFG keinem was, außer evtl. enttäuschte Hoffnungen bei vielen heute Erwachsenen Afgahnen welche unseren Versprechungen glaubten.“
Selbst wenn man alle anderen Verpflichtungen negieren würde, dann wäre für mich die Verpflichtung ggü. AFG bereits ausreichend. Wir haben uns entschieden in diesen Konflikt einzugreifen. Damit haben wir Verantwortung übernommen. Jetzt sollten wir uns nicht durch Flucht dieser Verantwortung entziehen.
@Pio- Fritz 23 Feb 1627 Uhr
Genau lesen, was ich geschrieben habe und nichts interpretieren, wozu ich gar nichts geauessert habe. Mit Verlaub, es sind Ihre Reflexe….
Ich zum Mandat nichts gesagt. Es ist seit spaetestens 2013 obsolet.
@Eric Hagen
Dann habe ich Sie falsch verstanden. Das der Einsatz obsolet ist, da sind wir einer Meinung.
@Koffer
Wo sehen Sie die Verpflichtungen gegenüber Afghanistan? Und wie wollen Sie diese erfüllen? Wolen die Afghanen das überhaupt, und wenn ja, welche Interessengruppen?
Und das deutsche Interesse? Joschka Fischer hat selber einmal gesagt, Afghanistan sei die Kompensationsleistung Deutschlands für die Nichtteilnahme am 2. Irakkrieg. Quasi Pflichterfüllung.
@Koffer
Man kann über viel diskutieren, auch über den Umstand wer Terroristen in welchem Maße Schutz bietet und ob das dann einen Angriff auf einen Staat rechtfertigt.
Dass US Streitkräfte ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht hatten istkeine seltsame Formulierung und auch nicht unsachlich. Näheres können ihnen Augenzeugen berichten.
Was glauben Sie, was die ungelenkte Abwurfmunition aus der C130-B52-B2 so alles angerichtet hat und noch anrichten?
Auch in Syrien sieht es zum Teil nicht besser aus (siehe Bericht franz StOffz)
@Pio-Fritz | 24. Februar 2019 – 13:46
„Wo sehen Sie die Verpflichtungen gegenüber Afghanistan?“
Wer als externer Staat in einen Bürgerkrieg eingreift, der übernimmt Verantwortung für dieses Land.
„Und das deutsche Interesse? Joschka Fischer hat selber einmal gesagt, Afghanistan sei die Kompensationsleistung Deutschlands für die Nichtteilnahme am 2. Irakkrieg. Quasi Pflichterfüllung.“
In der Tat war es mEn eine Kompensationsleistung. Das ist im internationalen Umfeld ja nichts ungewöhnliches.
Unabhängig davon war AFG aber auch Hort terroristischer Ausbildungslager und Rückzugsraum. Von daher hatten wir natürlich auch gute zusätzliche Gründen.
@Zimdarsen | 24. Februar 2019 – 14:22
„Man kann über viel diskutieren, auch über den Umstand wer Terroristen in welchem Maße Schutz bietet und ob das dann einen Angriff auf einen Staat rechtfertigt.“
Naja, ehrlich gesagt ist das völkerrechtlich recht eindeutig. Wenn ein Staat mögliche Maßnahmen zur Verhinderung rechtswidriger Angriffe gegen andere Staaten ergreift (z.B. terroristische Ausbildungslager/Rückzugsräume zulässt), dann ist der Staat mitschuldig und wird legitimes Ziel von kriegerischen Handlungen.
„Dass US Streitkräfte ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht hatten istkeine seltsame Formulierung und auch nicht unsachlich.“
Welche Dörfer. Wie viele Häuser. Was war der Anlass. Wie war die Verhältnismäßigkeit. Wie groß waren die Kollateralschäden…
15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 waren saudi-arabische Staatsbürger. Am Tag nach dem Anschlag hat der saudische Botschafter in den USA , Prinz Bandar bin Sultan hektisch einige saudische Staatsbürger aus den USA ausfliegen lassen.
Vermutlich war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass die Verschwörung gegen Amerika nicht in den Bergen von Afghanistan geplant und gesteuert wurde, sondern von einem Unterstützernetzwerk in den USA, eben jenes was der saudische Botschafter tags darauf hektisch ausfliegen ließ.
Es war aber aber so viel einfacher die Taliban-Regierung in AFG anzugreifen, als gegen das wirtschaftlich und sicherheitspolitisch so stark verbundene Saudi-Arabien vorzugehen.
Das das militärische und wirtschaftliche Engagement des Westens niemals ( ! ) zum dauerhaften Erfolg führen wird, liegt neben anderen Faktoren, vor allen an zwei Punkten:
1. Die Afghanen wollen keine dauerhafte Anwesenheit von bewaffneten ausländischen Kräften in ihrem Land
und
2. an Pakistan, als Förderer und al Rückzugsraum der Taliban, die ihr strategisches Hinterland im Ungefähren verharren lassen wollen.
Wir können noch 10 Jahre bleiben, aber im Ergebnis wird es kräftemäßig genauso wie heute oder wie 2007 dort ausschauen.
Bereits 2010 und früher wurde der Spruch der Taliban zitiert: „Ihr Westler habt die Uhren, doch wir haben die Zeit“.
Zitiert sei auch noch Helmut Schmidt, der in einer Diskussion an der BwUni HH 2010 mit dem damaligen Verteidigungsminister Guttenberg und Friedrich Merz als Moderator sinngemäß sagte, von allen Eroberen, die in AFG einmarschiert sind, war Alexander der Große der Schlauste, der ist nämlich im Folgejahr über den Kyberpass wieder abgezogen.
@Koffer | 24. Februar 2019 – 14:43
„Wer als externer Staat in einen Bürgerkrieg eingreift, der übernimmt Verantwortung für dieses Land.“
Verantwortung in welcher Form, wofür und für wie lange? Mit solchen Allgemeinplätzen können Sie auch den DLRG-Rettungsturm in der Sahara begründen.
„In der Tat war es mEn eine Kompensationsleistung. Das ist im internationalen Umfeld ja nichts ungewöhnliches.“
Wenn wir uns da einig sind, dann ist die Leistung ja mit Abzug der US-Streitkräfte voll erbracht. Wir können auch abziehen.
„Unabhängig davon war AFG aber auch Hort terroristischer Ausbildungslager und Rückzugsraum. Von daher hatten wir natürlich auch gute zusätzliche Gründen.“
Richtigerweise haben Sie die Vergangenheitsform benutzt, das war einmal. Und sollten nach Abzug wieder Lager entstehen, dann kann man das bei der heutigen Satellitenüberwachung zum gegebenen Zeitpunkt bombardieren oder Spezialkräfte reinschicken und die Angelegenheit erledigen. Das ist heute kein Grund mehr.
Es wird Zeit, das wir uns von mit unseren Werten geprägten Vorstellungen von Moral und Anstand für solche Einsätze trennen. Die sind zwar toll und ich will sie nicht missen, nur außerhalb Europas versteht die keiner, mancher auch nicht innerhalb Europas. Es muss ein klares Ziel geben und Bewertungskriterien, nach denen man vorgeht. Ansonsten stehen wir überall 20 und mehr Jahre. Das ist meiner Meinung nach nicht erstrebenswert.
@Georg | 24. Februar 2019 – 17:37
+1,
natürlich ist einfacher, jemanden anzugreifen, der sich nicht wehren kann. Obwohl ich davon ausgehe, das ein Teil der von Ihnen erwähnten saudi-arabischen Staatsbürger auch in Afghanistan ausgebildet wurde. Aber das ist dann so, als würde man den Überbringer der schlechten Nachricht erschießen.
@Pio-Fritz | 24. Februar 2019 – 18:33
„Verantwortung in welcher Form, wofür und für wie lange?“
Militärisch, politisch, wirtschaftlich, diplomatisch.
Für die Stabilität in der Region, für die Stabilität des Staates und (eingeschränkt) für die Menschen in diesem Staat.
So lange, bis entweder der Schlamassel den man angerichtet hat wieder beseitigt ist oder der Aufwand jenseits eines akzeptablen Maßes ggü. der Verpflichtung liegt, die man durch sein Eingreifen eingegangen ist.
„Wenn wir uns da einig sind, dann ist die Leistung ja mit Abzug der US-Streitkräfte voll erbracht. Wir können auch abziehen.“
Wie Sie an meiner Argumentation erkennen, liegt hier eine Kette vor. Wir sind hineingegangen aus Bündnistreue, aber jetzt haben wir auch Verpflichtungen ggü. AFG und der Region übernommen.
Grundsätzlich unabhängig von den USA.
Allerdings muss man realistisch bewerten, dass ohne die USA und ohne eine veränderte Position PAK wir kaum etwas ausrichten können und daher vermutlich auch mitabziehen müssten.
„Es wird Zeit, das wir uns von mit unseren Werten geprägten Vorstellungen von Moral und Anstand für solche Einsätze trennen.“
Naja, wenn Sie mal lesen was ich geschrieben habe, dann habe ich wenig über westliche Vorstellungen von Moral und Anstand geschrieben. Meine Argumentation liegt ja auf einer ganz anderen Ebene.
Nun bin ich allerdings nicht der Meinung, dass unsere Moral hier keine Rolle spielen sollte, sondern vielmehr, dass andere Argumente in der aktuellen Lage einfach stärker und zwingender sind.
„Ansonsten stehen wir überall 20 und mehr Jahre.“
Ja, das kann sein. Das ist der Preis wenn man reich, mächtig und einflussreich ist. Mit solchen Attributen geht Verantwortung einher und die kann halt auch sehr langfristige Einsätze erfordern. Mal ganz abgesehen davon, dass wir ja auch langfristige Interessen in aller Welt haben…
@Koffer
Zum Beispiel das Dorf Kama Ado oder das Dorf Chan-e-Muiradschuddin um nur zwei beim Namen zu nennen.
Wenn es um das Ergreifen von Terroristen ging, dann sind die USA ja vor allem in westlichen Ländern, Pakistan und wenn sie gewollt hätten auch in der Türkei fündig geworden.
Es ging beim Angriff auf Afgahnistan doch nicht wirklich um die Sippe um Osama. Ihr Wissen auch über diese Umstände ist doch mindestens dem entsprechend was mir bekannt ist.
Die USA haben in AFG die Verhältnismäßigkeit der Mittel massiv missachtet und tun das jeden Tag aufs Neue und die Kollateralschäden sind so hoch, dass wir das Land nicht befrieden können. In jedem Fall eine wesentliche Ursache des Problems in der Bevölkerung.
…und den Rest hat @Georg gut beschrieben.
@Koffer
Ägiptens Präsident Al-Sisi hat anläßlich des Weltjugendtages in Ägypten im November 2018 ein paar sehr klare Worte zur Misere Afghanistans und der arabischen Welt geäußert:
„Diese Frage bekomme ich von Mohammed Kassim. Der junge Afghane möchte wissen, warum die Staats- und Regierungschefs der Welt die Türen ihrer Länder vor der Einwanderung schließen.
…
Erlauben Sie mir, Ihnen Folgendes zu sagen: Anstatt zu fragen, warum diese Länder ihre Türen schließen, fragen Sie sich bitte, warum sich die Afghanen in Afghanistan nicht um das Schicksal ihres Landes kümmern. Warum kämpfen sie bereits seit 40 Jahren, töten sich gegenseitig und zerstören dabei ihr eigenes Land? Diese Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit anderen Ländern wie Pakistan… aber auch bezüglich Ägypten. Ebenfalls ist sie in Bezug auf Syrien, Irak, Libyen, Jemen und Somalia berechtigt. Warum verhalten wir uns so?“
In deutscher Übersetzung zu finden in der Jüdischen Rundschau. http://juedischerundschau.de/aegyptischer-praesident-sisi-verurteilt-das-selbstgerechte-anspruchsdenken-der-araber-135911300/
Wenn nicht mal die Einheimischen sich bemüßigt fühlen, sich um ihre Angelegenheiten angemessen zu kümmern, und das selbst moslemischen Staatsmännern auffällt, warum bitte sollen wir als Deutsche oder „der Westen“ als Ganzes die Probleme dieser Staaten beheben, immer weiter und weiter, unbegrenzt und zu unseren Lasten?
@Zimdarsen | 24. Februar 2019 – 20:59
„Zum Beispiel das Dorf Kama Ado oder das Dorf Chan-e-Muiradschuddin um nur zwei beim Namen zu nennen.“
Sorry, aber einfach nur zwei Namen einzuwerfen bringt jetzt keinen großen Erkenntnisgewinn. Wie groß sind diese Dörfer (in AFG werden ja manchmal auch schon zwei oder drei zusammenliegende compounds als „Dorf“ bezeichnet), wieviele Häuser wurden zerstört. Wie viele Tote gab es. Und vor allem: was war der Anlass?
„Es ging beim Angriff auf Afgahnistan doch nicht wirklich um die Sippe um Osama.“
Sicherlich ging es auch um mehr. Aber es ging eben auch um diese und weitere Terroristen und Unterstützer.
„Die USA haben in AFG die Verhältnismäßigkeit der Mittel massiv missachtet und tun das jeden Tag aufs Neue und die Kollateralschäden sind so hoch“
Das ist nicht meine Erinnerung aus meinen Einsätzen. Insoweit ich mit den US-Streitkräften zu tun hatte wurde eigentlich sehr wohl auf die Verhältnismäßigkeit geachtet und das Thema Begrenzung von Kollateralschäden wo möglich, war immer präsent.
Hm. Mir ist schon klar, dass dieses Thema zur Grundsatzdebatte einlädt… aber es wird langsam sehr grundsätzlich, und teilweise wirkt es, als müsse die Diskussion der vergangenen 17 Jahre in allen Details noch mal geführt werden?
@Koffer
Wie viele Dörfer benötigen Sie um Fehler im Vorgehen anzuerkennen.
@TW
„Wenn wir erreichen wollen, dass es künftig nicht nur um Terrorismusbekämpfung geht, dass Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht unter die Räder kommen,
dann ist die Fortsetzung unseres diplomatischen, zivilen und militärischen Engagements entscheidend.“ So Maas
Da steckt alles drin und nichts ist neu.
@Zimdarsen | 24. Februar 2019 – 22:14
„Wie viele Dörfer benötigen Sie um Fehler im Vorgehen anzuerkennen.“
Bevor ich etwas bewerte benötige ich mehr Fakten. So wäre z.B. relevant wann, wo, wieviel Häuser, wie viele Tote, was waren die Umstände. Darüber hinaus wäre es interessant zu wissen von wem die Fakten erhoben wurden.
@ Koffer | 24. Februar 2019 – 22:47
[blockquote] Bevor ich etwas bewerte benötige ich mehr Fakten. So wäre z.B. relevant wann, wo, wieviel Häuser, wie viele Tote, was waren die Umstände. Darüber hinaus wäre es interessant zu wissen von wem die Fakten erhoben wurden. [/blockquote]
Genau, das waren doch keine richtigen Dörfer. Keine richtigen Toten. Wahrscheinlich nicht mal richtige Häuser. Und überhaupt, sowas könnte ja jeder behaupten. Wo kämen wir denn da hin?
https://en.wikipedia.org/wiki/No_true_Scotsman
@Mitleser | 25. Februar 2019 – 0:12
Ich wüsste nicht, warum das Bestehen auf faktenbasierten Argumenten und das Drängen auf eine differenzierte Argumentation nicht in jedermanns Interesse sein sollte.
Eine differenzierte Bewertung haben sicherlich auch die US-Streitkräfte verdient, die keinesfalls immer alles richtig machen. Aber sicherlich auch nicht immer alles falsch.
Aber wie der Hausherr ja schon anmerkte driften wir glaube ich immer mehr ins OT ab.
@Koffer
„Bevor ich etwas bewerte benötige ich mehr Fakten.“
Na dann los, es sind ja genügend offen zugängliche Quellen vorhanden. Militärische Aufklärungsergebnisse werde ich wohl kaum im Blog veröffentlichen.
Wenn Sie mit ihren Fragen jedoch implizieren wollten, dass es die Zerstörungen nicht gab, dann erklären Sie mir bitte wie ungelenke Bomben in unvorstellbarer Anzahl seit 2001(Afcent.af.mil) die einzelnen Terroristen finden und was die Bomben wohl am Boden so anrichten!
Evtl genügen ihnen ja die Zahlen welche durch die US Offiziellen veröffentlicht wurden.
Combined Forces Air Component Comander Airpower Statistics -US Air Forces
Den Rest hat Mitleser treffend beschrieben.
Das ist wohl das größte Problem was wir mit AFG haben. Wir unterstützen die USA in unzähligen Bereichen, machen uns verantwortlich für dieses Land und wenn es um die Opfer unter der ziv Bevölkerung geht, dann beschäftigen wir uns NULL welchen Anteil unsere Koalition daran hat.
Obwohl die Strategie bis heute zig mal gewechselt hat sagen wir, sie war immer verhältnismäßig! Finde den Fehler!
Wir sind mitverantwortlich für das Leid welches in AFG seit 2001 geschah. Selbst im Kampf der Mudschaheddin hatten wir unterstützt und unterstützen deren ehem Führer noch heute.
Wer sich vertraut macht, macht sich verantwortlich, auch wenn es in gutem Willen war.
Wenn sich jetzt nach tausenden Töten durchsetzt, dass was viel schon vor Beginn des Krieges gefordert hatten, dass man sich mit den Konfliktparteien (und nicht mit ausgesuchten Marionetten) an einen Tisch setzt, dann hätte die internationale Kontaktgruppe Handlungsmöglichkeiten zur Beilegung der massiven Gewalt in AFG.
Nur weil das mediale Interesse bei zivilen Opfern durch US Truppen nicht dem Schema Luftschlag Kundus folgt, braucht man ja nicht zu glauben, dass es sie nicht gäbe.
Unter Betrachtung des eben geschriebenen erscheinen mir Ihre (@Koffer) gestellte Forderungen zur weiteren Verifizierung schon fast zynisch. Vor allem auch vor dem Hintergrund der diese Tage veröffentlichten Zahlen durch anerkannte Stellen.
@Zimdarsen | 25. Februar 2019 – 9:06
Ich habe jetzt noch nichts von Ihnen gelesen, was ein besonderes oder regelmäßiges oder absichtliches Fehlverhalten der US-Streitkräfte in AFG belegt. Pauschale Aussage und Verallgemeinerungen helfen hier nicht.
Gab es Kollateralschäden? Definitiv!
Waren diese Kollateralschäden immer zu vermeiden? Definitiv nicht.
Hätten sie viel häufiger vermieden oder zumindest minimiert werden können? Vermutlich.
Unabhängig davon wehre ich mich aber gegen eine pauschale Verdammung der Amis. Diejenigen mit denen ich die Ehre hatte in AFG zusammenarbeiten zu dürfen haben versucht Kollateralschäden wo immer möglich zu vermeiden oder zumindest gering zu halten und hatten keinesfalls eine „verbrannte Erde“ Mentalität.
„Wir sind mitverantwortlich für das Leid welches in AFG seit 2001 geschah.“
Sehe ich genauso. Wer sich in einen Konflikt einschaltet übernimmt damit automatisch auch für den Ausgang dieses Konfliktes Verantwortung.
Wir haben uns (aus welchen Gründen auch immer) eingeschaltet und sollten uns jetzt nicht vor der Verantwortung drücken und die AFG und die Region ihrem Schicksal überlassen.
Damit meine ich nicht, dass es 2001 falsch war mit nach AFG zu gehen (ich halte es unverändert für richtig). Damit meine ich auch nicht, dass in der Zwischenzeit alles richtig gemacht wurde (das wurde es definitiv nicht!).
Aber wir können doch nicht einfach sagen: Schade das es nicht funktioniert hat. Jetzt kommt halt mal ohne uns klar… Natürlich ist auch und vor allem das AFG Volk zunächst einmal für sich selbst verantwortlich, aber auch wir sollten uns vor unserem Anteil nicht drücken.
Immer vorausgesetzt natürlich, dass auch eine reelle Chance auf Besserung besteht. Wenn die USA abziehen und PAK nicht überraschend einen kompletten Schwenk unternehmen würde, dann könnten wir alleine (bzw. mit vielen kleinen Partnern) natürlich auch nichts bewegen.
@ Koffer
„Und sollten uns jetzt nicht vor der Verantwortung drücken und die AFG und die Region ihrem Schicksal überlassen.“
Vielleicht geht es denen nach unserem Abzug besser. Kann ja auch sein, dass wir dort nichts Gutes dort geschaffen haben wie in vielen anderen Interventionskriegen auch.