Neue Probleme für die Orion: Ersatzteile bei Lagerbrand vernichtet

Bei einem der fliegenden Problemfälle der Bundeswehr gibt es jetzt neuen Grund zur Sorge: Wichtige Ersatzteile für die Überholung der betagten Seefernaufklärer Orion P-3C der Deutschen Marine sind vermutlich in der vergangenen Woche beim Brand einer Lagerhalle in Ingolstadt vernichtet worden. Das bestätigten Sprecher des mit der Überholung beauftragten Airbus-Konzerns und der Marine auf Anfrage von Augen geradeaus!. Die langfristigen Auswirkungen auf den Betrieb der Flugzeuge sind noch unklar.

In der Lagerhalle, in der  Airbus wie auch andere Unternehmen Abstellfläche angemietet hatte und die außerhalb der Airbus-Produktionsstätte in Manching liegt, war es am 10. Oktober zu einer Verpuffung gekommen. Nach Angaben der Feuerwehr geriet das zweistöckige  Gebäude komplett in Brand, Personen wurden nicht verletzt.

Für die Arbeiten an dem Seefernaufklärer entscheidende Teile waren nach Marineangaben in der Halle gelagert: Wesentliche Teile der neuen Tragflächen, mit denen die gebraucht gekauften Flugzeuge ausgerüstet werden sollen. Entsprechende Arbeiten hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages bereits im Juli 2015 gebilligt. Für das so genannte Re-Winging waren fast 300 Millionen Euro veranschlagt worden.

Die Seefernaufklärer hatte die Bundeswehr gebraucht von den Niederlanden gekauft und später festgestellt, dass umfangreiche Arbeiten daran erforderlich wurden. Im jüngsten Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme heißt es zu den acht Maschinen:

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 8 Luftfahrzeuge vom Typ P-3C ORION.
Das System ist einsatzreif.
Der Verfügungsbestand lag im Mittel bei 5 Flugzeugen. Davon waren durchschnittlich 2 einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer 41%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Sowohl die laufenden Einsatzverpflichtungen im Rahmen der Operation EUNAVFOR ATALANTA als auch der Beitrag zu Maßnahmen der NATO zur Rückversicherung der Baltischen Staaten konnten parallel zu dringend erforderlichen Maßnahmen zum Fähigkeitserhalt erfüllt werden. Eine deutliche Verbesserung wird nach Abschluss weiterer Projekte (Erneuerung von Tragflächen, Missionssystem und Avionik für den Instrumentenflug) ab 2023/24 eintreten.

Nach dem Brand besteht die Gefahr, dass dieser Zeitplan ins Rutschen kommt, weil eben die Ersatzteile für die Erneuerung der Tragflächen nach ersten Erkenntnissen nicht mehr verwendet werden können. Wie schnell Ersatz dafür beschafft werden kann, ist offen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundeswehr durch einen Brand in einer privaten Lagerhalle ein die Gefahr gerät, eine wichtige Fähigkeit nicht nutzen zu können: Im Februar 2015 wurden die Container für das Einsatzrettungszentrum auf den Einsatzgruppenversorgern durch ein Feuer vernichtet, die Marine verlor auf einen Schlag die Hälfte ihrer schwimmenden Krankenhäuser. So weit ich das sehe, ist bislang noch kein Ersatz dafür beschafft.

Die Deutsche Marine ist allerdings nicht die einzige Institution, die das Großfeuer in Ingolstadt über einen möglichen finanziellen Schaden hinaus vor große Probleme stellt. Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks* war in dieser Halle auch eine Sammlung des Deutschen Museums eingelagert – mit zum Teil unersetzlichen Exponaten. (Ergänzung: Das berichtet auch dpa; ein Link über eine ausländische Zeitungswebseite: Deutsches Museum beklagt nach Brand in Depot Millionenschaden)

Nachtrag: Der NDR-Kollege Christoph Proessl hat weitere Details – u.a. ist nicht nur die Orion betroffen, sondern auch praktisch alle Flugzeuge der Luftwaffe:

*Die Meldung des Bayerischen Rundfunks ist nur bis zum 11.10.2019 abrufbar

(Archivbild: Orion P-3C der Marine im Mai 2012 in Djibouti)