Neuer deutsch-französischer Seefernaufklärer: Japan als Dritter im Bunde?

Am Rande der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin im vergangenen April hatte es eine Premiere gegeben, die außerhalb von Fachkreisen praktisch unbeachtet blieb: Erstmals hatte das japanische Verteidigungsministerium eines seiner Flugzeuge auf eine europäische Luftfahrtmesse geschickt. Mit einer klaren Zielsetzung: Der Seefernaufklärer vom Typ Kawasaki P-1 (Foto oben) soll als Konkurrenzprodukt (oder eher: als Nachfolger?) zur P-3C des US-Unternehmens Lockheed Martin weltweit vermarktet werden.

Das Engagement der japanischen Rüstungsindustrie auf internationalen Märkten ist eine vergleichsweise neue Entwicklung (wie auch der Willen Japans, militärisch über die reine Landesverteidigung hinaus aktiv zu werden) – wenn auch bislang noch nicht so erfolgreich, weil die japanischen Produkte relativ teuer sind. Über die Pläne zur Vermarktung der P-1 war zudem auf der ILA selbst wenig zu erfahren: Das sehr höfliche, aber ausschließlich Japanisch sprechende Personal des Tokioter Verteidigungsministeriums in einem eigens aufgebauten Pavillon neben dem Flugzeug wollte nicht-behördlichen Besuchern wenig zur Maschine sagen und verschenkte statt dessen lieber einen typisch japanischen Fächer mit der P-1 als Motiv und eine Einkaufstasche mit P-1-Silhouette.

Hinter den Kulissen dürfte dagegen mehr passiert sein. Auf dieser ILA unterzeichneten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre französische Kollegin Florence Parly eine Absichtserklärung für die gemeinsame Entwicklung eines neuen Seefernaufklärers, ein Maritime Airborne Warfare System (MAWS). Und an dieser Entwicklung, so berichtet am (heutigen) Montag das japanische Fachportal Nikkei Asian Review, wolle sich Japan mit Technologie seiner P-1 beteiligen:

Aiming to boost defense-related exports, Japan has entered into talks with the German and French governments to provide parts and technology for a patrol aircraft the European countries are developing together. (…)
Berlin and Paris are interested in advanced technology used in Kawasaki Heavy Industries‘ P-1 patrol aircraft, a Japanese government source said. The trio are now discussing which country will be in charge of what, with an eye toward three-way cooperation throughout the development process.

Eine entsprechende Anfrage aus Tokio sei in Berlin und Paris eingegangen, bestätigte ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums auf Nachfrage von Augen geradeaus!. Allerdings sei das Projekt noch in einem sehr frühen Stadium, so dass noch nicht absehbar sei, inwieweit es aus Deutschland und Frankreich Interesse an dem japanischen Angebot geben könnte.

Für die Deutsche Marine geht es bei der Suche um einen einem Nachfolger für ihre betagten (und schon gebraucht gekauften) Orion P-3C. Offiziell wird das Ende der Nutzungsdauer mit dem Jahr 2035 angegeben – wie auch für die von Frankreich genutzten Breguet Atlantic 2.

Das japanische Interesse an einer Zusammenarbeit im Rüstungssektor ist nicht auf diesen Bereich beschränkt. Im Juli vergangenen Jahres hatten Japan und Deutschland ein bilaterales Abkommen über die Kooperation bei militärischem Gerät geschlossen; aus dem asiatischen Land hieß es damals, dass vor allem Panzertechnologie im Mittelpunkt des Interesses stehe. Da ist Japan allerdings an einem Import der deutschen Technologie interessiert; bei dem Aufklärungsflugzeug ist es andersrum.

(Foto: Kawasaki P-1 auf der ILA 2018)