Brexit auch fürs Militär: Kommando über Antipiraterie-Mission geht nach Spanien
Der Brexit, der Ausstieg Großbritanniens aus der Eruopäischen Union, hat auch auf militärischer Seite ganz praktische Folgen. Zum Brexit-Termin Ende März kommenden Jahres wird Großbritannien das Kommando über die EU-Antipirateriemission Atalanta vor der Küste Somalias abgeben; das Operationshauptquartier wechselt nach zehn Jahren von Northwood bei London nach Rota in Spanien.
Einen entsprechenden Beschluss fasste die EU im Umlaufverfahren, wie der Europäische Rat am (gestrigen) Montag mitteilte:
The Council today extended the mandate of EU NAVFOR Somalia Operation Atalanta until 31 December 2020. The Council also decided to relocate the European Union Naval Force (EU NAVFOR) Operational Headquarters from Northwood (UK) to Rota (Spain), and to Brest (France) for the Maritime Security Centre Horn of Africa (MSCHOA) as of 29 March 2019.
It appointed Vice Admiral Antonio Martorell Lacave from the Spanish Navy as new Operation Commander to take command from Major General Charlie Stickland on the same date. The relocation and change in command are required due to the UK’s decision to withdraw from the EU.
Das ist ein deutlicher Einschnitt, das britische Hauptquartier hatte schließlich die EU-Mission seit ihrem Beginn vor fast zehn Jahren ununterbrochen geführt. Auch das Maritime Security Centre Horn of Africa als Anlaufpunkt für die zivile Schiffahrt hatte dieses Jahrzehnt von britischer Expertise profitiert.
EUNAVFOR, die European Naval Forces, betonen angesichts des britischen Ausstiegs, dass sich am Mandat von Atalanta nichts ändere und im Gegenteil die Verlängerung der Mission bis Ende 2020 Sicherheit für die Schiffahrt bedeute: Business as usual.
Allerdings ist angesichts des Rückgangs der Piraterie vor Somalia vorgesehen, diese Mission zunächst bis 2020 auf minimalem Niveau weiterzuführen und ein Auslaufen anzustreben. Die Deutsche Marine ist seit 2016 nicht mehr mit einem Kriegsschiff an Atalanta beteiligt; in regelmäßigen Abständen wird aber ein Seefernaufklärer Orion P-3C der Deutschen Marine von Djibouti aus in dieser Mission eingesetzt. Der Bundestag hatte zuletzt im April das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr verlängert.
(Foto: Festnahme von mutmaßlichen Piraten im November 2017 – EUNAVFOR)
[Link gelöscht, s.u.]
Ein sehr passender Artikel.
Der Brexit scheint sich immer mehr zur absoluten Katastrophe für Großbritannien zu entwickeln.
Falls man sich mit der EU nicht einigt, wird der Einsatz der britischen Streitkräfte zur Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten erwogen.
Das wären dann Zustände wie nach dem WW2, richtig?
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier i.d.R. aus bekannten Gründen nicht statt. Aber warum nicht gleich das Original?
https://www.standard.co.uk/news/politics/army-on-standby-to-deliver-food-and-medicine-if-no-brexit-deal-is-reached-a3898761.html
T.W.]
@ T.W.
Vielen Dank für den Original-Link.
Das ist von Seiten der EU nur konsequent. Das wird auch noch nicht der letzte Schritt gewesen sein.
Neben Dänemark ist GB das einzige (Noch-)EU Mitglied, das nicht an PESCO teilnimmt. Das ist bezeichnend.
Die EU ist eben kein Selbstbedienungsladen, bei dem man sich die Rosinen rauspicken kann. Das gilt auch für Verteidigung. Es wäre auch fatal, wenn das möglich wäre.
Die nächste Frage ist, wie es mit der Teilnahme an NATO-Missionen in Europa aussieht. Bisher hat GB sich zumindest beim Air-Policing Baltikum mit drei Einsätzen seit 2004 vornehm zurückgehalten.
Vielen Dank, Herr Wiegold, für diese „kleine Meldung“. Sie wird wenig kommentiert, vermutlich, weil zwar der Brexit vielleicht noch, aber dieses militärische Detail kaum die Gemüter erregt.
Obwohl ich nahe dran bin und frühere Pressemeldungen über spanisches Interesse an mehr militärischer Verantwortung durchaus mitbekommen habe, habe ich diese Meldung über eine tatsächlich vollzogene Entscheidung erst hier gelesen.