Dokumentation: von der Leyens Rede vor militärischen und zivilen Führern
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte am (gestrigen) Donnerstag rund 100 Generale, Admirale und zivile Führungskräfte der Bundeswehr in Berlin zusammengerufen: Vor dem Hintergrund des Falls Franco A., vor dem Hintergrund bekanntgewordener Skandale wie in Pfullendorf wollte die Ministerin thematisieren, wie es zu diesen Vorfällen kommen konnte und was getan werden kann, um so etwas künftig auszuschließen.
Einzelne Teile der Aussagen der Ministerin wurden inzwischen bekannt – zum Beispiel, dass sie den Teilnehmern ihr Bedauern ausdrückte, dass sie ihrer harten Kritik an der Truppe am vergangenen Wochenende nicht eine Würdigung der Leistungen der Soldaten vorangestellt habe.
Aber das ist nur ein Absatz dessen, was die Ministerin gesagt hat. Damit sich alle ein Bild machen können, hier der Redetext, wie ihn die Bundeswehr intern bekanntgemacht hat – ich denke, darüber sollten sich alle ihre Meinung bilden können.
Der Redetext im Wortlaut (der nicht deckungsgleich sein muss mit der tatsächlich gehaltenen Rede):
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
wenn wir über die Bundeswehr reden, reden wir über eine Viertelmillion Menschen. Menschen mit und ohne Uniform. Männer und Frauen fast jeden Alters. Sie dienen in den unterschiedlichsten Verwendungen – hier, in der Heimat, aber auch in vielen Teilen der Welt oder auf Hoher See.
Egal wo diese Männer und Frauen dienen oder arbeiten – es ist ein unverzichtbarer Dienst für unser Land. Dafür gebührt Ihnen Dank und Anerkennung.
Ich wünschte, ich hätte diese Sätze am Wochenende in dem 5 Minuten Interview über den Rechtsextremisten vorweg gesagt. Es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Das bedaure ich.
Für ihre Leistungen verdienen die Soldatinnen und Soldaten auch das Vertrauen der Gesellschaft. Darum ist es verheerend, wenn dieses Vertrauen auch nur ins Wanken gerät. Hier genügen schon wenige Missstände und Vorfälle – so wie wir sie seit Wochen erleben müssen. Pfullendorf, Sondershausen und jetzt Illkirch sind die Stichworte dazu.
Ich möchte klar und deutlich betonen: Die übergroße Mehrheit der Angehörigen der Bundeswehr leistet tagtäglich ihren Dienst anständig und tadellos. Umso bitterer ist es, wenn eine Minderheit sich völlig inakzeptabel verhält. Dies muss mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt und geahndet werden – gerade im Interesse all derer, die jeden Tag Vorbildliches leisten.
Zwar haben die Medien in den vergangenen Monaten ausführlich über die Vorkommnisse in der Bundeswehr berichtet. Doch ich will Ihnen nochmals in Erinnerung rufen, um was es geht. Denn die Verstöße, über die wir sprechen, sind meist Verstöße gegen die Grundsätze der Inneren Führung, gegen die Grundrechte, gegen die Pflicht zur Kameradschaft – bis hin zu Strafbeständen.
Zuerst Pfullendorf: Die Berichte sprechen von „Mobbing“, von „herabwürdigenden Praktiken in der Ausbildung“. Das klingt so neutral, wie Untersuchungsberichte eben klingen müssen. Doch was das für die Betroffenen wirklich bedeutet hat, zeigt die schonungslose Bestandaufnahme: „Abtasten des unbekleideten Genitalbereichs mit nicht behandschuhter Hand und anschließende Geruchsprobe“. Dann: „Öffnen der Gesäßbacken zur Inspizierung des Afters“. Und schließlich: „entwürdigende bildliche Darstellung der Ausbildungspraktiken als Unterrichtsmaterial“. Wie konnte es soweit kommen und solange gehen?
Nächstes Beispiel: Sondershausen. Ausbilder bezeichnen Kameraden als „Körperschrott bzw. genetischer Abfall“. Strafrunden bei 30 Grad Außentemperatur bis zum Zusammenbruch infolge Dehydrierung. Festgestellte Ausbildungsmängeln werden von Ausbildern glattgebügelt, wenn sie Alkohol als Ausgleich bekommen. Auch hier die Frage: Warum konnte es soweit kommen und so lange anhalten?
Und jetzt Illkirch: Ein formal und juristisch ganz anders gelagerter Fall. Ein junger Oberleutnant gibt sich als Asylsuchender aus; lebt ein Doppelleben; wird mit einer illegal besorgten Waffe am Wiener Flughafen geschnappt. Es besteht der Verdacht auf einen geplanten Terroranschlag – die Bundesanwaltschaft ermittelt. Und Stück für Stück kommt heraus, dass er seit Jahren rechtsextremistisches Gedankengut pflegt. Wer einen Blick in seine erste Masterarbeit wirft, die er Ende 2013 an der französischen Akademie Saint Cyr als Austauschstudent einreichte, hat keinen Zweifel mehr an seiner völkischen, rassistischen und rechtsextremistischen Gesinnung. Da geht es um „die Schwächung des Volkes“ durch „Subversion“ in Form einer großen Verschwörung der Regierenden; um „die Durchmischung der Rassen“, den „infektiösen Charakter der Menschenrechte“ und, und, und. Der Wissenschaftler des ZMSBw in Potsdam, der damals hinzugezogen worden war, erstellte ein eindeutiges und glasklares Gutachten: „Bei dem Text handelt es sich nach Art und Inhalt nachweislich nicht um eine akademische Qualifikationsarbeit, sondern um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell, den der Verfasser mit einigem Aufwand auf eine pseudo-wissenschaftliche Art zu unterfüttern sucht.“ Und der damalige französische Schulkommandeur urteilte trocken: „Wenn es ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen“. Das war im Frühjahr 2014. Und trotzdem blieb der Offizier bis vor wenigen Tagen im Dienst. Wie konnte es dazu kommen?
Pfullendorf, Sondershausen, Illkirch – wie schon gesagt: alles Einzelfälle und nur bedingt miteinander vergleichbar. Sie müssen individuell untersucht und dann entsprechend disziplinar oder strafrechtlich verfolgt werden. Doch stellt man diese Einzelfälle in eine Reihe, so gibt es etwas Verbindendes: Es hat lange gedauert, gegärt, manche haben sich weggeguckt, schöngeredet und verharmlost. In allen diesen Fällen haben die Mechanismen, die wir haben, um Übergriffe und Verstöße gegen die Innere Führung zu verhindern oder zumindest frühzeitig aufzudecken, nicht gegriffen. Und es geht auch um Verantwortung und Aufgaben von Vorgesetzten. Wohlbemerkt: das betrifft nicht die Mehrheit der Vorgesetzten, aber das macht das Problem nicht kleiner.
Als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt trage ich die Gesamtverantwortung für die Bundeswehr. Ich scheue diese Verantwortung nicht. Wir haben viel bewegt in den vergangenen drei Jahren: Agenda Attraktivität, Agenda Rüstung, die drei Trendwenden für eine Bundeswehr, die seit der Wiedervereinigung 25 Jahre lang Schrumpfungsprozesse mitgemacht hat. Wir haben diesen großen Tanker langsam, aber sicher wieder in die richtige Richtung gedreht. Wir sind dabei durch so manches Tal der Tränen gegangen. Und auch jetzt gehen wir wieder durch ein tiefes Tal der Tränen – und ich sage Ihnen, wir haben nicht einmal die Talsohle erreicht. Und wenn ich mir etwas zum Vorwurf mache, dann dass ich nicht viel früher viel tiefer gegraben habe, als mir die Einzelfälle der Reihe nach auf den Tisch kamen.
Doch wir müssen auch feststellen, dass nicht alle Meldewege so funktioniert haben, wie sie sollten. Dass nicht alle Mechanismen so griffen, wie sie hätten es tun müssen. Dass nicht alle Ebenen mit der Vehemenz ihre Aufgaben wahrgenommen haben, mit der sie hätten sich der Einzelfälle annehmen müssen.
Wir beginnen jetzt mit der Aufarbeitung und Diskussion. Ich möchte heute mit Ihnen über drei Stränge sprechen – und ich bin erst am Anfang meiner Überlegungen – das ist nicht vollständig, nicht abschließend.
1. Unsere Werte und Regeln:
Es braucht ein klares Koordinatensystem. Das haben wir: mit der Inneren Führung. Aber das muss auch bis in den letzten Winkel gelebt werden. Es muss zum Beispiel klar sein, was ist notwendige Härte in der militärischen Ausbildung – und ab wann beginnt Schikane? Die Dienstvorschrift zur Inneren Führung ist eindeutig: „[Die] Innere Führung stellt ein Höchstmaß an militärischer Leistungsfähigkeit sicher und garantiert zugleich ein Höchstmaß an Freiheit und Rechten für die Soldatinnen und Soldaten im Rahmen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“ Klarer kann man den Gegensatz nicht beseitigen, den immer wieder einige Soldaten und Kommentatoren aufmachen wollen. Es gibt hier kein entweder „Höchstmaß an militärischer Leistungsfähigkeit“ oder „Freiheit und Rechte“. Sondern beides geht Hand in Hand.
Was ist Meinungsvielfalt in der Bundeswehr – und wann verlässt jemand die freiheitlich-demokratische Grundordnung? Wenn es in der Masterarbeit des Soldaten A. heißt, Zuwanderung führe zum genetischen Genozid der westlichen Völker, dann muss allen glasklar sein, dass das NS-Gedankengut ist.
Auch bei der Tradition sind die Linien eigentlich klar: Die Wehrmacht ist nicht traditionsstiftend. Das ist nichts Neues. Das ist für die Bundeswehr Selbstverständlichkeit. Im Traditionserlass von 1982 steht unzweideutig: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“ Warum hängen dann im Aufenthaltsraum in Illkirch, der seit 2010 besteht – Wehrmachtsdevotionalien – vom Propagandabild bis zum Helm?
Wir haben 60 Jahre Bundeswehr!! Darauf können wir zu Recht stolz sein. Das ist eine besondere Geschichte, aus der sich unser Selbstverständnis speist. Nicht umsonst haben wir das im Weißbuch so klar herausgearbeitet. Das heißt: es gibt kein Vakuum im Traditionsverständnis.
Ich habe immer wieder bei Pfullendorf gehört: es sind keine weiteren Schritte nötig, wir haben ja die innere Führung. Ja, aber sie muss jeden Tag mit Leben gefüllt werden. Das tut die übergroße Mehrheit – aber wir dürfen auch nicht so tun, als sei keinerlei Problem da, und wer problematisiert oder sich wehrt, der bricht ein Tabu.
Soweit Gedanken zu unseren Werten und Regeln. Nun erste kursorische Gedanken zum Gerüst: ist die Wehrdisziplinarordnung in sich schlüssig? Gibt es Bruchstellen? Gegenwärtig haben Disziplinarvorgesetze ihre Rechtsberater, die bei Ermittlungen wechseln in die Rolle des Disziplinaranwaltes….(….)
In vielen Fällen läuft es gut. Dennoch müssen wir uns fragen, ob wir Menschen nicht überfordern in Doppelrolle aus dem Nähe- und Vertrauensverhältnis gegenüber Disziplinarvorgesetzen?
Wir müssen uns fragen, ob alle nach einheitlichen Maßstäben urteilen und wer das kontrolliert? Wir müssen uns fragen, wo die Supervision ist, wenn nicht adäquat gehandelt wird?
Ich habe heute eine Arbeitsgruppe eingesetzt, mit dem Ziel der kritischen Durchleuchtung der Wehrdisziplinarordnung.
Zweiter Punkt: wenn der Disziplinaranwalt empfiehlt, einzustellen – dann gibt es keine Meldepflicht. Ist es hier nicht besser, ein Mehr-Augen-Prinzip einzuführen, wenn die Absicht besteht, das Verfahren einzustellen?
Wir werden jetzt als untergesetzliche Maßnahme für bestimmte Fallgruppen das Mehr-Augen-Prinzip einführen.
3. Setzen wir in der Ausbildung die richtigen Schwerpunkte?
Räumen wir der Vermittlung eines Wertekanons und einer soliden Haltung
im Alltag genug Zeit ein bei der Erziehung, Ausbildung und Fortbildung zukünftiger Generationen von Vorgesetzten? Überfordern wir viele der noch sehr jungen Vorgesetzten? Überfrachten wir sie mit administrativen Aufgaben – und nehmen ihnen die Zeit, die sie eigentlich als Menschenführer benötigen? Oder liegen die Defizite in Melde- und Untersuchungssystemen? Reden wir genügend mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über Ebenen hinweg, kennen wir deren Belastung, Sorgen und Nöte? Schauen wir „richtig“ hin und achten wir genug aufeinander?
Lassen wir uns beraten und schätzen wir tatsächlich konstruktiv kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Erklären wir in ausreichendem Maße unsere Absicht, geben wir klare Ziele vor und überlassen das „WIE“ den Ausführenden? Führen wir von vorne? Gestehen wir eigene Fehler ein?
Viele Fragen. Es wird dauern, sie zu beantworten. In dieser Woche ist erst der Anfang.
Es wird jetzt viel hochkommen. Das ist gut, weil es sein muss. Es ist keine Schande, wenn die Dinge hochkommen – es ist eine einmalige Chance, uns die Defizite bewusst zu machen. Wir wollen auch denen Recht verschaffen, denen Recht verwehrt wurde.
Und der Fall A. ist mit Sicherheit noch nicht zu Ende mit seiner Festnahme. Er ist kein ‚lonely wolf‘.
Jetzt wollen wir diskutieren. Wir nehmen uns die Zeit.
(Foto: von der Leyen mit Generalinspekteur Volker Wieker, r., und Heeresinspekteur Jörg Vollmer am 3. Mai 2017 in Illkirch beim Jägerbataillon 291)
@ Sascha Stoltenow | 05. Mai 2017 – 19:12
@ Alter milFD | 05. Mai 2017 – 20:45
1+ Gute, sachliche Beiträge. Danke!
@Koffer
1. Ich habe keine Behauptung aufgestellt, die die sie m. E. widerlegt haben.
Für mich ist Beteiligung/Einflußnahme (natürlich nicht im Detail) in Artikel 9 klar festgeschrieben und die Bereiche in denen Einfluss genommen werden kann, sind explizit genannt. Das legen Sie anders aus und dies wird von mir akzeptiert, doch darum geht es nicht.
2. Selbstverständlich dürfen sie Gesetze kritisieren, darum ging es aber nicht, sondern es ging darum im Rahmen der zitierten Punkte (Rede UvdL) geltende Gesetze anzuwenden.
Das kann die Ministerin ganz persönlich zB in den Monatsgesprächen des HPR/GVPA tun, denn genau dafür sind sie da.
3. Ich hatte nie behauptet, dass Detailgesetze zur FDGO gehören (siehe oben).
4. Selbst wenn Sie in meinem Satz, FDGO weg lassen, verliert die Aussage -…InFü muss gelebt werden- nicht an Richtigkeit.
@klabautermann | 06. Mai 2017 – 2:18
„Mit Blick auf die InFü frage ich mich die ganze Zeit, wo bleibt denn der Nachweis der „Kritiker“ der InFü, dass z.Bsp die Kampftruppen des Heeres zwingend notwendig eine Sui-Generis-InFü brauchen, um ihren operativen Führungsauftrag erfüllen zu können ?“
Ich wüsste nicht, dass jemand hier die InFü an sich kritisiert hätte.
Ich wüsste auch nicht, dass jemand für die Kampftruppe eine eigene InFü verlangt hätte.
@Zimdarsen | 06. Mai 2017 – 8:06
„1. Ich habe keine Behauptung aufgestellt, die die sie m. E. widerlegt haben.“
Doch. Sie haben behauptet Beteiligung sei Teil der FDGO und das ist falsch und ich habe es widerlegt.
„2. Selbstverständlich dürfen sie Gesetze kritisieren, darum ging es aber nicht,“
Doch! Wenn Beteiligung Teil der FDGO wäre, dann dürfte ich sie nicht kritisieren. Sie wäre für mich als Staatsdiener „tabu“ (aufgrund u.a. der Bestimmungen des SG).
Übrigens kritisiere ich die Beteiligung ansich ja gar nicht (ganz im Gegenteil die Beteiligung durch VP schätze ich sehr!), ich behalte mir aber mein Recht als Staatsbürger in Uniform vor sie kritisieren zu dürfen.
„4. Selbst wenn Sie in meinem Satz, FDGO weg lassen, verliert die Aussage -…InFü muss gelebt werden- nicht an Richtigkeit.“
Absolut, dann stimme ich Ihnen auch (weitgehend) zu.
@Koffer
Wir drehen uns im Kreis und gleiten in ein Ringelreihen ab.
Lesen sie meinen ersten Kommentar und streichen sie meinetwegen (wie schon mehrfach geschrieben) in diesem Zusammenhang -FDGO-. Damit bin ich, trotz anderer Sichtweise durch mit diesem Punkt.
@Koffer
Sorry, hatte im Handy ihren letzten Kommentar zu Punkt 4 übersehen.
Dann alles auf Null und wir schreiten im Thema weiter ;-)
1. Alle durch die Ministerin geschilderten Vorfälle hätte es nicht geben dürfen, wenn sie sich so ereignet haben, wir sie geschildert wurden. Sie macht daraus – auch mit ihren Relativierungen – etwas systemimmanentes, also die ganze Bw scheinbar durchziehendes. Jeder Einzelfall ist zuviel, aber bleibt zunächst ein Einzelfall, den es angemessen abzuarbeiten gilt. Nicht mehr und nicht weniger.
2. Was gar nicht geht, diese Einzelfälle für das eigene Fortkommen zu instrumentalisieren. Gut, dies ist Politik, aber keine der Sache dienliche.
3. Neben der politischen Führung bleibt für mich auch die militärische Spitze enttäuschend. Es gilt zwar das Primat der Politik. Dies bedeutet jedoch nicht, daß man nach Flachbildschirmen, Genderworkshops u. ä. auch noch die Staffage für die eigene Demütigung abgibt. Das Abliefern der Mobiltelefone ist dabei nur das I-Tüpfelchen.
@Rothe | 06. Mai 2017 – 11:51
„Jeder Einzelfall ist zuviel, aber bleibt zunächst ein Einzelfall, den es angemessen abzuarbeiten gilt. Nicht mehr und nicht weniger.“
+1
„Was gar nicht geht, diese Einzelfälle für das eigene Fortkommen zu instrumentalisieren. Gut, dies ist Politik, aber keine der Sache dienliche.“
Vor allem, weil das Verteidigungsministerium ja auch kein „beliebiges“ Ressort ist, mit dem normale Tagespolitik gemacht wird.
Der Verteidigungsminister ist natürlich auch Politiker und hat deswegen m.E.n. auch bis zu einem gewissen Grade ein Recht auf Karriere und Politik zu seinen eigenen Gunsten.
Aber er ist eben auch oberster Vorgesetzter Soldaten, die für ihren Eid notfalls auch ihr Leben einsetzen und lassen müssen. Deswegen verbietet es sich eigentlich keine Rücksicht auf diejenige zu nehmen, die eben nicht nach einer verlorenen Wahl „weich fallen“, sondern die unabhängig von der konkreten Couleur der Leitung dem Primat der Politik folgend manchmal das äußerste Opfer zu bringen haben. Und selbst abseits des Gefechtes im täglichen Friedensdienst Leistung(en) für Deutschland (er)bringen.
„Neben der politischen Führung bleibt für mich auch die militärische Spitze enttäuschend. Es gilt zwar das Primat der Politik. Dies bedeutet jedoch nicht, daß man nach Flachbildschirmen, Genderworkshops u. ä. auch noch die Staffage für die eigene Demütigung abgibt.“
Sehe ich genauso. Als die Testung der neuen Möbellinie für die Truppenunterkünfte öffentlichkeitswirksam vermarktet wurde, wurden (so habe ich gehört) Drei-Sterner einen kompletten Tag zu dieser Show durch die Leitung befohlen (und haben sich befehlen lassen).
„Das Abliefern der Mobiltelefone ist dabei nur das I-Tüpfelchen.“
Das sehe ich nun aber anders. Es sollte ganz normal sein, dass bei vertraulichen Besprechungen die elektronisches Geräte abgegeben werden.
Nur weil die Bw bisher keinen Wert auf international übliche, militärische Sicherheit gelegt hat, heisst das nicht, dass das so weiter gehen muss.
Es ist ja noch nicht einmal nur die Frage, dass es jemand (illegal) mitschneidet (das halte ich angesichts des Teilnehmerkreises für eher unwahrscheinlich), aber das abhören durch fremde Dienste ist eine reale Gefahr.
Nicht zu vergessen das nervige Klingen der Telephone derjenigen die vergessen haben den Ton auszustellen…
Die Ministerin denkt nach über eine Intensivierung einer – so habe ich den Teil ihrer Rede verstanden – unzureichenden Dienstaufsicht im Bereich der Ausübung der Disziplinarbefugnis.
Dabei frage ich mich als pensionierter RB/WDA, ob die IBuK hier unzureichend beraten ist, etwas aus persönlichen bzw. politischen Gründen nicht hören oder sagen will und eben aus diesen Gründen verzerrt darstellt.
Durch die Verpflichtung zur Meldung eines BV, der strafrechtlich abgesicherten Verpflichtung zur Abgage an die Staatsanwaltschaft sowie weitgehender Berichts-, Mitteilungs- und Vorlagepflichten in gerichtlichen Disziplinarverfahren und Vorermittlungsverfahren – das betrifft natürlich auch Einstellungs- und Absehensentscheidungen der Einleitungsbehörde – mit einem breiten Verteiler ist dieser Bereich bereits sehr gut abgesichert.
Die rechtlichen Voraussetzungen zur efektiven Dienstaufsicht liegen m.E. insoweit vor. Ein „Mehraugenprinzip“ ist bereits vorhanden.
Daran kann es vorliegend also nicht gelegen haben.
Weiterer systemirrelevanter Einzelfall in Donaueschingen der nichts mit nichts zu tun hat.
@Rothe
Bei einem closed-door Spitzentreffen in Wirtschaft und Industrie sind Handy etc. ein absolutes No-No, hat mit Demütigung aber absolut goar nix zu tun.
Die Altherrenriege der Bundeswehr-Partei (CDU/CSU) hatte ja schon immer ihre Probleme mit der Einzelängerin UvdL und nun kann man sie noch als Spielverderberin in Sachen InFü hinstellen indem man ganz laut schweigt. Die SPD macht Wahlkampf und fordert von UvdL mehr Vertrauen in die Truppe, aber wo blindes Vertrauen hinführen kann, das sehen wir ja nun. Manche Blind-Spots sind eben nicht mehr zu übersehen. Das ist eben so: wenn man anfaängt den Schimmelfleck im Gemäuer zu bekämpfen, dann findet man meistens noch mehr Schimmel.
Damit hier nicht gerätselt wird, was mit Donaueschingen gemeint ist:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-findet-in-weiterer-kaserne-wehrmachts-devotionalien-a-1146414.html
Die Beurteilung eines Kommentators (im anderen Thread), es gebe nun „ein Kesseltreiben gegen die Bundeswehr“, halte ich allerdings für, sagen wir mal problematisch. Wenn es Dinge gibt, die gegen die Erlasslage verstoßen, ist das Berichten darüber kein „Kesseltreiben“. Wenn sie nicht gegen die Erlasslage verstoßen, sollten Ministerium und Bundeswehr das vielleicht auch so sagen…
@T.Wiegold | 06. Mai 2017 – 13:07
„Die Beurteilung eines Kommentators (im anderen Thread), es gebe nun „ein Kesseltreiben gegen die Bundeswehr“, halte ich allerdings für, sagen wir mal problematisch. Wenn es Dinge gibt, die gegen die Erlasslage verstoßen, ist das Berichten darüber kein „Kesseltreiben“. Wenn sie nicht gegen die Erlasslage verstoßen, sollten Ministerium und Bundeswehr das vielleicht auch so sagen…“
Zustimmung, WENN sie gegen die Erlasslage verstoßen würden, dann wäre es kein Kesseltreiben.
Aber bis dato waren solche Bilder und Gegenstände unter bestimmten Auflagen eben vorschriftenkonform (und keine Kriegsverbrecher, kein erkennbar abgeleiteter Anspruch auf „inhaltliche“ Kontinuität oder Tradition und keine sichtbaren verfassungsfeindlichen Symbole).
Aber (wie ich in meinem Kommentar in dem anderen Faden schon sagte), dadurch das die IBuK in Kenntnis der vorhandenen Bilder mit der Presse zu 291 gefahren ist und dann „schockiert“ getan hat, ist das was jetzt kommt bewußt oder unbewußt durch sie verursacht worden :(
Und um es gleich klar zu sagen, es gibt hunderte (!) solche Aufenthalts- und Sozialräume in der Bundeswehr…
Ist ein Stahlhelm jetzt schon geeignet, als Propagandamittel eingestuft zu werden? Was ist denn in der Presse los? Wenn ein Stahlhelm vor der Kantine in einem Schrank steht, wieso wird sofort eine Verbindung zum Traditionserlass gezogen?
Panzer heissen also ab sofort nicht mehr Panzer, Gebirgsjäger werden aufgelöst.
Luftwaffe ist abzuschaffen und als Luftstreitkräfte/Luftverteidigung gem. Warschauer Pakt Doktrin neu aufzustellen, das ist dann auch gleich noch Antifaschistisch.
Danke für die Aufforderung seitens des Moderators an Ministerium und Bundeswehr, endlich mal „Angriff überzugehen“ und klarzustellen, dass nicht jedes Exponat der Wehrmacht automatisch ein Propagandadelikt darstellt. Auch wenn ich den Begriff „Kesseltreiben“ durchaus nachvollziehen kann. Es ist in der aktuellen Lage nur eine Frage der Zeit und wir werden wohl bald den Namen Rommel aus allen Unterlagen tilgen müssen.
Vielleicht hilft es ja auf eine schnelle BT-Wahl zu hoffen……
@Klabautermann
Keine Gegenrede, einige Hinweise sind dennoch angebracht.
Eine allgemeine, an Grundsätzen der InFü orientierte Kritik wird aus bisherige Beiträgen nicht erkennbar. Kritik von Handhabung praktizierter InFü in Baudissin’schem Geist,
– NICHT auf den unteren Führungsebenen, dort funktioniert Menschenführung einer Armee in der Demokratie -, durchaus.
Viel mehr darf an InFü orientiertes Verhalten aus dem Ministerium jüngst durchaus hinterfragt werden: Generalverdacht IBuK, öffentliche Infragestellung AC SKA seitens GI in Illkirch, MAD-Überwachung am 04.05/Berlin, „moderne“ Menschenführung? Nein!
Die übliche, eingebürgerte Redewendung „operative/taktische Führung“ (dann noch) „von unten nach oben“ liest sich folgerichtiger, einem „bottom-up“ folgend, als „taktisch – operativ – (schließlich noch) strategisch, aufbauorganisatorisch.
Anwendung innerhalb von InFü, sehe ich nicht, denn deren Maximen und Operationalisierung werden nicht Ebenen differenzierend verstanden werden dürfen.
(„Im Casino sind alle gleich, der Leutnant und der General“! Und ich hatte mal einen BrigKdr/DivKdr der das (vor)lebte, GenMaj Frhr von Rodde).
Im Zusammenhang „taktisch-operativ“ sind zudem in jüngster Zeit, mit Niederschlag in 100/100 (neu), deren Abgrenzungen für den Bereich Landkriegsführung angepasst an asymmetrische Erfahrungen eingehender umdefiniert behandelt.
Eine klassisch taktische Maßnahme kann operative bis hin zu strategischen Wirkungen erzielen, Beispiel:
Die taktischen Befehle und Maßnahmen Oberst i.G. Klein dienten mit dem Mittel der Zerschlagung von Feind an einem Flussübergang dem Schutz eigener Truppe in einem Feldlager. – Im tatsächlichen Ergebnis, nur Stunden bis letztendlich viele Monate im Anschluss, erhebliche militär-strategische und militär-politische Folgen, als da sind:
– Zusammenarbeit mit dem HQ-ISAF, U.S. geführt, nachhaltig gestört
– erheblichste innenpolitische Folgen im BT, in DEU-Presselandschaft und –
Zivilgesellschaft bis hin zur generellen Hinterfragung von „out of area“.
Die Ebenen scheinen zu verschwimmen? Nein, es gilt jedoch, Neues zu adaptieren.
„Im GG/InFü niedergelegte Prinzip der strukturell-motivatorischen KriegsführungsUNfähigkeit Deutschlands …“.
Expressis verbis nicht ablesbar, de facto aber zutreffend.
Ich schränke allerdings ein, indem ich formuliere, „nur“ die strukturelle NICHTANGRIFFSFÄHIGKEIT ist Prinzip. Auch dies steht jedoch an keiner Stelle nachzulesen. Dies Unvermögen hinterfragt dabei keinesfalls die Fähigkeit des Gegenstoßes/des Gegenangriffs, wie Sie oben zutreffend anmerken. Beide bewegen sich auf unterster/unterer taktischer Ebene. Beim Gegenangriff bedarf es der Ergänzung „mit kurz gefasstem Angriffsziel“.
Solche Feststellungen treffen in jeder Hinsicht das „HEER2011“ im Jahre 2017 (1); in der 1980er Dekade beurteile ich dies gegenteilig.
Da dergleichen meines Wissens von verantwortlichen und zuständigen Politikern im Bund und auch im Verfassungsgericht nie postuliert wurde, woher rührt diese Entwicklung? Art 26 GG „… insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. …“ stellt Staatsziel dar. Deswegen aber eine Selbstamputierung der Streitkräfte bis hin zu Ihrer schließlichen
„KriegsführungsUNfähigkeit“, war/ist das GG so zu interpretieren, dies soll die Absicht der Verfassung beinhalten?
Logischer Schluss sollte dann nämlich Auflösung der SK und Ausbau der Bundespolizei sein.
(1) Nicht wegen bekannter (Un)Struktur des Heeres, sondern infolge mangelnder logistischer Sicherstellung lang andauernder Operationsführung einhergehend mit nicht existenter staatlicher Fähigkeit zur Rekonstitution: Verteidigungswirtschaft? Zivilverteidigung? Territorialheer?
Ich möchte zu der Rede der Ministerin Folgendes anmerken:
1. Der Begriff „Wehrmachtsdevotionalien“ suggeriert bereits etwas, dass erst noch nachzuweisen wäre. Anbei eine Definition aus Wikipedia:
„Devotionalien sind Gegenstände, die der Andacht (lateinisch devotio ‚Hingabe‘, ‚Ehrfurcht‘) und der Förderung der Frömmigkeit dienen sollen, wie etwa Kreuze, Kruzifixe, Rosenkränze, Heiligenfiguren und -bildnisse, Ikonen, Andachtsbilder und Medaillen, wie etwa die Wundertätige Medaille.“
Die öffentliche Debatte wird meines Erachtens bereits durch den Begriff „Devotionalie“ entsachlicht.
2. Wehrmachtserinnerungsstücke sind in vielen Kasernen der Bundeswehr ausgestellt. Wehrmachtsgenerale und Admirale (nicht nur Widerstandskämpfer) waren Namensgeber für Kasernen, Schiffe und Luftwaffengeschwader. Waren die damaligen Politiker, die dies toleriert haben „Rechtsextreme“? Dann müsste man sich heute auch von diesen distanzieren und dazu gehören bis heute hoch wertgeschätzte ehemalige Politiker der etablierten Parteien.
3. Im Jahr 1972 wurde das Luftwaffenjagdgeschwader 74 in „Mölders“ benannt. Erst 2005 wurde dieser Beiname wegen der Beteiligung von Werner Mölders an der Legion Condor wieder gestrichen. Waren die damaligen hohen Politiker und Militärs Rechtsextreme als sie 1972 dem Jagdgeschwader 74 den Beinamen „Mölders“ gaben?
4. Gemäß Wikipedia ist in der Aula der Marineoffizierschule immer noch eine Büste des Admiral Johanneson ausgestellt und der beste Offizieranwärter wird angeblich sogar mit dem Admiral Johannesson Preis ausgezeichnet. Hier ein Auszug aus Wikipedia zur Person des Admirals:
„… Im Sommer 1937 wurde er (Johannesson) Leiter der Sabotage- und Spionageabwehr der Legion Condor nach Salamanca in Spanien…“
Das bedeutet, mit Duldung der höchsten Führung der Bundeswehr darf dieser Angehörige der ehemaligen Legion Condor offensichtlich an prominenter Position sinnstiftend wirken. Wieso stören sich Ministerin und Generalinspektuer nicht an diesem Fall? Die Ministerin war zur Vereidigung der Marineoffizieranwärter 2016 an der Marineschule. Eigentlich hätte sie die Büste doch sehen müssen, oder? Der ehemalige Kommandeur der Schule wurde kürzlich zum Kommandeur der Führungsakademie befördert.
Kann es sein, dass wieder nur die „Kleinen“ gejagt werden? Ist es wirklich glaubhaft, dass weder dem Generalinspektuer noch den anderen Inspekteuren, noch Politikern auf Truppenbesuch solche Gemeinschaftsräume mit solchen Wehrmachtserinnerungen nicht aufgefallen sind? Dann hätten sie schlicht keinerlei Dienstaufsicht ausgeübt!
@Ernst-August Potthoff | 06. Mai 2017 – 12:51
Herr Potthoff: 1 A, senden Sie Ihren Beitrag bitte in den Bendlerblock; die Gemüter dort bedürfen objektiv der Beruhigung und einer empirisch-juristisch unterlegten Stützung.
@Koffer
„Aber er ist eben auch oberster Vorgesetzter Soldaten, die für ihren Eid notfalls auch ihr Leben einsetzen und lassen müssen. Deswegen verbietet es sich eigentlich keine Rücksicht auf diejenige zu nehmen, die eben nicht nach einer verlorenen Wahl „weich fallen“, sondern die unabhängig von der konkreten Couleur der Leitung dem Primat der Politik folgend manchmal das äußerste Opfer zu bringen haben. Und selbst abseits des Gefechtes im täglichen Friedensdienst Leistung(en) für Deutschland (er)bringen“
Geht’s mit ein weniger Pathos ? Oder basteln sie jetzt schon an einer Dolchstoßlegende 2.0. ? Der Verrat von Berlin an der Krone aller Waffen ?
Die zweite Strophe dieses „Volksliedes“ über die Krone aller Waffen geht so:
„Urlaubsschein, du bist der schönste aller Scheine
Urlaubsschein, es denken alle nur das eine
Urlaubsschein, wann wirst du endlich mein?
Ich möcht so gern einmal
nach Hause wieder gehn
und meine Lieben wiedersehn“
Vielleicht mal Urlaub beantragen und den schweren, rhetorischen Affen in der Waffenkammer abgeben ?
Danke für den Redetext der Ministerin. Sehr hilfreich für die eigene Meinungsbildung!
Alle Kommentare hier haben keine Änderung meiner Auffassung zur Notwendigkeit bewirkt, seitens der Ministerin klare Kante zu zeigen und dabei auch in Kauf zu nehmen, dass der eine oder andere Soldat sich falsch angesprochen fühlt und beleidigt reagiert. Die Sache ist einfach zu ernst, um es allen recht machen zu wollen.
Aber: Diese geradezu krampfhafte Suche nach irgendwelchen Hinweisen, die Wehrmacht sei nicht völlig verdrängt aus den Köpfen und Kasernen, gehen aus meiner Sicht nun doch etwas am Problem vorbei. Ich sehe durchaus die Gefahr einer unerwünschten und in die falsche Richtung führenden Subkultur in der Bundeswehr. Das ist nicht zu tolerieren. Mit aktionistischen Methoden erreicht man allerdings eher wenig, wenn nicht gar das Gegenteil. Statt nun begierig alle wehrmachtsähnlichen Helme und Landserzeichnungen aufzustöbern und anzuprangern, sind deutlich intensivierte Anstrengungen in der politischen Bildung viel wirkungsvoller. Wenn dort etwa die Rolle der Wehrmacht als Instrument eines verbrecherischen Regimes glaubhaft und offen diskutiert wird, dann bringt das im Ergebnis sehr viel mehr als Bilderstürmerei, die allenfalls den SPIEGEL beeindruckt.
Aber Hand aufs Herz: Leistet die Truppe eine solche staatsbürgerliche Aufklärung noch? Forciert sie das Verständnis dafür, was eine Armee in der Demokratie ist und sein sollte? Welche Verantwortung das für Bundeswehr und jeden einzelnen Soldaten bedeutet? Und kommt mir jetzt bitte keiner mit Hinweisen auf die knappe Zeit im täglichen Dienst. Denn erstens sind das Themen, die übergreifend vermittelt werden müssen, und sei es auch abends beim gemeinsamen Bier. Und zweitens berühren sie unverzichtbare Grundlagen des soldatischen Handwerks. Hier zu Zeit zu sparen ist völlig verkehrt.
Zurück zu Donaueschingen und allen noch folgenden Standorten: Natürlich stützt jeder weitere einschlägige Fund die politische Position der Ministerin. Aber man sollte da doch sorgfältig analysieren, was wirklich relevant mit Blick auf einen in keiner Weise zu tolerierenden Rechtsextremismus in der Truppe ist. Und an dieser (!) Stelle ist dann größte Härte angezeigt. Es kommt also auch hier wieder mal darauf an, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Dieses Wissen geht mehr und mehr verloren.
@Pete
„Dem Chef des Marine-Personalamtes teilte Kapitän Rolf Johannesson am 11. August 1944 in einem Handschreiben mit, dass die „Kanonen“ bald das letzte Wort darüber hätten, ob Hitler „ein Segen“ oder „ein Fluch für Deutschland und ein Heil für Engländer, Amerikaner und Russen“ sein werde.“Warum müssen sie Wiki zitieren
Ganz aktuell auf FAZ: „Rolf Johannesson Der Musteradmiral“
Vielleicht rückt dieser Artikel die Perspektive wieder etwas zurecht ?
Johannesson ist das Besispiel dafür, dass man ohne jeden Rückgriff auf „Offiziers- oder Matrosenbilder“ der Kriegsmarine oder der Kaiserlichen Marine neue Führungstraditionen gründen kann. Er hat die HiTaTa begründet, das Forum zur kritischen Auseinandersetzung der jungen Marineoffiziersgenerationen der BW mit den LL der in Sachen Führung aus WK I und II.
UvdL nun anzugreifen, weil sie eine Büste von J. an der MSM nicht entfernen ließ, ist so was von lächerlich.
Die Identitätsprobleme und der kollektive Minderwertigkeitskomplex der deutschen Jäger muß gewaltig sein. Ich war auch einmal Jäger, und ich kann mich an kein einziges „Andenken“ an die Landser der Wehrmacht erinnern in der Kaserne in Kassel – das war 1971. Wieso brauchen die Jäger in 2017 auf einmal solche „Bilder“ und „Andenken“ in ihren Kasernen ? Das würde mich doch einmal ernsthaft interessieren.
https://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/start/streitkraefte/grundlagen/geschichte/tradition/traditionserlass/!ut/p/z1/04_Sj9CPykssy0xPLMnMz0vMAfIjo8zinSx8QnyMLI2MQgKcXQw8fY2dnAwDjYx8XQz0wwkpiAJKG-AAjgb6wSmp-pFAM8xxmeHmbKofrB-lH5WVWJZYoVeQX1SSk1qil5gMcqF-ZEZiXkpOakB-siNEoCA3otyg3FERALYe9dQ!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/#Z7_B8LTL2922TPCD0IM3BB1Q22FC5
Ich empfehle den gültigen Erlass zur Traditionspflege zur Lektüre (siehe Link oben).
Einige Auszüge aus dem Traditionserlaß:
21. Die Traditionspflege liegt in der Verantwortung der Kommandeure und Einheitsführer. Sie verfügen über Ermessens- und Entscheidungsfreiheit vor allem dort, wo es sich um regionale und lokale Besonderheiten handelt. Kommandeure und Einheitsführer treffen ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Grundgesetz und Soldatengesetz im Sinne der hier niedergelegten Richtlinien selbständig.
25. Das Sammeln von Waffen, Modellen, Urkunden, Fahnen, Bildern, Orden und Ausrüstungsgegenständen ist erlaubt. Es dient der Kenntnis und dem Interesse an der Geschichte und belegt, was gewesen ist.
Die Art und Weise, in der wehrkundliche Exponate gezeigt werden, muss die Einordnung in einen geschichtlichen Zusammenhang er kennen lassen. Die äußere Aufmachung muss diesen Richtlinien entsprechen.
Aus den obigen Auzügen läßt sich Folgendes ableiten:
1. Die Kommandeure und Einheitsführer haben bei der Pflege von Tradition einen großen Gestaltungsspielraum zugewiesen bekommen.
2. Das Sammeln und Ausstellen von Wehrmachtserinnersungsstücken ist nicht grundsätzlich verboten.
Wenn es handlungsbedarf von Seiten der Ministerin gibt, dann muss sie sich der Mühe unterziehen (wie 1982 von Minister Apel getan) den Traditionserlaß zu erneuern und der Truppe damit Handlungssicherheit zugeben.
Derzeit hat ein Einheitsführer diese Handlungssicherheit nicht, weil Äußerungen aus der obersten Führung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit nicht immer im Einklang sind mit dem, was im gültigen Traditionserlaß der Bundeswehr erlaubt ist!
@KeLaBe
Gut auf den Punkt gebracht – Zustimmung.
@ Koffer
Zitat:
„Aber bis dato waren solche Bilder und Gegenstände unter bestimmten Auflagen eben vorschriftenkonform (und keine Kriegsverbrecher, kein erkennbar abgeleiteter Anspruch auf „inhaltliche“ Kontinuität oder Tradition und keine sichtbaren verfassungsfeindlichen Symbole).“
Dies ist jetzt wieder die typische „Relativiererrhetorik“. Wenn Sie wissen wollen warum es rechtsradkikale Tendenzen in der Bw gibt, dann genau wegen dieser Rhetorik.
Der einfache Soldat kann nicht so fein „ziseliert“ unterscheiden zwischen den Wehrmachtssymbolen, den Erinnerungsstücken an die Wehrmacht und der historischen Einordnung der Wehrmacht (wozu eigentlich eine Erinnerung an die Wehrmacht, sie war Teil des verbrecherischen Systems der Nationalsozialisten).
Das ist genau die Dialektik des „braunen Unterstützersumpfes“ auf den sich auch das NSU-Trio 10 Jahre verlassen konnte !
Deshalb verstehe ich nicht warum man als überzeugter Demokrat, als Bw-Soldat und damit Hüter und Schützer dieses freiheitlichen demokratischen Deutschlands, sich nicht gänzlich von der Erinnerung und damit von der Heroisierung sowohl Einzelner als auch der gesamten Wehrmacht distanziert !
Und deshalb braucht man auch als Fallschirmjäger m.M.n keine Gedenkfeier für die Gefallenen in Kreta ( = Diener eines verbrecherischen Regimes), kein Gedenken an einen Oberst Mölders, dessen Vita nach dem Krieg auch geschönt wurde und manch anderer Wehrmachtsgröße, dessen Namen von Kasernen getilgt wurden.
Das man von der Wehrmacht Taktiken, Erfahrungen, Strategien (Blitz-Krieg zu Air Land Battle 2000 usw.) sich genau anschaut und die erfolgreichen Taktiken und Strategien ausbildet und übernimmt (sofern sie nach heutigen demokratischen Standards akzeptiert werden können), ist davon unberüht.
PS: Wobei ich der Meinung bin, dass die AFG-Kämpfer Fraktion in der Bw momentan die gleichen Fehler begeht, die nach dem I.WK beim Aufbau der Wehrmacht begangen wurden. Es wird halt immer für die letzten Kriege in die Zukunft gerüstet und ausgebildet !
Zitat: „Und um es gleich klar zu sagen, es gibt hunderte (!) solche Aufenthalts- und Sozialräume in der Bundeswehr…“
Damit bestätigen Sie genau meine Hypothese !
@ Ernst-August Potthoff | 06. Mai 2017 – 12:51
1+ und sehr sachlich.
Frage in den Raum: Wie verhält es sich derzeit eigentlich mit diesen Begehungen in den verschiedenen Standorten? Wurden nur Dienstzimmer, Gemeinschaftsräume etc. oder auch Stuben nach Wehrmachtsdevotionalien abgesucht, eventuell sogar solche von 25+ Soldaten?
@Klabautermann
„UvdL nun anzugreifen, weil sie eine Büste von J. an der MSM nicht entfernen ließ, ist so was von lächerlich.“
Das ist Ihre Ansicht. Entweder Johannesson war Angehöriger der Legion Condor oder nicht. Wenn er es war, kann er gem. Ihrem eigenen Standard nicht „sinnstiftend“ für die Bundeswehr sein. Oder doch? Dann aber auch bitte bei Anderen weniger kritisch sein.
„Wieso brauchen die Jäger in 2017 auf einmal solche „Bilder“ und „Andenken“ in ihren Kasernen ? Das würde mich doch einmal ernsthaft interessieren.“
Wieso braucht die Marine heute noch eine ungemein größere Sammlung von Bildern aus der Seekriegsgeschichte (einschl. 2.Weltkrieg) in der Aula und den Gängen der Marineoffizierschule? Da würde mich Ihre Antwort einmal interessieren.
Ich sehe die Tendenz, in einen persönlichen Schlagabtausch abzugleiten, und möchte dringend darum bitten, das zu vermeiden.
@T.Wiegold
Ich möchte keinen persönlichen Schlagabtausch. Ich habe meine Argumente vorgebracht.
Für die Bewertung was im Rahmen der Traditionspflege erlaubt und was verboten ist, ist auschließlich der gültige Traditionserlaß bindend.
Dieser erlaubt teilweise einen größeren Freiraum für den Einheitsführer als das was nun in der Öffentlichkeit von der Bundeswehrführung kritisiert wird. Hier liegt der Kern des Problemes.
Wenn der Traditionserlaß als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird, muss sich die politische und militärische Führung der Mühe unterziehen diesen zu ändern. Dann gilt er aber auch verbindlich für ALLE Bundeswehreinrichtungen. Diese Handlungssicherheit muss herbeigeführt werden. Die Truppe wird dann schon gehorchen.
Einzelfälle von Verstößen wird es allerdings immer geben.
Nach dem Traditionserlass von 1982 gibt es noch einen Erlass des GI v. 1999
Erlaß des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 19. März 1999
„Richtlinien zur Unterstützung der politisch-historischen Bildung durch militär-
geschichtliche Exponate (Sammlungen)“.
Das MGFA hat hierzu eine Handreichung im Netz
Wesentliches Zitat
Deshalb die dringende Empfehlung:
Auflösen aller fragwürdigen „Traditionsecken“ oder „Traditionsräume“, Auf-
räumen mit allen „Sammlungen“, die Mißverständnisse über „Tradition“ aus
der Zeit vor 1945 und der NVA in sich bergen und umgehend mit dem Planen
für den „Aufbau einer Militärgeschichtlichen Sammlung“ beginnen!
Damit haben wir hier mitnichten wieder eine Situation , die die Ministerin verursacht hat, sondern weiterhin das Problem, dass unten Befehle von oben nicht umgesetzt werden.
Pete
Sie irren, Sie sollten noch die Weisung des GI von 1999 dazu mit zur Kenntnis nehmen.
Deshalb die dringende Empfehlung des MGFA
Auflösen aller fragwürdigen „Traditionsecken“ oder „Traditionsräume“, Auf-
räumen mit allen „Sammlungen“, die Mißverständnisse über „Tradition“ aus
der Zeit vor 1945 und der NVA in sich bergen und umgehend mit dem Planen
für den „Aufbau einer Militärgeschichtlichen Sammlung“ beginnen!
@Auslandsdiener | 06. Mai 2017 – 13:27
„Ist ein Stahlhelm jetzt schon geeignet, als Propagandamittel eingestuft zu werden?“
Rechtlich gesehen normalerweise nicht (vor allem nicht wenn er „entnazifiziert“ wurde, so wie es eigentlich für alle Gegenstände und Bilder in den Aufenthalts- und Sozialräumen vorgeschrieben ist), aber Sie wissen ja, wie es ist, wenn die Hexenjagd im Auftrag der Leitung losgeht.
Ich habe die letzten beiden erlebt und es war nicht schön :(
@klabautermann | 06. Mai 2017 – 13:43
„Geht’s mit ein weniger Pathos ?“
Ich denke nicht.
„Oder basteln sie jetzt schon an einer Dolchstoßlegende 2.0. ?“
Bitte nicht so aggressiv!
„Urlaubsschein, du bist der schönste aller Scheine“
Ja, eines von min. drei (wunderschönen) Lieder über die Krone aller Waffen, welches gerne in der Infanterie gesungen wurde (und wird).
Uuups, ich glaube alle drei sind von vor ’55?!??!?!?
Was machen wir jetzt?
@klabautermann | 06. Mai 2017 – 14:40
„UvdL nun anzugreifen, weil sie eine Büste von J. an der MSM nicht entfernen ließ, ist so was von lächerlich.“
Wieso? Wenn wir sie an ihren eigenen Worten messen sollen, dann muss die IBuK damit klar kommen…
„Die Identitätsprobleme und der kollektive Minderwertigkeitskomplex der deutschen Jäger muß gewaltig sein. “
Ich kann ihnen versichern, dass die Kameraden Jäger weder ein Identitätsproblem haben (Infanteristen, wissen was sie sind, sie spüren und erfahren es tagtäglich im Gelände und im Einsatz), noch ein Minderwertigkeitskomplex (allerhöchsten innerhalb der Infanterie zu den beiden anderen TrGttg von denen sie hin wieder „Feuer“ bekommen ;) ).
@Pete | 06. Mai 2017 – 14:42
Grundsätzlich zustimmen, sofern sie die (bisherige) Zulässigkeit der Gegenstände und Bilder in den Besprechungs- und Sozialräumen betonen wollen.
Allerdings weise ich darauf hin, dass m.E.n. (und meiner nicht unwesentlichen Erfahrung in fast 20 Jahren in der Infanterie), die viele dieser Gegenstände Erinnerungsgaben von Abgängern waren und weder von ihrer Zielrichtung noch von ihrem Ausstelungsart in den Bereich der Traditionspflege vielen.
Man müsste sie eher in den Bereich der „Verschönerungsmaßnahmen durch truppeneigene Mittel“ eingruppieren. Das stand in irgendeiner Vorschrift über die Truppenunterkünfte und da waren die Rahmenbedingungen sogar noch weiter als in den von Ihnen erwähnten Traditionsrichtlinien.
So oder so: Sofern gewisse Regeln eingehalten wurden (keine Kriegsverbrecher, kein erkennbar abgeleiteter Anspruch auf „inhaltliche“ Kontinuität oder Tradition und keine sichtbaren verfassungsfeindlichen Symbole) waren und sind sie (bisher) zulässig.
@Georg | 06. Mai 2017 – 14:45
„Das ist genau die Dialektik des „braunen Unterstützersumpfes“ auf den sich auch das NSU-Trio 10 Jahre verlassen konnte !“
Die Mahnung von T.W. eingedenk erspare ich mir jetzt die scharfen Worte, die mir als Replik zu diesen Satz auf der Zunge liegen :(
„Deshalb verstehe ich nicht warum man als überzeugter Demokrat, als Bw-Soldat und damit Hüter und Schützer dieses freiheitlichen demokratischen Deutschlands, sich nicht gänzlich von der Erinnerung und damit von der Heroisierung sowohl Einzelner als auch der gesamten Wehrmacht distanziert !“
Weil Erinnerung an die Gefallenen zum „genetischen Erbe“ jeder Armee gehört, weil nicht von oben verordnet werden kann was gefällt und weil Einzelne auch zwischen ’33 und ’45 vorbildhaft gehandelt haben.
„Und deshalb braucht man auch als Fallschirmjäger m.M.n keine Gedenkfeier für die Gefallenen in Kreta“
Wenn wir unsere Toten vergessen, wer wird dann unser einmal Gedenken?
„Zitat: „Und um es gleich klar zu sagen, es gibt hunderte (!) solche Aufenthalts- und Sozialräume in der Bundeswehr…“
Damit bestätigen Sie genau meine Hypothese !“
Nein, damit sollten Sie vielleicht nur feststellen, dass viele Soldaten anders denken als Sie. Und Sie sollten vielleicht reflektieren, dass in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft das vorgeben und kontrollieren von Geschmack und Identität nicht die Alpha-Lösung sein sollte… (innerhalb der Grenzen der FDGO natürlich nur)
@Pete | 06. Mai 2017 – 15:39
„Für die Bewertung was im Rahmen der Traditionspflege erlaubt und was verboten ist, ist auschließlich der gültige Traditionserlaß bindend.“
Ja, allerdings muss ich nochmals betonen: die Gegenstände und Bilder in den Sozial- und Besprechungsräumen fallen überwiegend gar nicht unter Traditionspflege!!!
„Dieser erlaubt teilweise einen größeren Freiraum für den Einheitsführer als das was nun in der Öffentlichkeit von der Bundeswehrführung kritisiert wird. Hier liegt der Kern des Problemes.“
Ich denke hier wird wieder das alte Problem unserer aktuellen IBuK deutlich: sie hat die Armee nie verstanden und versteht bis heute nicht, dass sie nicht allen zentral vorgeben kann, was und wie es zu machen ist.
Sie unterschätzt hierbei zum einen die Größe und Vielfalt ihres Geschäftsbereichs massiv und würdigt zum anderen die aus der InFü abgeleiteten Freiheiten der Truppe bei den „weichen“, den „sozialen“ Themen nicht ausreichend.
Jetzt muss man ja mal vor allem sagen: diese Bilder und diese Gegenstände sind ja zumeist nicht auf Anweisung von Chefs oder Kommandeuren entstanden! Sie sind überwiegend Geschenke und Arbeiten von Dienstgraden deutlich unterhalb dieser Ebenen.
D.h. es ist eine nicht nur unter Beteiligung der Truppe, sondern vielmehr DURCH die Truppe entstandene Umgebung in der sich die Truppe „wohlfühlt“.
Solange das nicht gegen die FDGO verstößt wüsste ich nicht was dagegen durch die IBuK zu sagen wäre.
Außer vielleicht: „Männer Ihr habt vielleicht einen komischen Geschmack und es ist nicht der meinige, aber ich toleriere ihn genauso wie Ihr bitte meinen toleriert!“
@Sönke Marahrens | 06. Mai 2017 – 15:45
„Auflösen aller fragwürdigen „Traditionsecken“ oder „Traditionsräume“, Auf-
räumen mit allen „Sammlungen“, die Mißverständnisse über „Tradition“ aus
der Zeit vor 1945 und der NVA in sich bergen und umgehend mit dem Planen
für den „Aufbau einer Militärgeschichtlichen Sammlung“ beginnen!“
Absolut richtig. Diese Weisung wurde auch (soweit ich es aus mehren Verbänden und Schulen der Infanterie weiß) weitgehend umgesetzt.
Die Lehrsammlungen wurden mit großem Aufwand aufgebaut (da man hierzu immer Historiker im Nebenamt beauftragten musste).
Aber das hat nichts mit den Gegenständen und Wandmalereien zu tun.
Diese haben einfach NICHTS mit Traditionspflege zu tun.
„Damit haben wir hier mitnichten wieder eine Situation , die die Ministerin verursacht hat, sondern weiterhin das Problem, dass unten Befehle von oben nicht umgesetzt werden.“
Doch, sie versteht nicht unter welchen Regelungen und Voraussetzungen diese Gegenstände und Bilder bestehen (oder will es nicht zur Kenntnis nehmen, wenn es ihr gesagt wurde).
Und da sie öffentlichkeitswirksam A mit B verwechselt folgt jetzt natürlich die Presse (die kann es ja nun wirklich nicht besser wissen)…
Wenn wir schon das totale Aufräumen wollen, müssen wir auch bei den Verbandsabzeichen der Jägertruppe und diversen Abzeichen (Einzelkämpfer bzw. Führer e.auf sich gestellte Gruppe) weitermachen. Gem. Wikipedia:
„Die Eiche zählt schon lange als „deutscher“ Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit (vgl. etwa Irminsul). In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.
Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.
Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz.“
Das geht ja wohl gar nicht ;-). Deutsches Reich 1871 (Blut und Eisen!!), Treue (!!), Germanen (!!), etc. Und nicht die Palme beim PzGrenBtl 33 vergessen, gelle?
Hier wird viel Arbeit vor der Reinemachekomission liegen.
Ja nee, is klar. Wer keine glorifizierenden Bilder der Wehrmacht in Bw-Kasernen will, will den Deutschen auch ihre Eiche nehmen, und eigentlich die Reichsgründung rückabwickeln, oder wie?
Es wird zunehmend merkwürdig.
@T.Wiegold | 06. Mai 2017 – 17:04
„Ja nee, is klar. Wer keine glorifizierenden Bilder der Wehrmacht in Bw-Kasernen will, will den Deutschen auch ihre Eiche nehmen […] Es wird zunehmend merkwürdig.“
Vielleicht hat @mietsch es überspitzt ausgedrückt, aber das Problem hat er doch richtig angesprochen.
Bisher haben wir eine zwar komplizierte, aber saubere Trennung zwischen Tradition, Geschichte und Brauchtum und „Sozialleben“.
Und nur an die Tradition wurden die engen Richtlinien des Traditionserlasses angelegt.
Wenn wir jetzt auch bei Geschichte, Brauchtum und „Sozialleben“ diese anwenden, dann wird es wirklich haarig…
Ich nenne mal den großen Zapfenstreich.
Der kommt zwar aus dem alten Preußen, aber NICHT von den preussischen Reformern.
Deswegen ist er auch nicht traditionswürdig. Das musste er bisher auch nicht sein, da er als Brauchtum gem. aktueller Vorschriftenlage lediglich den wesentlichen Werten des GG nicht aktiv widersprechen durfte.
Wenn wir aber einen radikalen Schnitt wollen, dann geht der auch nicht mehr.
Oder das (offizielle und durch den Herrn Bundespräsidenten genehmigte!) Barettabzeichen meiner Truppengattung. Offensichtlich eine Kopie eines alten Wehrmachtsabzeichens.
Tradition? Nein! Deswegen bisher kein Problem, aber jetzt?!
@T.W
Überspitzt wollte ich aufzeigen, dass durch den von einige Kommentatoren verlangten Radikalumbruch sich nichts zum Besseren wenden wird. Wer A sagt, muss auch B sagen. Zufällig habe ich auch das Gegenteil von heroischen Wehrmachtssoldatenbildern gesehen: Ein von den Strapazen bei Stalingrad gezeichneten (im doppelten Sinne) Landser irgendwo in einem Geb. der 10.PD. Wer hier auch noch der Meinung ist, dass das ganz schrecklich kriegsverherrlichend ist und entfernt werden muss, dem ist nicht mehr zu helfen.
Verwandtes Thema:
Moltke d.Ä.
Moltke hielt bisher der „engen Prüfung“ des Traditionserlasses stand. Konnte also sowohl für Brauchtum, „Sozialleben“ als auch für Traditionszwecke verwendet werden.
Nun aber das Problem: Er ist zwar Preusse, aber keiner der Reformer (da er dafür zu jung war), wollen wir wirklich den operativ-strategischen Genius des 19. Jhdt aus der Riege der sowohl der Traditionswürdigkeit, als auch von Brauchtum und „Sozialleben“ streichen?
Und wie sieht es mit von der Marwitz aus? So von wegen Gewissen und so…
Bisher kein Problem (sowohl für Tradition, als auch für den Rest), aber eben vor ’55 und kein preußischer Reformer.
Wie sieht es mit Blücher aus.
Zwar zur Zeit der preussischen Reformer, aber keiner aus deren Kreis. Und wenn wir bei ihm eine Ausnahme machen.
Jetzt kommt eine schwierige Frage:
Wie sieht es mit den drei Ur-Ur-Enkeln von Blücher aus, drei Brüder, alle auf Kreta gefallen.
Dadurch lässt sich natürlich keine Traditionslinie zwischen der Wehrmacht und der Bundeswehr aufmachen. Aber was ist mit ihrer persönlichen Tat?
Darf man sie als Vorbilder bezeichnen?
Oder zumindest ihr Andenken in Ehren halten?
Oder wenigsten ihr Opfer beklagen?
Oder, oder, oder…
Die deutsche Geschichte ist nicht einfach, also sollten unsere Antworten auch differenziert sein (bzw. bleiben, denn bisher waren sie es).
Irgendwie erinnert mich so mancher Kommentar an meinen ( zugegeben schon einige Jahre zurückliegenden ) Kunstunterricht in der Oberstufe und die STUNDEN, die wir damit verbringen durften, der Frage nachzugehen „Was will uns der Maler mit seinem Bild sagen?“
Es kamen so viele, großenteils mit Vehemenz vorgebrachte Punkte, von denen der Künstler seinerzeit wahrscheinlich an nicht einen einzigen gedacht hat – aber gut, daß wir drüber geredet haben…
@ Koffer
Zitat:
„„Deshalb verstehe ich nicht warum man als überzeugter Demokrat, als Bw-Soldat und damit Hüter und Schützer dieses freiheitlichen demokratischen Deutschlands, sich nicht gänzlich von der Erinnerung und damit von der Heroisierung sowohl Einzelner als auch der gesamten Wehrmacht distanziert !“
Weil Erinnerung an die Gefallenen zum „genetischen Erbe“ jeder Armee gehört, weil nicht von oben verordnet werden kann was gefällt und weil Einzelne auch zwischen ’33 und ’45 vorbildhaft gehandelt haben.“
Zu meinen genetischen Erbe als Bw-Soldat gehören nicht die Gefallenen und Toten der Wehrmacht in dem Sinne, dass eine ganze Waffengattung in militärischer Gliederung wie in Altenstadt derer gedenken muss.
Den Gefallenen der Wehrmacht und den Toten des II. WK wird in Form des Totensonntags und des Volkstrauertags im November jeden Jahres gedacht. Dabei sind die toten Wehrmachtssoldaten aber Opfer und Täter während der NS-Diktatur gleichzeitig.
Im zunehmenden zeitlichen Abstand zum Geschehen verschiebt sich leider der Blick auf die historischen Tatsachen. Jeder Wehrmachtssoldat war ab 1935 auf die Person Adolf Hitlers vereidigt. Ihm zu dienen war das oberste Ziel jedes Wehrmachtssoldaten. Die Rhetorik unsere toten Helden, die tapferen Verteidiger der deutschen Heimat kann mit zunehmenden Abstand zu dem zeitlichen Geschehen von 1939 – 1945 und damit zu der Trauer der Hinterbliebenen, abnehmen.
Der gesellschaftliche Wandel in den letzten 72 Jahren lässt sich ja sehr schön an den zeitgeschichtlichen Ereignissen ablesen. Filbinger, als ehemaliger Marinerichter, konnte bis 1969 noch Ministerpräsident von Baden-Württemberg bleiben.
Oberst Werner Mölders, als Kommodore eines Jagdgeschwaders im II. WK und General der Jagdflieger, konnte bis 2004 noch als Traditionsname für ein Luffwaffengeschwader geführt werden. Dabei war auch 1972 schon klar, dass man als Oberst und Geschwaderkommodore nicht nur ein Mitläufer des NS-Regimes gewesen sein konnte, sondern ein äußerst aktiver Unterstützer des Systems. Seine angebliche Distanzierung zum Nationalsozialismus wurde bereits 1962 als Fälschung des britischen Geheimdienstes enttarnt. Seine Witwe hat auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie nicht katholisch geheiratet haben.
Ich bedauere, dass mehrere Generation von Lw-Soldaten, zu denen auch ich gehörte, diesen 28 jährigen Oberst als Vorbild in Haltung und Pflichterfüllung serviert bekommen hat. Um die Witwe von ihm ist bei jedem „Mölderianertreffen“ in den 80er Jahren ein Hype gemacht worden.
Eigentlich waren auch damals schon die Geschwaderangehörigen stolz auf ihre eigenen Leistungen und Fähigkeiten, wie den Aufbau des Geschwaders, deren durchhaltefähigen Betrieb unter widrigen Umständen im Auslandseinsatz und auf Verlegungen und auf die fliegerischen Leistungen der Piloten des Geschwaders.
Einen Wehrmachtsoberst als Vorbild hätte es schon damals in den 80er Jahren nicht mehr gebraucht.
Unvergesslich ist eine Geschwaderalarmierung zum TAC-EVAL Anfang der 80er Jahre an einem Freitagabend während eines BAP-Konzertes im benachbarten Ingolstadt. Es wurde eine kurze Durchsage von der Band gemacht und die anwesenden Geschwaderangehörige haben das Konzert verlassen, sind sofort zum Flugplatz gefahren – ganz ohne Handy, Alarmierungsplan und haben das Geschwader innerhalb von 6 Stunden einsatzbereit gemacht.
Das sind die Geschichten und Erzählstränge, die Sascha Stoltenow in seinem Bendlerblog, als Wesen einer Unternehmenskommuniktation beschreibt, aber nicht dass sich Tausende von Wehrmachtssoldaten wie Lemminge aufgrund des Befehls des Führers in einen Opfertod gestürzt haben um das deutsche Vaterland zu retten ! (was zu dem falsch ist, weil das Vaterland nie in Gefahr war ohne den Angriffskrieg auf den Rest von Europa).
Zur Erinnerung: Als im Juli 1944 Oberst Graf von Stauffenberg und verschiedene andere hohen Offiziere gegen Adolf Hitler putschten, lag die Gefallenenzahl bei 300 000 Soldaten pro Monat !
Waren dies alles Helden und Vorbilder ? Nein, es waren Opfer, sie waren Teil eines verbrecherischen Regimes und sind von ihren Vorgesetzten rücksichtslos verheizt worden, anstatt dass sie sich gegen den Wahnsinn stellten.
@Georg | 06. Mai 2017 – 17:51
Sie haben eine aus Ihrer persönlichen Sicht angemessene und (das möchte ich durchaus unterstreichen) auch stringente Sichtweise.
Dieses ist ihr gutes Recht.
Ich und andere haben eine andere.
Warum wollne Sie mir und anderen Ihre Sichtweise aufzwingen?
Ist es nicht das Wesen der Inneren Führung, dass wir beide im Rahmen der Inneren Führung unsere Meinung (im Rahmten des treuen Dienstes und der Bindung an die FGDO) haben dürfen?
Vielleicht sollte Frau Ministerin den angerichteten Flurschaden nutzen, um Selbstbild inklusive Tradition radikal neu aufzustellen.
Dann kappt doch sämtliche Verknüpfungen zur vor-republikanischen Vergangenheit und erarbeitet was Eigenes! Allein out-of-area seit 1990 sollte Material genug bieten.
Heinrich von Senden | 05. Mai 2017 – 22:49
>>Auf den Hinweis zu Steinhoff nur so viel: der hat wirklich Verdienste in und um die Bundeswehr und ihre Luftwaffe. Erich Hartmann eher nicht (siehe Wikipedia, dazu hat sich mal ein Fachmann geäußert.) Richthofen, Immelman und Boelcke sind sozusagen seit 1961 „Markennamen“, klingt fragwürdig, wird aber so verstanden und stellt keiner in Frage.<<
Sehe ich bzgl. Erich Hartmann ganz anders:
Meister seines Fachs. Bis zum letzten Kriegstag alles gegeben. Ja, erschreckend am 8.5.45 über Brünn einen abzuschiessen der bereits eine Flugvorführung zum Kriegsende macht. Nicht in die Staffel der Spezialisten (ME262) gewechselt sondern seiner Gruppe bis zum Schluss treu geblieben. Flieht auch nicht beim Zusammenbruch wie befohlen in englische Kriegsgefangenschaft. Wird von den Amis an die Russen ausgeliefert. Unmenschliche Bedingungen. Folterhaft. Heimkehr der 10.000 1955.
Zu diesem Zeitpunkt haben andere bereits erfolgreich Kontakte bei den Westmächten geknüpft, ihre Memoiren geschrieben und/oder ihre eigene Geschichte aufgeschrieben/Reinwaschung betrieben. Oder aber die amerikanische Militärforschung mit ihrem Wissen bzgl. RUS unterstützt (Strategie/Taktik etc.).
In seiner Bw-Zeit wird er als unangenehm empfunden weil u.a. zu einsatzorientiert. Da sollte man heutzutage mal drüber nachdenken.
Er hat als Einziger (?) ausdrücklich vor dem Starfighter gewarnt. Zu Recht. 300 Verluste (269 Abstürze) und 116 Tote Piloten. Ein Desaster. Steinhoff hat übrigens nur die bereits vorhandenen Vorschläge von Panitzki umgesetzt. Die wurden dem nämlich verwehrt.
Er [Hartmann] hat dann seine Konsequenzen draus gezogen.
Ich glaube in der Staffelchronik der 711 ist eine wunderschöne mehrseitige Beschreibung von Hartmann, was er von einem fliegerischen Vorgesetzten erwartet und wen es rigoros auszusortieren gilt.
Auch das sollte man mal in Bezug zur aktuellen Jetluftwaffe setzen, wo man den Eindruck bekommen könnte es handele sich um einen Familienbetrieb.Fliegerisches Führungspersonal mit 400h Einsatzflugmuster scheint auch möglich zu sein und der SOL unterliegt keiner Notengebung mehr.
Erich Hartmann hätte sowas wie der Robin Olds der Bundesluftwaffe werden können. Wenn er mit seinem Geschwader in einen Krieg gezogen wäre……
So aber wird er als einer, der nie so ganz heimisch geworden ist, in den Geschichtsblättern geführt.
Frage: Brauchen wir mehr politisch denkende Offiziere und Führungspersonal oder Fachmänner?
@Sönke Marahrens
„Sie irren, Sie sollten noch die Weisung des GI von 1999 dazu mit zur Kenntnis nehmen.“
Ich habe ja nichts dagegen, dass es auch eine Weisung des GI aus 1999 gibt. Es scheint aber so zu sein, dass die Truppe nicht sicher ist was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Und der aktuell gültige Traditionserlaß hätte von IBUK und GI (seit 7 Jahren im Amt) ja längst geändert werden können wenn er nicht mehr das widerspiegelt was gewünscht ist.
Es ist schade, dass diese Einzelfälle zu einem großen systemischen Bundeswehrproblem aufgewertet wurden ohne zuerst ein Lagebild zu erstellen um zu wissen wie der tatsächliche Zustand der Bundeswehr ist. Wie das Beispiel der Marineoffizierschule zeigt gibt es ja offensichtlich auch Bereich wo auch ehemalige Teilnehmer der Legion Condor heute noch als sinnstiftend anerkannt werden.
Die Frage stellt sich also:
Wo ist der verbindliche Maßstab für die Traditionspflege? ist es der Tradiotoserlaß? Ist es die Wesiung des GI? Ist es der persönliche Maßstab der Ministerin?
Klarstellung zwingend erforderlich. Das ist eine Leitungsaufgabe!
@Pete | 06. Mai 2017 – 19:36
„Wo ist der verbindliche Maßstab für die Traditionspflege? ist es der Tradiotoserlaß? Ist es die Wesiung des GI? Ist es der persönliche Maßstab der Ministerin?
Klarstellung zwingend erforderlich. Das ist eine Leitungsaufgabe!“
Ich muss hier widersprechen. Die bisherige Systematik in der Bundeswehr wollte allen Einheiten und Soldaten hier einen weiten Spielraum einräumen. Im Rahmen der linken und rechten Grenze sollte hier etwas aus der Truppe heraus erwachsen.
Und wenn ich das so sagen darf. Es ist ja auch…
Dies war (und ist) im Sinne einer pluralistischen Gesellschaft und der Mitbestimmung im Sinne der InFü in „weichen“ Fragen.
Ich möchte ehrlich gesagt nicht, dass die IBuK diese Freiheit einschränkt.
Denn hier gäbe es zwei Probleme:
1. Man kann sich nur schwer mit etwas emotional identifizieren, was einem aufgezwungen wird.
2. Je nach politischer Couleur der Leitung müsste man sich als Soldat alle vier Jahre an eine neue Identität gewöhnen.
Die bisherige Struktur war hier wesentlich stabiler.
Allerdings müsste die IBuK jetzt halt aufhören so zu tun, als wäre auf breiter Basis verbotenes geschehen (mal abgesehen von den tatsächlich verbotenen Einzelfällen natürlich, die müssen geahndet werden).
Es erstaunt mich schon sehr, wenn ich in der Presse lese „Neuer Eklat bei der Bundeswehr“, „Ermittler stoßen auf Raum mit Wehrmachtsdevotionalien“ u.ä.
War der Raum bisher verschollen und man hat ihn mehr oder weniger zufällig entdeckt? Oder wußte niemand von seiner Existenz ?
Oder „Soldaten in Illkirch errichten 4 Meter großes Hakenkreuz“ – das war dann nicht „errichtet“, sondern anlässlich eines Fußballspiels 2011 „gestreut“ worden.
Oder auch „Die Ermittler fotografierten die Wehrmachtsutensilien und schickten die Fotos ans BMVg“.
Irgendwie klingt das alles nach totalem Aktionismus und „Durchsuchungen“ à la Stasi oder Gestapo.
Da all diese Dinge nicht erst seit dem Jahre „vdL + 0“ entstanden sind, darf man sicher fragen, warum sie erst jetzt, im „Superwahljahr“, auftauchen und ob man ( sprich die Vorgänger der derzeitigen IBuK) vorher nie etwas Derartiges festgestellt hat.
Wobei Herr TdM doppelt drinhängt, einmal als vorheriger IBuK und dazu als derzeitiger BAMF-Verantwortlicher.
Daß Munitionsklau, Todeslisten, womöglich geplante Anschläge u.ä. „nicht gehen“, wird kaum jemand ernsthaft bestreiten wollen.
Und daß zu Unrecht bezogene Sozialleistungen zurückgefordert werden, sollte ebenfalls selbstverständlich sein ( warum aber eigentlich NUR in DIESEM Fall ?? ).
Aber aus dieser ( selbstverständlich zu ermittelnden, zu verfolgenden und zu bestrafenden )
Angelegenheit aber eine solche, in der Art und Weise völlig verkorkste, alles andere überschattende Affäre zu machen, halte ich zumindest für fragwürdig.
Wenn wir uns allgemein darüber einig sind, daß etwas Derartiges wie ’33-’45 NIE, NIE, NIE wieder geschehen darf, bin ich seht Bielefeld beruhigte, als wenn irgendwo vor der Kantine ein paar Wehrmachtshelme in einer Vitrine ausgestellt sind…
Aber:
Vielleicht sollte ich auch lieber die Bilderrahnen mit den Fotos meines Vaters und meines Onkels in Lw-/ M-Uniform verstecken und meinen Kaffee auch nicht mehr aus einer meiner Marinetassen von 1939 bzw. 1943 trinken, um ja nicht als Rechtsextremist oder WKII-Verherrlicher verdächtigt und „gemeldet“ zu werden …
[Das mit dem Stasi/Gestapo-Vergleich überdenken wir vielleicht noch mal? T.W.]
@ Koffer
Ich lasse Ihnen ihre persönliche Sichtweise auf die Einordnung von den Taten der Wehrmachtssoldaten, da Sie sich ja ganz offensichtlich mit der Geschichte und den Grenzen bzw. den Abgrenzungsvorschriften des Traditionserlasses der Bw im Detail auseinandergesetzt haben.
@ all
Vielleicht ist es an der Zeit den Traditionserlass von 1982 zu überarbeiten. Nachdem zu der damaligen Zeit ungefähr die letzten kriegsgedienten Wehrmachtsoldaten die Bw verlassen hatten kam es zu der Neuregelung 1982. Jetzt, 35 Jahre später, wäre es an der Zeit den Traditionserlass an die jetzige gesellschaftliche Realität anzupassen und an den Wertekanon unserer FDGO als Traditionselement anzupassen.
Vermutlich wird dies auch geschehen und vermutlich wird dann der endgültige Bruch mit allen Symbolen, Handlungen und Personen der Wehrmacht darin enthalten sein. Es hat lange gedauert bis die Wehrmacht auch in der Bw als verbrecherischen Institution akzeptiert war (siehe die Diskussion über die Wehrmachtsausstellung vor 20 Jahren) und jetzt ist es an der Zeit die Wehrmachtssoldaten die sowohl Täter als auch Opfer waren, ganz aus dem Traditionsverständnis und dem Traditionserlass der Bw zu streichen.
Da hilft es auch nicht, sich auf die preusischen Reformer und andere Personen der deutschen Militärgeschichte zu berufen. Dies könnte man als Ablenkungsmanöver sehen. Aus meiner Sicht gehört die Wehrmacht, ihre handelnden Soldaten, die begangenen Taten, ihre Siege, ihre Niederlagen aus einem wie auch immer gearteten Traditionsverständnis rund um die Bw und aus dem Traditionserlass der Bw getilgt.
Dann hat man eine eindeutige Regelung, Glorifizierung von soldatischen Leistungen während des II. WK darf nicht mehr stattfinden und die „Devotionaliensammlung“, besser die Sammlung von Erinnerungsstücken an die Wehrmacht, die in 60 Jahre Bw in den verschieden Aufenthaltsräume der Bw gesammelt wurden (und vermutlich liebevoll gehegt und gepflegt werden) müssten aus dem täglichen Lebensumfeld eines Bw-Soldaten im Jahr 2017 entfernt werden.
Dies hat nichts mit Bevormundung zu tun, sondern mit Corporate Identity, mit Korpsgeist, Selbstverständnis, Eigen- und Fremdwahrnehmung der Menschen in der Bw !
@Koffer
Ich kann Ihr Argument nachvollziehen, aber einen grunsätzlichen Maßstab sollte es meines Erachtens doch geben. Sonst herrscht einfach Unsicherheit was erlaubt ist und was nicht. Und dann wird es leicht der Willkür des jeweiligen Vorgesetzten überlassen.
Die ganze öffentliche Debatte zeigt ja überdeutlich, dass es zumindest einen Klarstellungsbedarf gibt, da ganz offensichtlich keine gemeinsame Basis zwischen Führung und Truppe existiert.
@Georg
„Oberst Werner Mölders, als Kommodore eines Jagdgeschwaders im II. WK und General der Jagdflieger, konnte bis 2004 noch als Traditionsname für ein Luffwaffengeschwader geführt werden. Dabei war auch 1972 schon klar, dass man als Oberst und Geschwaderkommodore nicht nur ein Mitläufer des NS-Regimes gewesen sein konnte, sondern ein äußerst aktiver Unterstützer des Systems.“
Ihre Behauptungen sind ziemlicher Unsinn und auch nicht aktueller Stand der Forschung. Mölders war weder Mitläufer, noch aktiver Unterstützer des Systems, sondern ganz einfach Soldat. Das behauptet auch niemand im Ex-MGFA (inzwischen ZMSBw), denen das damalige Gutachten zum Thema Mölders eher peinlich ist, weil hochspekulativ.
Wenn Sie sich wirklich objektiv mit diesem Thema beschäftigen wollen, dann empfehle ich ihnen das Buch „Werner Mölders: Die Biographie“ von Kurt Braatz, das die derzeit einzige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Person liefert und auch vom MGFA positiv rezipiert wurde.
Im Heft 4/14 der renommierten Zeitschriftenreihe „Militärgeschichte“ wird ihre Bewertung durch das ZMSBw ebenfalls revidiert.
[Der Ton nach dem Muster „Ihre Behauptungen sind ziemlicher Unsinn“ sind hier nicht Stand des Umgangs. Was Ihre Behauptungen angeht, warten wir mal auf die Reaktionen. T.W.]
@Georg | 06. Mai 2017 – 20:11
„Dies hat nichts mit Bevormundung zu tun, sondern mit Corporate Identity, mit Korpsgeist, Selbstverständnis, Eigen- und Fremdwahrnehmung der Menschen in der Bw !“
Aber offensichtlich hat es ja doch etwas mit Bevormundung zu tun, denn die Soldaten der Bundeswehr sind ja Individuen und möchte es halt so haben.
Wenn es also keine zwingenden Gründe (z.B. die FDGO) gibt, warum wollen Sie ihnen (und) dann Ihre Meinung aufzwingen (lassen)?!
@Pete | 06. Mai 2017 – 21:09
„Ich kann Ihr Argument nachvollziehen, aber einen grunsätzlichen Maßstab sollte es meines Erachtens doch geben. Sonst herrscht einfach Unsicherheit was erlaubt ist und was nicht.“
Aber den gibt es doch!
Der Traditionserlass von 1982 und weitere Weisungen geben die rechte und die linke Grenze vor.
Dazwischen darf man sich bewegen.
Warum sollte man über das hinaus erwachsenen Menschen ihr Denken vorgeben?
Und warum sollte man über das hinaus hinsichtlich der Sozial- und Besprechungsräume erwachsenen Menschen vorgeben was sie schön finden?
Und warum sollte man über das hinaus Abgänger vorgeben, was sie schenken dürfen?
@xyz | 06. Mai 2017 – 21:13
„Das behauptet auch niemand im Ex-MGFA (inzwischen ZMSBw), denen das damalige Gutachten zum Thema Mölders eher peinlich ist, weil hochspekulativ.“
Ohne Historiker zu sein, aber das habe ich auch andeutungsweise gehört. Man hört wohl, dass das damalige Gutachten als „politisches Auftragsgutachten“ betrachtet wird und es nicht den wissenschaftlichen Standard erfüllt, den das MGFA/ZMSBw eigentlich an sich selbst anlegt…
Aber das sind zugegebener Maßen nur Gerüchte.