Personalstärke der Bundeswehr: Jahresziel nicht erreicht
Bundeswehr und Verteidigungsministerium haben das Ziel, die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten zum Jahresende 2016 auf 170.000 anzuheben, nicht erreicht. Nach der am (heutigen) Freitag veröffentlichten Übersicht über die militärische Personalstärke der Streitkräfte stieg die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten insgesamt von 177.308 leicht auf 177.608. Die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten lag Ende Dezember 2016 zwar mit 168.342 ebenfalls über den 167.940 des Vormonats. Die im bisherigen Personalstrukturmodell vorgesehenen 170.000, die ja nach den Plänen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen um zusätzliche Soldaten aufgestockt werden sollen, wurden jedoch verfehlt.
Die Zahlen im Einzelnen, die die Bundeswehr unter dem immer gleichen Link (und deshalb ohne Vergleichszahlen) veröffentlichte:
177.608 aktive Soldaten und Soldatinnen umfasst die Bundeswehr insgesamt. Sie verteilen sich wie folgt:
Bundesministerium der Verteidigung: 967
diesem unmittelbar nachgeordnete Dienststellen: 1.449
Streitkräftebasis: 40.941
Zentraler Sanitätsdienst: 19.695
Heer: 60.303
Luftwaffe: 28.262
Marine: 16.011
Bereich Infrastruktur, Umweltschutz, Dienstleistungen: 960
Bereich Ausrüstung, Informationstechnik, Nutzung: 1.778
Bereich Personal: 7.242, davon 4.492 Studierende an den Bw-Universitäten
Die Bundeswehr umfasst aktuell 168.342 Berufs- und Zeitsoldaten und 9.266 Freiwillig Wehrdienstleistende (Durchschnitt Januar bis November: 9.651).
Zur Bundeswehr gehören 20.079 Soldatinnen.
Stand: 31. Dezember 2016
Die Vergleichszahlen:
(Archivbild Dezember 2016: Soldaten der 4. Kompanie des Jägerbataillons 292 bei der binationalen Übung Feldberg auf dem Truppenübungsplatz Bergen – Bundeswehr/Carl Schulze)
Das Ziel von 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten bis zum Jahresende hat VDL klar verfehlt mit nur 168.342 Soldaten, aber immerhin ist die Truppenstärke zum Jahresende hin gestiegen auf insgesamt 177.608 Soldaten und nicht auf einen neuen Tiefststand gefallen, wie ich mal vorhergesagt hatte.
Offensichtlich hilft es der Truppenstärke, daß die BW jetzt in jedem Monat neue FWL nimmt und nicht nur wie früher 4 Mal im Jahr. Wieviele Zeitsoldaten mit Geld für eine Dienstzeitverlängerung gewonnen wurden oder ob der Anstieg darauf beruht, daß die BW mehr Bewerber für Zeit- oder Berufssoldaten neu finden konnte. sagt diese Statistik leider nicht.
Die BW hat sich auch wieder Zeit gelassen damit die Zahlen zu aktualisieren, denn vor 2 Stunden standen noch die alten Zahlen auf der BW-HP und die Veröffentlichung ist auch wieder später als im letzten Monat.
Das Heer konnte klar zulegen, die Marinestärke, die Zahl der FWL und die Zahl der Soldatinnen sind dagegen gesunken im Vergleich zum Vormonat.
An Berufssoldaten fehlt es in jedem Fall nicht, denn die werden ja noch immer vor der besonderen Altersgrenze pensioniert oder in unbezahlten Urlaub entsendet.
Wichtig wäre zu wissen, in welchen Bereichen fehlen Soldaten in welchem Status?
Wo sind noch wieviele DPäK, welche Stellen werden noch gestrichen und welche werden neu geschaffen?
2 besonders „herausstechende“ Merkmale:
– zum ersten Mal sinkt der Frauenanteil (wenn auch marginal), seit dem die Zahlen veröffentlicht werden ist er bisher Monat für Monat gestiegen
– zum ersten Mal überhaupt konnte im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus erzielt werden (+ 539 Soldaten). Diese Zahl war bisher immer negativ
@Zimdarsen | 20. Januar 2017 – 19:54
Das immer noch Berufssoldaten gem. Reformbegleitgesetz vorzeitig entlassen werden, ist eine Tatsache. Beruht aber auf ein Versprechen der IBUK, dass einmal gemachte Zusagen auch beibehalten werden. Das Reformbegleitgesetz endet erst am 31.12.17. Daher werden die vorab gemachten Zusagen bis dahin auch umgesetzt. Persönlich habe ich noch 6 Urkunden zum 31.12.2017. vorab einer besonderen Altersgrenze, auszuhändigen.
Unter den 402 gewonnenen Zeit- und Berufssoldaten gehören auch solche, die zum 31.12.2016 vorzeitig in den Ruhestand gegangen wären, jedoch aus unterschiedlichen Gründen für 1 Jahr verlängert haben. Warum um 1 Jahr? Ganz einfach, da sie dann zum 31.12.2017 immer noch vorzeitig (z.B. mit 51 oder Offiziere mit 53 Jahren) gehen können. Diese Kameraden wurden natürlich für eine bessere Statistik gerne verlängert.
Zu Ihren Fragen in Abs. 2:
In welchen Bereichen und in welchem Status Soldaten fehlen, weiß man genau. Viel schlimmer ist jedoch, dass man der Leitung (BMVg) offensichtlich nicht sagt, dass dieses Delta an Personal nicht gewonnen werden kann. Zur Anzahl von DPÄK nur soviel; es gibt noch reichlich „Schattenbataillone“. Die Zahlen hinsichtlich Stellenstreichung oder Neuaufstellung könnte man aus ISO-Org als Fleißaufgabe unter Eingabe des Datums 01.01.2018 ersehen. Vorausgesetzt natürlich, dass alle Soll-Org der Neuausrichtung tatsächlich schon Bestand haben. Dieses ist aber nicht der Fall.
@Don Quijote
Da hat die Leitung bezgl Transparenz ja noch etwas zu tun.
Der LoA neu wird ohne einen Stop der Neuausrichtung im Bereich Pers aber auch Infra und Mat nicht funktionieren.
Vielen ist nicht klar, dass wir noch immer Personal (nicht nur Soldaten) reduzieren oder zum Verlassen der Bw (zB auf Grund von Standortschließungen) zwingen.
@Elahan | 20. Januar 2017 – 21:57
Die von Ihnen gemeinte Transparenz wird es nicht geben. Warum? Sie wäre gleichbedeutend mit einem Offenbarungseid. Obwohl dieser letztendlich mehr Nutzen als Schaden nach sich ziehen würde. (Meine Meinung). Mut und Charakter jedoch, Fehlanzeige.
Zu Absatz 2: Daher ist solch ein Blog auch so wichtig. In begrenzter Weise öffnet er die ein oder anderen Augen, auch auf der Leitungsebene. Ihr richtiger Hinweis „zum Verlassen zwingen“ wird vor dem Hintergrund fehlender Sachkenntnis auf den Kommandoebenen einiger OrgBer/TSK´s zusätzlich widersinnig. Einige getroffene Entscheidungen lösten einen Automatismus, aufgrund bestehender Tarifverträge, Gesetze o.ä. aus, der dem LoA höchstmöglich zuwiderspricht.
Der LVE für die politischen Entscheider war somit mindestens mangelhaft.
@Elahan
Da bringen Sie jetzt aber gewaltig was durcheinander. Was haben denn Hygienefaktoren wie Infra oder Ausrüstung mit Personalgewinnung zu tun? Die Bundeswehr ist ein attraktiver Arbeitgeber mit tollen Arbeitszeiten und familienorientiert. Punkt.
Wo kommen wir denn da hin, wenn wir Probleme miteinander verknüpfen und die Lösung ganzheitlich suchen….Aber da gab’s ja heute noch mehr Meldungen hinsichtlich falscher Prioritäten.
Ja, dieser Beitrag ist sarkastisch.
@Don Quijote
Nein, da liegen sie komplett falsch, denn alleine am Bsp von Rheine und Schönewalde sieht man doch das es super funktioniert und ich bin mir auch Sicher, dass das Personal aus Penzing flott in Wunstorf und FR ankommt ;-)
Wie las ich zuletzt in einem Interview vom AL Personal? Man habe das PersMgt noch nicht von Abbau auf Aufbau umschalten können. Das sei ein Paradigmenwechsel, der Zeit brauche. Gut, es wird sicherlich noch etwas brauchen, aber bis 2023 wird man sich nicht zeitlassen können…
Ich würde mal die nächsten 2 Jahre abwarten. Gefühlt hat jeder 2te in meiner ehemaligen Einheit der kurz vorm DZE stand die Wandlungsoption wahrgenommen. Das heisst ja das erstmal viele geblieben sind, die eigentlich auch die Zahlen ins Negative gezogen hätten.
@Fk70
Aufbau dauert, aber wir bräuchten nun den Stopp der Neuausrichtung.
Viele vergessen, dass es noch immer Standorte gibt welche aufgelöst werden oder noch im Besitz der BIMA sind.
Wir haben ein riesen Unterkunftsproblem in vielen Bereichen und ein Unteroffizier oder ein Angestellter, ist mit Mobilität schnell am Anschlag.
FK70 | 20. Januar 2017 – 23:28
Als Paradigmenwechsel wurde auch die Neuausrichtung tituliert. Die Folge, ein „Missmanagement Personal“.
Oder warum haben wir bereits weit vor Abschluss der Neuausrichtung (31.12.17) zu wenig Personal (PSM 185)? Der Aktionismus beweist, dass man sich darüber im Klaren ist, keine Zeit zu haben. Ändern wird es die Realitäten (z.B. fehlender Nachwuchs) jedoch nicht.
Übrigens frage ich mich auch: War nicht das Erreichen der Marke 170.000 zum 31.12.16, die Voraussetzung für Schäuble zur Genehmigung der zusätzlichen Dienstposten/Haushaltsstellen auf der Zeitachse bis 2023??
Stefan | 21. Januar 2017 – 5:32
Das sehe ich genauso. Und dann sieht es personell noch wesentlich düsterer aus.
Nach der BT Wahl sehe ich folgendes Szenario: (Mein Lösungsansatz)
1. Lagefeststellung der neuen/alten? Leitung ergibt, kein signifikanter Anstieg beim
Personal, verbunden mit den vielschichtigen Problemen beim Material und der Infra,
gegeben.
2. Priorität der Bundesregierung wird gezwungener Maßen auf die Innere Sicherheit
gelegt.
3. Argumentation für das BMVg kann dann leichtens, hin zu einem weiteren (nötigen)
Personalabbau, gelenkt werden. Die Notwendigkeit eines wesentlichen
Personalaufbaus der Polizeien wird angezeigt. Das BMI steht dann in der Pflicht.
4. Ein Gesetzgebungsverfahren dazu ist nicht mehr notwendig, da ein
Reformbegleitgesetz bereits besteht und je nach Start der Maßnahme, bis dahin nur
ruhen würde.
@ Don Quijote 9:14
Und in Fortsetzung ihres Szenarios kommt in meinem Gedankenspiel wieder ein Cut der Bw auf z.B. 150.000 oder gar 120.000 und das überzählige Personal wird vornehmlich an die hochzufahrenden Länder- und Bundespolizeien überführt. Die SaZ-Übernahme-Modellversuche in einigen Bundesländern scheinen ja sehr geräuschlos zu verlaufen.
Damit könnte sogar ein potentieller grüner oder gar linker Koalitonspartner (in welcher Konstellation auch immer) gut leben (innere Sicherheit gut, äußere Sicherheit notwendiges Übel aber doch eher kritisch –> weniger Bw eine Maßnahme für den Weltfrieden)
Bei Reduzierung von Verbänden kann man das vorhandene Material auf weniger Köpfe verteilen –> Vollausstattung ohne signifikante Investitionen
Und das „wechselnde“ Personal würde vermutlich großteils heimatnah zumindest im selben Bundesland weiterverwendet werden können –> attraktiv
Einziges Problem wird der noch immer zu große mitgeschleppte Wasserkopf an Alt-BS / StOffz sein. Aber für diesen Personenkreis neue Aufgaben und Posten im aufwachsenden Polizeikörper zu finden, sollte – wenn man denn will und ohne Vorurteile an die Sache ran geht – auch lösbar sein. Eine Durchlässigkeit zwischen Armee und Polizei funktioniert in anderen Ländern auch, warum also nicht bei uns? Insbesondere wenn Teile der Polizei etwas „robuster“ hochgefahren werden sollten.
Fux | 21. Januar 2017 – 11:08
Na, da sind wir ja schon mal Zwei.
Bei einem Abbau des „Wasserkopfes an Alt-BS/StOffz“ wird aufgrund fehlender Verwendungsmöglichkeiten, dass Reformbegleitgesetz 2.0 greifen müssen. Aber selbst bei einer angenommenen Anzahl von 10.000 bliebe noch ein gehöriges Delta für die Polizeien übrig. Ihr Stärke-Soll selbstverständlich vorausgesetzt. Der Innenminister spricht ja bereits bei der aktuellen Erhöhung der Bundespolizei um 3000 DP von einer spürbaren Entlastung des Bestandspersonals, natürlich erst in ca. 3-5 Jahren.
Ich halte 120.000 durchaus für realistisch und mit fortschreitendem Drall in Richtung „Europäischer Streitkräfte“ wird es wahrscheinlich noch zusätzliche Optionen nach Unten geben können.
Im Ausbildungs, technischen und logistischen Bereich geht die Verschiebung zur Privatwirtschaft weiter, auch da werden Soldaten immer weniger benötigt.
Bewegender Hilferuf
Krankenschwester schreibt an Merkel (siehe ntv)
Das Schreiben kann man fast zu 100% übernehmen wenn man statt Krankenschwester, Soldat setzt und anstelle von Gesundheitsreform, Neuausrichtung setzt.
Selbst in den Wasserköpfen wird der Druck in Teilen unerträglich.
„Und in Fortsetzung ihres Szenarios kommt in meinem Gedankenspiel wieder ein Cut der Bw auf z.B. 150.000 oder gar 120.000 und das überzählige Personal wird vornehmlich an die hochzufahrenden Länder- und Bundespolizeien überführt. Die SaZ-Übernahme-Modellversuche in einigen Bundesländern scheinen ja sehr geräuschlos zu verlaufen.
Damit könnte sogar ein potentieller grüner oder gar linker Koalitonspartner (in welcher Konstellation auch immer) gut leben (innere Sicherheit gut, äußere Sicherheit notwendiges Übel aber doch eher kritisch –> weniger Bw eine Maßnahme für den Weltfrieden)“
Also so wie ich das sehe deutet die politische Weltlage eher in die andere Richtung – und welche Koalition ihnen da vorschwebt mit Grünen oder Linken Koalitionspartnern erschließt sich auch nicht Recht. So wie es momentan aussieht sind die einzigen Optionen CDU-SPD oder CDU-FDP-Grüne. For Rot-Rot-Grün reicht es doch vorne und hinten nicht.
@Zimdarsen:
Ich glaube kaum das man die Arbeitsbelastung einer Krankenschwester mit der eines Soldaten gleichsetzen kann.
ht_ | 22. Januar 2017 – 0:03
„Ich glaube kaum das man die Arbeitsbelastung einer Krankenschwester mit der eines Soldaten gleichsetzen kann.“
Das unterschreib ich sofort. Die Krankenschwestern haben echt zu racken. Nicht nur phasenweise, sondern Tag um Tag. Und werden dazu noch grottenschlecht bezahlt.
Hans Schommer
@tluassa
Don Quijote 9:14 hat es in seinem Punkt 2. sehr schoen ausgefuehrt.
Wir sind im Wahljahr. Die globale Weltlage interessiert den Grossteil des deutschen Michel recht wenig, die Herausforderungen der inneren Sicherheit dagegen schon eher. Da ist das beruehmte Hemd naeher als die Hose. Aus diesem Grunde wird auch dort ein Schwerpunkt im Wahlkampf liegen, quer ueber alle Parteien.
Und ein (deutliches) „mehr“ in diesem Bereich – insbesondere, wenn kurzfristige Ergebnisse gezeigt werden muessen – geht bei begrenzten finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen nur ueber eine Verschiebung von A nach B.
Meine Bemerkungen zu Gruene oder Linke zielten allein darauf ab, dass solche Verschiebungen weg von der Bw sogar noch einfacher laufen koennten, unabhaengig von der Wahrscheinlichkeit des Eintretens moeglicher Koalitionen.
@ht_
Wer tut dies?
Der Beruf Soldat ist mit KEINEM Beruf vergleichbar denn es ist ein Status und dieser Besteht aus tausenden von unterschiedliche Tätigkeiten.
Wenn sie über das Leistungsvermögen speziell von Soldaten im Sanitätsdienst (zum Teil Pfleger und bewaffneter Kämpfer) mehr wissen wollen:
https://www.bundeswehrkarriere.de/sanitaetsdienst/pflege-therapie
Das Wasserkopf-Problem wird sich – bei beständig sinkender Gesamtstärke der Bw – in periodischen Abständen immer wieder stellen. Wen man erstmal „an der Backe hat“, behält man nun mal 40 Jahre.
Lösung A: Aufwachsen der Bw, verbunden mit klarem Schwerpunkt auf den Bereich „Truppe“, Wehrpflicht, mehr/neue Verbände, Wasserkopf schmilzt ab.
Lösung B: Stufenweise Festsetzung der Dienstzeit der BS, abhängig von Leistung und vor allem: Bedarf.
Da beides erst dann passieren wird, wenn Ostern und Weihnachten zusammenfallen, wird es bei den Problemen bleiben. Mehr Wasserkopf, weniger Streitkräfte, mehr Häuptlinge, mehr Selbstbeschäftigung…
Und inwiefern es der BPOL helfen soll, wenn sie unsere überschüssigen A9M oder A14 bekommen, würde mich mal interessieren. Dem BAMF wäre damit wohl mehr geholfen…
@ Hans Dampf
Der wird noch mehr dazu gehören… z.B.
– Steigerung der Attraktivität der unteren Dienstgradgruppen
– strikte Einhaltung der Qualifikationsebenen (Mannschafter ohne, UoP Geselle, UmP Meister)
– Delegation von Verantwortung nach unten (z.B. UmP als Zugführer)
– keine „Dienstgradinflation“ um mit höherer Besoldung Personal zu locken
– Imageverbesserung der Bundeswehr in der Gesellschaft
– Personalmanagement FÜR den Soldaten und nicht Ansicht des Soldaten als Verfügungsgut
Da sind so viele Änderungen in Denkweisen, festgefahrenen Paradigmen und eingefrorenen Strukturen gepaart mit 5-jähigen „Verschlimmbesserungsversuchen“ aka Transformation/Neuausrichtung/Reform, dass da eigentlich nur noch ein „Reboot“ hilft…
Hans Dampf | 22. Januar 2017 – 12:30
Meine etwas andere Meinung:
Die Ursache des Wasserkopf-Problems ist keines, weil wir jemanden für 40 Jahre „an der Backe“ zu haben. Sondern vielmehr ein strukturelles. Als Beispiel:
1. Dienstgradinflation (s.a. DeltaR95)
2. Zunahme der Kommando- und Ämterebenen, damit einhergehend;
a) Verantwortungsdiffusion
b) Schwächung der Truppenebene (Schlammzone)
3. Entlassung von Spezialisten, auch Mannschafter und Unteroffiziere o.P., als SaZ.
Warum keine BS Mannschafter, Unteroffiziere ohne Portepee??
4. ect…………
Bei gleichbleibender oder sinkender Gesamtstärke und gleichzeitiger Reduzierung des Wasserkopfes wird die Truppenebene in Relation sehr wohl gestärkt.
Ein Aufwuchs der Streitkräfte ist aufgrund der Demografie und der konkurrierenden Arbeitsmarktsituation a.m.S. illusorisch.
Wie ich mir grundsätzlich ein Freisetzen der „Alten“ vorstelle habe ich weiter oben bereits angeführt. Aber warum ein 42 Jahre junger Stabsfeldwebel oder Oberstleutnant die Bundes-oder Länderpolizeien nicht wirksam verstärken könnte, verstehe ich nicht.
@ DonQuijote
Sie verwechseln doch Ursache und Wirkung. Ursache ist der BS-Status. Die Anzahl an BS ist fix. Wenn die Bw reduziert wird, kann man nur „unten“ kürzen. Die „oben“ muss man dienstgradgerecht einsetzen. Das geht nur in Amt, KdoBeh und Co. Würde man den BS-Status abändern, wie z.B. in den USA, hätte man das Problem nicht. Weil es aber ist, wie es ist, wächst der Wasserkopf beständig.
Die Polizei hat ein ähnliches Problem: zu viel Verwaltung – zulasten der Straße. 50-jährige PHK (A12) mit MP5 um den Hals, begleitet vom EPHK, gibt es heute schon. Was soll da der A14er, Ex-StOffz, bringen? Den höheren Dienst zieht man lieber aus eigenem Personal – ggf. noch Juristen.
@Hans Dampf
Das stimmt so nicht, denn alle welche man auf Grund der Neuausrichtung nicht benötigt und nicht in Pension sind, sitzen auf DPäK.
Die Struktur ist eben nicht geschaffen um möglichst viele in Stäben unterzubringen.
Alle die mit der Materie vertraut sind vermissen ihr Ausbildungskomando, Waffensystemkommando und vieles mehr.
In vielen Bereichen haben wir die Stäbe und Kommandos so reduziert, dass keiner mehr Ahnung hat oder die Arbeit leisten kann.
Hans Dampf | 22. Januar 2017 – 18:30
Ursache=Schaffung neuer Kdobereiche (CIR) bei gleichbleibender/sinkender Stärke
(Aus)Wirkung= Zunahme des Wasserkopfes, Schwächung der Truppenebene
Kausalität gewahrt? Nur den Blickwinkel verschoben!
Ihre/Meine Gedanken sind ebenso=Ursache
Und zwar dann, wenn daraus Handlungen/Wirkungen erwachsen
Ich meine ja eine grundlegende strukturelle Änderung unserer SK. In geistiger wie physischer Weise.
@Don Quijote
Ja, Schaffung neuer Kdo gibt neue Wasserköpfe.
Das würde ja heißen, das CIR der Grund für den Wasserkopf ist. Ja, das ist dienstgradgeschwängert. Aber den Wasserkopf als Problem gibt es schon deutlich vor CIR und Co., seit Ende des kalten Krieges und der in Teilen massiven Reduzierung der Truppenstärke.
Ich stelle BS für eine TrG mit x Btl ein. Nun hat die TrG x-?? Btl. Die BS aber bleiben. Die Generale auch. Da liegt nahe, was man schaffen muss, um diese Klientel zu beschäftigen/begründen. Deswegen muss es das Ziel sein, die Truppe an das vorhandene Potential an Dienstgraden anzupassen (u.a. Wiedereinführung der Wehrpflicht) – oder die BS an die Truppenstärke (deutliche Flexibilisierung nach USA/GBR-Modell). Goldener Handschlag alle 10 Jahren kann nicht die Lösung sein.
@ Zimdarsen
Eine Struktur mit tausenden DPÄK, ohne Begründung, ginge niemals durch. Die Masse derer „über den Durst“ sitzen auf regulären Dienstposten. Man wird sie nicht los. Schauen Sie sich doch mal, wie fett Bataillonsstäbe geworden sind – oder selbst die Führung der Einheiten. Es ist aberwitzig. Ja, moderne Armeen sind dienstgradlastiger als früher, aber das ist nicht der Hauptgrund für den Wasserkopf.
@DeltaR95 | 22. Januar 2017 – 17:18
Grundsätzlich +1
Besonders hinsichtlich folgender Aussagen:
„– strikte Einhaltung der Qualifikationsebenen (Mannschafter ohne, UoP Geselle, UmP Meister)
– keine „Dienstgradinflation“ um mit höherer Besoldung Personal zu locken“
Aber ein Hinweis und ein Widerspruch:
„– Delegation von Verantwortung nach unten (z.B. UmP als Zugführer)“
–> ist heute bereits so, muss man nicht erst einführen
„– Personalmanagement FÜR den Soldaten und nicht Ansicht des Soldaten als Verfügungsgut“
Naja, Personalmanagement hat immer das Ziel für den Dienstherren zu sein. Das ist seine Aufgabe. Wenn es dabei aber auch die (berechtigten) Bedürfnisse der Soldaten (gebührend) berücksichtigt. Ist das natürlich nicht schädlich ;) Ganz im Gegenteil: es führt zu höherer Motivation und nützt dadurch dem Dienstherren wieder. Aber Ausgangspunkt der Personalführung sind die Bedürfnisse des Dienstherren. Nichts anderes…
@Hans Dampf | 22. Januar 2017 – 20:54
„Das würde ja heißen, das CIR der Grund für den Wasserkopf ist. Ja, das ist dienstgradgeschwängert. Aber den Wasserkopf als Problem gibt es schon deutlich vor CIR und Co., seit Ende des kalten Krieges und der in Teilen massiven Reduzierung der Truppenstärke.“
Stimmt, aber CIR verdeutlicht und verschlimmert das Problem (u.a. wird die KdoEbene schlicht verdoppelt (übrigens nicht nur auf der Sterne-Ebene, sondern komplett!) :(
Die Begründung für die Wehrpflicht ist Beschäftigungsmaßnahme für BS.
Wären da einige Bataillone wo die Gruppenführer Oberstleutnante wären nicht sinnvoller?
@Hans Dampf
In den genehmigten Strukturen sind keine DPäK vorgesehen.
Die tausenden DPÄK sind on Top und außerhalb der SollOrg.
@ ThoDan
Eben nicht! Ein Oberstleutnant A15 wäre wieder BtlKdr statt wer weiß was in Amt/KdoBeh/… etc. pp. Der StFw wieder KpTrpFhr.
Oder, ich wiederhole mich: Betrachtung, wie viele Oberstleutnant brauche ich, SP Truppe. So viele behalten wir. Der Rest geht nach Hause. Oder zur BPOL. Oder zum BAMF.
Wie auch immer. Die Anzahl der BS der Berechnungsgrundlage 1998 mag im Jahr 2018 immer noch hinhauen – ist aber sehr unwahrscheinlich nach drei Strukturreformen. Das ist doch logisch, dass da etwas nicht hinhauen kann.
@ Tho Dan
Sie haben das Ironietag vergessen !
@ all
Bevor wir hier über die angeblich viel zu vielen Berufssoldaten immer wieder diskutieren, sollten wir mal mit etwas Abstand die Situation der Bw der letzten 25 Jahre betrachten.
Wir haben seit 1990 fünf oder sechs Reduzierungsrunden durchgemacht, die fast alle von dem Ziel HH-Mittel einzusparen getrieben waren. Jenseits aller schöner Worte sind bei jeder Reform ein gewisser Anteil von Hauptwaffensystemen abgeschafft worden.
Für die Lw sind bei jeder Reform ein bis zwei Geschwader mit ca. 33 – 40 Flugzeugen und ca. 1500 bis 2000 Mann eingespart worden. So ein Geschwader hat ca. 1 Mrd DM bzw nach heutiger Rechnung zwischen 500 – 1000 Mio Euro Betriebskosten pro Jahr verursacht. Dies war ein unmittelbarer Einsparerfolg, der kurzfristig innerhalb von 1 – 2 Jahren nach dem Beschluss zur Reduzierung erreicht werden konnte.
Ich nehme an, dass dies auch beim Heer mit der Artillerie und den Panzerverbänden so gemacht wurde. Die Marine mit der Reduzierung der Schnellboote, der Ausphasung der Zerstörer, der drastischen Reduzierung von den U-Booten, der Minenjäger und Minenleger dürfte es ähnlich hart erwischt haben.
An neuen Schiffen kam nur was industriepolitsch für die norddeutschen Werften unbedingt notwendig war. Bei der Lw kam als neues Projekt der Eurofighter und der A400M. Auch hier war es nicht der abgeleitete militärische Bedarf sondern die Sicherstellung einer industriellen Mindestkapazität in der deutschen Rüstungsindustrie.
2004 kam dann der Slogan „Breite vor Tiefe“, mit der man von jeder Waffengattung nur noch Restbestände erhalten wollte inklusive dem damit notwendigen Fachpersonal, in der Regel längerfristige Zeit- und Berufssoldaten, als Wissensträger für die Nachwelt um relativ kurzfristig wieder einen Aufwuchs der Waffengattung zu ermöglichen ( 1 – 5 Jahre).
Zeitgleich sind mit jeder Reform über ein Personalstärkegesetz „überflüssige“ Berufssoldaten abgebaut worden.
Heute haben wir nicht das Problem, dass wir zu viele Berufssoldaten haben und wir deshalb die meist höheren Dienstgrade in Stäben beschäftigen müssen, sondern wir haben zu wenig Basis, zu wenig Truppe und zwar aus einem einzigen Grund :
Truppe ist wegen der materiellen Ausstattung, des notwendigen Übungsbetriebes, der notwendigen Infrastruktur wie Übungsplätze für Panzer, Lfz usw, mit oftmals notwendiger Spezialausstattung wie Werkstätten, Materiallager, Betriebstoffbevorratung usw. wesentlich t e u r e r als Kdo-Behörden und Stäbe. Da braucht man nur ein Bürogebäude und einen vernetzten PC. Schon kann der Stabstäter arbeiten.
Deshalb haben wir zu angeblich zu viel Stäbe und zu wenig Truppe. Wobei auch zu berücksichtigen ist, ob ein Stab 3 oder 5 unterstellte Verbände zu führen hat, ist für die Personalstärke des Stabe relativ unwichtig. Deshalb ergibt sich bei weniger Truppe immer proportional zu viel Stab in der Betrachtung von außen!
Ich kann mich daher nur @ Zimdarsen oben anschließen
Zitat:
„Alle die mit der Materie vertraut sind vermissen ihr Ausbildungskomando, Waffensystemkommando und vieles mehr. [ Gemeint war der Org-Bereich Lw ]
In vielen Bereichen haben wir die Stäbe und Kommandos so reduziert, dass keiner mehr Ahnung hat oder die Arbeit leisten kann.“
Genauso ist es, wir haben eben nicht zu viele fachlich versierte, erfahrene Soldaten sondern zu Wenige auch als Berufssoldat, die ein Berufsleben lang als Spezialist in einem bestimmten Fachbereich groß geworden und aufgewachsen sind, wie Sanitäter, Lfz-Techniker, Schiffstechniker, Pioniere, IT-Fachleute usw.
Das sind die Leute, die nach 20 Berufsjahren eine bestimmte Anforderung der Politik planerisch einfach abarbeiten können oder auch mit Nachdruck sagen können – so funktioniert das nicht !
@ Georg
Das ist nicht funktioniert ist doch offensichtlich, so offensichtlich, dass selbst die durch compliance mundverkleisterten Fachleute es nicht mehr stammeln müssen.
Sehr interessante Diskussion !
Tatsächlich gibt es ein kleines „window of opportunity“ vor der Wahl – um die im Weißbuch beschriebenen Herausforderungen in Aufgaben, Strukturen und ggfs. Verfahren umzusetzen.
Dieses „Fenster der Möglichkeiten“ schließt sich m.E. mit der Herausgabe der Konzeption der Bundeswehr im Sommer. Wenn dort keine (neuen?) tragfähigen Ansätze gefunden werden und kein brauchbarer „Level of Ambition“ hinsichtlich (Personal-)Umfang, Struktur und Einsatzfähigkeit (auch zu Alarmwesen, Kräfte-Aufwuchs und zum Europäischen Weg) dargelegt wird – dann bleibt „alles beim Alten“.
Bin mal gespannt wie mutig wir sind.
Zitat @Georg: „Für die Lw sind bei jeder Reform ein bis zwei Geschwader mit ca. 33 – 40 Flugzeugen und ca. 1500 bis 2000 Mann eingespart worden.“
Vergessen Sie bitte nicht die beiden Jet-Geschwader der Marine. Hätte man nur das MFG2 (einst „Nr. 1 in NATO“) erhalten, würde die Diskussion über ASuW hier in einem anderen Faden ganz anders laufen oder auch gar nicht stattfinden.
Ja ich weiß, hätte hätte Fahradkette, aber der Vollständigkeit halber finde ich das schon erwähnenswert.
@Dran.Drauf.Drueber
Wer glaubt, dass unsere Politik noch kurz VOR der Wahl (nicht vergessen es gibt auch noch ein paar Landtagswahlen zwischendrin –> Standortdiskussion???) eine Debatte ueber Personal(umfang), Strukturen oder Einsatzfaehigkeit der Bundeswehr anstossen wird – auf das sich abzeichnende Wahlkampfthema „innere Sicherheit“ hatte ich bereits verwiesen – glaubt auch, dass Zitronenfalter, Zitronen falten :-)
Nachher ist das viel einfacher, insbesondere, wenn es wie von Don Quijote und mir vermutet, eher in Richtung Reduzierung gehen wird, um die „Wahlversprechen“ zur inneren Sicherheit zuegig in Ergebnisse umzusetzen.
Vielleicht fliegen gerade deshalb die ganzen Zitronenfalter derzeit um Unsere politische Leitung herum?
@ Georg:
Dass „Truppe“ ob der Ausrüstung und des Betriebs/MatErhalt mehr Geld kostet, als Stäbe etc, ist ja eine Binse. Das wird ja nie anders gewesen sein. Was aber anders war – und da sind wir bei der fast schon historischen Betrachtung – ist die von 1955 bis 1989 beständig steigende bzw. konstante Truppenstärke von 495.000 Soldaten. Insofern war der Bedarf an Berufsoldaten recht vorhersehbar und änderte sich jahrzehntelang nicht weltbewegend. Insofern: BS-Status unkritisch.
Wenn aber heute „die Politik“ z.B. sagt: Wir reduzieren die Bundeswehr von 252.000 Soldaten auf 180.000, dann haben Sie eine Größe, von der sie nicht so ohne Weiteres runterkommen: Das sind die Berufsoldaten (StOffz, StFw +). Von den Zeitsoldaten kommen Sie, je nach Laufbahn, auch nicht so schnell weg (Offz/Fw-Laufbahn, Verpflichtungszeit 12/13 Jahre). Wovon Sie aber recht schnell wegkommen, sind FWDL und SaZ, kurz (i.d.R. Msch und Uffz o.P.). Wenn dann noch Geld gespart werden soll, was ja ohnehin der Grund für die Reduzierung ist, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Man spart „unten“ Personal – und damit Truppe, also Ausrüstung, Betrieb etc. pp. Gleichwohl muss man diejenigen, die schlichtweg da sind, auch beschäftigen/begründen. Also wächst und gedeiht der Wasserkopf. Natürlich generiert sich der Wasserkopf seinen Bedarf an BS. Insofern gebe ich Ihnen recht: man kann nicht per se sagen, man hat dann zu viele BS, weil es die Stellen ja gibt. Aber es gibt sie an der falschen Stelle.
Man müsste also eine Radikalkur durchführen. Entscheiden, wie groß soll die Bw sein, was soll sie können, wie viele Verbände brauchen wir. Was brauchen wir, um diese Verbände zu führen, auszubilden etc. pp. Im besten Fall kommt man dann zu einer Struktur Truppe + Stäbe etc. – nicht wie heute umgekehrt.
Wer dann „zu viel“ ist: Goldener Handschlag, der auch seinen Namen verdient. Für die neuen: Kein unbegrenzter BS-Status mehr, damit man eben dieses Problem nicht eines Tages wieder hat.
Die Anzahl der Berufssoldaten wurde bei der Neuausrichtung reduziert.
In welchem Bereich der SollOrg haben wir zuviel BS?
Die selben welche fordern bis zur allgemeinen Altersgrenze zu dienen, behaupten nun, dass wir BS abbauen müssen, weil sie zu alt sind!
Das geht an der Wirklichkeit vorbei. Wenn SaZ so attraktiv wäre, könnten wir uns vor Nachwuchs nicht retten. Wo ist das Problem?
Top ausgebildete Fachleute werden im besten Alter (30er) entlassen und in ihren Verwenungen sind sie bis 62 nicht zu halten. Genau deshalb gab es die besondere Altersgrenze. Wenn ein BS (Fachmann auf seinem Gebiet) mit 50 zum BMI muss, hhat er keine Freude und die Kollegen beim BMI auch nicht (wollen ja auch was werden).
Diese tollen Vorschläge hier sind alle nicht zu Ende gedacht.
Hans Dampf | 23. Januar 2017 – 10:31
Danke. 100 % Zustimmung.
Hoffentlich liest hier einer für die Leitung mit.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Wie soll denn diese „goldene Handschlag“ aussehen? Ein 30 jähriger BS bekommt seinen Sold als Sofortrente bis zum Pensionsalter und danach normale Pension?
Oder gibt es das 10fache vom letzten Gehalt und eine Dankesurkunde für treues Dienen?
Mit der Ernennung zum BS geht der Staat ein besonderes Verhältnis mit seinen Soldaten ein dazu gehört auch das Versprechen ihn bis zu einem Datum X( in den letzten Jahren ja offenbar immer länger) zu beschäftigen und zu alimentieren, wenn dieses Versprechen von Seiten des Staates aufgekündigt wird führt das mMn. zu einem so erheblichen Vertrauensbruch das sich auch Neueinsteiger fragen werden was denn Versprechen dieses Dienstherren wert sind. Dieses führt bestimmt nicht zu mehr neuen Einsteigern.
Ich gebe Recht das der Wasserkopf recht groß ist, nur sind daran nicht die Mitglieder selbiges Schuld sondern die Entscheidungen der Politik in den letzten Jahren.
Also Vorsicht mit dem Wunsch jemand aus der politischen Ebene möge hier mitlesen und auf Basis dessen entscheiden.
@IstEgal
Der Teufel liegt wie häufig im Detail.
Und auch ich bin „entsetzt“ über die teilweise einseitige Vertragsverschlechterung durch den „Dienstherren.“ Es gibt aber auch viele positive Aspekte (Aufstiegsmöglichkeiten, Höhergruppierung,etc.) die auch erwähnenswert sind.
Allerdings hat die Medaille ja bekanntlich zwei Seiten, d.h. der Dienstherr muss seine Interessen sehen und zukünftige Einstellungsmodelle prüfen. Hier wird es Flexibilität von beiden Seiten geben müssen. Attraktivität – ja natürlich, aber der Auftrag muss eben weiterhin Vorrang haben. Ich weiß. eine Binse (- aber eine wichtige :-)).
Ich sehe die Beiträge hier von jeher eher als freie Diskussion und zur Anregung von weiterführenden Gedanken. Die Frage die für mich immer offen bleibt- sind Unsere Entscheidungsträger umfassend informiert was die Vielzahl von Handlungsalternativen betrifft – und werden sie fair beraten?
@ IstEgal:
Diese „Goldenen Handschläge“ gab es doch schon mal – das ist ja nicht meine Idee.
Ich meinte mit „Goldener Handschlag, der seinen Namen verdient“, dass es sich für den Betroffenen auch (monetär) rechnen muss – und nicht, dass man schon nach fünf Minuten einfacher Multiplikation herausbekommt, dass es sich vielleicht für den Dienstherrn, aber sicher nicht für den Soldaten rechnet. Insofern müsste es in die Richtung gehen, die Sie beschrieben haben. Und so ähnlich sah das Anfang der 80er unter dem Begriff „Frühverrentung“ auch für den normalen Arbeiter aus.
Sie haben ja vollkommen recht, was das gegenseitige Treueverhältnis anbetrifft. Aber wir können ja nicht mit dem Umbau warten, bis auch der letzte „Alte“ regulär ausgeschieden ist – und uns zwischenzeitlich wieder die nächste Reform ereilt hat.
Vielleicht mal zum Amüsement zwei, drei Zahlen: 1989 gab es in der Bw 495.000 Soldaten, im Heer drei Korpsstäbe (ohne JANDJUT) und über 80 Artilleriebataillone. Im Jahr des Heils 2005 gab es grob 252.000 Soldaten und von diesen drei Korpsstäben gab es immer noch drei. Zum Teil umbenannt, verlegt und personell teils deutlich aufgestockt, aber es gibt sie noch. Von den über 80 Artilleriebataillonen gab es zu der Zeit noch sechs – ok, früher waren die Bataillone personell nicht so stark, also sagen wir mal bereinigt acht. Was den Kohl auch nicht fett macht. Also, Personal insgesamt halbiert, Artillerie (und z.B. PzTr auch) um 90% reduziert. 2017 sieht es nicht wesentlich besser aus. Da muss sich etwas tun. Ein Bauunternehmen, das derart strukturiert ist wie die Bw, würde keinen Monat auf dem Markt überleben.
P.S. Ich bin selbst BS und StOffz und werde in einigen Jahren selbst „zu den alten Säcken“ gehören. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich etwas tun muss. Man kann natürlich auch sagen: Die Politik will, dass in der Bw 170.000 Soldaten in Lohn und Brot gehalten werden. Wie das en Detail aussieht, ist uns egal. Aber die Zahl muss stimmen. Das kann es aber ja nicht sein.
@ Hans Dampf und andere
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, nicht die Anzahl der Berufssoldaten ist unser Problem, bzw. das der Bw, sondern das immense Fehl an Truppe, also auch an jüngeren Jahrgängen in den Kampfverbänden.
Das Problem der BS regelt sich am Ende der geburtenstarken Jahrgänge (bis 1965) von alleine. Das des Nachwuchses jedoch nicht.
Wir sind momentan in einem Übergangsstadium wo noch nicht klar ist in welche Richtung die Bw sich weiterentwickeln wird. Die vorhandene höhere Quote an BS ist wie bei der 100000 Mann Armee der Weimarer Republik eine Kadertruppe, die einen potentiellen Aufwuchs mit den älteren Dienstgraden (StFw bis OTL) als Ausbilder für den Aufwuchs ermöglicht (gemeint ist nicht die Grundausbildung sondern die Fachtätigkeiten).
Neben den Soldaten in relativen „Allgemeinfunktionen“ gibt es jedoch Spezialisten von denen wir heute schon zu Wenige haben. Diese Spezialisten sehe ich in der Dienstgradstruktur von StFw bis Hptm milFD. Aktuelles Beispiel aus einem Bw-Video aus Mali, der Lfz-Technische Offz , der den Inst-Zug für die Heron leitet, war ein OLt milFD. Ein BS und sicherlich haben wir von seiner Verwendung und Dienstgrad nicht zu viele in der Bw. Wie ich weiter oben schon geschildert habe, zählen dazu aus meiner Sicht alle technischen Offiziere und Fw-Dienstgrade in Heer, Lw und Marine, die Sanitäter (Einsatzbelastung), die Pioniere, die IT-ler usw.
Ich möchte eindringlich davor warnen, hier den Eindruck aufkommen zu lassen diese BS wären eigentlich über den Durst und stellen das Problem für eine einsatzfähige Bundeswehr dar !
DAS Problem bei Spezialisten ist es, dass sie nicht auf Bäumen wachsen, sondern in einem soliden Verwendungsaufbau über Jahre und Jahrzehnte hinweg im eigenen Bereich gezogen werden müssen. Von der Illusion alle Spezialisten wären marktverfügbar hat sich auch die Industrie schon verabschiedet und bildet wieder eigene Leute aus und hält sie nach Möglichkeit über Jahrzehnte in der Firma.
Für die Bw ist festzustellen, dass aufgrund der Demografie und des allgemeinen schlechten Images des Dienstes in der Bw, die Spezialisten, auch die als Berufssoldaten, die wir durch politische Maßnahmen heute vergraulen (siehe Hubschraubertechniker in Rheine, Roth und anderswo) wir nie, nie mehr wieder in diese Armee bekommen werden.
Deshalb rate ich zur Vorsicht mit der Aussage, „wir haben zu viele Berufssoldaten“, da muss man schon genau hinschauen und genau unterscheiden.
@ Georg:
Ich glaube, wir kommen nicht überein. Sie sehen es aus Sicht des Fachdienstes. Vom Fachdienst auf den Truppendienst zu schließen halte ich für ebenso falsch wie umgekehrt. Wenn wir uns aber darin einig sind, dass es zu wenig „Truppe“, gemessen an der Gesamtstärke bzw. im Vergleich zu Ämtern, Stäben und Co. gibt, dann ist das ja schon mal gut. Weshalb ich den Zusammenhang zwischen BS und Wasserkopf, vor dem Hintergrund beständig absinkender Personalstärke, sehe, habe ich ja versucht darzustellen.
Natürlich haben wir (viel) zuviele BS und das auch noch an der falschen Stelle.
Es geht hier doch nicht um die Spezialisten BS z.B. in der Inst oder in den fliegenden Verbänden. Davon sind sicherlich viele vollkommen berechtigt.
Es geht um die tausende und abertausende im Wasserkopf! Das sind keine drigendn benötigten Spezialisten. Ganz im Gegenteil, häufig hat man die Dienststellen ja nur geschaffen (bzw. erhalten) um die StFw+ und Oberstlt unterzubringen.
Ich sage hier mal ULM, erhebliche Teile KÖLN (BAPersBw), signifikante Teile KÖLN (AHEntwg), signifikante Teile WAHN, große Teile BONN etc. etc.
Von einigen Seiten wird immer so getan, als hätten wir nicht genügend Spezialisten BS. Darüber kann man sich streiten (ich persönliche sehe auch da Optimierungspotenzial), aber selbst wenn das so wäre, dann könnten wir bei den Verwalter-BS ohne Schwitzen von heute auf morgen 5.000 bis 10.000 einsparen. M.e.n. sogar noch mit Bürokratieabbau und damit zum Nutzen der Truppe und der Schlagkraft…
@Dran.Drauf.Drüber | 23. Januar 2017 – 13:17
„Und auch ich bin „entsetzt“ über die teilweise einseitige Vertragsverschlechterung durch den „Dienstherren.“ Es gibt aber auch viele positive Aspekte (Aufstiegsmöglichkeiten, Höhergruppierung,etc.) die auch erwähnenswert sind.“
So zum einen, als auch zum anderen: inhaltlich +1
Allerdings Widerspruch in der Wortwahl: Es gibt für Soldaten keine „Vertragsverschlechterung“ wir sind ausschließlich durch Treue, Eid und Gesetz gebunden, nicht durch einen „Vertrag“.
„Attraktivität – ja natürlich, aber der Auftrag muss eben weiterhin Vorrang haben. Ich weiß. eine Binse (- aber eine wichtige :-)).“
Auch hier wieder (und diesmal uneingeschränkt in beiden Punkten!): +1
@Georg | 23. Januar 2017 – 14:28
„Das Problem der BS regelt sich am Ende der geburtenstarken Jahrgänge (bis 1965) von alleine.“
Normalerweise hätten Sie recht. In der Wehrverwaltung geht es damit auch in ca. 5. Jahren los…
Bei den SK ist es aber (leider) nicht so. Auch hier steckt (wieder einmal) der Teufel im Detail :(
Durch das „Unterbringen“ der aktuellen „Wasserkopf-BS“ mussten Strukturen geschaffen werden (die wenigsten sitzen ja auf DPäK). Dies wiederum schafft Bedarf. Dies wiederum führt dazu, dass neue BS ernannt werden und dies wiederum führt zu einem fortdauernden Problem. Wenn man nicht endlich das Problem als solches anerkennt und die Strukturen ändert und viele BS-DP „auslaufen“ lässt…
Wir schicken 50+ in den Einsatz, und die Jungen die alle desillusioniert gehen wollen duerfen nicht frueher gehen aufgrund der Zahl 170000, rausgehen werden sie aber trotzdem. Ich sehe schwarz in meinem Fachbereich. Nachwuchs gibts naemlich auch kaum.