Afghanistan: Taliban-Angriff auf Kundus (Updates)

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Die nordafghanische Stadt Kundus ist seit dem (gestrigen) Sonntagabend und am heutigen Montag  erneut Ziel eines Angriffs der Taliban. In zahlreichen Videos auf sozialen Netzwerken (eine Auswahl hier) versuchten die Aufständischen zu belegen, dass sie – wie schon vor einem Jahr – eine weitgehende Kontrolle über die wichtige Provinzstadt errungen haben. Von Seiten der NATO, sowohl von der Mission Resolute Support als auch aus Bundeswehrkreisen, hieß es dagegen am Montag, die afghanischen Sicherheitskräfte hätten überwiegend die Kontrolle.

Aus der Zusammenfassung von Reuters:

Afghan forces fought to regain control of the northern city of Kunduz on Monday after Taliban fighters pushed into the centre of the provincial capital they had briefly captured almost exactly a year ago in their biggest success in 15 years of war. (…)By late evening, officials said government forces had taken back a central square that the insurgents had occupied during the day but fighting was still going on in areas near the police headquarters, the governor’s compound and National Directorate of Security headquarters.

Eine Video-Zusammenfassung der Taliban:


(Direktlink: https://youtu.be/1zOV3lURd2c)

Aus Bundeswehrkreisen hieß es am Montag, die Stadt sei von vermutlich rund 150 Taliban-Kämpfern aus allen Richtungen angegriffen worden; die afghanischen Sicherheitskräfte in der Stadt seien in Feuerkämpfe verwickelt worden. Seit Montagmittag hätten aber die Regierungskräfte zunehmend die Kontrolle. Das deutsch befehligte Regionalkommando (Train-Advise-Assist Command North, TAAC-N) der NATO-Mission Resolute Support habe unter anderem den Transport von Soldaten und Material von Masar-i-Scharif mit Mi-17-Hubschraubern nach Kundus organisiert; zudem ist weiterhin ein Beratungsteam der Bundeswehr im Camp Pamir bei Kundus stationiert.

Resolute Support selbst erklärte zur Lage, die Afghanen selbst würden auf  Taliban-Aktivität in Kundus reagieren; die USA [sic] hätten zahlreiche Möglichkeiten zur Unterstützung in der Region:

Die BBC veröffentlichte ein Telefonat mit einer jungen Afghanin in Kundus, die sich vor den Taliban mit ihrer Familie im Keller ihres Hauses verschanzt hat.

Zu den Taliban-Videos, die die ungehinderte Bewegung der Aufständischen in der Stadt zeigen sollen (aber nicht zu verifizieren sind), gab es zunächst keinen Kommentar; auch nicht zu dem Video, dass die Flagge der Taliban über einem zentralen Platz in der Stadt zeigt (Foto oben).

Die Lage bleibt unübersichtlich; der afghanische Sender TOLO News hatte am Montagabend (afghanischer Ortszeit) weitere Erfolge der Aufständischen gemeldet:

auch aus der Nachbarprovinz Baghlan:

Local officials in Baghlan on Monday said scores of Taliban militants launched a coordinated attack on parts of the province late Sunday night, including provincial capital Pul-e-Khumri city.
Officer‎ in-charge at Baghlan police headquarters, Amin Gul Husainkhail, said intense fighting between government forces and the Taliban has broken out in the area and the militants have blocked Baghlan-Kunduz Highway.
„Conflicts are ongoing in parts of Baghlan, but the security forces have inflicted heavy losses to Taliban. We are trying to eliminate them. We have cleared several villages. Taliban’s attack on Baghlan has failed,“ Husainkhail said.

Neben den Angriffen im Norden des Landes müssen die afghanischen Sicherheitskräfte auch mit Aktionen der Taliban in der Provinz Helmand im Süden fertigwerden:

Taliban Seize Helmand’s Nawa District As Leaders Leave For Brussels

Nachtrag: Das hatte ich zunächst übersehen: Aussagen von Brigadegeneral Hartmut Renk aus Kundus, bei tagesschau.de:

Brigadegeneral Hartmut Renk ist der Kommandeur der deutschen Einheiten in Nordafghanistan. „Wir haben Kämpfe an allen vier Stadträndern. Wir haben aber auch eine kleine Gruppe in der Stadt“, sagte er. In der Gesamtzahl handle es sich bei den Taliban-Kämpfern um eine kleine Gruppe, aber „die geht in Zwei- oder Drei-Mann-Formationen“ vor. Die Taliban sind laut Renk nur leichtbewaffnet und dadurch extrem mobil. Die Gesamtlage in der Stadt würden sie zwar nicht gefährden, aber „sie verbreiten in der Bevölkerung Angst und Schrecken“. Dem zu begegnen sei unglaublich schwer.

(Foto: Screenshot aus einem Taliban-Video, via Twitter)