Trotz geplanter Haushaltssteigerung: Kein Geld für neue Rüstungsprojekte? (Nachtrag: BMVg)
Trotz der geplanten Steigerungen im Verteidigungshaushalt um zehn Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 wird das Geld nach einer internen Einschätzung des Verteidigungsministeriums nicht für die bereits vorgesehenen Rüstungsprojekte ausreichen. Das berichtet die Bild-Zeitung (Samstagausgabe) unter Berufung auf ein Papier aus der Haushaltsabteilung.
Unter anderem seien weder die geplanten zusätzlichen 100 Leopard-Kampfpanzer möglich noch der planmäßige Beginn der Investitionen in das neue Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS). Im kommenden Jahr würden die zusätzlich vorgesehenen 1,7 Milliarden Euro nicht für die nötigen Ausgaben in Informationstechnik und den Erhalt des vorhandenen Materials ausreichen.
Nicht in der gedruckten Bild-Ausgabe, aber wohl in einer Vorabmeldung dazu wird die Haushaltsabteilung des Verteidigungsministeriums mit dem Satz zitiert: Die Trendwende Rüstungsinvestitionen wird damit zunächst aufgegeben, wie tagesschau.de berichtet. Diese Aussage, wenn sie tatsächlich ministeriumsintern so in eine Stellungnahme der für die Finanzen zuständigen Abteilung geschrieben wurde, ist pikant – denn genau diese Trendwende hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Januar angekündigt. Um die beabsichtigten Projekte zu realisieren, wären bis 2020 weitere sieben Milliarden Euro erforderlich, heißt es in dem Zeitungsbericht.
Nachtrag: Auf Anfrage von Augen geradeaus! wies ein Sprecher des Verteidigungsministeriums die Schlussfolgerungen des Blattes zurück. Es könne sich allenfalls um ein internes Papier handeln, aber nicht um eine Entscheidungsgrundlage im Wehrressort, zumal die Haushaltsverhandlungen und -aufstellung noch andauerten. Mit dem Eckwertebeschluss zum Haushalt 2017 und der mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten Jahre sei die angekündigte Trendwende eingeleitet. Zu den Detailaussagen im zitierten Papier aus der Haushaltsabteilung wollte der Sprecher nicht Stellung nehmen; sie seien aber keine Aussage des Ministeriums insgesamt.
Das ist alles noch ein bisschen, nun ja, unscharf. Interessant ist nun unter anderem die Frage, ob und welche Mittel für die namentlich genannten Großprojekte 100 zusätzliche Kampfpanzer und TLVS im kommenden Jahr und in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Da sollen, so ist zu hören, wenn auch bislang nur inoffiziell, ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag für die Panzer und ein niedriger dreistelliger Betrag für das Flugabwehrsystem 2017 bereits in den Planungen vorgesehen sein.
(Foto: Leopard-Panzer bei der Aufstellung des Panzerbataillons 414 am 17.3.2016 in Bergen – der Panzer ist allerdings trotz des taktischen Zeichens noch nicht im neuen Bataillon)
Micha | 23. Mai 2016 – 20:46
100% Zustimmung. Wir sind doch die mitteleuropäische Anlehnungsmacht. Wenn das in die Hose geht, stehen alle im Regen: Die IBUK (weil sie es nicht drauf hat – q.e.d.), Mutti (weil sie einen Schei*** auf europäische SiPo gibt – q.e.d.) und unsere europäischen Partner aka Anlehner sowieso (wenn das große Deutschland schon nicht mal 88 bis 100 MBT reaktivieren kann.. OMG). Und mal ehrlich, die 88 bis 100 Leo 2 im Rüstzustand-was-auch-immer kosten ca. soviel wie ein halber A400M und der fliegt sowieso nicht. Also alles kein Problem…
Micha | 23. Mai 2016 – 20:46
100% Zustimmung. Wir sind doch die mitteleuropäische Anlehnungsmacht. Wenn das in die Hose geht, stehen alle im Regen: Die IBUK (weil sie es nicht drauf hat – q.e.d.), Mutti (weil sie einen Schei*** auf europäische SiPo gibt – q.e.d.) und unsere europäischen Partner aka Anlehner sowieso (wenn das große Deutschland schon nicht mal 88 bis 100 MBT reaktivieren kann.. OMG). Und mal ehrlich, die 88 bis 100 Leo 2 im Rüstzustand-was-auch-immer kosten ca. soviel wie ein halber A400M und der fliegt sowieso nicht. Also alles kein Problem… wird schon werden.
@woody:
Auch ich finde es bezeichnend, dass Flosdorff weiterhin über die 130 Mrd. redet – als gäbe es den Eckwertebeschluss gar nicht. Aber auch in der BPK kam er damit erneut durch.
Auch an die Rede der Ministerin um HH 2016 erinnere ich mich gut an die erwähnten Passagen.
Beim Abgleich mit dem 50. FinPlan scheint es aber bei 2018 einen Tippfehler zu geben. Zudem erinnere ich daran, dass hinter den Plafondzahlen für 2018ff eine globale Minderausgabe von 6,8 Mrd € steht.
Vor den Trendwenden Material und Personal gab es ja eine Agenda Attraktivität und eine Agenda Rüstung.
Die Umsetzung erfordert erheblich höhere Ausgaben bei Baumaßnahmen und MatErh. Bisher war dies nicht der Fall.Mittel für Baumaßnahmen wurden sogar gekürzt.
Ab 2018 soll nun wohl erneut bei MatErh gespart werden, um die Trendwenden zu finanzieren.
Mal sehen wer den von BILD zitierten Vermerk zu erst findet: Das BMVg oder der SPIEGEL.
Denn so langsam könnte man sich dem Thema ja mal aus allgemeinpolitischer Richtung annähern: Leistungsbilanz von vdL. Und aus journalistischem Jagdinstinkt:
Wenn die Bundesregierung schon behaupten muss, ein Papier sei nicht existent, die dort gemachten Aussagen aber gleichzeitig ein Realitätscheck der Politik sind, dann wird es doch erst interessant.
Und der DBwV meldet sich zum gleichen Thema auch noch zu Wort: https://www.dbwv.de/C12574E8003E04C8/vwContentByKey/W2AA2GVH735DBWNDE
Operation Lückenfüller.
Ach, was für ein „netter“ Artikel /SCNR
Trendwette oder Trendwende ? Ich denke mal gewagte Trendwette ist zutreffender. Diese Wette ist aber keine Systemwette, denn da fehlt die entscheidende Trendwende: nämlich eine Trendwende beim verbindenden Element von Org/Mat und Pers sowie „Attraktivität“: eine Konzeption der BW, die diesen Namen auch verdient. Weißbuch ? Nix da, Weißbuch ist keine Konzeption.
Solange „Breite vor Tiefe“ nicht endlich einmal sehr kritisch hinterfragt wird, kann man noch so viel HH-Mittel in die BW kippen, es wird keine wirkliche strategische Trendwende bewirken, sondern nur jede Menge Strohfeuer, in denen diese HH-Mittel verbrannt werden.
Warum ich das meine ? Nun, weil ich mich das eine oder andere Mal mit dem Phänomen der „Kritischen Masse“ beschäftigt habe aus systemischer Sicht und im Falle der Streitkräfte sehe eigentlich nur noch eine sehr breite Palette von hohlen Strukturen. Hohle Strukturen haben eben keine Masse. Man kann also schon davon ausgehen, dass die Mehrzahl dieser Strukturen unterhalb ihrer kritischen Masse liegen, die für eine nachhaltige Regeneration aka Überlebensfähigkeit notwendig ist.
Eigentlich gibt das BMVg das ja auch ganz offenherzig zu: um z.Bsp. die Trendwende im Bereich Pers zu realisieren benötigen wir eigentlich ca. 14.000 zusätzliche Stellen, wir können aber nur 7000 finanzieren – und ob wir diese Stellen tatsächlich befüllen können, das können wir momentan noch nicht absehen. Und ob wir diese Stellen materiell voll ausstatten können, das steht auch in den Sternen./SCNR Man betreibt also weiter die Pflege von hohlen Strukturen, die ihre kritische Masse in vielen Fällen bereits unterschritten haben – imho sogar in den meisten Fällen.
Solange also dieses Paradigma „Breite vor Tiefe“ weiter aufrecht erhalten wird, kann die Politik soviel Trende „wenden“ wie sie will, es läuft immer auf „Einzelwetten“ hinaus, während das Fähigkeitssystem Streitkräfte immer breiter und zugleich flacher und hohler wird.
Wetten dass ? ;-)
Memoria | 24. Mai 2016 – 7:50
Danke für den Link
Aber da ist die Verzeiflung zu sehen
Es gibt kein Plan wie das Laufen soll
@Klabautermann
eigentlich ist es ja noch schlimmer: man schafft neue hohle Strukturen um des Problems der hohlen Strukuren Herr zu werden.
Solange die Priorität in der Begründung von Generalsdienstposten liegt… ich bin normal kein Freund externer Beratung, aber solange diese Strukturen von den Betroffenen ausgeplant werden, würde ich nie davon ausgehen, dass da etwas sinnvolles bei herauskommen wird.
Ohne massiven Front Load werden die hohlen Strukturen, trotz ihrer geringen Masse, die gleichförmige Bewegung nicht in die andere Richtung umkehren. Auf dieses eigentlich rudimentäre Niveau der Systemfinanzierung ist man in Berlin aber noch gar nicht gekommen. Jetzt wird eben etwas mehr Geld im System BW verbrannt – ohne Effektivleistung zu generieren.
@Kerveros
Das sehe ich auch so, deswegen habe ich ja auch geschrieben, dass „…das Fähigkeitssystem Streitkräfte immer breiter und zugleich flacher und hohler wird.“
Der Parkinson- und der Peter-Effekt spielen sich hier gegenseitig die Bälle zu, könnte man meinen ;-)
Mit „Cyber“ bekommen wir jetzt den 6. MilOrgBereich…….und damit erhöhen wir einerseits die Anzahl von Koordinierungsschnittstellen und damit den truppendienstlichen C2-Overhead. Auf wessen Kosten ? Natürlich auf Kosten der eigentlichen Wirkstrukturen aka Truppe, die irl in den Einsatz geht. Schönes Beispiel für diesen Effekt ist ja nun das Thema Drohneneinsatz und die „Engpass- Fähigkeit“ (sorry) near-real-time Aufklärungsauswertung, die man nun über Reach-Back einbinden will. Reach-Back funktioniert ja nicht vollautomatisch, sondern muß von Personal „betrieben“ werden und mit Technik unterlegt sein. Und so kommt eins zum anderen: strukturelle „Breite vor Tiefe“ und der tatsächliche (politisch gewollte) LoA/Operational Tempo in Sachen Einsätze und auch Übungen im Rahmen BündnisVertdg driften immer weiter auseinander. Wer alles können und überall dabei sein will, der kann am Ende goar nix mehr.
@Bang50
Zustimmung ;-)
Der sicherlich genauso schlecht angegangen wird wie der Fall SKB.
Mal rein aus Sicht Truppe/Bundesrechnungshof das lustige Fallbeispiel TransportOffz Lw/Marine -> Transportoffz SK.
Anstatt in einem Lehrgang nach 3-4 Monaten einen Offizier zu produzieren, den man gebrauchen kann, hat sich das Herr seine Offz III Ausbildung in den SKB Kurs geschrieben, d.h. der Lehrgang dauert nun sieben (?) Monate, kommt zum normalen Offz III der TSK dazu, stellt teilweise unsinnige Anforderungen wie einen LKW-Führerschein und erzeugt einen in der eigentlichen TSK nur bedingt einsetzbaren Soldaten…
D.h. da kann man getorst pro LUK/MUK, der eigentlich für die TSK gedacht ist, erstmal einen deutlich fünfstelligen Schadenfall aufmachen – und das ist nur ein Beispiel unter vielen.
Stattdessen wäre es mal angezeigt gewesen, mit der TSK-Denkerei aufzuräumen und, auch wenn es wehtut, zum Beispiel ernsthaft die Zentralisierung einer Offizierausbildung in Dresden anzudenken – zumindest was die Grundbestandteile angeht.
Traditionen, Engstirnigkeit, Cliquenwirtschaft und Regionalpolitik – nur das eine eben nicht: der Blick auf das Gesamtbild.
Was zum einen darin begründet ist, dass die meisten Verteidigungspolitker nicht lesen können, zum Anderen darin, dass an der Spitze des BMVg auch keiner das Gesäß in den Hosen hat, da mal die Konsequenzen zu ziehen.
Bestes Beispiel der letzten Jahre war da für mich der Türkeieinsatz der Patrioten. Gemäß KdB hat man da eine Durchhaltefähigkeit von 12 Monaten ausgelobt, die sich primär an den vorhandenen Führungsstrukturen und Unterstützungsmitteln orientiert, die man locker 24 Monate ignoriert hat um sich dann zu wundern.
Da die Leute in Bonn und Berlin eigentlich so blöd nicht sein können, dies nicht zu wissen, muss man eigentlich grob fahrlässiges Verhalten unterstellen, was auch nicht situativ zu erklären ist, da wir da ja immer noch von peace-time-ops geredet haben.
Aber ja, was soll man sich darüber aufregen…
@Kerveros
Wir verstehen uns mal wieder.
Waffengattungs-Denke ist eben immer noch der konzeptionellen Weisheit letzter Schluß/SCNR
@Klabautermann.
Natürlich… schließlich hat die Marine anerkanntermaßen die schönsten Uniformen…. SCNR2 ;)
Aber mal im Ernst – wenn derartig ernste Themen teilweise sogar im VA diskutiert werden und genau nichts passiert, welche Option hat man dann überhaupt noch?
Vor Jahren hat mal ein Britishes Parlamentsmitglied in der Sommerpause eine Reserveübung in Afghanistan gemacht und aufgrund der Erlebnisse im Einsatz mal einen Brandbrief geschrieben… da ging dann was. Wäre doch auch mal ein Ansatz für Deutschland – wir schicken die VA-Mitglieder mal 8 Wochen in den Einsatz. 50% nach Mali und 50% nach Afghanistan ;)
@Kerveros
14 Tage würden da völlig ausreichen ;-)
@Kerveros und Klabautermann
Und was genau sollten die dort machen?
„Ebenengerecht“ am täglichen PPT Kino für den Kdr teilnehmen?
Mehr geht ja wohl wegen milit. Vorbildung wohl eher nicht, für die Meisten braucht es wohl eigene Babysitter, wobei dann so `ne „Einsatzmedaille“ am Anzug oder Kostüm hätte dann schon wieder was.
Lieber die 14 Tagen an den Offizierslehrgängen teilnehmen lassen und da fallen mir einige an der Schule für Höherbegabte im ganz hohen Norden ein.
Eine Inspektion hat SiPo ganz oben auf dem Zettel.
@ Kerveros
Das was Sie auf die Ausbildung zum TranspOffz schreiben trifft event. traf in ähnlicher Weise auf die Ausbildung ITOffz SK und ITOffz Lw zu. Nachdem vor einigen Jahren die Ausbildung zwangsweise fusioniert worden ist, wird der Anteil der für den ITOffz Lw wichtig ist, einfach an die ITOffz SK Ausbildung angehängt bzw. zusätzlich ausgebildet. Eine Harmonisierung der Ausbildung konnte nicht durchgeführt werden, weil es keine Harmonisierung des Tätigkeitsbildes und der verwendeten IT / Fm-Systeme gab.
Nachdem für die Lw die Ausbildung auf die IT- und Fm-Systeme der Schwerpunkt war und ist, für das Heer jedoch die Zugführerausbildung kann es auch keine wirkliche Harmonisierung im Ausbildungsgang geben. Nach meiner Einschätzung ist dies eben wie schon erwähnt Waffengatttungs- und nicht Truppengattungseinstellung und Prägung. Die SKB ist eben in ihren Grundsätzen Heeres dominiert.
Insofern ist es logisch konsequent, dass mit der Schaffung des Cyber-Command als Org-Bereich der SKB die Planungshoheit über das Tätigkeitsbildes des IT-Offzes entzogen wird.
Denn mit einer Zugführerausbildung wird man nicht zum IT-Fachmann und die paar IT-Feldwebel und ggf. IT-Systemadministratoren die ein IT-Offz zu führen hat, führt er besser mit der fachlichen Autorität als ausgewiesener IT-Fachmann statt mit der Zugführerausbildung.
Dies führt mich wieder zu einem übergeordneten Grundsatz über Regelkreise in der Natur aber auch in der menschlichen Gesellschaft. Ein sich aufschwingender Regelprozess mit positiver Rückkopplung wird irgendwann, wenn das System ausufern zu droht und sich nicht selbst stoppt, von einem übergeordneten Regelkreis mit negativer Rückkopplung gestoppt werden.
BILD legt nochmal nach:
„Trotz eindeutiger Warnungen – Verteidigungsministerium leugnet Haushaltslücken“ (zu finden bei Bild+). Keine echten neuen Informationen lediglich die Bestätigung, dass BILD das Dokument vorliegt und dem gegenüber gestellt die gestrigen Aussagen von Floßdorf.
Mit dem schönen Abschluss, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt:
Entweder die Leitung des BMVg lügt oder will gar nicht mehr wissen was die Fachleute im Haus sagen.
Mal sehen wie das weitergeht – in der morgigen RegPK?
@Memoria
(Nur als Hinweis: Gibt morgen keine RegPK)
@Kerveros
Habe Ihren zugleich treffenden+humorvollen Beitrag, heute 15:14. soeben erst erkannt, ausgezeichneter Ratschlag, trifft’s.
In den 80ern gab es mal den wehrpflichtigen Sohn eines gewissen Herrn Kohl, Bundeskanzler, der Papa am Wochende zu den eng sitzenden Olivuniformen die Ohren volltextete, …, wobei der Herr Sohn dem Papa figürlich nacheiferte!
Das war der Einstieg in den Fünffarbtarndruck, neue Stiefel und Einiges mehr.
War zu der Zeit bei einem SpezStab ATV und unmittelbar befasst, mit PzKombi, flecktarn.
Danke Helmut Kohl, wir liefen andernfalls noch heute ‚rum wie ab 1970, …!
@T.W.:
Danke für den Hinweis.
Umso besser, dann kann das BMVg ja nochmal intensiver suchen und die Presse kann sich noch ein paar knifflige Fragen ausdenken.
Man kann nur hoffen, dass Floßdorf so leicht nicht vom Haken gelassen wird.
Sowohl was die Echtheit des Papiers angeht, also auch die Substanz der Aussagen zur Trendwende.
@klabautermann | 24. Mai 2016 – 9:13:
Das Thema könnte noch richtig politisch interessant werden.
BILD stellt ja schon die Glaubwürdigkeit oder/ und Realitätsnähe von vdL in Frage.
Starker Tobak vom Lieblingsmedium der Ministerin.
Die Reaktion ihres Sprechers ist auf verschiedenen Ebenen merkwürdig.
Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft…
Memoria | 24. Mai 2016 – 20:13
Es ist eine frage wer dahinter steckt KMW oder ?
Vielleicht ist das Geld schon da man will aber wir wollten nicht aber Bild war es
@ Georg 24Mai
„Dies führt mich wieder zu einem übergeordneten Grundsatz über Regelkreise in der Natur aber auch in der menschlichen Gesellschaft. Ein sich aufschwingender Regelprozess mit positiver Rückkopplung wird irgendwann, wenn das System ausufern zu droht und sich nicht selbst stoppt, von einem übergeordneten Regelkreis mit negativer Rückkopplung gestoppt werden.“
Vielleicht in der Natur – gelegentlich-, wenn es aber in human facts keinen uebergeordneten Regelkreis gibt, wie haeufig zu beobachten, kommt es zur Katastrophe oder endet im Chaos (Das Ungeordnete).
Die Probleme mit dem Haushalt sind ja nur ein Symptom.
Die dahinter liegenden Probleme der deutschen Sicherheitspolitik wurden in der FAZ in einem Gastbeitrag in seltener Deutlichkeit dargestellt (FAZ.net, „Wann raffen wir uns endlich auf?“).
Der 50. FinPlan und die Reaktionen des BMVg auf die Sichtweise der eigenen Haushaltsabteilung auf die offensichtlichen Widersprüche bestätigen die These, dass es offenbar noch Jahrzehnte braucht bis sich grundlegend etwas ändert.
Ob die Geschichte so lange auf uns wartet?
Memoria | 24. Mai 2016 – 21:23
Das Problem ist keiner prüft ob die Bw zu viel zahlt den
Nexter verkauft mehr und hat weniger Gewinn wie KMW die weniger verkaufen aber mehr Geld machen
und ob unser Entwicklungen gegen Satz zu andere Länder im Verhältnis stehen
@Georg:
Das Problem für mich ist, dass die Idee im Ansatz ja auch gegenüber dem Heer bei der Schaffung der SKB vorhanden war… und letzlich eine Heeresaussenstelle mit LUTs und MUTs draus wurde, die mit einer Pseudostandardisierung mehr Probleme als Lösungen bietet.
Wenn man nun einen neuen Bereich aufmacht, woher wird das personal wohl kommen? Primär aus Heer und SKB und mit den Leuten auch die Ideen und Ansätze… man neigt nunmal dazu, das Rad nicht neu zu erfinden.
Die Offz-Ausbildung ist nunmal prinzipell TSK-Sache, also wird auch in der Hinsicht der Org-Bereich nichts ändern. Die Vereinheitlichung vergleichbarer Lehrgänge (nennen wir es mal SK-isierung ;) ) unter Führung der primären Bedarfsträger wird sich daran nicht ändern.
Was heisst das also effektiv:
(1) Wir blasen ein paar neue Stäbe auf… ist auch kein Problem, Personal hochbefördern geht ja immer.
(2) Wir schaffen Parallelstrukturen und Verfahren
(3) Operation Heldenklau – das Haun und Stechen, wer die Mangelressource nun am dringensten braucht geht los (Hinweis am Rande: IT-Personal ist durchaus Einsatzrelevant)
(4) Wir erkennen, dass die Nummer außer endlosen Meetings, sinnlosen Papieren und fragwürdigen Beförderungen nicht viel gebracht hat und planen mal die nächste ‚Neuausrichtung‘
Wenn ich mir allein im Bereich der Luftwaffe das Drama um die Koordinierung MilNW anschaue, dann fehlt mir da einfach der Glaube.
@Kerveros
Tolle Kiste „Koordinierung MilNW“ wo? In der Luftwaffe, – wo -? … weil z.B. MilNW in den fliegenden Verbänden auftragskritisch zu sehen ist? Weil HUMINT eigene Lfz erhält, weil in den Geschwadern der IntelCycle vor jedem sortie läuft? – Ich glaub’s nicht. SARC. –
Aber kann mir durchaus vorstellen, was da in den Dezernaten der Ämter und Kommandos so abgeht, per Auftrag.
Schließlich will Lw auch im KdoStrat adäquat aufgestellt sein, daher braucht’s dazu MilNW.
Fachaufgabe MilNW im Heer, mehr gibt es nicht zu sagen.
Aber Nebenkriegsschauplatz, hier beim Haushalt, trieb mich nur um, wohl wissend: Kritisieren kann jeder Esel, zum Bessermachen gehört Sachkenntnis, Kompetenz, die ich von der Lw nicht besitze.
Passend zum Thema „Beschaffungsvorhaben“ – es war bisher etwas unterm Radar:
Rüstungsprojekt soll Lücke schließen [Artikel zum mgSanKfz auf sanitaetsdienst-bundeswehr.de, 16.05.2016]
Darin äußerst man sich von offizieller Seite zum fehlenden Bindeglied zwischen EAGLE IV und BOXER im ZSanDBw. Interessant ist dabei besonders die Abkehr vom 3-Mann-Besatzungskonzept – beim neuen Fahrzeug bleibt der Kommandant stets Kommandant und arbeitet nicht, statt wie bisher, am Patienten.
Was dann allerdings im folgenden Absatz steht, kann man bestenfalls als „konzeptionelles Bullshit-Bingo“ beschreiben:
Deswegen waren die in Frage kommenden Fahrzeuge (FUCHS BAT) seit 2009 auch gem. Befehl bewaffnet, weil dass mit dem „besonderen Schutz des Sanitätsdienstes“ so wunderbar geklappt hat… (übrigens völkerrechtskonform, denn da steht, entgegen landläufiger Meinung, durchaus der Schutz des eigenen Lebens und das der Patienten im Vordergrund). Und als Konsequenz schließt die verantwortliche Stelle eine Bewaffnung eines neu einzuführenden Fahrzeuges von vornherein kategorisch aus, anstatt sie zumindestens optional möglich zu machen. Vergessen sind die unsäglichen Versäumnisse um den YAK, die im Hinterhalt vom 15. April 2010 offen zur Schau gestellt wurden.
Hut ab vor soviel Ignoranz und Scheuklappen-Bürokratismus. Ich freue mich auf das nächste SanKfz, in dem lichte Stehhöhe und Sondersignalmittel in LED scheinbar vor taktischen Fähigkeiten kommen.
@Voodoo
Ist deswegen so, weil alle in Frage kommenden Gegner uns verbindlich zusagen werden, unsere Auffassung der Dinge zu achten.
@ KPK
Ja, das wird es sein, danke; wahrscheinlich auch schriftlich, allein schon für die Staatsanwaltschaft dann später.
Bin wirklich… erstaunt… über soviel Weitsicht. Allerdings hat sich meine Meinung hinsichtlich militärischer Kompetenzen der Planungsebene dieses OrgBereiches mal wieder zu einhundert Prozent bestätigt.
Mir tun nur die Besatzungen leid, die dann zukünftig mit diesem Fahrzeug arbeiten werden. Die stellen nämlich recht schnell fest, dass sanitätsdienstliche Belange nur EINE der Anforderungen an das Auto sind.
@Voodoo
Ein Combat Paramedic (mit entsprechender Ausstattung) ist eben weit jenseits des Vorstellungsvermögens aller Hartmannbündler – auch wenn sie Uniform tragen /SCNR
Zum IT-Thema: Ich meine, man sollte den IT-Bereich in den Truppenteilen auf allen Ebenen zu einer Fachdienst-Domäne machen. Stellen für FD-Offz und FD-Feldwebel schaffen – also gut ausgebildete Spezialisten, die ohne die Sprossen truppengattungsspezifischer „Verwendungsleitern“ ersteigen zu müssen mit langen Stehzeiten (sofern für die private Lebensführung gewünscht) in den Verbänden Dienst tun. Ich meine zu erinnern, dass wir zumindest bis in die Heeresstruktur 4 in den Verbänden noch die Fernmeldeoffiziere FD hatten. Bei uns in der HFla echte Meister ihres Faches – die haben mit ihrer Erfahrung bei Fm-Wesen, Krypto-Wesen und Gefechtsstandtechnik jede Herausforderung „gewuppt“.
Ist aber wohl wieder mal eine zu einfache Lösung.
Hans Schommer
@klabautermann / Voodoo
Ohne mich auf das Feld SanDst / TrSanDst zu begeben, aber können unsere SanTrp, beweglAztTrp ohnehin, nicht mehr als das HIER beschriebene?
„Combat medics (also known as medics) are military personnel who have been trained to at least an EMT-Basic (1) level and are responsible for providing first aid and frontline trauma care on the battlefield.
They are also responsible for providing continuing medical care in the absence of a readily available physician, including care for disease and battle injuries.
(1) 16 week course in the U.S. Army
http://www.cs.amedd.army.mil/FileDownloadpublic.aspx?docid=cb46f487-fdbc-4671-8f16-f94d63b2eb88
@ KPK
Ja – aber es gibt nach deutschem Recht eben auch klare Trennungen zwischen den Befugnissen von Rettungsassistenten und Rettungsmedizinern. Bei den Amerikanern existiert dies im Heer / USMC so nicht unbedingt und darüber hinaus halten die ihre Ärzte im wahrsten Sinne des Wortes aus der Schußlinie, weswegen deren Combat Medics mehr machen (können müssen).
@Hans Schommer
Keine schlechte Idee. Das würde aber einen echten „mind-set-change“ im deutschen Heer erfordern, der ja den reinen „Fachdienstler“ nach wie vor ablehnt nach dem Motto every soldier a rifleman in the first place – auch wenn der soldier eigentlich ein sailor oder airman ist ;-)
Und das gilt natürlich für UO und Offz erst recht, beim Barte von Zitzewitz ! /SCNR
@Voodoo
Auch in UK ist diese Trennung nicht so strikt wie in Deutschland. Auch nicht im zivilen Gesundheitsbereich.
Im Hinblick auf die Frage: wo Politiker des Bundestages die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen sehen und dabei auch die Finanzierung der Bundeswehr einordnen, möchte ich nun folgenden Bericht kundtun:
Gestern Abend hielt Jürgen Trittin an meine Universität einen Vortrag über Internationale Politik. Jürgen Trittin ist seit der 18. Wahlperiode Mitglied des Auswärtigen Ausschuss und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO. Bei dem Vortrag ging es unteranderem auch um die Finanzierung der Bundeswehr. Trittin stellte hierzu zwei zentrale Aussagen auf: 1. Die Nato solle nur ein Verteidigungsbündnis sein. 2. Der Verteidigungshaushalt sollte nicht weiter wachsen. („Die BW braucht nicht mehr Panzer!)
In der anschließenden Fragerunde machte ich Herrn Trittin darauf aufmerksam, dass seine zwei Aussagen nicht unbedingt zusammen passen. Wenn die Nato die Aufgabe hat das Bündnisgebiet zu schützen, dann braucht sie Mitgliedsländer, die einen Beitrag zur Verteidigung leisten können. Deutschland ist dabei eines der wichtigsten Länder in und für die Nato. Die BW allerdings kann, mit der momentanen Finanzlage, die neuen Anforderungen der Nato nicht erfüllen. Somit stehen seine Aussagen im Wiederspruch zueinander.
Jürgen Trittin hat dies nun (sinngemäß) folgendermaßen begründet:
1. Die Sicherheitslage (im Osten) hat sich nicht wirklich geändert, Russland stellt keine reale Gefahr dar.
2. Die Nato-Staaten geben viel mehr Geld für Verteidigung aus als Russland.
Er kommt somit zu dem Schluss, dass die Nato und damit auch die BW keine neuen Anstrengungen, zur Verteidigung des östlichen Bündnisgebietes, unternehmen müssen. (alles kann so bleiben wie bisher!)
Daher muss auch der Verteidigungsetat nicht erhöht werden.
Interessant ist auch wo Trittin die eigentlichen Herausforderungen und Aufgaben der BW sieht:
1. Die größte Bedrohung für die globale Sicherheit besteht durch zerfallende Staaten, Humanitäre-Krisen usw.
2. Am effektivsten kann die UNO solche Krisen lösen, denn sie hat die stärkste Legitimation.
Die Bundeswehr muss konsequent auf Krisen- und Konfliktbewältigung ausgerichtet werden, um die UNO zu unterstützen. Deshalb fordert er vor allem mehr Sanitätskräfte, mehr Transportfähigkeiten und Aufklärungsdrohnen. .
Deutschland muss sich deutlich stärker an UN- Einsätzen beteiligen.
Die zivilen Akteure müssen für die Krisenbewältigung gestärkt werden. (Mehr Polizei, höherer Etat für Entwicklungshilfe usw.)
Vielleicht gibt es auch gar kein mgSanKfz (und so manch anderes auch nicht):
Der Schatz-Kanzler gibt im Vorfeld der BTW den Steuersenker:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article155661439/Schaeuble-zieht-mit-Steuersenkungsplaenen-in-den-Wahlkampf.html
In Verbindung mit Schuldenbremse und schwarzer Null wird UvdL wohl zukünftig auf Granit beißen, wenn sie die Hand aufhält. Vielleicht wird auch ein Teil der versprochenen Erhöhungen im EPl 14 wieder abgeräumt :) …
@Student
Danke für den Erfahrungsbericht.
Zum Thema UNO: vielleicht hätte der Herr Trittin mal Roland Paris- Wenn die Waffen schweigen (ein Bericht zu den Demokratisierungsbemühungen der UN und deren Folgen) lesen sollen…
@ klabautermann
Stimmt, die Briten hatte ich vergessen, danke. Kleiner Exkurs:
In Deutschland gibt es eben eine Lobby der Notfallmediziner, die ihre (finanziellen) Privilegien gefährdet sahen und erbitterten Widerstand leisteten. Trotzdem wurde im Januar 2014 das Notfallsanitätergesetz verabschiedet, nach dem die RettAssAusbildung um Notfallkompetenzen erweitert wird. Dies ist auch für die Bundeswehr bindend, jedoch muss hierzu bereits eingestelltes Personal nachgeschult werden. Es dauert also, bis diese Qualifikation flächendeckend verfügbar ist.
@Student
1 Da könnte ich ihm nicht unbedingt widersprechen, AFAIK ist die EU-NATO (ohne USA) Russland zahlenmäßig in allem außer einer Waffengattung überlegen.
Wie aktuell und zutreffend diese Wiki-Statistik allerdings ist?
2 Stimmt dies auch noch wenn man das ganze bereinigt in Kampfwert umrechnet?
Ich habe den Eindruck würde man das BMVg in Bundesministerium zur Geldverbrennung umbenennen wäre dies nicht falsch.
1 Da hat er wahrscheinlich recht.
@Danke, wußte ich auch noch nicht. Dann ist ja noch „Hoffnung“ ;-)
@Student:
Im Grunde genommen sagte Trittin dass, was man von einem Grünen erwarten konnte: Naiver Glaube in die „Macht“ der UN und der zwischen den Zeilen lesbare Wunsch nach Auflösung der NATO.
Die im Vgl. mit RU höheren Ausgaben ergeben sich vor allem aus den strukturell deutlich höheren Aufwendungen für das Personal, weniger aus der Beschaffung/MatErh.
Selbst wenn man den Aufgabenschwerpunkt in die von Trittin gewünschte Richtung verlagern würde, geht das nicht ohne zusätzliche Ausrüstung.
@ Student
Sehr lesenswerter Beitrag von Ihnen! Die Diskussion mit Trittin war bestimmt spannend, da er meist nicht dazu neigt, die Dinge in Watte zu packen. Das ist einer Diskussionskultur durchaus förderlich.
Er hat ja in einigen Punkten auch nicht ganz Unrecht: Der Westen gibt unter dem Strich genug Geld für militärische Zwecke aus. Und die entscheidenden sicherheitspolitischen Themen der Zukunft liegen auf Feldern, zu denen ein Einsatz von Streitkräften nur sehr bedingt einen Beitrag leisten kann.
Was Russland betrifft, so halte ich es jedoch für gewagt, von „keiner realen Gefahr“ zu sprechen. Zumindest unsere östlichen Partner sehen das aus gutem Grunde anders – und wir sollten diese Wahrnehmung solidarisch ernst nehmen. Was allerdings richtig ist: Die Antwort auf diese Bedrohung kann – allein schon wegen der gegebenen geostrategischen Lage – nicht nur mit konventionellem Dickblech gegeben werden. Aber eine glaubwürdige Abschreckung im Sinne einer intelligenten Kombination konventioneller und nuklearer (und auch hybrider) Fähigkeiten ist durchaus geboten. Die Politik Putins der letzten Jahre kann nicht unbeantwortet bleiben. Da pflichte ich Ihrer kritischen Antwort auf Trittins These bei.
Was den Bereich Krisenmanagement und Konfliktprävention auf globaler Ebene anbetrifft, so muss man sagen, dass die UN zwar hochlegitimiert, aber leider umso ineffektiver ist. Ob sich das absehbar ändert, darf man bezweifeln. Die UN können eben nicht mehr leisten, als die Staaten mit all ihren Eigeninteressen ihnen gestatten. Bisher waren die meisten der militärischen Einsätze unter UN-Führung oder mit UN-Mandat reichlich ernüchternd, wenn man sie in Relation zum erwarteten Erfolg setzt. Daher noch einmal: Militärische Fähigkeiten sind mit Blick auf zerfallende Staaten oder humanitäre Katastrophen bestimmt nicht nutzlos. Sie liegen aber im sicherheitspolitischen Werkzeugkasten nur sehr viel tiefer in zweiter oder dritter Reihe. Wenn mehr investiert werden soll (was man sofort bejahen möchte), dann mit deutlich höherer Priorität in anderen notleidenden Bereichen.
@KeLaBe
„Was Russland betrifft, so halte ich es jedoch für gewagt, von „keiner realen Gefahr“ zu sprechen………….Die Antwort auf diese Bedrohung kann – allein schon wegen der gegebenen geostrategischen Lage – nicht nur mit konventionellem Dickblech gegeben werden. Aber eine glaubwürdige Abschreckung im Sinne einer intelligenten Kombination konventioneller und nuklearer (und auch hybrider) Fähigkeiten ist durchaus geboten. Die Politik Putins der letzten Jahre kann nicht unbeantwortet bleiben.“
Also bei allem Respekt, aber das ist eine Verengung von Sicherheitspolitik in Sachen Europa und Rußland, die mir doch sehr „einbahn-tunnelig“ erscheint. Hätte ich von Ihnen eigentlich so nicht erwartet. Ich erlaube mir den Hinweis, dass – nicht zuletzt auf Drängen Deutschlands – die offizielle Antwort der NATO auf die gefühlte „Putinische Bedrohung“ seitens der Osteuropäer „Abschreckung UND Dialog“ lautet, wobei afaik eine „nukleare Kompenente“ in dieser „Working-Policy“ nicht enthalten ist – und hoffentlich auch nicht darin aufgenommen wird.
Sorry, wir sind ja zumeist sehr dicht beeinander, aber in Sachen „Putin“ scheiden sich wohl auch verwandte Geister ;-)
@ klabautermann
Ja, meine Antwort auf @ Student war notgedrungen verkürzt und daher in Teilen auch missverständlich. Das stimmt. Es ging mir im Kern um die Frage, inwieweit eine signifikante Aufwertung der Rolle gepanzerter Großverbände in der heutigen sicherheitspolitischen Lage hilft oder nicht. Meine Antwort: Tut sie nur bedingt. Genau das – nicht mehr und nicht weniger – wollte ich mit meinem Hinweis auf die Nato-Ostflanke erläutern. Es ist also nicht zwingend sehr fair, wenn Sie mich auf darüber hinausreichende Aspekte festnageln wollen.
Sie wissen doch eigentlich, dass ich ein dezidierter Anhänger der Linie bin, dem Dialog mit Putin oberste Prio einzuräumen. Das muss ich nicht stets aufs Neue betonen. Aber in der jetzigen Lage halte ich – parallel zur Gesprächsbereitschaft und zugleich unersetzlich für diplomatische Fortschritte – schon auch die Komponente einer glaubwürdigen Abschreckung für geboten. Dabei ist mir bisher nicht bekannt gewesen, dass nukleare Fähigkeiten seit Neuestem ausgeklammert sind (wenngleich ich sofort zustimme, dass sie rhetorisch mit großer Zurückhaltung behandelt werden sollten). Da bitte ich um entsprechende Belehrung.
Im Gegenteil: Meine Befürchtung ist ein Absenken der nuklearen Schwelle, sofern die Nato konventionell vor Ort so schwach ist, dass in Krisen keine Zeit für Deeskalation und Diplomatie bleibt. Eine bloße Stolperdrahtrolle halte ich für extrem gefährlich, vor allem mit Blick auf die Möglichkeit unbeabsichtigter und quasi unbeherrschbarer Lageverschärfungen mit hoher Eigendynamik. Wir befinden zwar zum Glück nicht wieder im Kalten Krieg, aber einige zentrale Lehren aus ihm dürfen wir auch nicht verdrängen.
@ Student | 25. Mai 2016 – 13:52:
Was haben Sie denn von dem Mann erwartet? Der ist aus unterschiedlichsten Gründen der Lebenswirklichkeit ebenso fern wie sein Kumpan Joschka Fischer. Dementsprechend weltfremd sind auch seine Standpunkte.
Hans Schommer
@KeLaBe
Ich wollte Sie ganz bestimmt nicht belehren – nun ja, das Thema „nuklear“ ist imho eben eher Teil von Dialog und weniger Teil von Abschreckung – auch wenn bestimmte Damen und Herren in Washington das anders sehen. Ich sehe das aber aus Berliner Perspektive.
Und damit wären wir wohl wieder „im Synch“ ;-)
Damit man die Lage in Osteuropa richtig einschätzen kann, sollte man das Interesse Deutschlands in diesem Raum klarstellen:
Für Deutschland ist es nicht entscheidend ob z.B. Estland durch Russland annektiert wird oder ob im Osten Lettlands Instabilität herrscht.
Das entscheidende was hier auf dem Spiel steht ist die Existenz der Nato. Die Nato ist für die BRD seit mehr als 60 Jahren wichtigster Pfeiler der Sicherheitspolitik. Zum einen weil er garantiert, dass die USA in Europa bleiben. (Dadurch kann Deutschland als Trittbrettfahrer von der Militärmacht der USA profitieren.) Zum anderen deshalb, weil die meisten europäischen Länder Mitglied sind und dadurch die Wahrscheinlichkeit eines inner-europäischen Krieges reduziert ist.
Warum steht nun die Existenz der Nato, durch ihre Ostflanke, auf dem Spiel?
Die Nato ist ein Bündnis aus Staaten, die sich auf Grundlage eines Vertrages, gegenseitig verteidigen wollen. Ein Vertrag ist dabei immer ein Stück Papier, innenpolitische sowie außenpolitische Zwänge könnten dazu führen, dass die vertraglichen Vereinbarungen nicht erfüllt werden. Wenn nun die Nato (wie auch immer) durch Russland getestet wird, besteht die Gefahr, dass die Nato nicht einheitlich handelt und daran zerbricht.
Mögliche Szenarien:
1. Hybrider Konflikt (Art: Ostukraine)
Es kommt zu Spannungen und Demonstrationen/Aufständen im Osten des Balkans. Sehr wahrscheinlich ist es, dass die Nato in 2-3 Fraktionen zerbricht. Die einen (Osteuropäer, USA, GB) würden für einen schnellen Einsatz von Nato-Truppen plädieren. Die anderen (Deutschland usw.) würden hauptsächlich auf Verhandlungen setzten. Im Endeffekt würde dies wohl zu bi-nationalen Kooperationen führen und die Effektivität der Nato für einzelne Mitgliedsländer (Balten, Polen, USA..) in Frage stellen. Prognose: Nato könnte zerbrechen.
2. Ad hoc „Überfall“ (Art. Krim, nur robuster)
Russland überfällt z.B. Estland und annektiert es innerhalb weniger Stunden. (Angriff ohne Vorwarnung!) Daraufhin droht es der Rest-Nato mit Atomwaffeneinsatz. Länder wie Deutschland sind nicht bereit dieses Risiko einzugehen und den Krieg gegen Russland mit allen Mitteln zu führen. („Nicht für die Balten sterben!“) Folge: Art. 5. scheitert und die Nato existiert nur noch auf dem Papier als Papiertiger bzw. zerbricht.
Egal wie wahrscheinlich diese Szenarien sind. Die eigentliche Gefahr in Osteuropa (für Deutschland) besteht darin, dass die Nato getestet werden könnte und dabei innerlich zerbricht.
Schlussfolgerung für Deutschland:
Die Nato darf durch Russland nicht getestet werden!
Maßnahmen um das zu erreichen:
1. Abschreckungsfähigkeit der Nato stärken.
Hier muss Deutschland als wirtschafts-stärkste Nation Europas einen substanziellen Beitrag leisten. Also: Militärische Kapazitäten glaubhaft (nach Innen: Nato und nach außen: Russland) erhöhen und deshalb stimme ich mit Trittins Einschätzung zum Verteidigungsetat nicht überein.
2. Zusammenhalt innerhalb der Nato stärken.
Auch hier muss Deutschland als Vorbild und Vermittler wirken.
3. Dialog mit Russland suchen.
Am besten ist es natürlich, wenn Russland und die Nato eine effektive Sicherheitsgemeinschaft bilden würden. Dadurch könnte die Gefahr des „getestet Werdens“ deutlich reduziert werden.
Abschließend bleibt festzustellen, dass die Kombination der drei Möglichkeiten geboten erscheint um die Existenz der Nato nicht zu gefährden. Ich stimme daher weder mit Trittins Einschätzung überein, dass seit 2014 sich die Lage für und innerhalb der Nato nicht geändert hat. Noch mit seiner Schlussfolgerung, dass die BW nicht ihre Fähigkeit zur Bündnisverteidigung stärken sollte.
Das ist von mir jetzt alles etwas oberflächlich dargestellt worden und daher kann man meine Meinung in vielen Punkten kritisieren, allerdings fehlt mit aktuell die Zeit eine wissenschaftliche Seminararbeit über dieses Thema zu schreiben. Ich hoffe dies Darstellung ist hier nicht zu o-Ton, denn im Endeffekt läuft es ja auf die Frage hinaus ob die BW mehr Geld für die Bündnisverteidigung benötigt.
@ThoDan, diesen post (14:05) leider erst etwas spät erkannt.
“ … wenn man das ganze bereinigt in Kampfwert umrechnet?“
Zunächst „Kampfwert“ existiert in der taktischen Terminologie nicht. Was Sie sicherlich aussagen wollen ist definiert mit Gefechtswert (heute als Einsatzwert oberflächlich in der Aussage) beschrieben. In Zusammenhang damit steht Kampfkraft, die miteinander verbunden sind.
1. Kampfkraft (combat power)
Beschreibt das Leistungsvermögen von Truppen, die den Kampf unmittelbar führen. Parameter von wesentlichem Einfluss sind Zahlen: eingesetzte Soldaten, verfügbare KPz, ArtGesch und weiteres Großgerät, Stand der Versorgung mit Mun, Bstf, Verpfl; Art, Anzahl und Raum der Reserven. Dies lässt sich einfach erfassen und ist wesentlicher Bestandteil der Feind Lage Beurteilung.
2. Gefechtswert [(combat effectiveness), leider derzeit auch unpräzise zu Einsatzwert „verkommen“]
Eignung einer Truppe, die unmittelbar kämpft (TIC) für einen bestimmten Auftrag. Dies ist rein mathematisch nicht zu bemessen, denn folgende Konstanten und Variablen bestimmen den Wert: Auftrag, Kampfkraft, Feind, Umwelt +Geländebedingungen sowie Können der Führer und der Truppe, also die Qualität ihrer Ausbildung und deren GEMEINSAME Kampferfahrung(en).
Es obliegt dem verantwortlichen Kdr dies nach BdL seines Stabes festzusetzen und daraus Schlüsse zum Einsatz seiner Truppe zu ziehen. Das darf dann aber immer noch nicht Berechnung genannt, da Nr. 2 nicht in Zahlen ermittelbar ist.
[In Fragestellungen NATO-Russland wären auf strategischer Ebene Kernpunkte der Ökonomie sowie der Geographie und von Koalitionären einzukalkulieren].