Einsatzgruppenversorger ‚Frankfurt am Main‘ rettete 738 Menschen aus Seenot (Nachtrag: Bundespressekonferenz)

Nach der faktischen Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa und angesichts der Situation in Libyen ist wohl wieder ein genauerer Blick auf die EU-Mission Sophia nötig: Die soll die(Schleuser)Boote stoppen, die von der nordafrikanischen Küste aus versuchen nach Italien zu gelangen. Der deutsche Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main hat am (heutigen) Montag 738 Menschen von drei Booten gerettet, die außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer in Richtung Europa unterwegs waren.

Mehr Infos als den obigen Tweet gibt es allerdings bislang weder von der EU-Mission EUNAVFOR MED noch von der Bundeswehr. Wird dann später nachgetragen.

Der UN-Sondervermittler für Libyen, der deutsche Diplomat Martin Kobler, muss wohl ebenfalls heute in Berlin davor gewarnt haben, dass bei anhaltendem Schleusertum eine humanitäre Katastrophe drohe:

Der UN-Sondergesandte Kobler bezeichnete den Kampf gegen die Schleuser als vordringlich, weil der Menschenschmuggel das Land belaste und in den von Schleusern betriebenen Lagern humanitären Katastrophen drohten.

berichtet Reuters.

Ich war bei Kobler nicht dabei, da waren nur Leute eingeladen, die mit Außenpolitik zu tun haben, bekam ich auf meine Nachfrage zu hören. Aber für die anderen gab’s dazu auch was in der Bundespressekonferenz, von Regierungssprecher Steffen Seibert und der stellvertretenden Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Sawsan Chebli:

Zusatzfrage: Ich habe noch eine andere Frage zum Flüchtlingsthema, Herr Seibert. Die Kanzlerin wünscht sich einen ähnlichen Deal wie den mit der Türkei auch mit Libyen. Wer wäre da in Libyen der Vertragspartner? Kann man mit so einem „failed state“ überhaupt so ein Abkommen wie das mit der Türkei schließen?

Frau Chebli, in diesem Zusammenhang hat das Auswärtige Amt ja am Wochenende getwittert, dass der libyschen Regierung 3 Millionen Euro für dringend gebrauchte Sicherheitsinfrastruktur bereitgestellt werden. Was ist diese dringend gebrauchte Sicherheitsinfrastruktur? Sind das Waffen?

StS Seibert: Wir haben jetzt erst einmal das EU-Türkei-Abkommen, von dem wir doch die erhebliche Hoffnung haben – wir sind nach den ersten Tagen der Umsetzung auch ermutigt, dies anzunehmen -, dass es uns damit gelingen wird, den Flüchtlingszustrom zu ordnen und zu regeln. Es ist natürlich nicht zu übersehen, dass es auch auf anderen Routen erhebliche Flüchtlingsbewegungen gibt. Die Flüchtlingsbewegung von der libyschen Küste in Richtung Italien hat sich in den letzten Wochen und Monaten wieder verstärkt. So ist es zu verstehen, dass nicht nur die Bundeskanzlerin, sondern viele in Europa sagen: Eine Lösung, wie wir sie jetzt mit der Türkei umzusetzen begonnen haben, wäre auch in anderen Regionen sinnvoll.

Niemand übersieht selbstverständlich, dass Libyen staatlich derzeit nicht in einem Zustand ist, der ein solches Abkommen so ermöglichen würde, wie wir es mit der Türkei haben abschließen können. Es darf auch niemand übersehen, welche großen Anstrengungen die Weltgemeinschaft unternimmt, um in Libyen und auch zugunsten der Menschen in Libyen zu einem besseren Zustand zu kommen. Ein deutscher Diplomat ist als Vertreter der Vereinten Nationen der Beauftragte, der sich sehr für das Zustandekommen und dann auch die spätere Anerkennung einer Einheitsregierung einsetzt. Das alles ist etwas, was den Menschen in Libyen in ihrer verzweifelten und vollkommen ungeordneten Situation erheblich helfen würde. Daran werden wir international als Deutsche und als Europäer weiter arbeiten, und dann wird sich zeigen, welche Möglichkeiten sich mit einer veränderten Lage in Libyen auch ergeben werden.

Zusatzfrage: Frau Chebli hatte noch die Frage zu beantworten, für wen die dringend gebrauchte Sicherheitsinfrastruktur im Wert von 3 Millionen Euro gedacht ist. An wen wird das überhaupt überwiesen? Wird da ein Geldkoffer abgegeben? Gibt es da ein Konto vom Staat? An wen genau geht das Geld, und für was?

Chebli: Es gibt die Einheitsregierung, die wir akzeptiert haben, und wir kooperieren mit dieser Einheitsregierung.

An wen genau das im Einzelnen geht, kann ich Ihnen hier nicht sagen. Aber ich finde den Vorwurfston, den Sie, Herr Kollege, wieder an den Tag legen, mit Waffen vor Ort zu sein – – – Wir haben ja gesagt: Wir stehen mit Unterstützungsleistungen für Libyen bereit, um Libyen letztendlich zu helfen, zu einem Staat zu werden, der auch das für die Menschen bereitstellen kann, was die Menschen brauchen. Das ist Infrastruktur und vieles andere mehr. Der Kollege Fischer hatte hier ja vorgetragen, welche Projekte das im Einzelnen sind und wo wir Unterstützungsmaßnahmen leisten. Er hat Ihnen von dem Fonds berichtet, den wir dort gemeinsam mit dem UNDP aufbauen wollen, ähnlich, wie wir das in Tikrit im Irak gemacht haben, um letztendlich Perspektiven für die Libyer zu schaffen.

Was die Sicherheit angeht: Natürlich ist das auch ein Aspekt, den wir im Hinterkopf haben. Kein Staat kann operieren und voll funktionsfähig sein, wenn er sich nicht auf Sicherheitskräfte verlassen kann, die loyal zu ihm stehen. Deswegen betrifft, wenn wir darüber reden, Sicherheitskräfte zu unterstützen und sie auszubilden – das machen wir zum Beispiel in Tunesien, wo die Vorbereitungen anlaufen -, das natürlich auch den Sicherheitsbereich; ganz klar. Aber wir liefern keine Waffen dorthin.

Zusatzfrage: Was ist die dringend gebrauchte Sicherheitsinfrastruktur, für die 3 Millionen Euro ausgegeben werden?

Chebli: Lassen Sie mich das nachliefern, weil ich nicht genau weiß, was das im Konkreten darstellt. Aber was wir zu der Unterstützung sagen, habe ich ja eigentlich klargemacht.