Mehr Geld für Ausrüstung: von der Leyen will Trendwende im Verteidigungshaushalt

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Die Bundeswehr soll in den nächsten Jahren deutlich besser als bislang ausgestattet werden und nicht wie bisher nur mit einem Teil der nötigen Ausrüstung ihre Aufgaben erfüllen müssen. Das Verteidigungsministerium plane für die Zeit bis zum Jahr 2030 Investitionen von 130 Milliarden Euro in die militärische Ausstattung der Truppe, hieß es am (heutigen) Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin. Wie viel mehr als bislang geplant das bedeuten würde, wurde zwar nicht beziffert. Angesichts der in der laufenden Finanzplanung vorgesehenen Mittel von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr für diese militärische Ausstattung würde das aber auf eine Erhöhung von drei bis vier Milliarden Euro jährlich allein für Gerät hinauslaufen.

Die Pläne für eine bessere Ausrüstung will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am (morgigen) Mittwoch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages vorstellen; dabei wird vermutlich auch eine Abkehr von den bislang festgelegten Obergrenzen für die Hauptwaffensysteme verkündet werden. Erste Erhöhungen der Zahl des Großgeräts über die von ihrem Vorgänger Thomas de Maizière beschlossene Liste hinaus hatte die Ministerin bereits 2014 mit der Beschaffung neuer Boxer-Transportpanzer und zudem im April vergangenen Jahres mit der Planung für zusätzliche Kampfpanzer angekündigt.

Auch mit einer deutlichen Erhöhung der Mittel für militärische Beschaffungen werde die Bundeswehr aber auch künftig auf einen Mix von alten und neuen Waffensystemen und auf kostensenkende Kooperation mit anderen Nationen angewiesen bleiben, hieß es aus Regierungskreisen. Deshalb werde unter anderem, wie bereits im vergangenen Jahr von Heeresinspekteur Jörg Vollmer angekündigt, der bereits seit den 1970-er Jahren genutzte Schützenpanzer Marder auch bei Einführung des Nachfolgers Puma noch eine Zeitlang in Betrieb bleiben. Als Beispiel für eine europäische Kooperation, die auch der Kostensenkung dient, wurde die geplante deutsche Beteiligung an dem niederländischen Versorgungsschiff und Hubschrauberträger Karel Doorman angeführt.

Die angestrebte Gesamtsumme von 130 Milliarden Euro für die nächsten 15 Jahre wird somit voraussichtlich für eine Grundausstattung reichen, die die Truppe ihre Aufgaben im Kernbereich Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen lässt – unter anderem mit einer umfassenden persönlichen Ausrüstung für jeden einzelnen Soldaten, bis hin zur Nachtsichtbrille, und einer hundertprozentigen Ausstattung der Einheiten mit den benötigten Waffensystemen und Fahrzeugen. Weiterhin werde aber für Auslandseinsätze je nach Bedarf ein Missionspaket nötig werden, mit dem die Truppe das Material für bestimmte Regionen und Einsatzgebiete nur zeitweise erhalte, hieß es aus Regierungskreisen.

Mit der Anhebung der Ausgaben für die Materialbeschaffung soll der Sparkurs seit der deutschen Wiedervereinigung umgedreht und die Modernisierung der Bundeswehr vorangetrieben werden. Als Grundsatz müsse gelten, dass auch finanziert werde, was benötig werde. Die Kürzungen der vergangenen Jahre ’nach der Rasenmähermethode‘ hätten große Löcher gerissen, die jetzt gestopft werden müssten.

Das alles ist bislang Ankündigung – entscheidend werden nun die Reaktionen auf diesen Vorstoß sowohl aus dem Finanzministerium als auch von den Abgeordneten im Bundestag, die das gewünschte Geld auch bewilligen müssen. Allerdings: Bei der Vorlage seines ersten Jahresberichts hatte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, genau diese bessere Materialausstattung der Truppe auch nachdrücklich gefordert.

Nachtrag: Natürlich ruft so eine Ankündigung Protest aus der Opposition hervor, das gehört dazu. Aber die etwas differenziertere Kritik des Grünen-Abgeordneten Tobias Lindner, der auch im Haushaltsausschuss sitzt, ist interessant:

Ursula von der Leyen hat die Obergrenzen für Waffensysteme aufgehoben und sich damit von einem zentralen Bestandteil der Neuausrichtung ihres Vorgängers verabschiedet. Sie erzeugt den Eindruck, als ob im Ministerium nun eine Stimmung von Wünsch-Dir-Was herrscht. Dabei bleibt eine zentrale Frage noch unbeantwortet, nämlich wo das viele Geld eigentlich herkommen soll.
Bevor die Ministerin mit höheren Stückzahlen und mehr Systemen die Komplexität des Materials der Bundeswehr immer weiter erhöht, sollte sie bestehende Probleme in den Griff bekommen. Der Klarstand ist nach wie vor deutlich zu niedrig und die Probleme in der Versorgung und Wartung bestehen fort. Ich habe derzeit kein Vertrauen darin, dass die Bundeswehr zusätzliche Fahrzeuge instand halten und nachhaltig betreiben könnte und diese nicht auch im Sumpf des niedrigen Klarstandes versacken. Neue Waffen bedeuten zusätzliches Geld für Beschaffung und Wartung. Die Beschaffung müsste durch das bestehende Beschaffungswesen abgewickelt werden. Auch hier ist weitgehend bekannt, dass es erheblich Effizienz- und Managementprobleme gibt.
Bis 2030 will die Ministerin nun also viele Milliarden Euro in einen löchrigen Eimer gießen. Sie sollte sich zunächst damit befassen die Löcher zu stopfen.
Die Aufhebung der Obergrenzen erfolgt Monate bevor ein neues Weißbuch veröffentlicht werden soll. Es ist schleierhaft, warum die Ministerin heute ein Investitionsvolumen verkündet und nicht den Abschluss des Weißbuchprozesses, der ja eine sicherheitspolitische Lagebestimmung darstellt, abwartet, um daraus sachgerecht das notwendige Finanzvolumen abzuleiten. Mit diesem Vorgehen entwertet die Ministerin ihr eigenes Weißbuch – schließlich scheint es keine Relevanz für zentrale Strukturentscheidungen zu haben. So stellt sich die Frage, wozu die Bundesregierung den Aufwand betreibt, ein neues Weißbuch zu schreiben, wenn unabhängig davon zentrale Weichen gestellt werden. Richtig wäre es zunächst die Aufgaben zu bestimmen und dann Schlüsse für das Material und vor allem das Finanzvolumen zu ziehen.