Ausbildungsmission für Libyen: Jetzt auch die Kanzlerin

Eine deutsche Ausbildungsmission für Sicherheitskräfte aus Libyen ist seit Wochen im Gespräch; zuletzt hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor zehn Tagen entsprechende Überlegungen publik gemacht. Seit dem (heutigen) Freitag ist praktisch offiziell, dass es eine solche Ausbildungsmission geben wird, und zwar in Libyens Nachbarland Tunesien: Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte das bei einer Pressekonferenz mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi in Berlin an. Wie zuvor schon das Auswärtige Amt machte Merkel aber die Zustimmung einer – noch nicht zustande gekommenen – libyschen Einheitsregierung zur Voraussetzung.

Aus dem Transkript der Pressekonferenz von Merkel und Renzi:

Merkel: Wir haben natürlich auch über Stabilisierungsmaßnahmen gesprochen, so zum Beispiel über die Syrien-Konferenz, aber vor allen Dingen auch über die Aktivitäten zur Stabilisierung Libyens. Hier können Deutschland und Italien noch mehr zusammen tun; zum Beispiel können wir gemeinsame Trainingsmissionen in Tunesien für Sicherheitskräfte durchführen.

Denn wir haben natürlich ein maximales Interesse daran, dass die andere Seite des Mittelmeers, die Italien gegenüberliegt also Libyen, Schritt für Schritt auch wenn das mühselig ist wieder ein stabiles staatliches Gebilde mit eigenen Sicherheitsstrukturen wird, um eben auch hier die Überführung der Flüchtlingsentwicklung in die Legalität zu ermöglichen und die Illegalität zu bekämpfen. (…)
Merkel: Hinsichtlich der Frage der Ausbildung von Sicherheitskräften gibt es noch keine Details. Es ist klar, dass wir den Sicherheitskräften helfen müssen und dass sie trainiert werden müssen. Da sich Italien in der Frage der Einheitsregierung sehr engagiert und da auch Deutschland hierbei sehr engagiert ist, könnten wir natürlich einen sehr gemeinsamen Ansatz haben. Die Ausbildung findet aber selbstverständlich nicht in Libyen, sondern in Tunesien statt. Wann das jetzt genau losgehen wird, hängt natürlich davon ab, wann es eine Einheitsregierung geben wird und wann man dann mit dieser Einheitsregierung auch vereinbaren kann, was man tut, um den Sicherheitsapparat zu verbessern.

Die Kanzlerin stellte diese Ankündigung in einen Zusammenhang mit der Eindämmung von Flüchtlingsströmen und Schleusung von Migranten über das Mittelmeer – das ist deshalb interessant, weil sie das sonst vor allem von den USA, aber auch von Italien genannte Problem des wachsenden Einflusses der ISIS-Terrormilizen in Libyen mit keinem Wort erwähnte.

Die Verteidigungsministerin hatte dagegen in einem Interview den Kampf gegen die Terrormilizen bei einer solchen Mission in den Mittelpunkt gestellt. Eine neue libysche Einheitsregierung werde dann schnell Hilfe benötigen, Recht und Ordnung in diesem riesigen Staat durchzusetzen. Und gleichzeitig gegen den Islamistenterror zu kämpfen, der auch Libyen bedroht. Deutschland wird sich nicht der Verantwortung entziehen können, dabei einen Beitrag zu leisten, sagte von der Leyen der Bild-Zeitung.

Merkel ließ in ihrer Pressekonferenz auch offen, ob die Bundesregierung in diesem Fall an eine polizeiliche oder eine militärische Ausbildungsmission denkt. Der Spiegel hatte allerdings vor knapp drei Wochen berichtet, im Verteidigungsministerium liefen bereits die Planungen:

Laut internen Plänen könnten deutsche Soldaten gemeinsam mit italienischen Kameraden bereits in wenigen Monaten damit beginnen, libysche Streitkräfte auszubilden. Aus Sicherheitsgründen soll die Mission vorerst in Libyens Nachbarland Tunesien stattfinden. Sie könnte 150 bis 200 Bundeswehrsoldaten umfassen und sich daran orientieren, wie die Kurden im Norden des Irak ausgebildet werden.

Interessant wird bei einer solchen Ausbildungsmission, die dann in Tunesien angesiedelt werden soll, auch eine ganz andere Frage: Wird dafür die Zustimmung des Bundestages erforderlich sein? Nach dem Entwurf der Neufassung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, das am Freitag erstmals im Bundestag beraten wurde, ist bei Ausbildungsmissionen in sicherem Umfeld kein Votum der Abgeordneten erforderlich. Dagegen hatten sich sowohl die Opposition als auch der Deutsche Bundeswehrverband gewandt.

(Bereits aufgelaufene Kommentare zu dem Thema in anderen Threads verschiebe ich hierher.)