G36-Sammler: Nachtwei-Kommission beginnt Arbeit, neuer Geschäftsführer bei Heckler&Koch
Um die Entwicklungen mitzuplotten… lohnt ein neuer Sammelthread zum Thema Sturmgewehr G36:
• Die Kommission um den früheren Grünen-Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei nimmt ihre Arbeit auf: Zusammen mit dem ehemaligen Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus soll Nachtwei prüfen, ob möglicherweise deutsche Soldaten durch Mängel am G36 zu Schaden gekommen sind. Wie zuvor schon Königshaus in Medien-Interviews sagte auch Nachtwei den Bundeswehrmedien, dass er dafür keine Hinweise habe:
Bisher gibt es keine Hinweise darauf. Die konkreten Ermittlungen, ob Soldaten im Gefecht – also in einem hochkomplexen Szenario, von dem es keine Volldokumentation gibt – geschädigt oder gefährdet wurden, sind schwierig. Wir können uns nur der Gefechtssituation annähern, aber das ist meiner Meinung nach schon eine große Hilfe. Für Angehörige von gefallenen oder verwundeten Soldaten oder für Soldaten, die Kameraden verloren haben, ist es von großer Bedeutung, Sicherheit zu haben, ob da ein fehlerhaftes G36 eine Rolle spielte oder nicht.
Übrigens haben Nachtwei und Königshaus hochkarätige Zuarbeit: Das Verteidigungsministerium hat dafür einen Zwei-Sterne-General abgestellt. Generalmajor Johann Langenegger, Kommandeur der 1. Panzerdivision, steht der Kommission beratend zur Verfügung.
• Die G36-Herstellerfirma Heckler&Koch hat einen neuen Geschäftsführer fürs Operative. Aus der Mitteilung des Unternehmens vom (gestrigen) Mittwoch:
Nicola Marinelli verstärkt ab dem 1. Juni die Geschäftsführung der Heckler&Koch GmbH. In seiner Funktion wird er ab sofort den operativen Unternehmensbereich der Gruppe steuern. Herr Marinelli wird im Laufe des Jahres den Vorsitz der Geschäftsführung
übernehmen. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in leitenden Positionen bei der Rheinmetall AG und der Thyssen Krupp AG.
„Mit Herrn Marinelli gewinnen wir einen branchenerfahrenen Experten, der bestens mit dem Marktumfeld, wehrtechnischen Produkten und der Abwicklung von wehrtechnischen Projekten sowohl für die Bundeswehr als auch die alliierten Armeen vertraut ist“, sagte Andreas
Heeschen, Inhaber von Heckler & Koch.
Andreas Heeschen, der im Februar das gesamte operative Geschäft der Gruppe übernommen hatte, wird sich in der neuen Struktur vornehmlich um strategische Fragen kümmern. „Die Entscheidung, das Unternehmen in diesen herausfordernden Zeiten selber zu führen,
war richtig und hat mir sehr zugesagt. Dennoch freue ich mich, die operative Führung nun an einen so kompetenten Kollegen abzugeben,“ so Heeschen und betonte: „Gemeinsam werden wir den unter mir eingeschlagenen Weg hin zu verbesserter Unternehmenskommunikation
und Transparenz ausbauen.“
Herr Marinelli war bis Ende 2013 COO des Geschäftsbereichs Combat Platforms der Rheinmetall AG mit Verantwortung für neun Werke in Deutschland und der Schweiz mit insgesamt 2.000 Mitarbeitern.
Marinelli wird damit Nachfolger von Niels Ihloff, der Anfang des Jahres bei Heckler&Koch ausgeschieden war – wie zu hören ist (wenn auch nie offiziell bestätigt), ziemlich im Streit mit Inhaber Heeschen.
• Für die G36-Sammlung: Da gibt es mehrere Anfragen der Opposition und inzwischen – wenn auch noch nicht komplett veröffentlicht – Antworten der Bundesregierung zum Thema:
http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/666/66665.html
http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/663/66395.html
http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/664/66437.html
Der letzte Punkt in dieser Liste bezieht sich auf die Bundestagsdrucksache 18/4999, in der es nicht nur um das G36 geht – und aus dieser Antwort stammt auch die kurzfristige Aufregung über das MG5 vor einer Woche.
(Danke für den Leserhinweis auf die div. Drucksachen)
(Foto: Blick durch die Zieloptik eines G36, Klick macht größer)
re: audio001: na, da bin aber schon jetzt ganz gespannt, wer da wohl noch so alles in den kommenden Wochen unter der Hecklophilen–Amnesie leiden wird…
Interessant ist aber auch, daß angesichts der angeblichen Kauder Intervention fürs G 36 die Linke jetzt doch wieder an einen Untersuchungsausschuß fürs G 36 denkt, wenn damit vermutlich auch weniger Probleme mit dem G 36 aufgedeckt werden sollten als Motiv der Linke, sondern eher ein enger Vertrauter der Kanzlerin getroffen werden soll!
re: Closius
Möglicherweise ist die Linke der Gedanke gekommen, dass die angebliche Kauder Intervention in Sachen G36 (bzw. folgt man dem diesbezüglichen SPON Artikel müßte man/frau wohl sagen: in Sachen H & K) im Jahre 1994, möglicherweise nicht die einzige Intervention durch Politiker in Sachen G36 gewesen ist!?
Daraus ergibt sich zwangsläufig die Fragestellung, ob möglicherweise der objektiv „merkwürdig anmutende Umgang mit der „Fähigkeitslücke G36““ auf der Führungsebene des BMVg bzw. nachgeordneter Dienststellen bis ins Jahr 2014, möglicherweise auch in einem Zusammenhang mit den Umständen des Zustandekommens der Beschaffungsentscheidung G36 stehen könnte?
Und offensichtlich scheint zum Vorgang der Beschaffung G36 noch nicht alles dem Schredder oder der Löschtaste (wenn man mal von den obligatorischen Erinnerungslücken deutscher Politiker bei persönlich unangenehmen Sachverhalten absieht!) anheim gefallen zu sein,- sodass zumindest auch hier eine Chance auf Aufklärung besteht!
Unabhängig davon, dass es sicherlich auch aus der Vergangenheit den einen oder andern BMVg-Mitarbeiter geben könnte, der sein Wissen über „die „Umstände des Zustandekommens der Beschaffungsentscheidung G36“ gerne mal ausspeichern möchte!?
Insoweit ist sicherlich die neuerliche Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss mehr als folgerichtig …
Im Stern zu lesen: „Ein Beamter kämpft für Deutschland“ – die Geschichte des Helden (O-Ton Stern) Dieter Jungbluth. Da kann man sich auch andersherum fragen: Können sich so viele Menschen im Umfeld des „Helden“ geirrt haben? Oder sollte sich J. vielleicht nicht doch mal untersuchen lassen – von einem Arzt seiner Wahl natürlich. Es soll Fälle gegeben haben, wo Menschen, die sich so sehr in eine Sache verrennen (bei ihm sind es ja gleich menhrere), dass sie darüber den Verstand verloren haben. Und gerade diese Kameraden oder Mitarbeiter bedürfen unserer besonderen Fürsorge. Dazu muss auch gehören dürfen, dass man Sie zum Arzt schickt.
re: Hans Schommer
Da war das Verwaltungsgericht Koblenz aber ganz anderer Meinung (und ich zweifele nicht an der Objektivität der Rechtsprechung im Verwaltungsgericht Koblenz!).
Es ist wohl eher anzunehmen, dass der Herr J. mit seiner Meinung zu bestimmten Sachverhalten nicht zu der Vorstellung des „verordneten Meinungsbild seiner Vorgesetzten“ zu bestimmten Sachvorgängen paßte!- Und das er sich partout nicht in das verordneten Meinungsbild seiner Vorgesetzten einpassen wollte, hat mit Sicherheit nichts mit „krankhaft“ zu tun, sondern allenfalls mit dem Umstand, dass es immer noch Beamte (auch im BMVg) geben soll, die sich „nicht einfach verbiegen lassen“! (Gott sei’s gedankt!- Und gäbe es mehr von „diesen Beamten“, dann müßte man/frau auch nicht über die Unzulänglichkeiten bei der Beschaffung und in den lfd. Rüstungsprojekten öffentlich diskutieren!)
Und das sich Herr J. nicht (wie sie es nennen) „verrannt“ hatte, sondern nur pflichtgemäß handelte – wie man es von einem Beamten übrigens auch erwarten darf – beweist der Umstand, dass seine Feststellungen in der Sache zutrafen!
Und wie sich die Führung des BMVg zum Thema G36 „verrannt“ hatte, wird u.a. auch in der Erklärung des BMVg Presse- und Informationsstab vom 15.09.2013 zum Spiegel-Artikel „Auf Handwärme abkühlen“ (in Ergänzung hierzu der Artikel http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/112638320 ) , (Zitat): „Das Verteidigungsministerium erklärt zum SPIEGEL-Artikel vom 15. September 2013 „Auf Handwärme abkühlen“: Das Gewehr G 36 wurde bereits im Jahr 1995 unter den Bedingungen des damaligen Rüstungsprozesses „Entwicklung-Beschaffung-Material“ eingeführt.
Die im aktuellen SPIEGEL-Artikel dargelegten, angeblichen Unzulänglichkeiten des G36 sind nicht neu. Sie waren Anlass zu Untersuchungen, die im Ergebnis die Vorwürfe ausgeräumt haben.“ (siehe http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYy5DoMwEET_yGvnKEiHRROloyGkiYxZOSv5QMtCmnx8QEpmpDfFkwYesDW7lYITKtlFuEPv6TK81ZDWoCbGecbfJBJBiksOmJVj_6L1edDmCN3-MqLyJaPsFMxCGwM7KaymwhJ3szBvRtEIvTaN1Ub_Yz6Vvdm6rc6n5mpbmFKqv2oeCRk!/ )
Hier gilt es schleunigst seitens des BMVg den Herrn J. angemessen zu rehabilitieren!- Und gleichfalls angemessen die damaligen Vorgesetzen (und deren Unterstützer aus den jeweiligen Fachbereichen) disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen!- Das war „Mobbing“ in Reinkultur ….
“ Generalleutnant Hans-Werner Fritz, erklärte am 27. Mai 2013: „Aus meiner persönlichen Erfahrung als Kommandeur in Nordafghanistan hat es über die Waffe keine Klagen gegeben. Ich würde sie unverändert für eine Waffe halten, die man im Einsatz und in der Vorbereitung zum Einsatz wirkungsvoll nutzen kann.“
Wenn ein General im Konjunktiv spricht, solllter er auch die Bedingungen nennen. Warum ‚wuerde‘ und nicht ‚ich halte..‘ – oder ist das die notwendige Vorsicht im Umgang mit dem BMVg?
Aber meine Frage an die Handwaffen-Experten:
Gibt es denn tatsaechlicht eine im ‚alltaeglichen Gefecht‘ festzustellende Faehigkeitsluecke? Oder gibt es ’nur‘ den (verstaendlichen) Wunsch etwas besseres zu bekommen.
Aus der Truppe in AFG soll es ja keine Klagen gegeben haben oder wurden diese unterdrueckt?
@ audio001 | 07. Juni 2015 – 16:16
„Hier gilt es schleunigst seitens des BMVg den Herrn J. angemessen zu rehabilitieren!- Und gleichfalls angemessen die damaligen Vorgesetzen (und deren Unterstützer aus den jeweiligen Fachbereichen) disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen!- Das war „Mobbing“ in Reinkultur ….“
Ob da jemand zu rehabilitieren ist, wird sicher geprüft werden. Und das muss auch sein – kein Zweifel. Als Grundlage hierfür taugt aber weder die Berichterstattung des Spiegel, des Stern noch die der Bildzeitung. Und das ist wohl auch nachvollziehbar.
Unabhängig davon wäre es für J. sicher nur von Vorteil, sich einer ärztlichen Begutachtung zu unterziehen. Er kann doch nur gewinnen. Entweder kommt er da als psychisch unauffälliger Mann raus, oder er bekommt eine Therapieempfehlung.
@Hans Schommer: „Es soll Fälle gegeben haben, wo Menschen, die sich so sehr in eine Sache verrennen (bei ihm sind es ja gleich menhrere), dass sie darüber den Verstand verloren haben.“
Stimmt. Da fällt mir ganz spontan ein sehr prominenter Fall ein, wo sich ein paar Beamte angeblich so in eine Sache verrannt haben, dass man meinen könnte deren politische Vorgesetzte haben darüber den Verstand verloren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerfahnder-Aff%C3%A4re
Einer dieser Querulanten arbeitet nun für die andere Seite.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/steuerfahnder-wehrheim-ueber-schwarzgeld-in-der-schweiz-a-871002.html
Aber diesen Fall meinten sie sicherlich nicht, oder?
Wenn ich höre oder lese, dass einem spezialisierten Beamten der Stöpsel via Psycho gezogen werden soll, dann gehen bei mir sofort alle Alarme los.
Sie sehen es umgekehrt. Motto: Die Führung weiß es im Zweifel besser.
re: CRM-Moderator (Zitat aus dem Kommentar von Hans Schommer: „Unabhängig davon wäre es für J. sicher nur von Vorteil, sich einer ärztlichen Begutachtung zu unterziehen. Er kann doch nur gewinnen. Entweder kommt er da als psychisch unauffälliger Mann raus, oder er bekommt eine Therapieempfehlung.“) Diese Aussage ist schon ein echtes highlight!
CRM-Kommentor, Sie haben recht!- Und ich neige dazu, nicht jeden Kommentator mit seinen spezifischen Ansichten zum Umgang mit (anvertrauten) Mitarbeitern ernst zu nehmen!
Ich würde mir wünschen, dass sich einer der deutschen Spitzenanwälte des Fall des Herrn J. annimmt und mal prüft in welcher Höhe Schadensersatzforderungen gegen den Dienstherrn (u.U. wegen Mobbing) gerechtfertigt wäre!?
Im Übrigen wäre mal zu prüfen, ob möglicherweise der Tatbestand der Körperverletzung (im Amt), der Nötigung und möglicherweise der „üblen Nachrede vorliegen könnte und u.U. strafrechtlich noch zu ahnden wäre ….
re: MikeMolto
(Zitat): „Aus meiner persönlichen Erfahrung als Kommandeur in Nordafghanistan hat es über die Waffe keine Klagen gegeben“- Da darf man wohl unterstellen, das dieses tatsächlich die Ansicht des Generals war!
Auf ihre Frage hin: „Ja,- die Fähigkeitslücke gibt es!“ Und diese wird (inzwischen) auch von niemanden mehr bestritten!
Und um einen realistischen Beschusszyklus festzulegen, hat man sich u.a. an der Britischen Armee orientiert die gefechtsnahe Beschusszyklen als Teil ihres Trainings verstehen.
Und ein derartiger Beschusszyklus war Basis u.a. der Beschussversuche vom 17.01 – 19.01.2012.- Und der Rest der Geschichte ist ja bekannt ….
@MikeMolto
es gibt leider kein „alltägliches Gefecht“. Heute kann Sie alles erwarten. Vom Distanzhinterhalt zum CQB is alles dabei. Das macht es ja gerade so schwierig einen geeigneten Handwaffenmix mit der dazu passenden Kampfweise und Taktiken aufzustellen. Ein Optimum ist hier nicht möglich sondern maximal ein Kompromiss.
Hier sei einmal auf die ua von @audio001 immer wieder verwendete „Fähigkeitslücke G36“ zu kommen:
So einfach ist das nicht. Zu einer Fähigkeitslücke gehört – um sie zu einer qualitativen zu machen – auch der Bedarf an der Fähigkeit. Mein Auto hat auch eine Fähigkeitslücke jenseits der 210 km/h – ich aber keinen Bedarf an dieser Fähigkeit, deshalb bleib ich dabei.
Und genau so ist es beim G36. Der Bedarf muss durch den Nutzer definiert werden. Und das ist er auch und anschließend mit Eckwerten zur Produktion versehen worden. Hier eben ua. als Gewehr für den gezielten Einzelschuss und kurze Feuerstöße bei einer Tagesmunitionsmenge von 100 Schuss usw…
An diesem Bedarf orienteiet sich aber auch die Qualitätssicherung und die Validierung des Produkts. Das sind die Eckwerte mit den dazugehörigen Testverfahren. Solange diese Werte alle im grünen Bereich sind gibt es de facto weder für die beschriebene Fähigkeit eine Lücke noch für das Produkt einen Mangel.
Eine Änderung des Bedarfs kann also logischerweise nur vom Nutzer kommen (hier Nutzungsleiter Heer).
Was nicht sein kann, ist das jemand in der Qualitätssicherung eigene Tests vornimmt (oder wie hier eben andere Tests im Rahmen einer Schadensuntersuchung interpretiert) alle Eckwerte links liegen lässt und dann seine eigene Agenda losbricht. Die Informationen aus solchen Tests und deren Erkenntnisse gehen (und gingen) and den Nutzungsleiter und der muss dann bewerten ob daraus eine Fähigkeitslücke entsteht (an die vielleicht vor 20 Jahren noch keiner gedacht hat oder denken konnte – ist ja fair).
Also musste das Heer aus den Erkenntnissen der GPS und der WTD 91 in Verbindung mit den Dokumentationen der Gefechte beurteilen ob die Fähigkeitslücke eine qualitative ist oder nicht, das heisst den tatsächlichen Bedarf an der Fähigkeit bestimmen und/oder die Warscheinlichkeit, dass diese Fähigkeit gebraucht wird.
Um dies nachweislich zu können musste eben ein neuer „einsatznaher Beschussrhythmus“ her der sich aus bisherigen Szenarien und Gefechtsberichten entwickelte. Damit hat der Nutzungsleiter aber eben auch die Fähigkeitsforderung an sein Sturmgewhr geändert (über 20 Jahre nach Einführung)
Warum? und ob das so sinnvoll ist – wäre eine deutlich interessante Diskussion – die intern auch hitzig geführt wird. Da gehts dann um Waffenmix und DMRs/Kampfentfernungen/Kaliber etc… alles in allem ob dieses getestete Delta eben eine qualitative Fähigkeitslücke ist oder einfach eine Fähigkeitslücke der Waffe.
Daher sind auch die Lösungsansätze sehr unterschiedlich.
Letztendlich hat sich die Ministeriumsführung aber dazu entschlossen es zu einer qualitativen Fähigkeitslücke zu erklären und auch so zu kommunizieren. Die Folgen daraus sind im Übrigen deutlich vielschichtiger als nur die Diskussion um das verwendete Gewehr. Fragen zu Schlussfolgerungen zu Taktiken und Kampfweisen die sich aus den neuen Forderungen ergeben sind auf der Arbeitsebene auch ohne neue Waffe immenent.
Ich denke dies sollte auch viele Fragen im Bezug auf die Zeitachse und die Abläufe beantworten.
Um nach dieser Exkursion die Frage abschliessend zu beantworten:
Klagen aus der Truppe im faktischen Sinne nein, da ja die Anwendung des Gewehrs in Vorschriften geregelt ist. Und wenn dort nunmal geregelt ist, dass das heissgeschossene Gewehr bei offenem Verschluss abzukühlen ist bevor damit weitergeschossen wird, dann ist ein fehlendes Trefferverhalten bei heissgeschossen Waffen eben nicht zu beobachten, solange man sich an die Vorschriften hält. (Die Untersuchungen haben ja unisono ergeben dass die Treffpunktverlagerung und Streukreisaufweitung allesamt reversibel sind und somit nach Abkühlung so nicht auftreten) Ansonsten ist man ja im Bereich des unsachgemäßen und vorschriftswidrigen Gebrauchs der Waffe. Klingt ersmtal lächerlich – gibt es aber als Handlungsanweisung für jede Waffe.
Subjektiv, auch schriftlich niedergeschrieben, gibt es schon solche Beobachtungen – allerdings auch wirklich wenige im Anbetracht zur Verbreitung der Waffe. Diese sind aber subjektive Beobachtungen, die gerade in Gefechten schwierig nachzuvollziehen sind. Es wäre mal interessant eine Teststrecke „einsatznaher Einsatz“ mit verschiedenen Waffen zu machen. Jeder der schonmal an einem Gefecht teilgenommen hat oder eigentlich generell gedient hat weiss, dass im Zuge dessen die Waffe deutlich größeren Belastungen ausgesetzt ist als „nur“ der Schussbelastung. HK selbst hat dort ja den „over ze bietsch“ (google over the beach test)Test ich glaube für das HK 416 gemacht. Allerdings müsste man sowas um Stürze, Schläge und Erschütterungen erweitern und dann auf Präzision, bzw Streukreisaufweitung usw. testen als lediglich auf Funktion (auch wenn das ja schonmal ein guter Ansatz ist).
Zusätzlich ergibt sich durch die Dynamik des Gefechts und die begrenzten Möglichkeiten des BDA im Felde oftmals kein valides Gefechtsbild.
Soldat A bekämpft einen Feind auf von ihm geschätzte 150m erfolglos, als er dies meldet übernimmt das MG den Feuerauftrag mit Erfolg. Jetzt wäre es super interessant die Gründe dafür zu erfahren, aber die sind so vielschichtig und eben bei einem echten Gefecht nicht nachzuvollziehen (waren es denn überhaupt 150m, wo war der Haltepunkt, welche Mun, welchem Zustand hatte die Waffe, wie „daneben“ war er wirklich, wie gut ist der Schütze, warum hatte das MG Erfolg? usw…)
Eines von unendlichen Beispielen…
ich denke man bekommt eine Idee wie schwierig eine „realistische Analyse“ heute ist. Wie eingangs erwähnt gibt es hier kein Optimum, sondern lediglich einen Kompromiss und für diesen Kompromiss wurden eben kürzlich die Eckwerte geändert und jetzt muss man an den Anpassungen eben arbeiten.
@ Jas | 07. Juni 2015 – 18:55
Danke, so aehnlich hatte ich auch gedacht, aber es gibt ja mehrere Stimmen, welche glauben machen wollen, das G36 ( Ich habe noch mit M1(Garand) und G3 geschossen) sei eine Fehlleistung.
Meine Beurteilung daraus: Wenn nach Bauausfuerung die Kriterien geaendert werden darf weder der Besteller noch der Hersteller dafuer zur angeklagt werden.
@ CRM-Moderator | 07. Juni 2015 – 17:53
„Sie sehen es umgekehrt. Motto: Die Führung weiß es im Zweifel besser.“
Nein, das sehe ich wirklich nicht so. Wenn man aber wie ich noch gut vernetzt ist, bekommt man auch allerhand Einschätzungen zu hören, die eben über die in den Medien verbreiteten Informationen hinausgehen und ein etwas anderes Bild ergeben. Daraufhin erlaube ich mir aber noch kein Urteil, aber eben die zuvor gepostete Empfehlung.
Mir ist jedenfalls neu, dass die Remonstrationspflicht (oder das -recht?) des Beamten die Weitergabe von eingestuften Dokumenten an die Medien umfasst. Insofern sind auch disziplinare Überlegungen hier durchaus angebracht! Da dieses Gewehr anscheinend vor allem unter Versuchsbedingungen nicht aber in realen Gefechtssituationen negativ auffällt, ist m.E. ein solch pflichtwidriges Verhalten auch nicht moralisch zu rechtfertigen! Warum dürfen denn Vorgesetzte bei dieser Faktenlage nicht so entscheiden, wie man entschieden hat??? Sie werden doch dafür bezahlt, auch schwierige Entscheidungen zu treffen! Wer unter diesen Umständen zum Whistleblower werden möchte, der sollte den Beamtenrock lieber ausziehen! Das wäre konsequent und aufrichtig!
@Harry | 08. Juni 2015 – 10:13
Ist denn nun schon bewiesen, wer -„Remonstrationspflicht (oder das -recht?) des (!-Betonung von mir) Beamten die Weitergabe von eingestuften Dokumenten an die Medien umfasst“- entsprechend tätig war? Sie legen hier eine Verantwortung desselben Beamten, der nach Meinung anderer hier auf jeden Fall „sich einer ärztlichen Begutachtung zu unterziehen“ sollte, nahe. Was spricht denn dagegen, Probleme mit Dienstpflichtverletzungen -wenn es sie gegeben hat- ganz klassisch ohne Schlammschlacht zu lösen? Offensichtlich gibt es Dienststellen mit Akteneinsicht, die bereits festgestellt haben, dass es sich um eigentümliche Vorgänge und nicht um eine massive Gefährdung der Äußeren Sicherheit handelt.
Ein Beamter hat die PFLICHT zur Remonstration. Das ist keine selbstaufgelegte Compliance, wie bei grossen Aktiengesellschaften.
Ich zitiere einfach mal Wikipedia – auch wenns langatmig ist:
„Nach den Vorschriften des Beamtenrechts m_u_s_s der Beamte seine dienstlichen Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen. Hat er Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer Weisung, so m_u_s_s er seinem unmittelbaren Vorgesetzten gegenüber remonstrieren, d. h. gegen die Ausführung der Weisung Einwände erheben. Bestätigt der unmittelbare Vorgesetzte die Anweisung und sind die Bedenken des Beamten nicht ausgeräumt, so m_u_s_s sich der Beamte an den nächsthöheren Vorgesetzten wenden. Der Beamte hat hier keinen Ermessensspielraum. Bestätigt auch der nächsthöhere Vorgesetzte (der Vorgesetzte des Vorgesetzten des remonstrierenden Beamten) die Anordnung, so m_u_s_s der Beamte sie ausführen. Diese Gehorsamspflicht trifft den Beamten allerdings dann n_i_c_h_t, wenn er durch die Befolgung der Weisung eine S_t_r_a_f_t_a_t oder O_r_d_n_u_n_g_s_w_i_d_r_i_g_k_e_i_t begehen würde.“
Frage:
Hat der Beamte nachweislich eingestuftes Material an Unbeteiligte weitergegeben?
@Harry: Sie riskieren m.M.n. ein ziemlich heiße Lippe wider den „Beamten“ und das ziemlich realitätsfern:
Wenn ein Beamter im Zuge der Remonstration – weil z.B. der normale Dienstweg „erschöpft“ – sich völlig legal (samt VS-nfD) an einen Abgeordneten seines Vertrauens wendet, können Sie Gift drauf nehmen, daß die Sache im VA und/oder im HA landet, bzw. wenn diese schon dort ist und bislang unterging, dann ausgegraben wird.
Damit können Sie sich ausrechnen, wieviele Abgeordnete und auch deren wissenschaftlich Mitarbeiter für eine Weitergabe an die Medien zur Verfügung stehen, egal ob dies nun unmittelbar oder mittelbar erfolgt (… rein theoretisch natürlich… :>)
Hinzukommt, daß meist unmittelbar sich die MA der betreffenden Abgeordneten einer Anfrage an das BMVg annehmen, welche dann an einer „speziellen Stelle für Parlamentarische Fragen“ bearbeitet wird
Parallel fragen die Medien beim PrInfoStab des BMVg an, welcher meist an die PIZ weitergibt. Wenn dann – mangels Fachkompetenz und mangels Wissen von „rechter und linker Hand“ – der „Bullshit“ komplett ist bzw. die Widersprüchlichkeiten auf dem Tisch liegen, ist auch der Medien- und/oder Politskandal komplett (G36, Rampenlandung MeS, Termez , RMK-30-Erprobung an UH1D, Stellungnahme von Frau Dr. Oberfeldmaus zu Schußwaffen (am WE), etc., sind da die allerbesten Beispiele).
Nur der „Beamte“ hat bei dem Ganzen nicht „geleakt“, sondern das System hat sich mal wieder selber in den Popo getreten. Darauf kann man seinen Kopf wetten!
@Vtg Amtmann
Es gibt kein Remonstrationsrecht/-pflicht über die Information den Dienstweg hinaus. Die Remonstration verläuft in drei Stufen. Zunächst muss der Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer amtlichen Weisung beim unmittelbaren Vorgesetzten erheben. Bleibt dieser bei seiner Anordnung, hat er sich an den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Weisung auch von diesem bestätigt, muss der Beamte diese ausführen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die dienstliche Anordnung auf ein erkennbar strafbares oder ordnungswidriges Verhalten abzielt, die Menschenwürde verletzt oder sonst die Grenzen des Weisungsrechts überschreitet.
Darüber hinaus gibt es das Beschwerderecht gemäß BBG § 171
(1) Der Beamte kann Anträge und Beschwerden vorbringen; hierbei hat er den Dienstweg einzuhalten. Der Beschwerdeweg bis zur obersten Dienstbehörde steht offen.
(2) Richtet sich die Beschwerde gegen den unmittelbaren Vorgesetzten (§ 3 Abs. 2), so kann sie bei dem nächsthöheren Vorgesetzten unmittelbar eingereicht werden.
Auch besteht die grundsätzliche Möglichkeit einer Strafanzeige.
Das Remonstrationsrecht zu missbrauchen um eigene Vorstellungen, Meinungen oder Ansichten durchzusetzen ist nicht korrekt.
Straftaten gehören jedoch Angezeigt und für den Rest gibt es den Personalrat und die Stufenvertretung bis hin zum HPR.
@ Vtg-Amtmann | 08. Juni 2015 – 12:59
„Wenn ein Beamter im Zuge der Remonstration – weil z.B. der normale Dienstweg “erschöpft” – sich völlig legal (samt VS-nfD) an einen Abgeordneten seines Vertrauens wendet, …“.
Könnten Sie mal erklären (Quelle reicht mir auch), wie Sie die Legalität der Weitergabe von VS-NfD an den „Abgeordneten des Vertrauens“ herleiten?
@ Zimdarsen: Danke für die Wiederholung. ;o)
Der Knackpunkt ist doch:
„Diese Gehorsamspflicht trifft den Beamten allerdings dann
n_i_c_h_t,
wenn er durch die Befolgung der Weisung eine
S_t_r_a_f_t_a_t oder O_r_d_n_u_n_g_s_w_i_d_r_i_g_k_e_i_t
begehen würde.“
Das kann natürlich ein sehr weites Feld sein.
Bezüglich des Nichtbefolgens einer Anweisung duch den Beamten unter Verweis auf die im Gesetz verankerten Unverbindlichkeits- oder Zurückweisungsgründe sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass ein vermeidbarer Irrtum nicht vor Strafe schützt.
@Zimdarsen, @Hans Schommer: Wie von @CRM-Moderator bereits ausgeführt, schon mal was von „höherwertigerem Rechtsgut“ gehört? Und das mit der Strafanzeige als Alternative ist wohl i.d.R. ein Weg mit „fff“!
Vtg-Amtmann | 08. Juni 2015 – 13:43
„@Zumdarsen, @Hans Schommer: Wie von @CRM-Moderator bereits ausgeführt, schon mal was von “höherwertigerem Rechtsgut” gehört?“
Der Begriff des „Höherwertigeren Rechtsgutes“ wird nun schon als Synonym für „Gemeimnisverrat“ betrachtet. Dann braucht einen nix mehr zu wundern.
Leute, wollt ihr die Detaildebatte über Remonstrationsrechte und -pflichten nicht lieber auf einem Beamtenblog weiterführen? Es wird doch arg kleinteilig…
Naja……
…. letztendlich ist (auch) das der Dreh- und Angelpunkt. Gabs da jemand im System, der um Probleme wusste? Wie hat man drauf reagiert? Hat der Mann ein pers. psych. Problem oder versucht da das System eine unliebsame Äusserung eines Spezialisten wegzudeckeln….
Wann ist man Whistleblower, wann Geheimnisverräter?
http://de.wikipedia.org/wiki/Whistleblower#Deutschland
Zurück zum Thema:
Habe ich schon erzählt, dass ich auf der Schiessbahn mit dem G-36 immer besser getroffen habe als mit dem G-3?
@ Hans Schommer
Es verwundert mich, dass Sie das systematische Mobbing gegen den Beamten Dieter Jungbluth durch seine Vorgesetzten so verteidigen. Gleichzeitig habe Sie in irgendeinen Kommentar darauf hingewiesen, dass Sie selbst immer noch Verantwortung für Mitarbeiter tragen im Bürgermeisteramt.
Ich hoffe für Sie und ihre Mitarbeiter, dass Sie in ihren persönlichen Konfliktösungsstrategien anders vorgehen, als in dem geschilderten Fall beim BAINBw.
Damit werde ich mich wieder aus dem Thread ausklinken, denn mit dem G36 hat dies schon lange nichts mehr zu tun.
@T.W.: Nee, das „Kleinteilige“ ist mit Ratio und einem gesunden Rechtsempfinden längst abgehakt. Nur es galt eine Lanze zu brechen, für die „Beamten“ speziell für die von der WDT 91und dem BAAINBw , welche schlichtweg nur ihre Arbeit gemacht haben, ob es einigen Lobbyisten passte, oder auch nicht! Ich denke da nur mit Grauen an die RMK 30 für den UH-Tiger, welche einen eigen Thread wert wäre.
Als ob es beim G36 um das G36 geht. Ist es nicht gerade der Kern aller Rüstungsthreads wie man Fehlerkultur lebt und welche Möglichkeiten Angehörige der Bw, welche eine abweichende Meinung zum BMVg vertreten, haben um sich Gehör zu verschaffen?
Ist nicht gerade Augengeradeaus eines der Instrumente der Republik für eine gelebte Fehlerkultur?
Wäre evtl einen eigenen Thread wert, welche legalen Kommunikationsmöglichkeiten Angehörige der Bw haben, gerade in Grenzbereichen?
Könnte es sein, dass der Fall -Jungbluth- Gegenstand der Nachtwei-Kommision wird?
Auch wenn @JAS dafür schon reichlich Schläge einstecken musste, will ich mich hier noch einmal an einer Zusammenfassung versuchen, um einfach mal die Ungereimtheiten mit Blick auf die im Bereich der Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung im Geschäftsbereich des BMVg etablierten Prozesse aufzuzeigen.
Dass ein wehrtechnisches Produkt am Ende seiner Lebensdauer in der Bundeswehr keine Zukunft mehr haben soll, ist an sich nicht verwunderlich. Die Art und Weise, wie diese Bewertung zustande gekommen ist, wirft aber durchaus eine Reihe von Fragen auf.
Erste Frage: Was ist da eigentlich los mit dem G36?
Hierzu meine subjektive Wahrnehmung: Das Gewehr hat seit seiner Einführung – auch und gerade in den Einsatzgebieten – stets tadellos funktioniert. Besondere Stärken sind seine Robustheit, sein geringes Gewicht, die einfache Handhabung und die hohe Zuverlässigkeit. Die Treffsicherheit übertrifft die Forderungen der Technischen Lieferbedingungen. In der praktischen Anwendung haben sich – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch – keinerlei Probleme ergeben, die nicht den technischen Grenzen der Auslegung der Waffe als Sturmgewehr entsprochen hätten.
Demnach gab es auch eigentlich keine Notwendigkeit, an einer Wehrtechnischen Dienststelle „Fähigkeitslücken zu schießen“. Hier sehe ich einen Ansatzpunkt für Untersuchungen in der Organisation bei der Beantwortung der folgenden Frage.
Zweite Frage: Was hat die Experten der WTD 91 und andere (z.B. den Bundesrechnungshof, der hier ein ganz außergewöhnliches Engagement an den Tag gelegt hat) dazu veranlasst, das G36 unter ständig neuen Anforderungen immer wieder zu erproben und die so gewonnen Erkenntnisse auf allen möglichen Kanälen „nach oben zu melden“?
Fähigkeitslücken beschreiben üblicherweise nicht die Leistungsgrenzen von wehrtechnischen Produkten, sondern das Unvermögen der Streitkräfte, eine Aufgabe mit den dafür bereit gestellten Ressourcen erfüllen zu können. Wenn dies erkannt wird, wird die Fähigkeitslücke in der Regel im Rahmen einer Initiative beschrieben und ihre Anerkennung durch die für die Planung verantwortliche ministerielle Stelle erbeten. Ist die Fähigkeitslücke anerkannt, werden Möglichkeiten analysiert, sie zu schließen. Kommt hierzu nur eine materielle Lösung in Betracht, wird eine Produktverbesserung oder die Einführung eines Produktes als Lösungsalternativen betrachtet. Mit einem derartigen Mandat ergibt eine umfassende Erprobung eingeführter und am Markt vorhandener Produkte Sinn, weil man hiermit die Verfügbarkeit bzw. die Herstellbarkeit eines geeigneten Produktes nachweisen und die Grundlagen für einen Wettbewerb legen kann. Meines Wissens lag ein solches Mandat den durchgeführten Untersuchungen nicht zugrunde. Vorliegend ist der Prozess vielmehr offenbar „auf den Kopf gestellt worden“.
Hierzu meine subjektive Wahrnehmung: Einige Waffenexperten der Bundeswehr verfügten über Erkenntnisse, dass die Konstruktion des G36 Defizite aufweist. Diesen Defiziten gingen sie durch entsprechende Untersuchungen auf den Grund. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen berichteten sie nach oben – in der Erwartung, dass die Konstruktion geändert oder ein anderes Produkt beschafft werde. Hierzu sahen die verantwortlichen Stellen aber keine Veranlassung, da sie das aufgezeigte Verhalten der Waffe in Grenzbereichen als akzeptabel empfanden, zumal die Technischen Lieferbedingungen eingehalten wurden. Mit diesem Ergebnis waren die Experten – die, ich betone es hier nochmals, definitiv nicht für die Ermittlung von Fähigkeitslücken zuständig sind – nicht einverstanden. Sie führten ihre Untersuchungen unter progressiv verschärften Bedingungen fort, um den Handlungsdruck auf das Ministerium zu erhöhen. Dieses hielt jedoch dagegen, wodurch es zu einer Eskalation kam, deren Ergebnis wir heute in Form der „G36-Affäre“ beobachten können.
Die unschönen Randerscheinungen, wie Durchstechereien, anonyme Strafanzeigen, Vorwürfe der Einflussnahme und die versuchte Einschaltung des MAD sind Indizien dafür, mit wie „harten Bandagen“ hier gekämpft wurde.
Diese Gemengelage hat Bundesministerin Dr. von der Leyen bei ihrem Amtsantritt so vorgefunden, als kritisch identifiziert und abzustellen gesucht. Daher wurde ein neutrales, unabhängiges Gutachten, frei von ministeriellen Einflüssen, unter Beteiligung aller relevanten Player beauftragt, auf dessen Grundlage dann eine Entscheidung getroffen werden sollte.
Das Ergebnis dieses Gutachtens, für das wiederum neue, abermals verschärfte Kriterien zugrunde gelegt wurden, bestätigte die bereits bekannten Präzisionseinschränkungen der Waffe im physikalischen Grenzbereich. Mit Vorliegen dieses Ergebnisses hat der Handlungsdruck seinen Höhepunkt erreicht – bedingt durch die Ausschaltung der Fachaufsicht („frei von ministeriellen Einflüssen“) wirkte dieser Druck unmittelbar auf die Spitze des BMVg. Das hohe mediale Interesse und das bisherige Geschäftsgebaren der Beteiligten erforderten eine sofortige Entscheidung. Es blieb nichts anderes, als den Experten zu vertrauen, die Präzisionseinschränkungen als „ernsthaftes Problem“ einzustufen und das G36, zwar nicht „in Bausch und Bogen“, aber eben doch aus der Zukunft der Bundeswehr zu verdammen.
Es wäre wichtig zu wissen, wie neutral, unabhängig und wissenschaftlich korrekt das vorliegende Gutachten tatsächlich ist, wie das G36 im Vergleich zu anderen Sturmgewehren abgeschnitten hat, wie der Einfluss der Munition zu bewerten ist und was eine adäquate Lösung wäre. Auch die Antwort auf die Frage nach den Motiven der Experten, die ja letztlich bereits vor Jahren den Stein ins Rollen brachten und den Druck ständig erhöhten, ist zur Beurteilung des Sachverhaltes wichtig. Waren sie besorgt um die Sicherheit der SoldatINNen? Wollten sie einen Sachmangel aufzeigen? Ging es ihnen um eine Verbesserung der Ausrüstung? Und weshalb haben sie dann nicht die etablierten Wege eingehalten?
Dritte Frage: Ergebnis und Siegerehrung?
Ob die „aufrechten Beamten“ nun eher im BMVg oder in der WTD 91 und im Bundesrechnungshof Dienst tuen, ist in meiner Wahrnehmung längst noch nicht abschließend geklärt. Offensichtlich ist aber, dass es Schwachpunkte sowohl in der Kommunikation als auch und vor allem in der Führung gegeben hat und immer noch gibt.
Es war zwar vor dem Hintergrund des latenten Vorwurfs der Einflussnahme naheliegend aber auch gefährlich, die ministerielle Fachaufsicht aus der Untersuchung herauszuhalten – damit wurde der Entscheidungsdruck unmittelbar in die Leitung des BMVg projiziert. Völlig unklar ist, wer hier in den entscheidenden Stunden mit welcher Expertise die Ministerin fachlich beraten hat.
In ihrer eigenen Wahrnehmung – und das ist für mich vollkommen nachvollziehbar – sorgt die Ministerin nun für Transparenz und Klarheit. Die Schwächen in der Organisation, der Führung und der Kommunikation werden analysiert und abgestellt, das defizitäre Gewehr verbessert oder durch ein besseres ersetzt.
Prima – die Zeiten der Vertuschung, der Schönfärberei und der Einflussnahme sind also nun Geschichte. Ich weiß nur nicht, ob es diese Zeiten tatsächlich gab. Genausowenig weiß ich, ob es überhaupt ein besseres Sturmgewehr als das G36 gibt – aber diese Wunde wird durch Zeit und Geld zu heilen sein.
Alles klar?
Vielleicht schreibt Ulrike Demmer ja bald ein paar Zeilen über „die Wagenburg in der Drachenburg“.
Ich mache das Fass jetzt nicht wieder auf- ich weiß auch nicht, wer alles Informationen an die Presse weitergeben hat. Ich weiß aber, dass eine Menge Papiere Ihren Weg aus de, Haus an die Presse finden und glaube nicht, dass das jedesmal über MdBs läuft, sondern vermutlich häufig unmittelbar durch Beamte und Soldaten passiert. Spätestens seit der letzten Stationierungsentscheidung hat man das Thema Indiskretionsrecherche mehr als einmal geprüft – und kommt meist zu dem Ergebnis, dass man nichts machen kann, weil es nicht mal eine realistische Chance gibt in Zeiten von Vorlage per LoNo den Übeltäter zu finden. Ich persönlich halte das für sehr bedenklich, da die Bw hierdurch eine Menge Probleme hat, die echt vermeidbar wären und Illoyalität toleriert, die in jedem zivilen Unternehmen zu einer fristlosen Kündigung führen würde.
Wenn also der Eindruck entsteht, dass eine Weitergabe von eingestuften Unterlagen etwas heldenhaftes wäre, dann möchte ich dem entschieden entgegen treten! Ob der WTD-Beamte etwas weitergegeben hat, oder jemand aus vorgesetzten Dienststellen, weiß ich im konkreten Fall nicht, würde es aber genau so bewerten wie oben dargestellt. Und das sehe ich durchaus im Einklang mit den o.a. Ausführungen zur Remonstrationspflicht. Dass dem Hausherrn das Thema Informationsflüsse an Medien nicht so recht ist, ist natürlich nachvollziehbar. ich gebe aber zu, dass es kein G36 Thema ist und gebe dahe Ruh!
Sehenden Auges | 09. Juni 2015 – 16:06
Zitat I: …….will ich mich hier noch einmal an einer Zusammenfassung versuchen, um einfach mal die Ungereimtheiten mit Blick auf die im Bereich der Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung im Geschäftsbereich des BMVg etablierten Prozesse aufzuzeigen Ende Zitat I.
Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, das Sie irgendwie mit Ihrem Versuch – trotz umfangreicher Textpassagen – gescheitert sind. Die, die Sie in Ihrem Beitrag kritisierten (WTD, BAAIN, BRH, etc.) haben bzw. konnten in der Vergangenheit zumindest mit Fakten aufwarten. Es wäre für den geneigten Leser vorteilhaft gewesen, wenn auch Sie, so meine bescheidene Meinung, anstelle von Mutmaßungen mehr mit Fakten argumentiert hätten.
Zitat II :„Vielleicht schreibt Ulrike Demmer ja bald ein paar Zeilen über „die Wagenburg in der Drachenburg“Zitat Ende Zitat II :
Meinten Sie hiermit vielleicht die Wagenburg der sogenannten „Hecklophilen“ ? Wenn ja, da kann ich Sie beruhigen, denn die soll sich Dank der Intervention von v.d.L doch endlich in der Auflösung befinden !
@Peter Pan: Ich kann mich irgendwie des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie mit dem Versuch gescheitert sind, meine „umfangreichen Textpassagen“ zu verstehen – so Sie ihn denn ernsthaft unternommen haben. Und nein – ich meinte nicht die Wagenburg der „sogenannten Hecklophilen“ – jedenfalls nicht im Sinne Ihrer Mutmaßung. Das mag übrigens als Beleg für meinen oben geschilderten Eindruck gelten. Gute Nacht.
Was ist ermitteln?
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/g36-affaere-mad-ermittelte-offenbar-doch-a-1038015.html