Das Ende fürs G36 bei der Bundeswehr. In der derzeitigen Form… (Update: Haushaltsausschuss)
Gut drei Stunden hat am (heutigen) Mittwoch der Verteidigungsausschuss des Bundestages die Verteidigungsministerin und Beamte des Ministeriums zum Sturmgewehr G36 angehört. Dabei ging es um etliche technische Detailfragen, aber auch um die administrative und politische Verantwortung für die Präzisionsprobleme mit der Standardwaffe der Bundeswehr.
Unterm Strich nach den drei Stunden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagt zwar, das G36 habe keine Zukunft in der Bundeswehr. Was sie im öffentlichen Statement (siehe unten) zwar nicht, aber im Ausschuss wohl sehr ausdrücklich gesagt hat: in der derzeitigen Form. Denn die Truppe soll langfristig ein neues Sturmgewehr bekommen. Und, als Überbrückung, vielleicht auch etliche neue Waffen für einen Teil der Bundeswehr. Was das wird, das ist alles noch offen – und die Ministerin hat sich offensichtlich bewusst den Ausweg offen gelassen, dass das auch ein modifiziertes G36 sein könnte. (Vielleicht mit ’ner anderen Nummer?)
Und klar ist auch: Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss wird es wohl zu diesem Thema nicht geben. Sowohl die Grünen als auch die Linkspartei verwiesen darauf, dass sie erst mal abwarten wollten, welche Akten das Ministerium auf ihre Frage herausrücke, und die Antworten aufarbeiten wollten.
— Update zwischendurch: Nach Angaben des Grünen-Haushaltspolitikers Tobias Lindner gibt es vorerst keine Mittel für eine weitere Beschaffung von G36-Gewehren:
#Haushaltsausschuss sperrt einstimmig Mittel für G36
— Dr. Tobias Lindner (@tobiaslindner) April 22, 2015
—–
Eine vorsichtige Prognose: Es wird ein überarbeites G36 oder ein anderes Modell von Heckler&Koch als Übergangslösung geben; die langfristigen Anforderungen an die künftige Standardwaffe werden jetzt mal formuliert (was eigentlich schon längst hätte passieren müssen), und ein Untersuchungsausschuss wird nicht kommen.
Im O-Ton (die wg. der Tonqualität nicht verständlichen Fragen der Kollegen, das waren fast alle, habe ich rausgeschnitten):
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
.. und die Sprecher der Fraktionen in chronologischer Reihenfolge:
Jan van Aken, Linkspartei
Henning Otte, CDU/CSU
Rainer Arnold, SPD
Agnieszka Brugger, Grüne
Nachtrag: Wer sich das ganze lieber auf der Bundeswehrseite anhören möchte – das geht inzwischen auch. Mit Video. (Scheint mir aber ein bisschen kürzer – das Statement von der Leyen ist bei mir knapp fünf Minuten lang, bei der Bundeswehr 01:35 Minuten…)
Die Hälfte der Fakten steht im Spiegel 38/1997 (Gewehr ins Depot)
Der zweite Teil ist aus dem Polenum Blog. Dieser hat das Beschaffungsdokument gesehen und kann detaillierte Angaben machen z.B Seite 28 Trefferleistung 120 mm bei 5 Schuss und 4 Treffer.
Es ist selbstverständlich, dass dies durchgehend der Fall sein sollte.
Offensichtlich hätte man da die Specs noch um Werte wie 3 Std etc. ergänzen sollen.
@Peter
Deine „Fakten“ klingen für mich zusammengewürfelt. Die Abnahmebedingungen für das G36 sind einfach und in der TLB definiert. 5 Schuss in 120mm umschlossen oder 4 Schuss in 120mm umschlossen und der 5. Schuss in 200mm um das Zentrum der 4-Schuss-Gruppe wenn ich das richtig verstehe. Da steht nichts von Temperatur oder 30 Schuss Dauerfeuer vorher. Wo ist also der Skandal den du präsentieren möchtest?
Jetzt hat UvdL gesagt, das G36 habe in der BW keine Zukunft; mal schauen ob sie das G36 generell meint oder nur in der momentanen Version. HK meldet, andere Kunden würden sich bislang nicht zurückhalten beim Kauf während der Stern meldet: „Probleme mit G36 sollten vom MAD vertuscht werden“.
Hat die BW keine MGs für Dauerfeuer mehr oder soll hier ein H&K-Konkurrent hoffähig gemacht werden? :)
Diese Geschichte wird immer absurder.
Nur wer sollte das sein der solche Kapazitäten anbieten kann?
“Probleme mit G36 sollten vom MAD vertuscht werden”
Geheimschutz (Abschirmung) ist auch Aufgabe des MAD – wenn man sieht, welche eingestuften Dokumente in die Öffentlichkeit getragen werden.
Nebenbei: Braucht die Bundeswehr im Waffenmix mehr Maschinengewehre wenn nun die Forderung nach schnellen Schussfolgen erhoben wird ?
Die Präzision der Waffe spielt im Kampfstress eines „Hinterhaltgefechtes“ mit schneller Schussfolge nur eine kleine Rolle. Im Kampfstress-Zielfehler geht die Waffenstreuung fast völlig unter.
Grobe Schätzungen ergaben für den 2. Weltkrieg 25.000 benötigte Schuss pro Treffer, im Koreakrieg 50.000 benötigte Schuss pro Treffer. Im Karfreitagsgefecht verschoss die Bundeswehr 28.000 Schuss ohne Ergebnis.
Es stellt sich immer ganz generell die Frage, wie die Präzison eines Gewehres in einer Gefechtssituation (Stress, ungünstige Schussposition, Deckung) umgesetzt werden kann. Ein Beispiel: Auf dem Schießstand ist ein Gewehr einem Maschinengewehr in der Präzision und der Trefferquote gleichwertig Der Schießstand-Vorteil kleiner Streung (Gewehr) verschwindet aber unter Kampfbedingungen.
Ein Vortrag von Jochem Peelen vor der Carl-Cranz-Gesellschaft (mit Schwerpunkt MG-Kadenz):
http://www.jochempeelen.de/Peelen_Zielfehler.pdf
@Peter:
Beim SIG war die Präzisionsanforderung jedoch auf 300 m und mit 10 Schuss statt nur 4 soweit ich weiß.
Übrigens: Der Reservistenverband hat auf Facebook mal dazu aufgerufen, Nutzer-Erfahrungen mit dem G36 zu schildern. Die Resonanz auf die Waffe ist durchgehend positiv:
https://www.facebook.com/Reservistenverband/photos/a.182454391800537.45198.117473061632004/881169981928971/?type=1&theater
Es gibt selbstverständlich Hersteller, die ein Interesse daran haben, HK zu desavouieren und in diesen Stückzahlen Waffen liefern kann. FN Herstal ist da bspw. sehr umtriebig!
Für mich ist nach wie vor diese ganze Sache sehr sehr suspekt und ich frage mich dauernd: cui bono?
Klar, dass die Resonanz für die Waffe positiv ist. Wer schießt schon das entsprechende Einsatz-Szenario samt Präzisionsschuss mit heissgeschissener Waffe?! Dieses Verfahren gibt es im Grundbetrieb nicht – schon gar nicht für Reservisten. Auch ich hatte im Schulschießbetrieb keine Probleme und empfand das Gewehr als Quantensprung im Vergleich zum G36. Die Frage ist doch, ob die Waffe in einem Einsatz-/Gefechtsszenario wie bspw. beim Karfreitagsgefecht den Anforderunen genügt? Das Untersuchungsergebnis ist da eindeutig. „Nur bedingt“, um es wohlwollend auszudrücken. Somit muss verantwortungsvolle Politik reagieren, und nicht nur in Sachen G36!
@AJ: Ihre Einschätzung in allen Ehren aber, um es mit der besagten Waffe zu vergleichen, für mich haben Sie vorbeigeschossen!
@FK70: Volltreffer!!!!
@FK70
Sie wissen aber schon, dass auch Reservisten teilweise recht intensive Schiessen haben ? Jägergrp in der Vtg – bis zur Sturmabwehr und Verfolgung bis auf 400 m – Hoher Mun-Ansatz, kurze Zeit. Ist natürlich nicht mit einer Gefechtssituation zu vergleichen, aber das sind Übungen nie.
@ FK 70
Mal gelesen, wer beim VdR Stellung bezieht?
Ich lese da mindestens zwei Namen mit dem „1000yard-Starren“…
@mwk: O.K., aber wie viele sind das wirklich? Mein Nachbar übt immer wieder als Reservist, aber er sagt, dass er wie auch andere Kameraden kaum schießen. Vielleicht hat er ja einfach nur Pech. Ich frag ihn morgen erneut.
Natürlich kommt es darauf an, wo ein Res beordert ist oder wie und wo er sich in seinem LK / KG einbringt. Aber man kann nicht generell sagen, dass die Reservisten keine Erfahrung beitragen können :)
@Testeur ja, das ist auch mein Kenntnisstand über die CH Evaluation. In der Schweiz kommt niemand auf die Idee nur eine Distanz von 100 m zu testen. Im Normalfall testet man beides und beim SG 550/551 hat man einen sehr guten Quervergleich mit 35000 Sportzschützen die das SG 550 gekauft haben. Die machen jedes Jahr Ihr 300 m Schiessen.
Es würde sofort auffallen wenn gute Schützen 15 Plätze und mehr hinten rangiert wären.
@ mwk: O.K. ;-)
Allgemein bleibe ich dabei. Mit oder ohne ohne „1000yard-Starren“, wer kann schon im Gefecht mit all den negativen Rahmenbedingungen (Stress, etc.) wirklich das Auswandern des mittleren Treffpunktes beobachten? Das hat nichts damit zu tun, dass das Gewehr dennoch gefühlt i.O. ist. Auch ich hatte nie ein Problem mit dem G36. Wenn aber nun ein entsprechendes Untersuchungsergebnis vorliegt, erwarte ich das Politik reagiert. Und wie schon viele hier beschrieben haben ist der Schritt gen Neuentwicklung eh längst überfällig. Das hat nichts damit zu tun, dass das G36 nach all dem was ich gelesen habe die Anforderung aus den 90ern erfüllt hat. Und ja, die Kommunikationsstrategie des BMVg war Mist, aber HK agiert irgendwie auch suboptimal.
@Polarstern:
„HK meldet, andere Kunden würden sich bislang nicht zurückhalten beim Kauf“
Welche Kunden? Da es sich nicht um einen gewöhnlichen Verbrauchsartikel handelt, denke ich nicht, das da die Kunden Schlange stehen…..denn ansonsten hätte dies ja auch vor dem Skandal, so sein müssen…und HK würde dann auch wirtschaftlich besser dastehen als es aktuell der Fall ist.
@ Peter Pan: Ich hörte, dass HK nahezu pleite wäre und man sich deshalb wieder von der professionellen Kommunikationsberatung getrennt hätte. Hmm, da kann es mit den Kunden nicht so tolle sein, aber wer weiß, was wirklich dran ist.
@Mediator
So ist es!
@ Bang50, 22.04.2015, 18:12:
Aufgabe müssen alle drei Szenarien sein und dem richtigen Waffenmix ist es auch machbar. dies abzudecken.
Vor allem wird es nicht an einem Sturmgewehr scheitern, die Szenarien abzudecken.
Die Probleme liege da in ganz anderen Bereichen.
@Elahan | 22. April 2015 – 18:38:
Es geht ja um die Frage: „schwanger “ oder „nicht schwanger“, denn „bisschen schwanger“ geht nicht..
Wenn man Soldaten in Einsätze schickt muss man sie auch entsprechend ausrüsten und versorgen.
Natürlich beschafft auch der Bundestag, denn er bewilligt die Mittel, wenn der Verteidigungsausschuss sagt System xy ist Schrott oder paß´t nicht zu dem Konzept,dann werden die Mittel nicht bewilligt.
Passiert doch in den USA dauernd:
jede Mengen Lenkflugkörper wurden gekillt, Hubschrauber (sogar der als überuas wichtig angesehende RAH-66) etc.
Das Parlament hat da schon eine Verantwortung und ist nicht nur williger Geldgeber.
.
Diese schnelle (und richtige!) Entscheidung nimmt natürlich auch Druck von TdM, der zu diesem „Problemfall“ in seiner Amtszeit als politischer „Kopf“ des BMVg nicht unbedingt seine Befähigung für das Amt eines Ministers unter Beweis gestellt hat! (Und das Handeln von TdM im Zusammenhang mit der Beendigung von „Mare Nostrum“, dürfte die kritische Sicht auf die Befähigung von TdM für ein Ministeramt auch nicht gerade gemildert haben!?)
Die Strategie aus Sicht vdL muss aus Sicht der Parteiräson also sein: Untersuchungsausschuss in jedem Fall verhindern und Risiken (für wen auch immer!), die sich möglicherweise aus der Aufklärungsarbeit des UA ergeben könnten, auszuschließen!
Und natürlich zu verhindern, dass noch andere mögliche (unangenehme) Sachzusammenhänge zur „Problembehandlung G36“ im BMVg über die Medien hochgespült werden!- Denn für die Medien ist das Thema nach der Entscheidung durch vdL nun eigentlich mausetot ….
Ich glaube nicht, dass das Thema nun mausetot ist. Daher noch mal der Versuch einer verkürzten Zusammenfassung – mit Blick nach vorne und ohne die so beliebte Suche nach Schuldigen:
1. Fakt ist: Das G 36 weist in ganz speziellen Lagen Schwächen auf. So wie übrigens grundsätzlich jedes Waffensystem. (Immer geht es um Kompromisse.)
2. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass solche Lagen in der Praxis eintreten. Warum auch sollte längeres Dauerfeuer auf eine Entfernung, die weit über den Nahkampf hinausgeht, Sinn machen? (Stichworte dazu: Treffgenauigkeit beim Einzelfeuer, geführter Feuerkampf, eigene Stellung nicht verraten, Haushalten mit der Munition etc.)
3. Und noch ein Punkt, der bisher kaum Beachtung fand: Ein wesentlicher Faktor des Erfolgs in Gefechtslagen ist das volle Vertrauen des einzelnen Soldaten in „sein Hauptwaffensystem“. Diese psychologische Wirkung darf man nicht unterschätzen.
Wenn jetzt aktenkundig ist und so vehement betont wird, dass das G 36 „keine Zukunft mehr“ hat, was in diesem Kontext ein vernichtendes Urteil bedeutet, dann gibt es bis zu einer Neubeschaffung eigentlich nur 2 Alternativen: (1) Man schickt verunsicherte Soldaten in den Einsatz oder (2) man lässt von vorneherein die Finger von Mandaten, die auch mal robust werden können. Beides ist schlecht.
@ KeLaBe | 23. April 2015 – 8:30
Könnte vielleicht genau das ein wesentliches Ziel sein?
Frau Ministerin Dr. von der Leyen hat zu Beginn ihrer Amtszeit den Mund ziemlich voll genommen, was internationales Engagement angeht. Aktuell zeigt sich, dass die internationale Staatengemeinschaft problemlos eine Millionen „UN-Soldaten“ an diversen Krisenherden dieser Welt gebrauchen könnte, es finden sich aber keine Truppensteller.
Da Uschi inzwischen festgestellt hat, dass die Heimatfront Soldaten im Einsatz so mit Gefechten und Toten irgendwie ganz doof findet und das ihren Chancen auf das Kanzleramt irgendwie abträglich sein könnte, muss sie als tolle Macherin dastehen und gleichzeitig aber einen Grund haben, deutsche Soldaten allenfalls in homöopathischen Dosen (KSK) in den Einsatz zu schicken, totale Untätigkeit geht halt auch nicht. Also: „Liebe Bürger, wir würden ja gern alle Probleme der Welt lösen, nur dummerweise tut’s unser Sturmgewehr nicht. Wenn dank meiner Reformen in 10 Jahren ein ganz super tolles Sturmgewehr beschafft ist, werde ich dann als eure Kanzlerin ganz bestimmt die Welt retten …“
So kann Frau von der Leyen dann gleichzeitig das urdeutsche Bedürfnis befriedigen, als Gutmensch die Welt zu retten, zumindest gefühlt. Die Ankündigung der Weltrettung, ohne sie mit konkretem Handeln unterlegen zu müssen, hat zudem den Vorteil, dass die Praxistauglichkeit incl. Scheitern der eigenen Worte nie überprüft werden muss.
Man hat schließlich aus Afghanistan gelernt, dass es vorm Wähler irgendwie doof ist, wenn statt Huldigung für erfolgreiches Nationbuilding Leichensäcke nach Hause kommen. Den „Fehler“, den illusorischen Ankündigungen auch praktische Taten folgen zu lassen, wird Uschi nicht wiederholen. Also heißt es: „Wir würden ja gern, aber unser Sturmgewehr, und die Hubschrauber …“
Zugegeben, wir kommen hier in den Bereich der Metadiskussion.
Diese Meta-Diskussion würde ich so nicht führen. Kaffeesatzlesen liegt mir nicht.
@Ryan
„…… Natürlich beschafft auch der Bundestag, denn er bewilligt die Mittel, wenn der Verteidigungsausschuss sagt System xy ist Schrott…“
Wer berät denn den Verteidigungsausschuss? Wann hat der BT Systeme gegen den Willen der mili Führung/BMVg beschafft?
Die Inspekteure finden unseren neuen System klasse auch wenn sie nicht einsatzfähig sind.
Beispiel: Man lese die Stellungnahmen/Pressemitteilungen des Inspekteur Heer zum NH90.
@FK70
Dieses Wiedergeben vom Hörensagen ist sehr gefährlich. Nur Fakten zählen!
@KeLaBe/23.4./8:30:
zu 3: Es gibt eine dritte Alternative:
Den Soldaten Gelegenheit geben, intensiv (und ausreichend selbstbestimmt) mit der Waffe zu üben, um sich selbst davon zu überzeugen, was die Waffe kann, was sie nicht kann und wie man die Schwächen ausgleicht.
Die Übungen gemeinsam auswerten und auf von den Soldaten geäußerte Bedürfnisse eingehen.
Sinnvoll wäre, dafür zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, auch als Geste der Politik an die Soldaten.
Jetzt ersetzt Landser Latein systematische wissenschaftliche Untersuchungen unter Laborbedingungen. Mehr als „ich hab mit dem G36 immer getroffen“ oder „ich finde das G36 doof“ kann dabei nicht raus kommen. Nur weil jemand ein G36 geschossen hat, kann diese Person nach den Regeln des Induktivismus noch kein allgemeingütiges Gesetz für die Waffe formulieren – ich zumindest könnte das nicht und ich bezweifle irgendjemand kann das mal so kurz an einem Nachmittag auf der Schießbahn.
Die konzeptionelle Planlosigkeit der Führung wird nicht durch Landser gelöst die man zum Spielen in den Sandkasten schickt.
@Bang50: Danke, wieder auf den Punkt gebracht.
@Bang50
Das ist durchaus wahr was du schreibst. Jedoch sind die Labodbedingungen fern ab von den Realbedingungen. Ein Soldat ist kein Sportler – er muss nicht das beste Ergebniss unter optimalen Bedingunen erfüllen, er muss das Beste aus den schlechtestens Bedingunen machen können. Die Realbedinugnen lassen sich oft nur stochastisch festhalten und auswerten, weil die Menge an Einflüssen und Faktoren jenseits des menschlichen Verstandes liegt.
Meine Erfahrung bei zahlreichen Gefechtsschießen mit G-36:
120 – 240 Schuss (auch Leuchtspur) in Zeiten zwischen 45 minuten und 2 Stunden
Bekäpfung von Zielen in abwechselnden Entfernungen von 50 und 400 Metern
Mit und ohne MG-Unterstützung, bei allen vier Jahreszeiten.
Betonen möchte ich dass nach dem Sturmabwehrschießen dem angenommen, ausweichendem Feind hinterher geschossen wurde. Quasi nach einigen dutzenden Schüssen in Feuerstößen wieder auf Entfernugnen über 200 Meter geschossen wurde.
Je nach Szenario wurden 50 bis 100 Ziele (Klappscheiben) gezeigt. bekämpft wurden zwischen 30 und 90%, wobei diese Zahl im Laufe einer mehrtägigen Übung sich von Tag zu Tag deutlich verbesserte.
Ausgerechnet haben wir schon damals dass es im Schnitt 10 – 20 Schuss pro Ziel mit Gewehr und 30 – 40 Schuss mit MG benötigt wird (wobei das MG zum Unterdrücken und zum Sperren verwendet wurde und nur selten direkt in das Ziel geschossen hat)
Selbstverständlich sind auch dies keine realen Gefechtsbedingungen, aber das sind Zahlen, welche die Vorwürfe bezüglich des G-36 sehr paradoxal erscheinen lassen.
Meine halbwissenschaftliche Vermutung: Es kann tatsächlich sein, dass sich der Haltepunkt der Waffe im heißgeschossenem Zustand ändert. Allerdings ist die Waffe nicht von jetzt auf gleich heißgeschossen, und wer mit dem ZF oder dem Rotpunkt des G-36 mal außerhalb des Schulschießens geschossen hat, weiß dass man viel intuitiv zielt und seine Treffer sofort unterbewusst korrigiert. Das würde heißen dass man die Haltepunkt-Verlagerung garnicht bewusst warnimmt, und dass dies auf das reale Trefferergebniss des Soldaten nur sehr bedingt Auswirkungen hat.
Hallo,
ich vermisse in der Diskussion eine Aussage seitens des BMVg, bzw. der nachgeordneten Dienststellen, welche alternativen Waffensysteme überhaupt besser wären.
Unstrittig ist doch, dass jedes Stgw nach zig Schuss im Dauerfeuer, am besten unter heißen klimatischen Bedingungen, die ursprüngliche Treffpunktlage nicht mehr hält.
Können das die Konkurrenten, AR15/M4 plus die ganzen Klone, FN Scar usw. wirklich deutlich besser?
Eine vernünftige Aussage lässt sich da doch nur treffen, wenn man pro Produkt einige Waffen aus der laufenden Produktion oder dem Bestand nimmt, und unter identischen Bedingungen im direkten Vergleich schießt.
MfG,
XIII
@ Kampfpuschel
Zitat:“ Das ist durchaus wahr was du schreibst. Jedoch sind die Laborbedingungen fern ab von den Realbedingungen.“
Solange nicht der komplette Bericht vorliegt, wissen wir es nicht – aber ich gehe davon aus, dass man sich über die Parameter Gedanken gemacht hat.
Zitat:“ Die Realbedinugnen lassen sich oft nur stochastisch festhalten und auswerten, weil die Menge an Einflüssen und Faktoren jenseits des menschlichen Verstandes liegt.“
Hm, ich weiß was Sie meinen. Lassen Sie es mich formal darstellen. Es seien die Annahmen:
1. Ein System Waffe, welches in der Lage ist ohne äußere Windeinflüsse und Schützeneinflüsse das Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% (9/10) zu treffen.
2. Der Schütze selbst, mit einem idealen Waffensystem und ohne Windeinflüsse wird das Ziel durch Stressfaktoren mit vielleicht nur noch 50% (5/10) Wahrscheinlichkeit treffen.
3. Die Windbedingungen, bei einem idealen Waffensystem und einem idealen Schützen, reduzieren die Trefferwahrscheinlichkeit auf 90% (9/10)
Somit ergibt sich: (9/10)*(5/10)*(9/10) = 0,405 = 40,5 % Trefferwahrscheinlichkeit – Sie bräuchten also durchschnittlich 2,47 Schuss um das Ziel zu treffen.
Nun modifizieren wir Annahme 1:
4. Ein System Waffe, welches in der Lage ist ohne äußere Windeinflüsse und Schützeneinflüsse das Ziel mit 5 % (0,5/10) Wahrscheinlichkeit zu treffen – dieser Wert soll im worst case Szenario ermittelt worden sein. .
Somit ergibt sich: (0,5/10)*(5/10)*(9/10) = 0,0225 = 2,25 % Trefferwahrscheinlichkeit – Sie bräuchten also durchschnittlich 44,44 Schuss um das Ziel zu treffen.
Nun sagen Sie, man bräuchte im Schnitt 10 bis 20 Schuss (ich nehme einfach mal den Mittelwert 15 Schuss). Das bedeutet, Sie hatten bei den eigenen Versuchen eine Trefferwahrscheinlichkeit von 6,66 % – wohlgemerkt ohne Gefechtsstress und ohne extreme Umweltbedingungen welche sich auf die Waffe wirken. Damit erscheinen die oben errechneten Ergebnisse in einem plausiblen Bereich zu liegen.
Wie interpretieren wir dieses Ergebnis nun?
Es zeigt sich, dass eine hohe Trefferwahrscheinlichkeit der Waffe eine wichtige Rolle spielt. Wenn bei einer stark streuenden Waffe noch die Faktoren Schütze und Wind eine Rolle spielen, bedarf es im Durchschnitt zahlreicher Schüsse um ein Ziel zu bekämpfen – somit stärkere Rohrerwärmung und Munitionsansatz. Ein guter Schütze (nahe 100%) kann diese Bilanz nur dann verbessern, wenn sich der Haltepunkt systematisch verschiebt und damit der Waffe durch eigene Korrektur wieder eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit aufweist. Letztlich wird aber in beiden Fällen das Treffen erschwert.
Der Faktor Gefechtsstress spielt laut amerikanischen Studien die wesentliche Rolle. Trefferwahrscheinlichkeiten die auf den Schützen zurückzuführen sind, könne dabei im einstelligen Bereich liegen (gehen wir großzügig von 10% aus). In Kombination mit einer zufällig stark streuenden Waffe (5%) ergibt sich eine durchschnittliche Trefferwahrscheinlichkeit von 0,5 % ohne Windeinfluss. Bei einem durchschnittlichen Munitionsbedarf von 200 Schuss um einen Gegner zu bekämpfen, kann nicht mehr von einer systematischen Zielbekämpfung die Rede sein.
Letztlich kann man bei diesen Überlegungen auch zu dem Fazit gelangen, das Sturmgewehre alleine durch den menschlichen Fehler vielleicht nicht die effektivste Waffe für die schnelle und präzise Bekämpfung von Zielen auf größere Distanzen sind. MG´s sollen laut Erfahrungsberichten der Amerikaner einen Gegner alleine durch die hohe Kadenz schneller ausschalten könne als Sturmgewehre (MG`s verzeihen also die menschliche Schwäche besser). Jedoch erhöht sich die durchschnittliche Trefferwahrscheinlichkeit mit Sturmgewehren wieder, wenn entsprechend vergrößernde Optiken verwendet werden (leider finde ich die Prozentangabe dazu nicht mehr), welche dem Schützen das Treffen unter Stress erleichtern – aus dieser Überlegung wurde der DMR Schütze (starke Optik und präzise Waffe) geboren.
Was haben wir herausgefunden:
• Unter Berücksichtigung menschlicher Fehler sind MG`s und nicht Sturmgewehre im schnellen Bekämpfen von Gegnern auf größere Distanzen das Rückgrat der Infanterie.
• Vergrößernde Optiken erleichtern (Voraussetzung ist eine konsistente Waffe) unter Stress das Treffen.
• Zufällig streuende Waffen können selbst durch gute Schützen nicht kompensiert werden und machen den einfachen Schützen ineffektiv für präzise Schüsse auf größere Entfernung.
Lesenswert: OTL André Wüstner auf Tagesschau.de zur Ausrüstungsproblematik generell, auch G36.
Warum lässt sich Verband erst vernehmen, wenn „Kind“ kurz vor dem Ertrinken. Gleiches gilt, potenziert, für Reservistenverband. Von beiden Interessenvertretungen erwarte ich ein „sich einbringen“ für die Truppe, und zwar offensiv und öffentlich.
Was ja nach wie vor fehlt ist eine Aussage zum Verhalten anderer Sturmgewehre im 5,56mm NATO Kaliber unter identischen Testbedingungen.
Ohne den Vergleich gegen benannte andere Waffen in der selben Klasse (Sturmgewehr NATO 5,56) kann ich die Testbedingungen und Akzeptanzkriterien so wählen, dass ich immer zu dem gewünschten Ergebnis komme… in diesem Fall eben ein versagen der untersuchten Waffe.
Mich würde ernsthaft interessieren wie es damit aussehen würde. Es kann der WTD ja nicht unmöglich sein bei den Verbündeten ein paar Gewehre auszuleihen, oder?
@Elahan:
Wer berät denn den Verteidigungsausschuss? Wann hat der BT Systeme gegen den Willen der mili Führung/BMVg beschafft?
Gute Frage, bestimmt nicht die Mil. Führung, das ist zumindest mein Eindruck wenn man diesen Artikel gelesen hat:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8741237.html
Glück Ab
re: Elahan
(Zitat): „Wer berät denn den Verteidigungsausschuss? Wann hat der BT Systeme gegen den Willen der mili Führung/BMVg beschafft?“
Ganz allgemein: Vor dem Hintergrund der für die Rüstungsindustrie aktiven Lobbyisten (die mehr oder weniger in Sachen Rüstungsindustrie direkt oder indirekt aktiven (oder ehemaligen) PolitikerInnen mit eingeschlossen!) dürfte es nicht „an gewollter oder ungewollter Beratung“ der Ausschussmitglieder und/oder der Abgeordneten – von dem Beratungsbedürfnis der Spitze des BMVg und der BW mal ganz abgesehen – mangeln!
Und sicher ist es sogar nicht abwegig zu vermuten, dass in den Fachbereichen des BMVG oder der Bw sogar partiell eine Abhängigkeit zu externer (kostenloser?) Beratung besteht! (Vermutlich auch „bei unseren Abgeordneten“!?)
Wenn man möglicherweise mal genau hinschaut, dann könnte sogar eine Abhängigkeit zur „kostenlosen“ Beratung bestehen! (Was übrigens von interessierten Kreisen auch über den Weg der (mangelhaften) Mittelzuweisung forciert werden könnte;- oder schlichtweg durch eine verfehlte Personalpolitik im BMVg oder der Bw unterstützt wird!- Man läßt halt „qualifizierte Fachleute“ einfach gehen!)- Und da kommen auch schon wieder die Lobbyisten „mit ihrer Fachlichkeit“ und „den Möglichkeiten der Schaffung von Informationszugang“ ins Spiel!- Man könnte, wenn man/frau wollte, ein System erkennen!)
Persönliche Schußfolgerung: „Wer Lobbyisten bezahlt (oder in anderer Form politisches Sponsoring betreibt!)), der will etwas für sein Geld zurückbekommen!“
Und zurückbekommen kann die Rüstungsindustrie nur etwas, wenn „man/frau Neugeschäft oder Folgegeschäft generiert“ und (politische) Entscheidungen dahingehend beeinflußt!- Wie auch immer ….
Inwiefern unterscheidet sich eigentlich die lettische G36 Version von der deutschen?
Ich kann aus meiner NVA-Dienstzeit leider nur auf praktische Erfahrungen mit der MPi KMS-72 aus Wiesa zurückgreifen, für die BW bin ich schon zu alt ;-). Bei einer Schießübung der „Marienberger Jäger“ im Jahre 2005 mit ihrem G-36 war ich Zuschauer. Aktuell habe ich soeben einen Einsatzbericht einer EinsKp aus dem Sommer 2003 mit Interesse gelesen. Von Problemen auch dort keine Spur.
Wenn schon nach einer Ergänzung und / oder einem Nachfolger gesucht werden soll, wird man vielleicht sogar in der Vergangenheit fündig. Eine „modernisierte“ Variante des legendären FG-42 (mit nur im Dauerfeuermodus zuschießenden Verschluß), vorgestellt auf der diesjährigen IWA in Nürnberg.
Sinnvoller Weise dann auch in einem wirkungsvollerem (als das jetzige .223) Kaliber, beispielsweise dem 7×46 RWS XPL P4 aus dem Jahre 1935, meinetwegen für den Export auch in 6.8 mm Remington SPC. Nur mal so, zur Diskussion …
Laut bild.de (bild plus – paywall) hat die Bw bereits ein neues Sturmgewehr „im Visier“. Hat hier jemand Zugang? Würde mich interessieren was da ggf. inoffiziell so gehandelt wird..
[Gehört eher in den G36-Thread, da schiebe ich es hin. T.W.]
Hm. Nach einer dpa-Meldung hat Heckler&Koch mitgeteilt, dass sich das Unternehmen mit dem Bundestags-Verteidigungsausschuss getroffen habe:
http://www.n-tv.de/ticker/Hersteller-und-Verteidigungsausschuss-fuehren-erste-Gespraeche-article14977291.html
Nun finde ich zum einen bislang keine Meldung von H&K. Und als ich gestern aufgrund eines entsprechenden Gerüchts beim Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses nachfragte, wusste der nichts davon…
Moin,
wenn neue Waffen beschaft werden, werden die alten folgerichtig frei. Mit diesen könnte man eine Umlaufreserve schaffen und die nicht aktiven Truppenteile wenigstens in diesem Bereich mit Material hinterlegen.
Außerdem könnte man End-of-life-Waffen in Funktionen mit hoher Beanspruchung aber ohne Abgabe von scharfen Schüssen (Schulen, EKL, etc.) weiter nutzen.
MfG