Exercise Watch: Friendly Fire vom US-Botschafter

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Fast hätte man glauben können, der US-Botschafter in der Ukraine, Geoff Pyatt, hätte die Bundesregierung und vor allem das Verteidigungsministerium der Lüge überführt. Exercise Rapid Trident is underway near Lviv! Here a German Leopard 2 tank. twitterte der Botschafter am (heutigen) Montag zum Beginn der US-geführten Übung Rapid Trident (Schneller Dreizack) in der West-Ukraine, an der in der Tat auch die Bundeswehr teilnimmt – allerdings nur mit drei Stabsoffizieren und ohne (schweres) Gerät. Pyatt war von dem Bild offensichtlich so begeistert, dass er es neben der englischen Version auch mit ukrainischem Text auf Twitter stellte:

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Nun ja. Dieses Foto, dass angeblich einen Leopard2-Kampfpanzer der Bundeswehr in der Ukraine zeigen soll, kursiert mit genau dieser Behauptung bereits seit Tagen im Netz. Ohne dass es dafür einen Beleg gäbe. Im Gegenteil, es gibt Belege dafür, dass dieses Bild ganz woanders entstand, nämlich in Deutschland beim Manöver Grantiger Löwe. Im Jahr 2012. Und der Panzer gehört(e), so scheint es, zum Panzerbataillon 104 Pfreimd (das wohl, wenn ich das richtig sehe, jetzt eines der nicht-aktiven Panzerbataillone istsorry, mein Irrtum, 104 ist aktiv):

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Das Video (vielen Dank für den Leserhinweis) ist übrigens ganz lustig, es zeigt nämlich, wie der Leo beim Abbiegen erst mal in die falsche Richtung fährt:


(Direktlink: http://youtu.be/Y3Un76NbuBQ)

Nun wäre das alles eine kleine, nicht weiter bedeutende Anekdote, wenn dieses Bild nicht den Streit um die Übung Rapid Trident anheizen würde. Der russische, englischsprachige Nachrichtensender Russia Today nutzte Pyatts Tweets, um auf den russischen Protest gegen diese Übung in der Ukraine in diesen Tagen hinzuweisen. Allerdings sachlicher als einige politische Aussagen in Deutschland, die das Manöver an der russischen Grenze scharf kritisieren – selbst Russia Today zeigt die Karte, die belegt, dass die Übung näher an Warschau stattfindet als an Donetsk.

Dennoch kann man natürlich die Frage stellen, ob es der politischen Entspannung dient, das zwar lange geplante, aber im Mai schon mal verschobene Manöver in diesen Zeiten in der Ukraine durchzuführen. Der offizielle Text zur Übung:

‘Rapid Trident’, a pre-planned, annual exercise that is part of the U.S. European Command’s (EUCOM) joint exercise program. Rapid Trident is designed to help boost interoperability between Ukrainian, US and other Allied forces. This year’s exercise will involve command post exercises, patrolling, counter-IED training and a field training exercise. Approximately 1,300 military personnel from 15 nations including Ukraine, Azerbaijan, Bulgaria, Canada, Georgia, Germany, Great Britain, Latvia, Lithuania, Moldova, Norway, Poland, Romania, Spain, and the U.S., as well as NATO observers, will participate in the exercise.
The exercise will be conducted near Yavoriv at the International Peacekeeping and Security Centre (IPSC), approximately 60 kilometres from the city of L’viv in north-western Ukraine. The IPSC is a regional centre of excellence designed to support multi-national training and exercises with regional and bilateral partners.
‘Rapid Trident 2014’ will consist of a multinational field training exercise (FTX). In preparation for the FTX, units will undergo one week of situational training exercises (STX) that focus on FTX key tasks such as countering improvised explosive device(s), convoy operations and patrolling. There are no live fire exercises scheduled for Rapid Trident 14.
‘Rapid Trident’ is an annual exercise, and was planned well before the current situation in Ukraine. The last Rapid Trident exercise was held in July 2013. It is not a NATO led exercise but Alliance nations do participate. U.S. European Command, based in Germany,  is the lead entity for the exercise.

In dieser Situation ist dann die öffentliche Äußerung des US-Botschafters via Twitter sozusagen friendly fire. Deutschland ist ohnehin nur zurückhaltend dabei,  drei Mann von 1.300 ist nun wirklich nicht so viel. Allerdings waren es in den Vorjahren auch nur gerade mal 25 Prozent mehr, also vier Mann, und auch mal eine Transall – von einem machtvollen deutschen Aufmarsch konnte da ebenso wenig die Rede sein wie von der Interpretation der Linkspartei: Das ganze schlechte Gewissen der Bundesregierung ist daran ablesbar, dass ‚nur‘ drei Bundeswehrsoldaten ins ukrainische Manöver entsandt wurden. Man will dabei sein, aber nicht zu dicke.

Noch ein paar sachliche Infos zur der Übung:

Radio Free Europe: Military Exercises Involving 1,300 Western Troops To Start In Ukraine

Voice of America: US Leading Peacekeeping Drill in Western Ukraine