Deutschland und Syrien: Die Außen-Wahrnehmung (Nachtrag: Abschrift Bundespressekonferenz)

Es kommt nicht so oft vor, dass ich sehr ungeduldig auf die Mitschrift der Bundespressekonferenz warte. Heute schon (ich war nicht selbst da wg. einer Pressekonferenz zum EuroHawk-Untersuchungsausschuss)  – ich würde nämlich gerne im Wortlaut lesen, was Regierungssprecher Steffen Seibert zum Thema Syrien gesagt hat.

Denn die internationale Wahrnehmung der deutschen Haltung nach dem Giftgasangriff vergangene Woche dürfte weitgehend von dieser Meldung von Associated Press bestimmt werden:

The German government is suggesting for the first time that it would support an international military response against Syria if it is confirmed that President Bashar Assad’s troops attacked opponents with chemical weapons.
Chancellor Angela Merkel’s spokesman Steffen Seibert said Monday that if U.N. inspectors confirm the use of chemical weapons, „it must be punished.“
Seibert says the government has „very clear evidence that this was a chemical weapons attack.“ He says he won’t speculate on what kind of response might be needed but would not rule out the use of force.

Das wird mit ziemlicher Sicherheit außerhalb Deutschland so verstanden, dass Berlin einem militärischen Einsatz zumindest nicht im Weg steht.

Nachtrag: Die Abschrift der Bundespressekonferenz ist da; es sprechen Regierungssprecher Steffen Seibert, Andreas Peschke, der Sprecher des Auswärtigen Amts, und Kapitän z.S. Christian Dienst, stellvertretender Sprecher des Verteidigungsministeriums:

StS Seibert: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich würde Sie gern über Telefonate der Bundeskanzlerin in Sachen Syrien informieren:

Die Kanzlerin hat am Sonntag sowohl mit Präsident Hollande als auch mit dem britischen Premierminister Cameron über die Lage in Syrien gesprochen, insbesondere über das, was wir inzwischen wohl mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Giftgasangriff auf die Bewohner eines Vororts von Damaskus nennen müssen. Die Umstände, die Bilder, die Zeugenberichte, auch die Aussagen internationaler Hilfsorganisationen sprechen leider eine deutliche Sprache.

An diesem Ort ist ohne Zweifel ein entsetzliches Verbrechen an Männern, Frauen und Kindern begangen worden. Die Berichte, die Bilder gerade der allerjüngsten Opfer, sind erschütternd.

Der mutmaßliche großflächige Einsatz von Giftgas ist selbst in diesem an Grausamkeiten reichen Syrien-Konflikt ein Tabu-Bruch. Es ist eine schwere Verletzung der internationalen Chemiewaffenkonvention, die den Einsatz solcher Waffen kategorisch verbietet. Er muss geahndet werden. Er darf nicht folgenlos bleiben. Es ist eine sehr klare internationale Antwort darauf nötig.

Die Bundeskanzlerin war sich sowohl mit dem französischen Präsidenten als auch mit dem britischen Premierminister einig: Dass die UN-Inspektoren jetzt endlich an den Ort des Verbrechens gelangen können, um dort Untersuchungen durchzuführen, das ist zu begrüßen. Aber wir machen uns nichts vor: Die Zustimmung des Assad-Regimes dazu kam spät. Wir müssen damit rechnen, dass durch den Zeitverlust und weitere Kampfhandlungen wichtige Spuren verwischt worden sind. Trotzdem unterstützen wir unbedingt diese UN-Mission, die jetzt rasch und ungehindert ihre Arbeit durchführen soll.

Das weitere Vorgehen wird eng miteinander abzustimmen sein. Die Kanzlerin, Präsident Hollande und Premierminister Cameron werden dazu im regelmäßigen Kontakt stehen, sowohl untereinander als auch mit den USA und anderen europäischen Partnern.

Frage: Ich hätte zwei Fragen: Einmal würde ich gern wissen, woraus sich die Überzeugung speist, dass dieser Giftgasangriff dem syrischen Regime von Assad zuzuordnen ist. Welche Erkenntnisse gibt es dafür? Denn das wird ja auch in der Erklärung des britischen Premierministers ausgedrückt.

Zum Zweiten möchte ich gern wissen, wie sich die Bundesregierung zur Möglichkeit eines militärischen Vorgehens in Syrien grundsätzlich stellt. Sieht sie eine Möglichkeit, sich daran zu beteiligen?

StS Seibert: Wir werden natürlich alle Indizien prüfen. Für die behauptete Unschuld des Assad-Regimes haben wir derzeit allerdings keine Anhaltspunkte.

Was Ihre zweite Frage betrifft: Ich werde hier nicht spekulieren. Dazu ist die Lage in Syrien viel zu ernst. Die Bundesregierung hat eine klare Zielsetzung. Wir begrüßen, dass die UN-Inspektoren endlich an die Untersuchungen gehen können. Wir wollen zu einer geschlossenen und deutlichen Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf dieses Verbrechen beitragen, und wir werden dazu in den nächsten Tagen die sehr engen und regelmäßigen Beratungen und Konsultationen mit unseren wichtigen Partnern fortsetzen.

Zusatzfrage: Ich möchte noch einmal zu den Konsultationen und engen Abstimmungen nachfragen: Hat die Bundeskanzlerin in den letzten 48 Stunden auch mit Herrn Putin gesprochen? Hat sie möglicherweise vor, kurzfristig mit Herrn Putin auch über diese Sache zu telefonieren?

StS Seibert: Ich habe Ihnen jetzt gesagt, mit wem die Bundeskanzlerin gestern dazu international gesprochen hat. Über weitere internationale Gespräche der Bundeskanzlerin werden wir dann berichten.

Peschke: Ich wollte eine Ergänzung machen – das hatten wir ja schon mitgeteilt, aber nur der Vollständigkeit halber, um diesen Aspekt abzudecken: Der Bundesaußenminister hat am Samstag mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert. In dem Telefonat ging es insbesondere um den Zugang der VN-Inspektoren zu dem Ort des mutmaßlichen Giftgasverbrechens.

Frage: Herr Seibert, weil es ja jetzt immer darum geht, ob das, was Sie an Konsequenzen androhen, auf Dingen basiert, die wirklich zutreffen oder nicht, möchte ich mich noch einmal auf die Formulierung kaprizieren. Sie sagten, es handele sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um einen Giftgasangriff. Dann sagten sie im nächsten Satz, es handele sich ohne Zweifel um ein entsetzliches Verbrechen und um einen Tabubruch usw.

Ich würde es jetzt gern aufklären: Gibt es von Ihrer Seite die Überzeugung, dass es sich um einen Giftgasanschlag handelt? Oder sitzen wir hier in einer Woche und sagen: Na ja, der Tabubruch wäre nur eingetreten, wenn es sich tatsächlich um einen Giftgasanschlag gehandelt hätte?

StS Seibert: Ich sage das, was ich auch gerade gesagt habe: Es handelt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um einen Giftgasanschlag. Wir haben dafür beispielsweise Bilder, Zeugenberichte und Aussagen internationaler Ärzteorganisationen. Dennoch schicken wir die UN-Inspektoren hin, um allerletzte Gewissheit zu schaffen. So habe ich es ausgedrückt.

Ich habe auch gesagt: Der mutmaßliche großflächige Einsatz von Chemiewaffen ist – –

Zuruf: Sie sagten gleichzeitig, ohne Zweifel handele es sich um ein entsetzliches Verbrechen. Deswegen komme ich mit der Wahrscheinlichkeit, der Mutmaßlichkeit und dem „ohne Zweifel“ nicht ganz klar.

StS Seibert: Jetzt überlege ich, wie ich Ihnen da Klarheit verschaffen könnte, weil ich es eigentlich sehr offensichtlich finde, dass dort ein entsetzliches Verbrechen stattgefunden hat.

Wir und unsere internationalen Partner haben überwältigende Hinweise, dass es sich um einen C-Waffen-Einsatz handelt. Aber ich kann hier nicht die letzte Gewissheit verbreiten. Dazu schicken wir ja die UN-Inspektoren dahin. Aber es spricht sehr viel dafür.

Zusatzfrage: An das Verteidigungsministerium: Gibt es von Seiten des Verteidigungsministeriums, von Seiten der Bundeswehr, irgendwelche Vorbereitungen, Prüfungen oder Maßnahmen, die jetzt im Rahmen eines militärischen Einsatzes oder der Vorbereitung eines militärischen Einsatzes von Ihrer Seite getroffen werden?

Dienst: Wie ich in solchen Situationen immer ausführe, nehme ich auch hier mein Lieblingsbild: Das Verteidigungsministerium ist letztendlich der militärische Werkzeugkasten. Welche Werkzeuge (Verwendung finden) und ob sie überhaupt bedient werden, das ist die Domäne der Sicherheitspolitik und die liegt in bewährten Händen des Auswärtigen Amtes.

Zusatzfrage: Listen Sie jetzt gerade irgendwelche Werkzeuge auf, die Sie dann den Kollegen vom Auswärtigen Amt zuleiten?

Dienst: Sie werden mich jetzt hier an dieser Stelle nicht nötigen können, irgendwelche spekulativen Szenarien in der Hinsicht aufzumachen, auf die Ihre Frage abzielt.

Wie gesagt: Wir gehen hier Schritt für Schritt vor. Die Schritte sind über den Regierungssprecher und das Auswärtige Amt an das Verteidigungsministerium.

Zuruf: Nötigung ist etwas anderes – nur als Ergänzung.

Dienst: Ich kann Ihnen doch mein Empfinden wiedergeben.

Zuruf: Es tut mir Leid, wenn Sie sich genötigt gefühlt haben.

Frage: Sie sagten gerade: Dieses Verbrechen muss geahndet werden. – Was verstehen Sie unter „ahnden“? Würde es ausreichen, dass zum Beispiel der UN-Sicherheitsrat eine harsche Protestnote verabschiedet, oder hieße das – schlicht und ergreifend – auch, dass die Verantwortlichen in irgendeiner Form ergriffen und vor ein internationales Tribunal gestellt würden?

StS Seibert: Jetzt sind wir genau da, wo ich eigentlich mit Ihnen nicht hingehen möchte, also in das Abfragen von Möglichkeiten.

Es ist klar: Wenn sich letztendlich bestätigt, dass die internationale Chemiewaffenkonvention derart verletzt worden ist, dann wäre dieses eine sehr schwere Verletzung, die mit einer internationalen klaren und möglichst geschlossenen Reaktion geahndet werden müsste. Darauf arbeitet die Bundesregierung mit ihren Partnern hin. Die nächsten Tage werden uns dieser Reaktion näherbringen.

Frage: Direkt anknüpfend: Sie sagten, (eine solche schwere Verletzung müsste) mit einer international klaren und möglichst geschlossenen Reaktion (geahndet werden). Jetzt haben Sie am Sonnabend gesagt: Wir verfolgen nicht den Weg einer militärischen Lösung. Wir glauben nicht, dass das von außen militärisch zu lösen ist, sondern wir glauben, dass eine politische Lösung in Syrien organisiert werden muss.

Das klingt – Sie wollten ja nicht die Möglichkeiten durchgehen, die Sie haben -, dass Sie eine Möglichkeit ausschließen – Sie haben sie zumindest am Sonnabend ausgeschlossen -, nämlich eine militärische Reaktion. Sind Sie inzwischen auf einem anderen Stand, oder ist das weiterhin die Position der Bundesregierung?

StS Seibert: Dass eine Situation wie die syrische – ein Bürgerkrieg oder ein Aufstand gegen das Regime, der bereits 100.000 Menschen das Leben gekostet hat und jetzt auch zu solchen entsetzlichen Verbrechen führt -, nicht militärisch gelöst werden kann, das, glaube ich, kann man weiterhin aufrecht erhalten. Da hat sich an meiner Überzeugung und der der Bundesregierung nichts geändert. Es wird am Ende immer eine politische Lösung stehen müssen.

Zusatzfrage: Dann versuche ich meiner Verwirrung ein bisschen Ausdruck zu verleihen: Sie waren am Sonnabend so zu verstehen – ich glaube, auch die Bundeskanzlerin im Laufe der letzten Tage -, dass Sie einen Militärschlag für nicht sinnvoll halten.

Jetzt sagen Sie: Wir haben gesagt, dass die Lösung am Ende nicht militärisch sein kann – so wie wir das in Afghanistan, im Irak und anderswo gehört haben. Das schließt aber nichts aus. Zu welcher meiner Interpretationen würden Sie mir denn jetzt raten?

StS Seibert: Über einen Militärschlag bin ich am Samstag nicht befragt worden und würde darüber auch nicht spekulieren. – Die Grundüberzeugung der Bundesregierung ist diese: Wir wollen alles, was wir können, dazu beitragen, dass es eine politische Lösung gibt.

Nun haben wir eine Situation mit einem mutmaßlich sehr schweren Verbrechen gegen viele hundert Menschen. Schon die Chemiewaffenkonvention, die alle unterschrieben haben und die wir alle ernst nehmen müssen, verlangt, dass darauf eine sehr deutliche Antwort gegeben wird und das nicht folgenlos bleibt. Dass wir darüber in Konsultationen mit unseren Verbündeten und engsten Partnern sind, habe ich Ihnen dargestellt.

Frage: Herr Dienst, ich möchte gern noch einmal zu dem Werkzeugkasten nachfragen. Ich möchte Sie aber um Gottes willen nicht nötigen, sondern nur um eine Erklärung bitten.

Es geistert immer einmal aus US-Kreisen der Vorschlag durch den Raum, eine Flugverbotszone einzurichten. Meine Frage ist: Wären die Truppenteile der Bundeswehr, die zur Raketenabwehr in der Türkei stationiert sind, theoretisch und praktisch in der Lage, beispielsweise an der Einhaltung einer Flugverbotszone mitzuwirken?

Dienst: Jetzt nötigen Sie mich nicht. Denn es handelt sich um eine altbekannte Fragestellung, die wir vor Monaten immer wieder erörtert haben, als der Türkei-Einsatz begonnen hat.

Es ist klar, dass die in der Türkei stationierten Patriot-Einheiten der Bundeswehr ihr Mandat dergestalt ausüben, dass die Stadt Kahramanmaraş mit mehreren Hunderttausend Einwohnern vor syrischen Übergriffen geschützt werden soll. Nicht mehr und nicht weniger.

Dass das durchaus Sinn macht, sehen wir an den jetzt vermuteten Kurzschlussreaktionen oder wie auch immer einzustufenden Reaktionen. Also der Schutz des türkischen Hoheitsgebietes ist der einzige Auftrag, den diese Kräfte haben.

Zusatzfrage: Als militärischer Laie wollte ich ja nur wissen, ob es praktisch möglich wäre, das Mandat, wenn es denn eine Mandatsänderung geben würde, zu erweitern und es auch auf diesen syrischen Luftraum zu beziehen.

Dienst: Es sind zum Zeitpunkt der Diskussion des Türkei-Mandates hier alle Optionen schon mehrfach durchgegangen worden. Ich will diese Diskussion nicht wieder aufnehmen. Das ist alles in den entsprechenden Protokollen nachzulesen.

Frage: Bedarf es nach Ansicht der Bundesregierung – bei welcher Reaktion auch immer – eines UN-Mandats?

Peschke: Ich kann gern auch noch Stellung dazu nehmen.

Herr Seibert hat ganz klar umrissen, welche Ziele und welche Strategie wir dazu verfolgen, nämlich eine sehr enge Abstimmung mit den Vereinten Nationen und unseren Verbündeten und Partnern.

Eines unserer Ziele ist eine möglichst geschlossene Reaktion der Weltgemeinschaft. Das hat ja der Regierungssprecher eben gesagt. Der Außenminister hat es heute Morgen auf der Botschafterkonferenz auch gesagt.

Unsere Hoffnung wäre, dass die Weltgemeinschaft angesichts dieser schrecklichen Berichte zu einer geschlossenen Haltung findet. Was wäre, wenn dies erneut nicht möglich sein sollte, das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Das wäre dann eine neue Lage, mit der man auch umgehen müsste. Aber darüber kann ich im Moment nicht spekulieren.

Frage: Herr Seibert, Sie sagten eben, es gebe keine Indizien für die behauptete Unschuld des Regimes. Kann ich da noch einmal nachfragen? Gibt es denn Indizien für die Schuld des Regimes, oder gibt es Indizien für die Unschuld der Rebellen? – Es steht ja ein bisschen Aussage gegen Aussage, was die Verantwortung für diese Tat angeht; deshalb diese Frage an Sie.

Ich hätte noch eine Frage an Herrn Peschke: Es ist ja nicht das erste Mal, dass es Hinweise auf einen Giftgaseinsatz in Syrien gibt. Bisher war Ihre Linie immer, zu sagen: Wir haben keine eigenen Erkenntnisse dazu. Das hat der Minister ja auch oft gesagt. Haben Sie in diesem Fall eigene Erkenntnisse, oder sind es nur Erkenntnisse von befreundeten Diensten – von wem auch immer?

StS Seibert: Ich will nur kurz dazu sagen: Wir werden, wie ich es gesagt habe, selbstverständlich alle Indizien prüfen. Nach Kenntnissen der Dienste ist zu einem derart großflächigen Einsatz von C-Waffen derzeit nur das Regime in der Lage. Aber wir werden alle Indizien prüfen und hoffen, dass die Mission der UN-Inspektoren uns in der Beurteilung des Sachverhalts ein wenig weiterbringt.

Zusatzfrage: Ich hatte noch eine Frage an Herrn Peschke nach eigenen Erkenntnissen gestellt.

Peschke: Auch dazu – das hat Herr Seibert ja schon eingangs für den jetzigen Zeitpunkt erschöpfend beantwortet – liegen Indizien vor, Bilder und Nachrichten. Das ist das, von dem wir ausgehen. Es gibt keine letztendliche Gewissheit. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit. Das ist die Lage, mit der wir uns befassen müssen. Deswegen haben wir auch darauf gedrängt, dass die VN-Inspektoren Zugang zu dem Ort des Verbrechens des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes erhalten. Das ist der Fall. Herr Seibert hat aber auch schon darauf hingewiesen, dass dies natürlich zu einem Zeitpunkt erfolgt, der schon sehr spät ist. Das ist wiederum ein Problem an sich.

Wir werden es jetzt sehen. Die Inspektoren werden ihre Arbeit machen, und dann werden wir die Ergebnisse prüfen.

Frage: Herr Seibert, Sie haben ja gesagt, dass es sich offensichtlich um ein schreckliches Verbrechen handelt, ob nun C-Waffen benutzt wurden oder nicht. Können Sie denn sagen, welchen Unterschied es für die Reaktion der Bundesregierung beziehungsweise der internationalen Gemeinschaft ausmacht, ob C-Waffen genutzt wurden oder nicht, um mehrere Hunderttausend Zivilisten umzubringen?

StS Seibert: Mehrere Hundert.

Zusatz: Entschuldigung, mehrere Hundert bis Tausend.

StS Seibert: Es macht menschlich, und was unsere Empörung und unser Entsetzen angesichts dieser Bilder und Berichte betrifft, natürlich keinen Unterschied. Es macht politisch, und was die internationalen Normen betrifft, einen erheblichen Unterschied. Deswegen habe ich auf die internationale Chemiewaffenkonvention hingewiesen, in der sich die Unterzeichnerstaaten allesamt dazu verpflichten, den Einsatz solcher Waffen kategorisch zu unterlassen. Dies ist etwas, das geprüft werden muss und, wenn es einen solch eklatanten Verstoß gäbe, auch geahndet werden müsste.

Zusatzfrage: Wenn sich herausstellen sollte, dass sich dieser C-Waffen-Einsatz nicht so abgespielt hat, wie man zurzeit vermutet, beziehungsweise dass gar keine eingesetzt wurden, würde dann keine besondere Reaktion auf dieses Massaker stattfinden?

StS Seibert: Wir und nicht nur wir haben, wie ich das gesagt habe und wie es ja auch im Moment aus vielen internationalen Hauptstädten zu hören ist, sehr klare Hinweise darauf, dass es sich um einen C-Waffen-Einsatz gehandelt hat. Wir behandeln das entsprechend der Chemiewaffenkonvention. Über weitere Wenn-dann-Fragen möchte ich jetzt hier nicht spekulieren.

Frage: Können Sie bitte zusammenfassend erklären, ob es auf dem Weg zu einer politischen Lösung, die die meisterwünschte ist, zu einem militärischen Eingreifen kommen wird oder nicht, und zwar sowohl der Verbündeten als auch der Bundesregierung?

StS Seibert: Das kann ich nicht, und zwar aus den vielen Gründen, die ich hier schon genannt habe. Wir spekulieren jetzt nicht. Wir prüfen den Sachverhalt. Wir gehen im internationalen Konzert vor – das heißt, wir sprechen mit all unseren Partnern -, und dann werden wir Schritt für Schritt die richtige Haltung dazu entwickeln.

Zusatzfrage: Aber können Sie nicht ausschließen, dass die Bundesrepublik an einem solchen militärischen Eingreifen teilnehmen wird?

StS Seibert: Ich habe es vorhin schon gesagt: Ich spekuliere hier nicht, und ich werde jetzt auch nicht die diversen Möglichkeiten einer internationalen Reaktion mit Ihnen durchspielen.

Zusatzfrage: (Beginn der Frage ohne Mikrofon; akustisch unverständlich) Das ist offensichtlich eine neue Situation, was die Haltung der Bundesregierung anbetrifft.

StS Seibert: Sie versuchen, mich zu einer Spekulation zu treiben, die ich nicht anstellen möchte. Wir haben unsere Politik und unsere Reaktion auf dieses entsetzliche Verbrechen dargelegt. Wir müssen uns darüber international abstimmen und werden natürlich weiterhin informieren. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in Kenntnis dieser Lage irgendetwas ausgeschlossen hätte.

Nachtrag 2: Um 15.12 deutscher Zeit (der screenshot unten zeigt US-Zeit) habe ich Regierungssprecher Steffen Seibert via Twitter gefragt, ob die AP-Meldung seiner Aussage entspricht:

AP-Merke-Syrien_tw-tweet

Gut dreieinhalb Stunden später habe ich weder von Seibert selbst noch vom Bundespresseamt, das den Twitter-Account des Regierungssprechers betreut, eine Reaktion. Ich nehme mal an, das erlaubt die Einschätzung, dass aus offizieller Sicht der AP-Kollege korrekt zusammengefasst hat.

(Foto: Free Syrian Army fighters take cover during fierce fighting against government troops in Idlib, north Syria, Saturday, March 10, 2012 – „Freedom House“ via Flickr unter CC-BY-Lizenz)