Patriot-Einsatz „Active Fence“: Der NATO-Partner zeigt sich wenig verbündet
Bei ihren Besuchen beim deutschen Patriot-Flugabwehrkontingent in der Türkei, dem NATO-Einsatz Active Fence, sparten Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto oben) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière nicht mit warmen Worten, was die Unterstützung und Kooperation in der NATO mit dem Bündnispartner angeht. Die Realität sieht nicht ganz so erfreulich aus: Nach einem Truppenbesuch lieferte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, eine sieben Seite umfassende Mängelliste bei den Abgeordneten des Verteidigungsausschusses ab. Quintessenz seines Katalogs: Die Zusammenarbeit mit den türkischen Streitkräften ist, wie es der Wehrbeauftragte zurückhaltend ausdrückt, problembehaftet. Man könnte auch sagen: Die Türken verhalten sich eher destruktiv.
Die Mängel und teilweise Schikanen, die das Leben der deutschen Soldaten in der türkischen Stadt Kahramanmaras schwierig gestalten, sind heute von verschiedenen Medien bereits geschildert worden – von Schimmel in den Unterkünften bis zu unhaltbar verdreckten Sanitäreinrichtungen und Versorgungsproblemen, aber auch im Umgang türkischer Offiziere mit deutschen Soldaten. Unter anderem ist das bei Spiegel Online nachzulesen. Neben diesen, sagen wir zurückhaltend, Einsatzerschwernissen gibt es in der Mängelliste des Wehrbeauftragten aber auch einige Punkte, die belegen, dass die türkischen Streitkräfte systematisch versuchen, den Einsatz des deutschen Kontingents zu behindern.
Das wird vor allem an den Beschwerden deutlich, die den Umgang der Türken mit den Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts betreffen:
Angehörige der Feldjägertruppe schilderten ihre Situation als unbefriedigend. Zur Zeit habe man keine dem NATO-Statut entsprechenden Befugnisse und keine ihrer Qualifikation entsprechenden Aufgaben. Sie dürften keine Waffen tragen. Sie stellten sich die Frage, ob sie ihre Kameraden im Ernstfall mit den Fäusten verteidigen sollen. Mit TUR sei keine Absprache getroffen worden, welche Befugnisse die Feldjäger außerhalb der Kaserne wahrnehmen dürfen, obwohl eine solche Absprache nach dem NATO-Truppenstatut vorgesehen sei. Die Bemühungen des Rechtsberater Stabsoffiziers, mit den türkischen Sicherheitsbehörden ins Gesprächs zu kommen, wurden dort nicht angenommen.
Grundsätzlich sind die türkischen Behörden – unklar ist dabei, ob das nur von den Streitkräften ausgeht – bestrebt, deutsche Soldaten und Militärfahrzeuge im Straßenbild zu verhindern. So dürfen die Bundeswehrangehörigen die Kaserne, wo die Patriot-Systeme stationiert sind, grundsätzlich nicht in Uniform verlassen – und schon gar nicht ihre Fahrzeuge benutzen. Aus diesem Grund stünden viele DEU Fahrzeuge unausgelastet in der Kaserne und es müssten zivile Fahrzeuge von TUR Autoverleihern angemietet werden, um den Transportbedarf des Kontingents zu decken, bekam der Wehrbeauftragte zu hören. Diese Einschränkung gilt auch für dienstliche Fahrten:
Eine besonders gravierende Begebenheit ist dem Rechtsberater Stabsoffizier und zwei Angehörigen des Feldjägertrupps widerfahren. Nach deren Eintreffen im Einsatzland haben diese die Kaserne in Incirlik nach Kahramanmaras verlassen wollen. Hieran seien sie durch die Wache gehindert worden, weil sie keine Zivilkleidung trugen. Anschließend habe man ihnen eröffnet, dass Fahrten zwischen Kahramanmaras und Incirlik 48 Stunden im Vorhinein angemeldet werden müssten. Die drei Soldaten seien letzten Endes über mehr als zwei Tage lang durch TUR am Verlassen der Kaserne gehindert worden.
Die bürokratischen Schikanen und der lässige Umgang mit Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts zeigen sich auch im Umgang der Türkei mit der Feldpost, wie der Wehrbeauftragte erfuhr:
Der TUR Zoll verzögere zudem den Transport an der TUR-BUL Grenze um weitere zwei bis drei Tage. TUR fordere selbst für Briefpostsendungen ein NATO-Formular, das üblicherweise nur für Paketsendungen auszufüllen sei. Internationale Zoll- und Postrechtliche Vereinbarungen würden seitens TUR nicht eingehalten. Ein Soldat berichtete, dass er kürzlich ein Paket erst nach viereinhalb Wochen empfangen habe. Es sei außerdem vorgekommen, dass der TUR Zoll mit der Transall C 160 eingeflogene (Brief-) Post an der Airbase in Incirlik habe kontrollieren und Päckchen öffnen wollen.
Der Vollständigkeit halber muss allerdings auch erwähnt werden, dass die deutsche Planung nicht optimal gelaufen zu sein scheint. So beklagten Soldaten des Transportbataillons 465 aus Ellwangen, dass viele von ihnen nach dem Afghanistan-Einsatz erst ein halbes Jahr wieder zu Hause waren, als sie in die Türkei geschickt wurden – aber dort gar nicht gebraucht würden: Die Gruppe fahre mit Klein-Kfz Mahlzeiten vom Hotel zur Kaserne. Eine Transportgruppe sei gar nicht erforderlich.
Neben den, pardon, zugeschissenen Klos (da fehlt unter anderem, aber nicht nur, die Wasserspülung) zeigt sich ein viel grundsätzlicheres Problem: Die Türkei hat zwar die NATO um Unterstützung gebeten – auf politischer Ebene. Auf der Ebene darunter, also bei den Streitkräften, scheint diese Unterstützung nicht gewollt. Das merken übrigens nicht nur die Soldaten, sondern auch der deutsche Steuerzahler. Eine längere Unterbringung in Hotels ist ein Hauptgrund für die erwartete Kostensteigerung um knapp fünf Millionen Euro. Denn in der Gazi-Kaserne sieht es übel aus: Bei der Begehung des in Renovierung befindlichen Bestandsgebäudes zeigte sich, dass in manchen Stuben Schimmel an den Wänden nicht beseitigt, sondern nur übertüncht worden war.
Nachtrag: Auf die Auseinandersetzung zwischen dem türkischen General und den Feldjägern wollte ich hier eigentlich nicht eingehen, weil die anderswo schon ausreichend beschrieben wird. Da es in den Kommentaren aber eine Rolle spielt, hier noch aus dem Mängelkatalog des Wehrbeauftragten der entsprechende Passus:
Auf der Fahrt in der Delegationskolonne durch die Gazi-Kaserne regelte eine DEU Soldatin der Feldjägertruppe das Zulaufen der DEU/TUR/NLD Ministerfahrzeuge an die vorgesehene Position in der Kolonne. Zu diesem Zweck signalisierte Sie dem sich nähernden Fahrzeug eines TUR Generals abzustoppen, um den Ministerfahrzeugen das Einscheren zu ermöglichen. Der TUR General stieg daraufhin aus seinem Fahrzeug und schubste die DEU Soldatin sowie weitere zur Hilfe geeilte DEU Soldaten beiseite. Die Soldatin klagte danach über Prellungen.
Nachtrag 2: Ich habe mal den niederländischen Journalisten- und Bloggerkollegen Hans de Vreij gefragt, ob die Niederländer ähnliches erleben. Bislang ist davon nichts bekannt, allerdings: Die niederländischen Einheiten sind auf der Luftwaffenbasis Incirlik stationiert, de facto auf einer amerikanischen Basis, was manche, äh, Infrastrukturprobleme von vorherein löst. Und bislang haben die Soldaten die Basis wohl nicht verlassen (müssen/dürfen).
Die USA hatten in der Stationierungsphase über Probleme mit der türkischen Bürokratie geklagt: US Patriot deployment in Turkey mired in bureaucratic red tape
(Foto: Bundeswehr/PIZ AF TUR via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Na, wenn ein Oberst nicht den Mut hat seinem Inspekteur, den GenLt Müllner mal kurz beiseite zu ziehen und ein paar Takte oder diesem eine vorbereitete Notiz zu stecken, dann …..iyi geceler aşk Bundeswehr
Nachtrag: Richtig wäre „Dreifache“, nicht „Fünffache“. Editierfunktion will nicht mehr.
Schöne Antwort des IBuK…
Und den Angriff auf deutsche Soldaten durch einen türkischen General lassen wir mal außer Acht?
Provokative These: Fremdenfeindliche Handlung durch einen türkischen General?
@zog
SPON-Kommentare zeugen i.d.R. weniger von PI-Anhängern als mehr durch das Gegenteil. Und da sind die meisten Kommentare zu diesem Thema Pro-Bw; von wenigen linksverblendeten mal abgesehen. Und übrigens mag man das ja als interkulturellen Fehler werten mögen, aber in einem NATO-Staat muss ein weiblicher Feldjäger seiner Tätigkeit nachgehen dürfen, ohne dass der Untergang des Morgenlandes heraufbeschworen wird.
Ich sehe viel öfter Berichterstattung über die Bw, die Pseudo-Skandale heraufbeschwört, die sich nicht halten lassen und dann wieder in der Versenkung verschwinden.
Es muss nicht nur das türkische Militär dafür herhalten. Die Türkei ist m.M.n. gerade aufgrund des Ministerpräsidenten, der Politik und dem Nichteinstehen für europäische Werte und Normen nicht geeignet. Die zeigen sich aber gerade an den aufgeführten Mängeln ganz deutlich.
@ Vtg-Amtmann | 02. März 2013 – 16:45
So zu unterschreiben.
Mir stellen sich eigentlich nur noch zwei Fragen:
(1) Wie kann es sein, dass man offensichtlich schon länger von den massiven Einschränkungen weiß, aber der Presse trotzdem fröhlich ins Gesicht lügt. (Siehe etwa die Zitate von Vtg-Amtmann)
(2) Zieht die Bundesregierung es in betracht, unsere Soldaten wieder abzuziehen und wie lange würde das dauern.
(Vor allem die erste Frage würde ich zu gerne in der Bundespressekonferenz hören…)
@ CSMA
Fragen Sie doch mal: http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Service/Kontakt/kontakt_node.html
Auf Abgeordnetenwatch war da wer schneller. ;)
@Someone: Deswegen schrieb ich ja:
Die Verbindung von SPON und pi haben Sie jetzt irgendwo hineininterpretiert.
Ob das Geschlecht des Feldjägers Einfluss auf die Reaktion des türkischen Offiziers hatte oder nicht, ist reine Mutmaßung. Insofern will ich mich irgendwelcher Spekulationen enthalten. Ich hatte bereits bei meinem ersten Kommentar ganz bewusst den geschlechts- und militärneutralen Begriff MP (Military Police/Militärpolizei) gewählt.
Eben das meinte ich. Hier wird regelmäßig bemängelt, dass das Bild der BW unter solchen unverhältnismäßig häufigen Darstellungen von Skandalen und Skandälchen, echt oder auch nicht, leidet, und ein falsches Bild der BW gezeichnet wird.
Wenn man diesen Maßstab auch mal am türkischen Militär bzw. dem Bild von ihm, das man hat, anlegt…
Da fallen mir aber einige EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere im südlichen und östlichen Bereich ein, die mindestens genau so ins Raster fallen. Es gibt deutlich stichhaltigere Argumente gegen den Beitritt der Türkei als diese. Aber das ist ja hier nicht Thema.
Auf SpON tummelt sich eher der Typ „Studienrat im Ruhestand“ (entweder geistig oder tatsächlich).
Wenn die sich schon aufregen dann sagt das einiges :)
„Gerade die Welt leidet übrigens massiv unter dem systematischen Flooding der PI-Userschaft inkl. Anhängseln.“
Oder: Es gibt in der Bevölkerung inzwischen andere Mehrheitsverhältnisse, die durch die Zusammensetzung des Bundestages nicht mehr abgebildet werden, weil viele ins Lager der Nichtwähler gewechselt sind bzw. trotz anderer Meinung eine der 5 Staatsparteien wählen müssen. So kann man das durchaus auch deuten, vor allem wenn man die Zustimmung zu Sarrazin betrachtet.
Leute, tut mir leid, aber es wird nicht nur ziemlich OT, wenn jetzt über Forenverhalten vor allem anderswo diskutiert wird – ich möchte auch nicht zusehen, wenn/falls sich das hier (wieder?) in eine komische Richtung entwickelt.
Da ich einen entspannten Samstagabend außer Haus genießen möchte, stelle ich jetzt sämtliche Kommentare auf moderiert und schalte Kommentare frei, wenn ich wieder zurück bin. Sorry, das hemmt hier die Diskussion, ist mir schon klar. Aber ich werde nicht die nächsten Stunden vor dem Rechner verbringen, um das im Blick zu behalten, und auf meine knappe Freizeit verzichten.
Am Montag die Grünen in einer Erklärung zu der Sache: Eine deutsche Militärpolizistin hat einen hohen türkischen Würdenträger aufgehalten und nichteinmal den berechtigten Unmut des Osmanen darüber über sich ergehen lassen. So soll sie sich gegen Schläge gewehrt haben anstatt diese, als gerechte Strafe, demütig über sich ergehen zu lassen.
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 die Grünen verurteilt dieses Verhalten aufs Schärfste!
Und ich dachte immer die Moslems seien stolz auf ihre Gastfreundschaft….
Einpacken, abrücken – fertig!
@Maggus: Lesen Sie doch mal öfters bei PI mit, falls Sie es nicht schon tun. Sie werden feststellen, dass dort regelmäßig zur, nennen wir es mal „Meinungsbeeinflussung“, auf anderen Plattformen aufgerufen wird. Wie so vieles hat man sich das von woanders abgeschaut.
Mit Rücksicht auf die Freizeit und die Nerven von Herrn Wiegold schließe ich mit diesem Thema aber hier ab bzw. den Herrn Sarrazin lasse ich unkommentiert.
@JCR: Sollte dem so sein, bin ich einigermaßen erschüttert darüber. ;)
@Vtg-Amtmann
Danke, das war jetzt echt gut.
Aber es geht schon los: Man hat TdM schlecht/falsch informiert, nur die Schokoladenseite gezeigt! Und jetzt auch noch die Gier nach Anerkennung, dafür dass die armen deutschen Soldaten so schlecht behandelt werden! Wo soll das nur noch hinführen.
Im Ernst, das durch TdM, den unsäglichen Sts B. und die mil Führung maßgeblich beeinflusste Klima in den Streitkräften läßt einen offenen Umgang mit Problemen gleich welcher Art einfach nicht zu. Sieht man sich dann noch die „Informationen über Personalveränderungen“ der letzten Zeit an, besteht keine Hoffnung auf Besserung.
Ich lese diesen Blog täglich. Was selten passiert: hier lese ich auch die Kommentare, ich kenne wenige Blogs, wo die Leserschaft soviele sachdienliche Fakten hinterlässt. Die heutige Diskussion wird der durchschnittlichen Kommentarqualität von Augen Geradeaus! leider überhaupt nicht gerecht.
Der eigentliche Knaller ist das Schönreden der mil. Führung beim Ministerbesuch.
Naja, die Türkei ist auch in einer schwierigen Lage. Dauernd muß man um irgendwas bitten, hat aber im Hinterkopf den Gedanken, daß man als Nachfolger des osmanischen Reiches von Rechts wegen ja eigentlich Großmacht sei.
Dann sind die eigenen Landsleute gar nicht so wohlgelitten in DEU und wirtschaftlich braucht man die Deutschen auch. Vor allem als Touristen, denn ohne diesen Transfer bliebe außer Baumwolle und Mandeln sowie Einnahmen aus allerlei Wegezöllen nicht mehr ganz so viel übrig, womit sich Devisen einfahren ließen. Außerdem flennen die Deutschen immer rum wegen Nordzypern und und und. Und jetzt diese Gelegenheit! Man kann den blöden Deutschen endlich zeigen, wo der Hammer hängt, weil bei denen ja die größten Lautsprecher gegen den EU-Beitritt arbeiten.
Zu dumm, statt Geld als Unterstützung für die ach so bedrohte Türkei schicken die blöden Deutschen einige Patriot- Batterien, obwohl die TUR sich vor dem zerfallenden Syrien sicher nicht in die Hose macht. Nun hat man dummerweise aber die NATO- Unterstützung angefordert und kommt so leicht nicht von dem Baum runter. Will man nun die ungebetenen Gäste wieder loswerden, muß man ihnen die Entscheidung für eine baldige Abreise eben schmackhaft machen.
Mal ganz sachlich gesprochen: Irgendjemand aus Berlin, also entweder TdM oder die Chefin sollte noch mal einen Flieger nach Istanbul oder Ankara besteigen und klar machen, was geht und was nicht geht. Dann erklärt man, wie lange man auf eine befriedigende Lösung zu warten gedenkt und schaltet die Gefechtsbereitschaft der Batterien sozusagen als Anzahlung schon mal ab.
Das macht natürlich nur Sinn, wenn man einen A…. in der Hose hat und aus bereit ist, Konsequenzen zu ziehen, wenn man sie erst mal angedroht hat. Das ist für uns Deutsche das größte Problem. Nicht ein einziger Germane wird seinen Urlaub in Antalya absagen, wegen ein paar Soldaten in schwierigem Umfeld.
Wozu brauchen wir die Türkei denn wirklich? Wie sehr interessiert uns die freie Durchfahrt ins schwarze Meer? Ola, da war doch was – Öl. Türkei als Transitland für Waren aller Art und auch Öl. Das ist dann der Altar auf dem wir unseren Stolz opfern und die Selbstachtung hinterherwerfen. Nur mal kurz vorstellen, was die Grande Nation für einen Zinnober abziehen würden.
Das der VtdgM sich nicht (persönlich) um verunreinigte Sanitäranlagen kümmern kann, sollte jedem einleuchten.
Die modernen Medien machen es möglich, das eine Vielzahl kleiner und kleinster „Unbequemlichkeiten“ sehr schnell einen Weg in die Öffenlichkeit finden.
Selbstverständlich sind solche Zustände nicht hinnehmbar-und zudem sind die Soldaten nicht ohne Vorwarnung dort aufgeschlagen-insofern liegt der Ball schon bei der türkischen Regierung/dem türkischen Militär.
Warten wir einmal ab, was noch alles ans Licht kommt….
Da gibt es nur eine richtige Reaktion und zwar eine klare Ansage an die türkische Regierung. Und wenn sich nichts ändert, dann sofortiger Abzug. Ich habe die Vermutung, dass die Türken wollten das wir für sie Krieg führen. Da wir dies ablehnen werden wir gemobbt. Gäste behandelt man anders.
Die unfreundlichen Handlungen gegen deutsche Soldaten sind kein Zufall sondern Ausdruck des politischen Klimas in der Türkei. Das politische Klima ist seit jeher durch Nationalismus geprägt, neuerdings auch durch religiösem Fundamentalismus. „Der Westen“, andere Volksgruppen (Armenier), andere Religionen (Christentum, Judentum/“Zionismus“) werden in der Türkei sehr häufig als Bedrohung für Islam und Türkei verleumdet. Das zeigt Wirkung. Bei einer Umfrage im Jahre 2009 gab es bedenkliche Ergebnisse:
Vier von zehn Türken wollen keinen Juden als Nachbarn, jeder Dritte lehnt es ab, neben einem Christen zu wohnen.
(da eine Verlinkung ja nicht erlaubt ist: zu finden, wenn man bei Google „Focus Türkei Umfrage Juden“ eingibt)
Also so sehr ich auch die flarak als Heer der LW sehe, nach solch einem statement von tdm und Gabriel, soll da unten dienen wer will ich bin dann mal woanders.
Guten Abend,
aus persönlicher Erfahrung im Kontakt mit türkischen Streitkräften – allerdings Marineangehörigen – im Auslandseinsatz kann ich die Aussage Sigmar Gabriels bestätigen: „Da treffen zwei völlig unterschiedliche Kulturen aufeinander.“
Da ich allerdings persönlich keine Details der Praxis der Menschenführung innerhalb der türkischen Streitkräfte bestätigen kann, würde ich mich sehr über aktuelle Einsichten von Insidern freuen. Das ist meines Erachtens sehr wohl ein Thema das uns und den EU Beitritt der Türkei berührt. Das zugrundeliegende Menschenbild des Militärs ist insbesondere bei dem Stellenwert den es – Erdogan zum Trotz – in der Türkei geniesst ein wichtiger Indikator für die gesamte Gesellschaft.
Andererseits wundert es mich im konkreten Fall doch sehr, dass die geschilderten Konflikte zwischen Bundeswehrsoldaten und türkischen Militärs sich offenbar auch auf der zwischenmenschlichen Ebene abspielen sollen. Meine eigene Erfahrung aus der noch jungen Vergangenheit zeigt das genaue Gegenteil. Ich erlebte eine geradezu euphorische Deutsch-Freundlichkeit – eine türkische Fregatte spielte beispielsweise Beethoven über ihre Lautsprecher und die Besatzung jubelte uns aufrichtig zu.
Einen schönen Sonntag wünsche ich!
Die Führung war schon seit Wochen über die Mißstände in der Türkei informiert! Wer sich über ein paar Uffze und deren Verhalten aufregt, sollte über die Handgreiflichkeit von NATO-Offizieren empört sein. Jetzt ist der Minister gefragt! Wird er als Vorgesetzter seiner Verantwortung gerecht oder spielt er den Vorfall runter?
Na das ist dann ja mal eine Überraschung. Da wurde dem Minister doch tatsächlich die Schokoladenseite präsentiert. Das kennt er ja bei seinen Truppenbesuchen in Deutschland gar nicht. Hier bekommt er regelmäßig eine schonungslose defizit-anal,yse.
Hatte ich hier schonmal die Anekdote von Januar ´08 aus PRIZREN zum Besten gegeben? Türkischer Soldat lässt sein Gewehr unbeaufsichtigt im Dienstfahrzeig, dieses wird (natürlich) entwendet. Die Sache taucht ein, zwei Tage später in der Lokalpresse auf. Darauf befiehlt COM MNTF (S), Ugur T., seine (also die türkischen) Soldaten in alle Kioske etc. der Stadt, um die Druckexemplare sicherzustellen, in denen darüber berichtet wird.
Das zum Thema „Herrenmenschen“. Man kann zwar nicht alle türkischen Offiziere über einen (diesen) Kamm scheren, aber der Großteil führt sich wirklich auf wie der Neuzeit-Pascha.
Das Schokoladenseiten-Argument von TdM ist ein gigantischer Bumerang – das scheint er jedoch – vor lauter Selbstgefälligkeit? – gar nicht zu merken.
Auch seine beruhigenden Einlassungen zur Infrastruktur gehen an den Kernproblemen (Nichteinhaltung NATO-Truppenstatut, Fehlplanungen seitens Bw) vorbei.
Man kann nur hoffen, dass er in all der öffentlichen Erregung damit nicht durch kommt.
@Sailor | 02. März 2013 – 23:22: Kein Insider, allerdings sind körperliche Strafen im türkischen Militär zumindest inoffiziell noch in Gebrauch.
Wen es interessiert, darf sich auch gerne über die Befreiung von Wehrdienst für Homosexuelle informieren.
In der Tat ein etwas anderes Menschenbild.
@iltis | 02. März 2013 – 20:54: Anstatt lang rumzuschwafeln hätten Sie auch direkt schreiben können, dass Sie Land und/oder Menschen nicht leiden können.
Also ich habe für diese Zustände, Vorfälle und Verhalten nur eine Konsequenz parat.
Sofortiger Abzug der DEU Truppen und klare Ansagen bezüglich der NATO Standards an die TUR Militärführung. Wer seine Gäste und Sicherungsposten so behandelt, hat nichts anderes verdient.
Zum Thema „Türkisch-Deutsches Militär-Verhältnis“:
Aus persönlicher Erfahrung weiss ich, das schon im Jahr 2007 (KOSOVO, Stab MNTF South) dieses Verhältnis von Problemen unterschiedlichster Art geprägt war.
Illoyalität deutschen Vorgesetzten gegenüber, Fahren einer „nationalen Schiene“ unter Umgehung von befohlenen Stabsprozeduren, Geltungs- und Profilierungssucht türkischer Stabsoffiziere (bei mässiger Performance) bis hin zu unwahren Meldungen und Androhung militär-politischer Konsequenzen. Auch damals stand Deutschland diesem Gebahren eher hilflos bis tatenlos gegenüber. Besagter BG T. trat natürlich als eloquenter und weltoffener COM auf…
Da baut man TDM mal einen wirklich echten Türken und nu isses auch nicht recht ;-)
Die Erfahrungen von „Simulant“ kann ich so bestätigen-ich war im gleichen Zeitraum mehrmals im gleichen Einsatz-und habe genau die gleichen Erfahrungen gemacht.
Bei SpOn kann man lesen, wie TdM die Sache sieht. Die „Reiberei“ ist kein großer Konflikt und er sieht die Sache vollkommen gelassen. Die Traditionen sind halt unterschiedlich.
@Thomsen, simulant, huey
Scheint ja ein echter „character“ gewesen zu sein der TUR BG Ugur (=Glück). Zum Ende seiner Tour wurden ihm aber von deutscher Seite ganz schön die Karten gelegt. Das hat dann aber wiederum den deutschen „Aufsässigen“ daheim geschadet. So schließt sich nun der Kreis. Vmtl wird das DEU FlaRakKtgt jetzt ordentlich abgestraft.
@ iltis
Vor allem als Touristen, denn ohne diesen Transfer bliebe außer Baumwolle und Mandeln sowie Einnahmen aus allerlei Wegezöllen nicht mehr ganz so viel übrig, womit sich Devisen einfahren ließen.
Die Türkei hat ein Wirtschaftswachstum von um die 9%, und einen Exportanteil von 150 Mrd. $ (und spielt damit in einer ähnlichen Liga wie Schweden, Österreich und Tschechien). Der Exportüberschuss liegt angeblich bei um die 40 Mrd. €.
Ich glaub ja jetzt wirklich nicht, dass sich die Deutschen Soldaten vor Ort so verhalten haben. Aber als Türke hätte ich insgesamt dieses deutsche Kopftättscheln ziemlich satt.
Mal ganz sachlich gesprochen: Irgendjemand aus Berlin, also entweder TdM oder die Chefin sollte noch mal einen Flieger nach Istanbul oder Ankara besteigen und klar machen, was geht und was nicht geht.
Die müssen sich anstellen. Erdogan kriegt grade von Kerry und Ban Ki Moon den Kopf gewaschen. ;)
Nicht dass ich damit rechne, dass da von seiten der Bundesregierung viel geschieht. Das ganze ist ne politische Fähnchenträger-Aktion, um „Handlungsbereitschaft“ zu signalisieren. Da wird man den Teufel tun, und durch einen vorzeitigen Abzug das eigentliche Missionsziel gefährden. Eher steckt man das deutsche Kontingent ins Hotel und verhängt einen Maulkorb.
Was das türkische Militär angeht, da scheinen schon andere Sitten zu herrschen, Afghan Quest hatte da mal einen Bericht aus Afghanistan: Einerseits Saloon mit Sofas und Zierwaffen, andererseits Zelte ohne Feldbetten für die Mannschaften. Ab 4 Leuten wurde marschiert, Offiziere und Unteroffiziere wurden zackig gegrüßt. Aber die Gastfreundschaft war herzlichst.
Ich würd ja vermuten, dass die „Wir sind doch Partner und machen das jetzt nach Vorschrift“-Einstellung der BW da bei einigen uniformierten Alleinherrschern angeeckt ist, die eher ein dankbar-gastartig-widerspruchsloses Auftreten erwartet hätten.
Aber dass sich auf türkischer Seite einige so gehen lassen ist dann doch überraschend.
Damit das nicht falsch verstanden wird:
Als Offizier hatte ich mit den Türken im Einsatz kaum Probleme-im Gegenteil.
Bei jedem Besuch wurde mir von einem Mannschaftsdienstgrad die Jacke abgenommen, meine Stiefel geputzt, sowie eine Tasse Tee und Gebäck gereicht.
Ja-das IST eine „andere Kultur“.
Befremdlich ist es aber, wenn man Zeuge wird, wie die Mannschaftsdienstgrade „geschlagen“ werden….(im Sinne von „Klaps auf den Hinterkopf“).
Was mir aber absolut gegen den Strich ging (und dies war mehrfach Thema der multinationalen Stabsbesprechungen) war die teilweise vorhandene Unprofessionalität, welche durch beherztes Aufsehen und „Macho-Gehabe“ überdeckt wurde…
@zog: Danke für das „herumschwafeln“. Solche Ansprache am Morgen ist ein steter Quell der Freude.
Nein, es ist nicht so, daß ich weder die Türkei noch die Türken leiden könnte. Zudem es DIE Türken gar nicht gibt, sondern nette und doofe, intelligente und dumme. Und alles dazwischen. Also fast wie daheim.
Wenn die Türkei ein Wachstum von 9% hat, woraus speist sich das? Die Zahl der arbeitslos vor IST auf Reede dümpelnden Containerschiffe spricht eine andere Sprache. Was wird dort eigentlich produziert? Aber das gehört hier eigentlich nicht hin.
Oh je Huey, sie haben sich als deutscher Offizier die Stiefel von türkischen Mannschaftern putzen lassen oder sich zumindest nicht ausreichend dagegen gewehrt? Das wird wieder Wellen schlagen… ;-)
Wir müssen, was dass Schlagen von Mannschaftsdienstgraden betrifft, übrigens nicht einmal soweit weg schauen – einer unserer engsten Nachbarn handhabt das genauso. Fragen sie mal die Angehörigen der PzTr, die seinerzeit die polnischen Kameraden auf dem Leopard 2 in den Truppenteilen der 7. PzDiv und später dann vor Ort bei der 10. POL PzKavBrig in Zagan schulten.
@ Voodoo
Sie Verwechseln da jetzt nicht aber die besondere Art der Kommunikation (in) der kleinen Kampfgemeinschaft, oder? Die Winkerkelle mag manchem ja archaisch vorkommen, aber der Sinn der Botschaft wird nun mal so schnell, einfach, direkt und unverwechselbar übertragen.
Ich bin PzOffz und kenne somit „die Kelle“ – nein, die meinte ich nicht. Ich meinte schon das, was ich schrieb: Prügelstrafe. Wechselseitig wurde dafür auch nach Dienst schon mal der Zugführer verprügelt, wenn man besoffen war. Das ging soweit, das mein damaliger BtlKdr in Wolfhagen dem polnischen Chef unmissverständlich klarmachte, dass das sofort aufhört oder er keinen Panzer mehr von innen sieht, inklusive einer Info an seinen polnischen Kdr.
Für die Zeit nach Dienst lief es danach besser, aber im Dienst waren wir bzw. der Ausbildungsverband des Btl der polnischen Menschenführung „nicht weisungsbefugt,“ wie man so schön sagt.
Wenn ich mir die ganze Story so anschaue, dazu das Gehabe des türkischen „Führers“ nehme und den fraglichen Zweck des Einsatzes… Dann kann ich nur sagen: „Holt sie nach Hause, ist doch Zeitverschwendung.“
Die Wahrnehmung der Probleme in TUR ist weiterhin unterschiedlich. Der Abg. Beck reiste auch mit Minister und Wehrbeauftragtem. Seine Reaktion auf den Bericht des Wehrbeauftragten: „Meinem Eindruck nach ist das absolut nicht gedeckt“.
Auch nur bei der Schokoladenseite dabei gewesen? Fernab aller deutsch-türkischen Probleme ist das ganze doch ein Paradebeispiel für die politische und militärische Führungskultur in diesem Lande:
Schönreden, statt handeln.
Dabei aber stets einen auf patriotischen Staatsdiener machen.
Dass ich die story gar nicht gut finde, hab ich ja schon weiter oben kommentiert.
However, vielleicht hätte das Kontingent vor Ort mehr ein NATO-look&feel zeigen sollen als ein deutsches……..
Ich weiß nicht… Immer wenn deutsche Soldaten einen auf Schauspieler machen sollen, werde ich nervös. Das sind deutsche Soldaten, deutsche Uniformen und die haben Ehre und Würde. Wer das nicht versteht, hat deutsche Hilfe nicht verdient.
@Niklas
kann Sie ja verstehen, aber wenn deutsche Soldaten unter OPCON NATO oder UN oder EU im Einsatz sind, dann sollte die deutsche Flagge nicht ganz oben wehen……hilft manchmal ;-)
Zum Thema Schokoladenseite:
Immer wenn „Gold“ oder gar der IBUK in eine Kaserne zur „Dienstaufsicht“ kommen wird genau diese Schokoladenseite akribisch und penibel hervorgekehrt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Immer dann wird alles auf „Hochglanz“ poliert unter Einbindung aller verfügbaren Resourcen. Alles andere muss man stehen und liegen lassen um nur „schöne Bilder“ zu zeigen! Dass bei denen dann der Eindruck entsteht: Ist doch alles supi hier…, ist logisch. Die sollten einfach mal unangemeldet auf dem Hof stehen. Dann könnten Sie sehen, dass eben nicht alles supi ist. In den Kasernenhöfen vergammelt langsam alles, weil nichts mehr gepflegt werden kann (Personalmangel), die Appelaufstellung schaut nur gut aus, weil wochenlang vorher geübt wurde (Formaldienst wird nicht mehr durchgeführt), von den gezeigten Waffen(Systemen) steht nur das auf dem Hof, was nach dem Ausschlachten von anderem Gerät halbwegs vorzeigbar ist, und so weiter.
Es wird IMMER die Schokoladenseite gezeigt, weil sich keiner traut, die Wahrheit darzustellen, so wie sie ist
@ klabautermann
Geh ich mit, ändert nur leider die Sachlage nicht und ob es anders gelaufen wäre… Keine Ahnung.
@Luftwebel:
„Es wird IMMER die Schokoladenseite gezeigt, weil sich keiner traut, die Wahrheit darzustellen, so wie sie ist“.
Genau das ist das (bekannte) Problem.
Der Minister weiß es (Schokoladenseite) und lässt es trotzdem mit sich machen.
Anstatt hiergegen energisch vorzugehen befördert er noch das „Türken bauen“.
Wenn er sich wirklich dafür interessieren würde „wo der Schuh drückt“, dann könnte er das Gleiche wissen, was der Wehrbeauftragte berichtet. Der Weg ist einfach: Gespräch mit VPs, Spießen, Abweichungen vom geplanten Besichtigungstour, anständige Vorbereitung durch seine Mitarbeiter.
Dafür braucht es nur eines: Echtes Interesse an der Realität.
Daran fehlt es TdM und wohl auch dem GI.
Der Minister wurde lange vor dem Besuch über die Zustände informiert! Dass er jetzt so tut als ob ihm die Soldaten etwas vorenthalten hätten ist ein erneuter Versuch den Soldaten die Schuld in die Schuhe zu schieben!
Es wird nicht lange dauern, dann werden für die Probleme in AFG und der Neuausrichtung die Soldaten verantwortlich gemacht!
@Elahan:
„Der Minister wurde lange vor dem Besuch über die Zustände informiert!“
Können sie das etwas konkreter erläutern? Wurde er informiert oder seine Entourage?
Beim Truppenbesuch wurde ihm offenbar eine dog-and-pony-show geboten. Daher liegt zumindest beim Besuch selbst das Problem nicht nur bei Ihm, sondern auch bei hohen Luftwaffenoffizieren, die die gravierenden Probleme mit politischer Dimension nicht klar ansprechen.
Der eine sagt nichts, der andere fragt nicht. Eben so wie man es schon immer gemacht hat.
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, nichts machen.
Man kann es auch so bewerten: Staatsbürger in Uniform trifft auf türkische reale Militärwelt, da hilft nur Toleranz und das Vertrauen auf Abhilfe.