Männer, das geht schneller.
In meiner inzwischen jahrzehntelangen journalistischen Begleitung der Bundeswehr habe ich, bei allen Verschiedenheiten, zwei grundlegend unterschiedliche Typen militärischer Führer kennengelernt. Die einen sparten nicht mit Lob, wenn ihre Männer eine gute Leistung gebracht hatten. Die anderen stellten sich, so gut das Ergebnis auch gewesen sein mochte, vor die ausgepumpten Soldaten und verkündeten: Männer, beim nächsten Mal geht das aber schneller.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist zwar kein militärischer Führer, sondern Politiker – aber auch er scheint eher dem zweiten Führungsstil zuzuneigen. Nachdem am (gestrigen) Samstag erste Zitate aus seinem Interview mit der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlicht wurden, zeigt ein Blick in das Gesamtinterview: Da hat ein Minister Kritik nach außen getragen, die – vielleicht – intern angebracht sein mag, die aber in dieser öffentlichkeitswirksamen Form die Beschäftigten demotiviert. Ich gebrauche bewusst den Begriff Beschäftigte: Da ist es nicht anders als in einem Unternehmen, dessen Mitarbeiter sich bei einer derartigen öffentlichen Kritik an ihrem Verhalten auch abgewatscht fühlen müssen.
Was hat de Maizière denn nun gesagt? Die – bereits bekannten – Zitate hat die FAS nicht unberechtigt als Kernaussage des Ministers zum Wunsch seiner Truppe nach Anerkennung vorab veröffentlicht:
Sie haben den verständlichen, aber oft übertriebenen Wunsch nach Wertschätzung. Sie sind vielleicht geradezu süchtig danach. (…) Hört einfach auf, dauernd nach Anerkennung zu gieren.
In dem fast ganzseitigen Interview sagte de Maizière natürlich eine ganze Menge mehr, und er leitet auch her, wie er zu dieser Aussage kommt. Gleich zu Beginn anwortet er auf die Frage der FAS-Kollegen, ob der Bundeswehr der öffentliche Zuspruch fehle, mit einem klaren Nein: Durch den Afghanistan-Einsatz sei die öffentliche Zuwendung zu den Soldaten und zur Bundeswehr deutlich größer geworden, die Anerkennung der Arbeit von Soldaten habe zugenommen, und das geflügelte Wort des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler vom freundlichen Desinteresse gegenüber der Truppe sei längst freundlichem Interesse an der Bundeswehr gewichen.
Dennoch, und das ist der Kern der Kritik des Ministers, glaubten etliche Soldaten, dass sie viel weniger anerkannt werden, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Da fällt dann der Satz vom Gieren nach Anerkennung, und de Maizière setzt das mit dem fatalen Betteln nach Zuneigung in einer Beziehung gleich: Die Wertschätzung anderer bekommt man nicht dadurch, dass man danach fragt, sondern dass man gute Arbeit leistet. Wenn unter Eheleuten ein Partner den anderen fünfmal am Tag fragt, ob er ihn noch liebe, erhöht das nicht die Liebe. Auch ein Lob wirkt, wenn es selten ausgesprochen wird, viel stärker.
Das ist eine bestimmte Art von Führungsphilosophie, die kann man gut finden oder nicht. Ob der Umgang mit Untergebenen nach dem Motto Nicht gemeckert ist gelobt genug so viel zur Motivation beiträgt – gerade wenn die Mitarbeiter aufgrund der äußeren Umstände und einer gesellschaftlichen Debatte verunsichert genug sind? Ich hätte daran meine Zweifel. Und ebenso finde ich die These – sagen wir mal: sportlich, den langjährigen Afghanistan-Einsatz als Auslöser von mehr gesellschaftlicher Zuwendung für die Bundeswehr einzuschätzen.
De Maizière ist als Politprofi lange genug im Geschäft, um zu wissen, welche Sätze aus so einem Interview herausgegriffen und zitiert werden – und welche Wirkung sie bei den eigenen Leuten haben dürften. Was intern noch als Reisst euch am Riemen-Aufforderung verstanden wird, wird öffentlich zur Watsche. Und führt dazu, dass sich die Angesprochenen die Frage stellen: steht der da oben noch hinter uns?
Nachtrag: Mittlerweile hatte ich auch ein kurzes Gespräch über die Minister-Äußerungen mit dem Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch. Der empfindet die Aussagen als absolut unangemessen (ähnlich hatte er sich bereits gestern gegenüber der FAZ geäußert). Die Soldaten erführen zu wenig Anerkennung – und die Politik gehe darauf nicht genügend ein. Mir scheint, die Gespräche zwischen de Maizière und Bundeswehrverband dürften ab jetzt in einer deutlich kühleren Atmosphäre stattfinden.
(Foto © Thomas Trutschel/photothek. net)
@rote litze
Wenn jeder BS gehen könnte mit einer vernünftigen Pensionsmitnahme wenn er mit dem IBUK unzufrieden ist würde sich die Polititsche Führung aber umsehen.
Das Treueverhältnis zwischen mir der der BRD ist etwas stärker als zu IBUKs die kommen und gehen. Ich verstehe dieses Verhältniss auch so das ich es als Pflicht empfinde auf Mißstände aufmerksam zumachen sie aber auch aushalte.
@ Sascha Stoltenow
Bisher in 2013 sind es 5 kurze Beiträge mit insgesamt (!) 14 Kommentaren, wenn ich richtig gezählt habe. Offenbar etwas am Bedarf vorbei. Aber vielleicht wird’s ja noch mal was.
Ist aber OT und darum belasse ich es bei diesem Hinweis.
Steht dieses „Gieren nach Anerkennung“ vielleicht nicht doch stellvertretend für …
… doch endlich bei dieser Reform (nach nunmehr 3 Jahren) „mitgenommen“ zu werden, so wie man es uns versprach?
… uns diese Reform auch notwendigerweise transparent näher zu bringen? (Bis heute traut man sich nicht zu beziffern, wie hoch die Einsparung durch die Auslagerung der Personalabrechnung sein wird … obwohl es doch ein Einfaches wäre, denn es war ja auch Thema im Haushaltsausschuß … und unter Verschlußsachen fallen diese Zahlen nun wirklich nicht.)
… die Soldaten und zivilen Angehörigen endlich verbindlich aufgezeigt bekommen was aus bzw. mit ihnen im Verlauf dieser Reform wird und letztendlich aus Unsicherheit auch einmal Sicherheit wird? – Denn viele wissen nach nun 3 Jahren Reform immer noch nicht was man mit ihnen machen wird.
… nach Jahren der hohlen Phrase „Vereinbarkeit von Familie und Dienst“ diese auch mal mit wirklichen Inhalten zu füllen?
… endlich damit aufzuhören, daß Einsatzversehrte, Hinterbliebene, Wehrdienstbeschädigte der Behördenwillkür ausgesetzt werden?
Die Liste könnte man beliebig fortsetzen. Doch für die Abstellung all dieser Mängel bräuchten wir noch nicht einmal die Öffentlichkeit. – Mit ein wenig Gespür für die wirklichen Probleme der Bw-Angehörigen und ein wenig Engagement könnte das alles unser Dienstherr selbst vollbringen … wenn er nur wollte, aber scheinbar sind dessen Intentionen andere …
@J.R.
„Die Anerkennung der eigenen Arbeit durch einen selbst. Es ist halt ein tolles Gefühl hinterher sehen zu können was man geschafft hat“
Stimmt und wenn man bedenkt, wo sich unsere Soldaten so überall engagiert haben, z.B. in ehem Jugoslawien, AFG, Pflege der Waffensysteme (dann Ausmusterung), Engagement in ihren Standorten (was wurde da nach Dienst alles gebaut, renoviert, OHG, UHG, AGs, Vereine uvm) und dann wird gesagt, wir brechen die Zelte ab! Wie vielen jungen BS hat man in den letzten Monaten gesagt, dass sie kein Zukunftspersonal sind!
Einsatz, Scheidung, Umzug, Versorgungsausgleich, Heimfahrt, Betreuung, Standortschließung, steigende Bahnpreise, fehlende abgestimmte Lehrpläne
Das wusste man doch als man unterschrieben hatte! ich nicht, aber ich werde dafür sorgen, dass es die erfahren welche jetzt zur Bw kommen wollen!
Wir gieren nach Anerkennung? Wo lebt denn TdM?
@KeLaBe: Mit insgesamt mehr als 500 Beiträgen und bald dem 6. Blog-Geburtstag bin ich was die Zahlen angeht, als nebenamtlicher Blogger sehr zufrieden. Was mir aber viel mehr bedeutet, sind die Menschen, denen ich in Folge der Bloggerei kennen lernen durfte, und dass ich dadurch ein Thema gefunden habe, das mir ein publizistischen Zuhause gegeben hat (was sich wiederum in Beiträgen widerspiegelt, die nicht im Blog veröffentlicht, gleichwohl aber geschrieben werden).
@Sascha
Das wird jetzt stark OT, aber nur mal so am Rande:
Seitdem sich die Herren Böcker und Kempf (sollte dies der Sohn vom Alten sein, dann wäre mir meine Abneigung gegen den Marinebund endlich klar…) mit Ihren Hintergründen und Meinungen bei Ihnen zu Wort melden durften ( mit den dazugehörigen Anhängern die dann die „Diskussion“ geführt haben) hat sich für mich Ihr Blog erledigt.
Vielleicht nur Zufall, aber ich bin davon nicht begeistert solchen „Geistern“ ein weiteres Forum zu bieten.
Und damit genug des OT.
@ Mario Kaeß
Da kann Ihnen niemand widersprechen. Es handelt sich dabei aber um viel mehr als beliebige Anerkennung, sondern im wesentlichen sogar um ein Recht. Das kann jeder Soldat einfordern, auch ohne dabei gestreichelt zu werden. Da darf man auch nicht locker lassen. Es ist aber wohl nicht das, was TdM mit seinem (überzogenen) Zornesausbruch meinte. Vermute ich zumindest.
@NMWC: Schon richtig erkannt, Off Tonic, aber wenn doch offenkundig ein Interesse besteht, sich dazu zu äußern, warum dann erst jetzt und hier. Und ich biete gerne jedem ein Forum, der sich im Rahmen der FDGO zum Thema des Blogs äußert. In den Kommentaren wiederum schreiben neben den beiden jungen Kameraden auch die gleichen Pseudonyme wie hier. Ist hier also auch Zensur gefordert?
@ elahan
Volle Zustimmung ! Treffer – versenkt
Versuchen Sie doch mal, in den unten zitierten Interviewstellen den Begriff „Soldaten“ beispielsweise durch „Tuerken und Araber“, „Migranten“, „Krankenschwestern“, „Homosexuelle“ oder aehnlich aufgeladene Begriffe zu ersetzen. Ich vermute, Herr TdM muesste zuruecktreten.
„Etliche XXXX glauben jedoch, dass sie viel weniger anerkannt werden, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Sie haben den verständlichen, aber oft übertriebenen Wunsch nach Wertschätzung. Sie sind vielleicht geradezu süchtig danach.“
„Ich sage den XXXX: Hört einfach auf, dauernd nach Anerkennung zu gieren. Die Wertschätzung anderer bekommt man nicht dadurch, dass man danach fragt, sondern dass man gute Arbeit leistet. Wenn unter Eheleuten ein Partner den anderen fünfmal am Tag fragt, ob er ihn noch liebt, erhöht das nicht die Liebe. Auch ein Lob wirkt, wenn es selten ausgesprochen wird, viel stärker.“
Blauer Klaus
@Sascha
Es war eine Äußerung im Kielwasser von KeLaBe, kein offenkundiges Interesse. Ich habe zu einem Zeitpunkt entschieden und dies korreliert zufällig mit Ihrer zeitweiligen Abwesenheit hier. Also Kielwassererscheinung die zufällig aufkam.
Und jetzt wieder zurück zum eigentlichen Thema.
@Rote Litze
100 Punkte…
Danke!
Es fasziniert mich, dass es hier doch eine große Zahl an Kommentatoren gibt die:
1. Glauben, dass die Reform/Neuausrichtung scheitern könnte. (Wird nicht passieren, weil ist ja noch nie passiert)
2. Glauben, dass dieses Interview irgendwelche relevante Außenwirkung haben könnte, bis hin zur Entlassung des Ministers.
In ein paar Tagen ist alles vergessen und vergeben! Gibts genug Beispiele für.
Wer denkt denn zum Beispiel heute noch an die Ergebnisse der beiden Studien von vor 6 Monaten zur Mitarbeiterzufriedenheit? (Schade, dass es nicht ähnlich wie bei der Sonntagsfrage fortgesetzt wird. Hier wäre doch der Casus Knacktus mal der aktuelle Stand).
@NMWC: Gerne, und es ist nicht als Rechthaberei gedacht, wenn ich darauf verweise, dass u.a. die kritisierten Kameraden sich ebenfalls durchaus ernsthaft mit der Frage nach Anerkennung bzw. dem offenkundigen Mangel daran befassen. Genau deshalb versuche ich, eine Diskussion dazu anzuregen.
Mich überrascht auf jeden Fall, der Frust, der sich anhand dieser Äußerung von TDM entlädt und sich direkt auf ihn bezieht, während kein Wort über die an diesen Entscheidungen maßgeblich beteiligten Spitzenmilitärs fällt. Ich behaupte, die in diesen Kreisen herrschende „Führungskultur“, spielt eine wesentliche größere Rolle für die Entwicklung der Bundeswehr in den vergangenen 15 (und mehr) Jahren als die Irrungen und Wirrungen der verschiedenen Minister.
Ach und nochwas zum Thema „Motivation erkaufen“.
Die Einsatzmedaille Gefecht wurde nach ihre Stiftung in den Jahren 2010 und 2011 über 4700 mal verliehen.
Wer glaubt ernsthaft das soviele deutsche Soldaten bereits eine „Gefechtshandlung“ erlebt haben?
Bei knapp 12.000 Soldaten die pro Jahr in Afghanistan sind, wäre das ja ein beachtlicher Anteil.
@bonk
1. „Glauben, dass die Reform/Neuausrichtung scheitern könnte. (Wird nicht passieren, weil ist ja noch nie passiert)“
Dann sprechen sie doch bitte mal mit Angehörigen aus Lechfeld, Glücksburg, Koblenz, der CH 53 Verbände, der Kommandos der 2. Ebene!
„2. Glauben, dass dieses Interview irgendwelche relevante Außenwirkung haben könnte, bis hin zur Entlassung des Ministers.“
Es reicht schon, dass die letzten an anständige Fürsorge aus dem BMVg, wenn es eng wird nicht glauben! Es gibt nicht nur die innere Kündigung, sondern auch die Reale! ……und da gehen im Moment richtig gute von Bord!
@ bonk: im BMVg wollte man die Studie in diesem Sommer erneut durchführen, hat aber jetzt vor erneut negativen Ergebnissen „Angst“ – kommt schlecht im Wahlkampf. Der DBwV wollte eigentlich erneut eine Studie durchführen lassen. Sollte das passieren, dann ist das Thema wieder auf der Tagesordnung.
@ Sascha S.: ich habe den Eindruck, dass der Abstand zwischen BMVg (dabei die Inspekteure) und der Truppe immer größer wird. Das Vertrauen nimmt dadurch mehr denn je ab. Man stützt und vertraut sich nur noch auf Verbandsebene. Das ist m.E. eine negative Entwicklung, allerdings interessiert dies keinen Menschen auf Ebene des BM oder GI. Hinzu kommt, dass das Führungs- und damit Kommunikationsverhalten in großen Teilen von gestern ist. Ich wette, dass auch manch ein Inspekteur kein 360 Grad Feedback aushalten würde – Ausnahmen bestätigen die Regel.
@ Elahan: Viele versuchen von Bord zu gehen, aber man lässt sie nicht ;-)
Welche Reaktionen (Anerkennung, Ablehnung oder Desinteresse) erfährt der Soldat in der Öffentlichkeit ? Zum Beispiel als Passant in Berlin-Wedding ? Insbesondere von Mitbürgern türkischer oder arabischer Abstammung Grüße per Kopfnicken, meist interessierte undeindeutig nicht negative Blicke. Der aus Ägypten stammende Besitzer des von mir gelegentlich frequentierten Spätkaufs (Kiosk) legt bei Zigarettenkauf noch ein Gratis-Feuerzeug (gibt’s sonst nicht) drauf. Von offensichtlich deutschstämmigen Passanten neutrale (= Null) wahrnehmbare Reaktionen. Immerhin aber auch keine ablehnenden Gesten, Sprüche oder gar Beschimpfungen. Meine Kameraden – die meisten nicht aus großstädtischen Räumen – reagieren jedesmal überrascht bis besorgt, dass ich mich in Berlin (und erst recht in Stadtteilen wie Wedding oder Neukölln/Kreuzberg) in Uniform auf die Strasse „traue“.
Dienstreise mit dem letzten ICE Berlin-Hamburg, dort fünf Stunden Aufenthalt bis zur Weiterfahrt in Richtung Standort. Gepäck im Schliessfach verstaut und Sightseeing zu Fuß Richtung Landungsbrücken, Fischmarkt. Als Nicht-Hamburger ist mir die Hafenstraße aus den Nachrichten der 80er-/90er-Jahre – Stichwort: Hausbesetzer, Autonome etc. – ein Begriff, Dass ich auf dem Weg zum Fischmarkt um 02:30 Uhr im Feldanzug in der Hafenstraße stehe…fällt mir erst auf, als aus einem Club mit aufgesprayten Anarcho-„A“ zwei schlaksige Jungs mit Springerstiefeln, schwarzen Cargohosen und tief in die Stirn gezogenen Hoodies über die Strasse sprinten, vor mir stehenbleiben: „Hey Soldat, hasse ma ne Zigarette.“ Ich habe und verbringe die nächsten zwei Stunden mit Diskussionen über Demokratie, Freiheit, Menschenrechte, Innere Führung, Mandatsvorbehalt durch’s Parlament. „Möönsch, hätt ich nie gedacht, dass ich mal im Leben so interessant mit ’nem Soldaten schnacken tu“, resumiert eine der Schwarzhauben unsere nächtliche Begegnung.
Warum ich diese Anekdoten – für „Augen Geradeaus“ als SichPolBlog eher untypisch (sorry, T.W.) – wiedergebe ? Ich denke, dass wir Soldaten mit mehr Selbstbewusstsein im Alltag auftreten könnten. Mit dem Selbstverständnis, dass die Bundeswehr und ihre Angehörigen keinesfalls einen Fremdkörper unserer Gesellschaft darstellen – sondern einen bis auf Weiteres unverzichtbaren Bestandteil derselben. Nichts Besonderes – sehr wohl aber eine staatliche Organisation, deren Daseinsberechtigung in der allerdings besonderen Aufgabe des Schutzes der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bevölkerung besteht. Eben genau jener Mitbürger, denen man an der Tankstelle, im Supermarkt oder beim Bäcker begegnet. Das sag ich jetzt mal so als Offizier der Reserve (m. Beorderung), der im Schnitt nur an etwa 40-50 Tagen im Jahr Uniform (FA) trägt und somit für die Reaktionen seiner (zivilen) Umwelt besonders sensibilisiert ist.
Wenn d a n n noch „das Primat der Politik“ s e i n e m Auftrag nachkommt und der Bevölkerung als Souverän eben jenes Staats das (aussen- und sicherheits-)politische Handeln der Bundesregierung einschließlich dessen Relevanz zur Wahrung unser aller Interessen verständlich, ehrlich und zeitnah e r k l ä r e n w ü r d e – w ä r e die Anerkennung der Soldaten und ihrer Arbeit durch die Bevölkerung vermutlich kein Thema mehr. Feuerwehrleute und Rettungssanitäter finden schließlich auch alle prima.
Nicht nachvollziehen kann ich jedoch die Äusserungen TdMs, mit denen er die Thematisierung der Bundeswehr durch „die Medien“ positiv wertet.
Zitat TdM: „Es gibt zum Beispiel in den Medien große Artikel darüber, wie sich Soldaten im Auslandseinsatz und danach fühlen oder wie es ihren Angehörigen damit geht. Das war auch mehrfach Thema des „Tatort“, es gibt Spielfilme, Dokumentationen, sogar Romane.“
Sollte die Medienkompetenz des Polit- und Behördenprofis tatsächlich derart gering entwickelt sein und er nicht realisieren, dass „die Medien“ die Bundeswehr im Einsatz gerne als Milieu mit einem grossen Vorrat an stark emotionalisierenden Szenen, Protagonisten und Schicksalen darstellt ? Er verweist ja selbst in seiner Aussage („wie sich Soldaten im Auslandseinsatz und danach fühlen oder wie es ihren Angehörigen damit geht“) auf diese Emotionsfokussierung der Medien. Die Darstellung der Emotionen von Menschen in extremen Belastungssituationen aber dient vornehmlich der Unterhaltung eines selbst weitestgehend sicher und bequem lebenden Publikums, das sich nach nichts so zu verzehren scheint wie nach Emotionen von Menschen in extremen Lebens- oder Schicksalslagen. Mit Information, Aufklärung im Sinne einer politischen oder gesellschaftlichen Akzeptanz hat das nur bedingt bis gar nichts zu tun. Denn die journalistische Aufbereitung von Hintergründen, Entwicklungen und Diskussionen im aussen- und damit auch sicherheitspolitischen Kontext findet in vielen konventionellen wie elektronischen Medien nun mal leider nicht (mehr) so fundiert und detailliert statt wie in „Augen Geradeaus“.
Sicherlich ist die Außen- und Selbstwahrnehmung immer ein entscheidender Punkt an dem unterschiedlichste Bewertungen Eingang finden. Auch ist unser Selbstbewußtsein als Soldat nicht besonders ausgeprägt. Wie denn auch? Seit den Anfangstagen der Bw hat man uns eingetrichtert Bürger in Uniform zu sein, der Abschreckung zu erbringen hat. Nun schickt man Dich in den Kampfeinsatz nach AFG bzw. in Unterstützungseinsätze nach Afrika. Diesen Paradigmenwechsel muss man erst einmal hinbekommen. Dass auch die Bevölkerung damit ein Problem hat, liegt auf der Hand. Nebenbei wird seit Dekaden umstrukturiert und Nichts zu Ende gebracht. Was zurückbleibt ist Verunsicherung und Resignation. Dein Dienst erscheint inhaltslos. Leere im Kopf. Wer steht für Dich und Deine Probleme und familäre Situation ein? Definitiv nicht die Leitung unseres Hauses. Schon gar nicht ein bürokratisch wirkender und völlig emotionsloser Verteidigungsminister. Diese Minister, die wir bislang ertragen mußten, sind nicht hilfreich. Den innenwohnenden Aspekt als Soldat zu dienen, die Seele Soldat zu sein, hat dieser Mann noch nicht einmal ansatzweise erspürt. Die Bundeswehr wird gerade, aus rein politischen Erwägungen, ihres Zusammenhalts und Sinnhaftigkeit beraubt und keiner will es bemerken.
Wenn das Personalstrukturgesetz nur ansatzweise attraktiv wäre, würden die personalbearbeitenden Stellen sich vor Anträgen nicht mehr retten können.
Ich kann mich nur wiederholen… ich verstehe die Aufregung nicht ;)
Jemand, der seine vielen Versprechungen nicht hält, bzw. welche macht, die ihm eh keiner abnimmt, der wird auch nicht wirklich für voll genommen. Wenn ich jemanden nicht für voll nehmen, dann kann er mich auch schwerlich beleidigen…
@Eteinne Rheindahlen: die Medienkompetenz von TdM ist eigentlich eine nebensache, denn dafür hat er ja Leute. Wenn man sich also ob der Reaktionen wundern sollte, hat er entweder die falschen Leute oder hört nicht auf sie… in beiden Fällen wohl weniger seinem Ruf zuträglich.
Was der Minister seinen Soldaten konsequent verweigert ist Respekt, nicht Anerkennung. Wenn er mal anfangen würde, die Truppe für voll zu nehmen und die Meinung seiner ‚Mitarbeiter‘ (im zivilen Bereich gilt es ja gleichermaßen) sinnvoll zu berücksichtigen, dann könnte er sicherlich mehr erreichen.
Zurück zum Thema: warum aufregen?
@Elahan:
Richtig. Die Reform wird nicht scheitern… sie wird allenfalls wie so oft davor von der nächsten Reform ein- und überholt werden. Das schöne am Führungsprozess ist ja, dass man jederzeit die Ziele aufgrund einer Lageänderung umdefinieren kann ;)
@Etienne Rheindahlen
So ist es und dann steigen sie in Hamburg in die Bahn und der Schaffner besteht zum Ticket auf den Personalausweis, akzeptiert nicht den Truppenausweis und am Bahnhof angekommen, keine Weiterfahrt mehr möglich!
Der Minister verwechselt Anerkennung (Respekt oder Akzeptanz) mit Ansehen (Image,
Prestige, Würdigung), kostet nur ein Stückchen Blech und eine Urkunde. Mit Würdigung ist man inzwischen schnell dabei aber, wenn das BMVg auch mal die Leistung der Bw Angehörigen anerkennen würde müssen sie ja eingestehen, dass viele gute und sinnvolle Arbeit/Dienst leisten und dies würde der Neuausrichtung entgegen stehen! Oder wie will man die Leistungen der Geschwaderangehörigen in Lechfeld Anerkennen um dann im Anschluß den Verband zu schließen! Also Urkunde für erfolgreiche unnötige Übung ……. dann wegtreten und wehe ihr bittet um Anerkennung!
Respekt und Akzeptanz kann jeder Soldat gerade von seinem/-n Dienstherrn/-fraun einfordern!
Er ist einfach nur respektlos gegenüber uns!
Man muss ihn nur mal erleben wie er grinst, wenn ein Vorgesetzter einen Untergebenen in seiner Gegenwart zurechtweist und zwar unabhängig ob zu Recht oder zu Unrecht!
@ Elahan, Etienne
Ohne mich an der Diskussion beteiligen zu wollen. Ihre beiden Darstellung habe ich leider allzuoft erlebt. Der Respekt der Mitmenschen, insbesondere in Hamburg von Linken gegenüber war mehr als einmal da. Ziemlich überraschend. Dies änderte sich nur,w enn sie in einer Gruppe waren, aber das ist auch nochvollziehbar. Wurde aber nie persönlich. Ich bin viele Jahre über Hamburg mit dem Zug gependelt und diejenigen, die sich Soldaten gegenüber immer falsch benahmen waren Angestellte der Bahn oder der Bundespolizei.
„Merkel würdigt Engagement deutscher «Patriot»-Soldaten in der Türkei“ (dpa)
Auch das noch, jetzt fällt ihm die Kanzlerin auch noch in den Rücken und würdigt den Einsatz der Soldaten in der Türkei!
@Roman
Ja, das ist ein Neidproblem und das gibt es eben aus der Linken- und Migranten-Seite nicht!
Gerade einige Beamte und die, die sich dafür halten (manche Schaffner), haben mit Soldaten so eine Art Unverständnis. Ob sich der Minister als Beamter fühlt? ;-)
Und ich könnte die Aufzählung noch beliebig um weitere Einheiten/ Schulen und Verberweitern.
Und trotzdem wird diese Reform niemals scheitern, weil sie sich nichts dermaßen besonderes hat, was andere Reformen vor ihr auch schon hatten.
Und wer sollte die Reform überhaupt für gescheitert erklären?
Der BM oder seine StS? => Ich denke, dass bedarf keiner weiteren Begründung, dass es nicht passieren wird.
Der GenInsp oder die Inspekteure? => Ja, vllt. aber wie immer erst nach der Zurruhesetzung und damit hätte es keine Relevanz.
Die Opposition? => Tut sie doch jetzt schon hin und wieder und hat auch keine Auswirkung.
Der DBwV? => Was hätte er davon?
Die mittlere Führungsebene? => Haben sie doch schon für gescheitert erklärt letzten Herbst. Und hatte auch keine Wirkung im Ziel.
Die Masse der Manschaftssoldaten und Unteroffiziere? => Wüsste nicht in welchem Forum und wie.
Die Medien? => Schaffen es nicht mal solche Desaster wie BER und Stuttgart21 o.ä. als gescheitert zu erklären. Dagegen ist die Bundeswehr zu unwichtig.
@bonk | 25. Februar 2013 – 9:40
„Die Medien? => Schaffen es nicht mal solche Desaster wie BER und Stuttgart21 o.ä. als gescheitert zu erklären. Dagegen ist die Bundeswehr zu unwichtig.“
Was auch immer Sie damit meinen, aber die Medien sind nicht zuständig …
Na, das kann man jetzt sehen wie man will – ich meine, eine sauber dargelegte Berichterstattung in den Medien kann schon das ein oder andere Projekt kippen, bzw. für sehr großes Interesse sorgen.
Wenn also unisono in unserer Medienlandschaft berichtet werden würde, die BwReform wäre am Ende, weil 1.),2.),3.),8.), so hätte meiner Meinung nach da zumindest eine Person definitv weniger Zeit für Interviews ;-)
Nur – wen interessiert diese Reform eigentlich? Soldaten und Angestellte der Bw, klar – aber sonst, abseits SiPol-affiner Kreise? Da liegt der Hase im Pfeffer, es gibt eben kein breites Publikum.
@bonk
“ weil sie sich nichts dermaßen besonderes hat, was andere Reformen vor ihr auch schon hatten.“
und hat sie doch, von oben nach unten, „Breite vor Tiefe“, Menge der Versetzungen, Gleichzeitigkeit mit Einsätzen, Einführung neuer Waffensysteme, Einführung neuer Software, Reduzierung des Personals, Zunahme der Aufgaben, Abängigkeit der Bw-Angehörigen vom berufl., schulischen Erfolg der Familienmitglieder, allgemeine Kostensteigerung für Perstransport, Verstzung auf große Distanzen (zum wiederholten Male bei einer großen Anzahl) uvm
Und wer sollte die Reform überhaupt für gescheitert erklären?
Ein Vorhaben ist nicht dann gescheitert, wenn man es als gescheitert erklärt, sondern dann wenn es die Erfolgsversprechungen nicht erfüllt! Da können sie einen Einsatz noch so oft als erfüllt verkünden, wenn die Wirklichkeit eine andere ist!
Bitte Propaganda von der Realität trennen! Was im politischen Raum kommuniziert wir, ist was anderes! Wenn sie daran Erfolg messen…………haben sie ein Problem ;-)
@bonk: Aus Kommunikationssicht zeigt das, dass die BW eine Selbsterfindung der Politik ist, die daher auch die strategische Erzählung dominiert. Das geht so lange gut, wie es keine alternative Erzählung gibt. Insbesondere die Wirklichkeit des Afghanistaneinsatzes bricht nun diese Erzählung. Kein Wunder also, dass TDM alles unternimmt, um diese klein zu reden und die Soldaten als Jammerlappen hinzustellen.
@bonk: Naja, wenn S21 demnächst aus „Kostengründen“ zu Grabe getragen werden wird, ist es nicht zuletzt Ergebnis des Lärms, der sich grade über die Medien darüber ausbreitete. Allerdings ist das auch eine Frage der Rezeption, denn ein GAU wie BER dringt angesichts der Vielzahl an Katastrophen kaum noch wirklich durch. Man nehme nur mal zu Kenntnis, daß der Flughafen Tegel TXL jetzt sogar noch mal erweitert werden soll, weil anscheinend niemand mehr mit der Fertigstellung von BER in dieser Dekade rechnet.
Trotzdem könnte eine etwas breiter angelegte Serie des Spiegel oder eines anderen Mediums über die verschiedenen Aspekte der Reform einigen Wirbel erzeugen. Unterteilung vielleicht nach:
1 – Gesamtplan und Entscheidung
2 – Auswirkungen auf den Betrieb
3- Auswirkungen auf Soldaten und Familien
4 – Auswirkungen auf das Umfeld reduzierter oder geschlossener Standorte
5 – Ausrüstungsmängel
6 – Fürsorgepflicht und deren Verletzung.
Daraus ließe sich etwas machen und die Auflage würde in Bevölkerungskreise vordringen, in denen man sonst kaum ein Bein auf die Erde bekommt. Vor allem würde die öffentliche Wahrnehmung für das Thema Streitkräfte steigen
@iltis: Eine Mission füt Thomas W.
@Sascha Stoltenow
Das Problem mit der Selbstsicht der Soldaten ist doch, dass es zwar manchmal eine Situation als ehrlich und wahrhaftig wahrgenommen wird, die objektiv gar nicht so ist.
Beispiel persönliche Ausrüstung.
Von einer zugegebener Weise niedrigem Niveau Anfang des AFG Einsatze bis heute, haben wir objektiv Nachweis (und auch im Vergleich zu fast allen unseren Verbündeten) Quantensprünge gemacht.
Es gibt zwar immer noch die eine oder andere kleine Baustelle, aber im wesentlich ist es bei der persönlichen Ausrüstung in der Zwischenzeit wirklich gut.
Dennoch ist die Meinung „alles ist schlecht!“ immer noch weit verbreitet.
Da kann man noch so häufig auf die Fakten verweisen, die Soldaten bestärken sich gegenseitig in der objektiv falschen Wahrnehmung.
Und deswegen glaube ich auch, dass der Minister in seiner Tatsachenfeststellung nicht ganz falsch liegt, er also objektiv nicht ganz unrecht hat.
Was natürlich eine ganz andere Ebene ist, ist die Frage WIE er das kommuniziert… ;) und wie das darüber hinaus dann subjektiv von vielen Soldaten wahrgenommen wird…
Mit Selbstbewußtsein und Stolz wieder zurück in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit – und nicht nur dann, wenn aktuelle Ereignisse „die Bundeswehr“ zum „Tagesschau“- Thema machen. Ich bin überzeugt, dass eine selbstbewusstere und „angstfreie“ Präsenz von Bundeswehrangehörigen in Uniform im Alltag, „auf der Strasse“ und damit in der Wahrnehmung durch den Bürger als Grundlage für Interesse an der Bundeswehr und in Konsequenz für ein sich entwickelndes „Mehr“ an sozialer Anerkennung erzeugen kann. Wer sich diese Präsenz nicht traut und andererseits den Mangel an gesellschaftlicher Anerkennung (ok…es geht in diesem Thread primär um eine glaubwürdige, mit fürsorglicher Amtsführung realisierte und damit nicht nur verbale Anerkennung durch den IBUK) beklagt, der muss sich vielleicht doch den zB von @Koffer nicht ganz zu Unrecht formulierten Vorwurf der „Herumflennerei“ gefallen lassen.
Allerdings kann es nicht sein, dass die Soldaten und Soldatinnen allein auf sich gestellt um Anerkennung ihres Berufs und ihrer geleisteten Arbeit seitens der Gesellschaft „werben“. Es ist die Pflicht der politischen Führung – und da endet die Zuständigkeit nicht beim jeweilig amtierenden Bundesminister und seinen Staatssekretären – dem Bürger die Aufgaben und Ziele und damit den Sinn der Bundeswehr als bewaffnetes und zur Anwendung von im Zweifel tödlicher Gewalt legitimiertes Organ nicht etwa der Regierung…sondern des deutschen Staats und seiner Bürger verständlich und auf Basis von Fakten zu erklären.
Dieser Pflicht zu entsprechen und das „Wie“ und „Warum“ und vor allem das „Für wen“ der Bundeswehr, ihrer Arbeit und Einsätze sowie der politischen Ziele im Klartext zu kommunizieren sollte nmE von der politischen Führung (nicht nur) im BMVg als zentrale Aufgaben der jeweiligen Stellenprofile ernst- und wahrgenommen werden. Die Erfüllung dieser Pflicht ist in der Tat „alternativlos“. Die Untergebenen wie auch die Bürger – immerhin als „Souverän“ in ihrer Gesamtheit die Arbeitgeber der politischen Führung – haben ein Recht auf diese Pflichterfüllung, zu der sich die Amtsinhaber per Eid verpflichtet haben.
Zunächst muss ich sagen das ich von den neuerlichen Aussagen von TdM (wiedereinmal) zutiefst enttäuscht bin.
Sicher gibt es in den Streikträften Menschen welche sich mehr durch permanentes lamentieren und dem erzeugen einer Opferrolle hervortun, als durch „treues Dienen und tapferes Verteidigen“. Der überwiegende Anteil meiner Kameradinnen und Kameraden leistet jedoch INSBESONDERE in Anbetracht der mehr als bescheidenen Reformumsetzung und -kommunikation, der schlechten Interessenvertretung durch die politische/militärische Leitung und der mehr als dürftigen öffentlichen/medialen Wahrnehmung, motivierte, quantitativ wie qualitativ gute Arbeit, OHNE mehr als das Selbstverständliche zu fordern, Respekt und Wahrnehmung/Anerkennung für das geleistete und die damit verbundenen Entbehrungen.
Diesen überwiegenden Anteil pauschal und öffentlich Abzuwatschen halte ich für eine Frechheit und einen Vertrauensbruch, der rational nicht zu erklären ist.
Wer sich im (internen) WiKi der Bw zur Strukturreform bewegt hat, hat vielfach mitbekommen, wie sehr Beteiligung nd Kritik von Soldaten gewünscht ist – nämlich gar nicht. Ja, auch in diesem Wiki gab es viele „tragische Einzelschicksale“ welche ihr Leid dem großen Auditorium geklagt haben, doch im wesentlichen hatte man nur einen Wunsch: Die versproche und durch TdM eingeforderte Mitnahme und Transparenz mit Leben füllen. Dies wurde sowohl durch den Arbeitsstab Strukturreform, alsauch durch die Leitung im Ministerium konterkariert. Fragen wurden mit immer den selbsen inhaltslosen Worthülsen beantwortet, Vorschläge und Anträge wurden abgebügelt, Feedback von ganz oben: „0“ (in Worten: NULL).
Der Minister scheint mit seinem Latein am Ende und versucht jetzt durch Maulkorberlasse, Durchhalteparolen und Anschludigungen („die Reform ist toll, Ihr kapiert’s nur nicht…“) den Laden bis zur Wahl zusammenzuhalten…Man sollte eine Granate spätestens dann wegwerfen wenn die Hülle Risse bekommt…evtl. wird es für Ihn Zeit seine Demission vorzubereiten.
@Heiko Kaman:
„Medien nicht zuständig…“
Vielleicht habe ich bisher in einem anderen Land, mit anderen Werten und Staats- und Medienstrukturen gelebt wie Sie. In meinen (zugegeben idealistischen) Verständnis unseres Staates, sind die Medien jedoch die 4. Gewalt im Staate und sehr wohl dafür zuständig bei gewissen Missständen entsprechend aufzuzeigen und eine öffentliche Diskussion darüber zu ermöglichen… Bei Pferdefleisch und Bio-Eiern klappts doch auch, oder sind diese da auch nicht zuständig?
@Mario Kaeß
Irgendwann „leakt“ vielleicht mal jemand die Beiträge aus dem Wiki, dann werden Sie noch berühmt als einziger „Rufer in der Wüste“ (zusammen mit Hptm. O.).
@Etienne Rheindahlen
Ich stimme Ihnen eindeutig zu, dass es Aufgabe der politischen und gesellschaftlichen Elite ist für uns zu werben! Für unser Ansehen und unserer Respekt.
Aber da muß man ja auch sagen, dass genau das der Minister seit seinem Amtsantritt immer und immer wieder gemacht hat.
Und der Herr Bundespräsident in einer bemerkenswerten und authentischen Rede an der FüAk auch.
Nur Frau Merkel höre ich nichts überzeugendes zu diesem Thema.
D.h. der Minister tritt ja nach außen für uns ein, nur jetzt hat er halt auch nach innen einem einen Treffer gesetzt…
Nebenbei: die Geschichte mit der Uniform in der Öffentlichkeit…
… ich kann mich Ihrer Schilderung nur anschließen! Ich trage jetzt seit 15 Jahren regelmäßig in der Öffentlichkeit Uniform. Und auch in Städten wie Hannover, Hamburg, Berlin bin ich nur einmal beleidigt worden (und das auch nur von einem Feigling aus der Ferne) und dutzende Male positiv angesprochen worden.
Die Angst der Soldaten ist hier mEn wieder so eine der vom Minister beklagten subjektiven Wahrnehmungen, die mit der objektiven Realität nichts gemein hat…
Interessierter | 25. Februar 2013 – 11:14
Sie haben immer noch nicht erklärt, warum in diesem Land die Medien zuständig sind, bestimmte Großprojekte für gescheitert zu erklären … i.d.R. berichten sie darüber und lassen das Für und Wider zu Wort kommen.
Das Scheitern kann nur ein Aufsichtsrat oder z.B. von betroffene Ministerien objektiv erklärt werden; ergo von Beteiligten.
@Sascha Stoltenow: Dann wäre T.W. ein etwas breiterer Durchdringungsgrad in der öffentlichen Wahrnehmung zu wünschen. AG ist doch eher etwas für’s interessierte Nischenpublikum. Spiegel, Stern o.ä. liegt halt auch beim Doktor im Wartezimmer.
@Heiko Kamann: Sie haben recht – es reicht, wenn die Medien einigermaßen offen über Probleme berichten. Das Bild setzt sich dann schon im Kopf des Rezipienten zusammen. Aber wenn nicht breit genug gerichtet wird, dann kann das halt nicht funktionieren.
@Heiko Kaman (auch wenn wir etwas in den OT driften):
Sie sagen es doch selbst: „sie berichten darüber…“
Damit darüber berichtet wird, muss das Thema zunächst „berichtenswert“ sein.
D.h. das ein(e) von der Norm abweichendes Resultat bzw. Entwicklung eintritt, bzw. ein Ereignis was so nicht erwartet wurde.
Um eine berichtenswerte Nachricht zu generieren, muss ich (als Person / Autor / Redakteur / Verlag / in Summe „Medienschaffender“) entsprechend recherchieren und abschließend bewerten. Somit treffe ich sehr wohl eine Feststellung / Erklärung ob etwas gescheitert ist oder nicht, und zwar (und jetzt kommts) im Rahmen meiner (gerne auch dialektischen) Berichterstattung…verrückte Medienwelt, ne??
In wieweit die von Ihnen genannten Verfahrensbeteiligten (Ministerien, Aufsichtsräte) objektiv sind, überlasse ich IHRER eigenen Wertung…
„Das Scheitern kann nur ein Aufsichtsrat oder z.B. von betroffene Ministerien objektiv erklärt werden; ergo von Beteiligten.“
das kann doch nicht ihr Ernst sein. Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass diejenigen deren Karriere vom Erfolg der Projekte unmittelbar abhängt, ihr scheitern eingestehen…
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mal davon ab, ich stehe voll hinter der Aussage des Ministers. mir sind selten so viele „mimimis“ untergekommen wie bei meiner Zeit in grün. Man konnte insbesondere Dienstgraden ihre dauerhafte Verunsicherung über ihre Rolle in der Gesellschaft anmerken. Das von deutschem Boden nun doch wieder Kriege ausgehen hat für viele die Sache nicht einfacher gemacht. Bis 1998 konnte man sich immerhin relativ unwidersprochen auf den Standpunkt der reinen Verteidigungsarmee zurückziehen.
@ markus d.Ä.
„Man konnte insbesondere Dienstgraden ihre dauerhafte Verunsicherung über ihre Rolle in der Gesellschaft anmerken.“
ich möchte an dieser Stelle kritisch Ursache und Wirkung Hinterfragen…
Liegt die Ursache im Problem dessen der einen neuen Auftrag bekommt, diesen ausführt und hinterher von der Öffentlichkeit (dem Auftraggeber) scheel angeschaut wird?
Oder liegt das Problem nicht vielmehr darin, das man in der Politik zu lange an Baudissin festgehalten hat und bei zunehmender Intensität der Einsätze den Moment verpasst hat der Öffentlichkeit zu sagen: „Ja, dort ist Krieg, deswegen schicken wir dort Soldaten hin. Tapfere Männer und Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens, wenn nötig mit Waffengewalt, unsere Interessen dort vertreten, dafür kämpfen und auch sterben. Wir wissen das Krieg etwas schreckliches ist und danken unseren Soldatinnen und Soldaten für ihre Hingabe und Opferbereitschaft welche Sie für das deutsche Volk in diesem Konflikt fernab der Heimat erbringen.“
Dann weiß jeder (sowohl der Soldat im Einsatz/nach der Rückkehr, alsauch der einfache „Bürger“) was los ist…Aber dank mission creep und pathologischer verbaler Schönfärberei mit Blick auf die nächsten Umfragewerte, ist sowas nunmal nicht zu machen.
@ Etienne:
Ich bewege mich auch sehr oft in Uniform in der „freien Welt“, doch ich kann Ihre Erlebnisse nicht so teilen. In der Bahn wurde ich von einer Frau als Schaffner angesprochen, weil der Fahrkartenautomat kaputt war. … Am Geldautomaten von einem älteren Herren was das denn für ein Dienstgrad sei, aber er den nicht kenne … obwohl er auch mal beid er Wehrmacht war. 2 Dörfer weiter von meinem Dienstort liegt das Ostseebad Boltenhagen. Dort schauen 99 von 100 Touristen schief an … nach dem Motto „Was haben Soldaten hier zu suchen?“. – Lediglich 1 von 100 fragt, ob es hier auch Bundeswehr gebe. (Anmerkung: Im Umkreis von 60 km keine einzige weitere Bundeswehrdienststelle)
@ Heiko:
Die Medien sind sehr wohl zuständig. Oder wofür haben wir den öffentl.-rechtl. Rundfunk mit mehr als 20 Fernseh- und 60 Radiosendern? Ist es nicht deren Grundauftrag? Wofür zahlen wir den jetzt alle den Rundfunkbeitrag als Demokratieabgabe? – Richtig, ich vergaß … für einen Tatort, in dem ein Einsatzheimkehrer Amok läuft etc.
@ Interessierter:
Wenn es dann wirklich mal „leaken“ sollte, hoffe ich nicht, daß sich der Minister wie die Titanic verhält und den einzigen Eisberg in der See trifft ;)
@ Etienne:
Kleiner Nachtrag:
Warum im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) keine angemessene Berichterstattung stattfindet, insbesondere zum „Drama“ der aktuellen Reform, kann man sich glatt an einem Finger abzählen. Der ÖRR ist viel zu sehr verklüngelt mit der Politik … und es sägt sich doch nun wirklich keiner den Ast ab, auf dem er selbst sitzt.
@Mario Kae0 & @Etienne:
Zu teuer verkaufte (nicht) Bio-Eier sind für die ARD ein Thema – eine Armee, die die eigene Vorgabe 4 Monate Einsatz – 20 Monate Inlandsdienst nicht einhält fällt unter den Tisch.
Bei RTL fällt übrigens auch unter den Tisch, dass der Täter in diesem Fall ein Soldat war.
Ich möchte seinen beruflichen Werdegang und die familiären Belastungssituation gerne näher untersucht haben. Vor allem, wer ihn unter welchen Umständen nach einem Selbstmordversuch wieder gesund geschrieben hat.
http://www.ksta.de/erftstadt/familiendrama-warum-mussten-zoe-und-pia-sterben-,15189182,21927508.html
@Koffer | 25. Februar 2013 – 11:19
„Die Angst der Soldaten ist hier mEn wieder so eine der vom Minister beklagten subjektiven Wahrnehmungen, die mit der objektiven Realität nichts gemein hat…“
Absolut d’accord. Diese Angst hat mich umso mehr irritiert und geärgert, insofern ich diese bei einsatzerfahrenen „Draussie“-Kameraden registrieren musste, die mehrere AFG-Einsätze mit zum Teil wirklich extremen Gefechtserfahrungen (Frühjahr 2010 – Baghlan District) physisch wie psychisch (sofern erkennbar) unbeschadet hinter sich gebracht haben. Und von denen ich Statements wie „Meinen Nachbarn geht nichts an, welchen Beruf ich ausübe.“ (lebt in einer niedersächs. Kleinstadt) hören musste. Da rammen diese Kameraden zB eine Bus-Barrikade mit dem „Ahlmann“ unter massivem INS-Feuer von der Strasse, um die „kill zone“ ohne einen einzigen Verlust zu verlassen…und „trauen“ sich nicht, am Heimatstandort auf dem Weg zum / vom Dienst ihre Wohnung / die Kaserne in Uniform zu verlassen. Verflixt, die Bundeswehr ist doch kein Geheimbund, dessen Mitglieder zum Führen eines Doppellebens genötigt sind. Gerade in ländlichen (Standort-)Regionen sind Soldaten in Uniform nach wie vor selbstverständlicher Bestandteil des Alltags und der kommunalen Gemeinschaften.
Natürlich hat dieser IBUK sich in den Medien von Anfang an hinter die Männer und Frauen der Bundeswehr gestellt. Aber die Frage ist halt: wie glaubwürdig sind Rückhalt und Fürsorge, wenn diese sich nicht in den Alltag, die Perspektiven und Problembewältigungen der gesamten Organisation auswirken bzw. dort spürbar sind? Zumal sachlich begründete Kritik seitens des obersten Vorgesetzten zwar eindeutig Teil seiner Führungsverpflichtung ist – er aber auch ebenso sachlich begründete Kritik (auch an seiner Führung bzw. der von ihm geführten Leitungsebenen und -stäbe) seitens seiner Untergebenen zulassen und sogar ausdrücklich fördern sollte. Dies scheint aber offensichtlich nicht der Fall zu sein, sofern man den in fachöffentlichen Medien (so wie hier in AG) geführten Diskussionen und ermöglichten Einblicken Glauben schenkt bzw. selbst im Rahmen von WÜs immer wieder schlaglichtartig von den Realitäten „der Reform“ erstaunt und ernüchtert wird.
Natürlich zählen die etatbedingten Einsparungszwänge und die ihnen zugrunde liegenden volkswirtschaftlichen „Herausforderungen“ zu jenen Faktoren, die die Führung und Ausrichtug des „Unternehmens Bundeswehr“ nicht eben zu einem Management-Zuckerl machen.
Aber Anerkennung zB wäre nicht nur aus Sicht kluger Unternehmens- und Menschenführung durch eine Form intelligenten Wissens- und Partizipationsmanage- ments sinnvoll. Sondern nutzen die in der gesamten Organisation vorhandenen Expertisen, Kenntnisse und pragmatischer wie struktureller Problemlösungsansätze zugunsten einer umfassenden Reformstrategie. Der Aufbau eines solchen Wissens- und Partizipationsmanagements wäre als zweiter Schritt nach der Definition der durch die Reform zu erreichenden Ziele sinnvoll, vielleicht sogar unabdingbar gewesen. Change-Management beginnt nicht erst nach Grob- oder Durchplanung, sondern eindeutig zuvor – mit dem Etablieren eines entsprechenden Mindsets, der Ermutigung aller Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen angstfrei, faktenbasiert, zum Nutzen der Gesamtorganisation zu diskutieren, planen, formulieren und einzugeben. Zusammen mit einer vollständigen, bis ins Detail zu belegenden Due Diligence hätte eine solche Partizipation das Reformvorhaben erfolgversprechender vorbereiten können.
Auch deutsche Technologie- und Industriekonzerne pflegen seit Jahrzehnten erfolgreich Systeme zur Förderung von Mitarbeitervorschlägen bzw. -beteiligung. Übrigens in ihren asiatischen Standorten mit höherem Beteiligungsfeedback als in Europa.
Es reicht meiner Meinung nach nicht, seine Hausaufgaben im Change-Management als erledigt anzusehen, indem ich die fix-und-fertigen Änderungsvorhaben und -schritte den Mitarbeitern auf die Bildschirme beame und dann der Überzeugung bin, ich hätte damit genügend getan, um meine „Belegschaft mitzunehmen“. Die höchste Anerkennung war für mich (in meinem Zivilberuf), wenn mein drei Hierarchielevel über mir etablierter Chef (Informationsdirektor) mich als Experten in die Entwicklung und Planung von Großvorhaben einbezogen und mit der Zuweisung von selbständig auszuführenden Aufträgen betraut hat. Betrauen hat mit Vertrauen zu tun – eine grössere Anerkennung innerhalb professioneller Kooperation kann es kaum geben. Da nimmt man dann auch Härten in Kauf – weil man um deren Notwendigkeit weiß. Und das ist dann insbesondere auch Soldaten mit Einsatz- und Gefechtserfahrung vertraut.
Hoffe, das war jetzt nicht zuviel Monolog.
Daniel Lücking | 25. Februar 2013 – 12:42
@Mario Kae0 & @Etienne:
„eine Armee, die die eigene Vorgabe 4 Monate Einsatz – 20 Monate Inlandsdienst nicht einhält fällt unter den Tisch.“
Das ist ja auch nicht mehr, als eine Meldung. Wollen Sie darüber jetzt eine Vorabendserie im ZDF machen?
„Ich möchte seinen beruflichen Werdegang und die familiären Belastungssituation gerne näher untersucht haben.“
Sind Sie der ermittelnde Staatsanwalt? Nicht? Dann einfach mal die Beine still halten …
Welt Interview mit Min Niebel 24.02.13
…………….“Die Welt: Sie tragen eine gelbe Schleife am Revers. Das drückt Solidarität mit Soldaten aus – was ist mit Ihren Mitarbeitern?
Niebel: Für mich gilt die automatisch auch für meine Leute und für die Polizisten. Ich trage sie aber ganz bewusst auch für die Soldaten, weil ich der Ansicht bin, dass die öffentliche Wertschätzung für sie zu kurz kommt.
Die Welt: Für die Soldaten machen Sie aber doch schon mit Ihrer Einzelkämpfermütze Werbung.
Niebel: Meine Mütze ist Baujahr 11/84, ein Traditionsstück. Die ersten Reaktionen damals, als ich sie zum ersten Mal trug, waren völlig panisch – und haben mich dazu bewogen, das Ganze zu zelebrieren. Mittlerweile wurden uns 1000 Mützen mit BMZ-Logo geschenkt, aus fair ………“
So geht’s auch ;-)
@ Mario Kaeß
ÖRR und Politikverflechtung…nun ja, man sehe sich die Besetzung der Verwaltungs- und Fernsehräte an. Da finden sich dann alle „gesellschaftlich relevanten Gruppen“. Und wenn der zB Fernsehrat auf einem bestimmten NGO-Ticket zufällig auch im Bundesvor- stand einer Volkspartei sitzt… Und so mancher Spitzenmanager der ÖRR hat – ein Schelm, wer Böses denkt – rein zufällig früher für einen Spitzenpolitiker, eine politische Landes- oder Bundesorganisation gewirkt.
Und die Hierarchieabhängigkeiten und karriereerhaltenden Fokussierungen der verantwortlichen Programm-„Macher“ in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten sind vielleicht denen nicht unähnlich, wie sie von Diskussions-teilnehmern hier (nicht selten) beklagt werden.
Der Vorwurf der Larmoyanz Richtung uns Soldaten fällt auf TdM zurück: Ihr, so TdM, wollt halt nicht begreifen, dass ich der beste IBuK seit Manfred Wörner (oder so) bin, also, wenn Ihr so dumm seid, dann fange ich halt das Weinen an…
Ich will hoffen, dass der Mann bald Geschichte ist, er konnte es nicht, er kann es nicht.