Patriot in der Türkei: Einsatzbereit 2013
Patriot-Stellung der Luftwaffe bei einer Übung – Archivbild von 2008, deshalb PAC-2-Launcher (Foto: Bundeswehr/Oliver Fischer via flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Ein Einsatz deutscher und niederländischer Patriot-Flugabwehrsysteme in der Türkei wird auch nach einer positiven Entscheidung der NATO Wochen brauchen, bis die Soldaten Einsatzbereitschaft melden können. Das hat die Nachrichtenagentur AP gestern thematisiert, das zeigt aber auch ein Blick auf die Webseiten der Luftwaffe mit dem Bericht über eine Patriot-Übung auf Kreta in diesem Jahr.
Allein der Seetransport nach Kreta dauerte zehn Tage (für die Türkei dürfte ungefähr gleich sein, vielleicht einen Tag mehr). Hinzu kommen die zehn Tage, innerhalb derer die für die NATO Response Force bereitstehenden – wenn auch nicht als NRF eingesetzten – Staffeln der Flugabwehrraketengruppe 21 verlegebereit müssen. Den Landtransport in Deutschland kann man zeitmäßig zwar vernachlässigen, in der Türkei dürfte er aber etwas länger dauern. Und dann kommt die Zeit hinzu, die Systeme am Stationierungsort einsatzbereit zu machen. Wie AP einen NATO-Offiziellen zitiert:
Due to the complexity and size of the Patriot batteries, their radars, command-and-control centers, communications and support facilities, they cannot be sent quickly by air to Turkey, officials said.
“These are not drop-and-go systems,” said an official who could not be identified in line with standing NATO regulations.
Grob geschätzt: Vier Wochen könnte es schon dauern. Gerechnet von dem Moment an, in dem der Bundestag einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Oder anders gesagt: Einsatzbereitschaft im kommenden Jahr.
(Falls ich mich da an einer Stelle verrechnet haben sollte, werde ich in den Kommentaren schon korrigiert werden…)
Mir ist auf manchen der Bilder zu den Patriot Beiträgen aufgefallen, wie schlecht die Abschussvorrichtungen getarnt sind (augenscheinlich):
Grünes Tarnnetz auf gelblichen Untergrund, Grünes Tarnnetz auf braunem Untergrund, erzeugen auffällige Konturen auf sonst flacher Umgebung.
Könnte man sich das nicht gleich sparen und die Abschussvorrichtungen in diesen Fällen ebensogut ungetarnt ins Gelände stellen?
Wahrscheinlich eh sinnlos, weil die Soldaten für den Abschuss bestimmt wieder einen Sonderbefehl benötigen, der über zwanzig Stabsstellen geleitet und dann zwei Stunden zu spät erteilt wird. Sicherlich wird den Türken dann aber trotzdem eine saftige Rechnung serviert (diese wird allerdings zeitnah mit Zahlungsfrist präsentiert).
Bei einer Vorwarnzeit von 10Jahren sind 4 Wochen Aufmarschzeit doch blitzschnell!
Wenn es schnell gehen sollte, hatten wir andere Systeme!
„Das WaSys Roland hat als taktische Feuereinheit der FlaRakGrp Roland den Auftrag, die ihr zugewiesenen Objekte vor Luftangriffen oder Luftaufklärung aus sehr tiefen, tiefen und mittleren Höhen zu jeder Tages- und Nachtzeit und unter allen Wetterbedingungen zu schützen.“….im Verbund mit Gepard, Patriot und Jagdgeschwadern.
Evt. hat ja die französische Armee noch ein paar luftverladbare CAROL-Systeme (Cabine aérotransportable Roland),welche einen leichten Sattelauflieger on ACMAT nutzt.
Die Israelis haben der Welt gezeigt wie Raketenabwehr funktioniert….hoppala, hatte vergessen, das es bei uns ja um einen symbolischen Einsatz geht, da ist Wirksamkeit und Verlegbarkeit eher unwichtig.
„Die „Eiserne Kuppel“ hatte 421 der insgesamt 1500 abgefeuerten Raketen abgefangen. Israel bewertete die Effektivität des Systems mit 90 Prozent, weil nur jene Raketen abgeschossen wurden, die ihr Ziel hätten treffen können. Raketen, die das Ziel verfehlten, ließ das System auf der Erde oder im Meer explodieren.“
http://de.rian.ru/security_and_military/20121122/264991094.html
vergleichen wir hier nicht äpfel und birnen ?
rakentenabwehr ist nicht gleich raketenabwehr ist nicht gleich flugabwehr
und wo haben se den gepard ausgergaben ? ist der nicht bereits still gelegt ??
Flarak gegen tief und ganz tief haben die türken mit ihrem Rapier sys übrigens selbst, da brauchts keine rolands mehr
nachtrag: sehe gerade, der roland ist ja auch schon weg. naja bleibt noch der ozelot
nur der Vollständigkeit halber (und wen es interessiert) hier die zentralen Argumente der Friedensbewegung gegen einen solchen Einsatz:
http://frieden-hannover.de/dokumentiert-patriots-der-turkei-zehn-triftige-grunde-nein-zu-sagen/
Von der ARD heute morgen im Deutschlandtrend:
Mehrheit gegen Bundeswehr in der Türkei
@ verqueert
… ihrer außen- und sicherheitspolitischen Vuvuzela Westerwelle…“
Köstlich!
Es ist zwar eine alte Redensart, aber hier passt sie:
So schnell schießen die Preußen nicht!
Um mal einige Fehlperzeptionen geradezurücken:
– Deutsche FlaRak Kräfte, die in defensiver Manier in einem NATO-Staat eingestzt werden sollen, sind regulär der integrierten Luftverteidigung der NATO unterstellt. In der Regel dürfte das ein CAOC sein, in dem ein türkischer General Kommandeur ist. Hier handelt es sich um jahrzehntelang praktizierte Verfahren, für die keine nationalen „Caveats“ notwendig sind.
– ROLAND, Gepard und anderes Kurzstreckenflugabwehrmaterial sind mit PATRIOT in der PAC-3 Konfiguration nicht verlgeichbar, da es bei ersteren um die Abwehr von tieffliegenden Air Breathing Targets (Flugzeuge, Hubschrauber, Cruise Missiles) geht. Mit PAC-3 schütze ich mich gegen Taktische Ballistische Raketen (TBM).
– Iron Dome spielt eher im Spektrum von MANTIS mit und bekämpft kleine bis sehr kleine Raketen. PAC-3 wäre eher vergleichbar mit ARROW. Aber D’accord. Israel zeigt eindrucksvoll, wie TBM-Abwehr funktionieren kann.
– Was den langen Voraluf angeht: Die FlaRak stirbt in Deutschland momentan einen schleichenden Tod. 12 der 24 Staffeln werden gerade aufgelöst und das Gerät neu verteilt. Dass es hier zur Komplikationen bei der Personalplanung kommt (die Versetzungswelle hat gerade jetzt begonnen) dürfte auch kein Wunder sein.
Der Einsatz hat dahingehend kein symbolische Bedeutung, da er eine Versicherung gegen die ballistischen Raketen der Syrer darstellt, die momentan noch eine abstrakte Bedrohung darstellten. Diese Bedrohung kann jedoch, je nach Lageentwicklung in Syrien, schnell umschlagen. Insofern handelt es sich um einen ganz regulären Vorgang im Rahmen der Bündnisverteidigung.
Wir tun hier einmal das wofür wir da sind. Keine sinnlose „Landesverteidigung am Hindukusch“, keine Wahlabsicherung im Kongo sondern glasklare Bündnisverteidigung.
Ich hatte nicht behauptet, dass Iron Dome, Mantis, Patriot oder Gepard die selben Fähigkeiten haben!
Wenn es um Symbolik geht, ist es gleich ob sie Äpfel oder Birnen entsenden und
wenn sie schnell reagieren wollen, ist Patriot wohl die falsche Plattform.
Gepard können sie bei Rheinmetall ausgraben, der Verbleib der Systeme (ob sie verschrottet wurden?) ist mir nicht bekannt.
http://www.gemhflatr.de/contrexx/media/archive1/dokumente/ReiseberichtBrasilien.pdf
geht auch moderner:
http://www.dtic.mil/dtic/tr/fulltext/u2/a559007.pdf
Dank @ ChairForce.
Da kann sich das Frontschwein ja die Arbeit sparen, den Hüftschützen hier mal Licht ans Fahrrad zu machen.
Misslie Away!
@ ChairForce
Taktische Raketen als auch strategische Raketen sind nur dann wirklich von militärischer Bedrohung, wenn sie mit atomaren Waffen bestückt werden. Chemische und Biologische Waffen haben ein sehr begrenztes Wirkungsspektrum und auch Wirkungsgebiet und sind daher eher was für Propaganda und Psychologische Kriegsführung.
Konventionelle Sprengköpfe sind, mit Verlaub gesagt, absolut schwachsinnig im Zuge militärischer Agressionen. Die CEP Werte, soweit man sich auf Herstellerangaben verlassen kann, sind derart riesig, das die Kosten Nuzten Rechnung sofort negativ wird. Folglich blieben nur Psychologische Waffen (B und C) oder wirklich „sinnvolle“ Waffen wie Radionuklid (schmutzige A-Waffen) oder Nukleare Waffen („normale“ Atombomben).
Diese Waffen dürfte Sysrien wohl kaum gegen die Türkei einsetzen. Die Stationierung von Patriotraketen ist nur ein symbolisch, psychologisch geprägter Akt. Militärischer Mehrwert besteht meiner Ansicht hierbei nicht.
Dies ist meine Meinung und Einschätzung des Ganzen.
# nice to know #
Ich beschäftige mich mit taktischen und strategischen Waffen seit Studium, sowohl in technischer als auch anwendungsbeogener Sichtweise. Wer mehr Informationen, mit technischen Details und Fachinformationen dazu haben möchte, der kann dies gerne kundtun, ich versuche Rede und Antwort zu stehen ;-)
@NMcM
Nun ja. Wenn ich der Logik folge ist Terrorbekämpfung dann auch rein psychologischer Natur, da Terrorismus ja primär eine Kommunikationsstrategie ist und keinen tatsächlichen Schaden im Sinne einer Destabilisierung eines Landes anrichtet. Aber fernab jeglicher Polemik:
Natürlich richten TBM mit konventionellen oder chemischen Sprengköpfen keinen regimedestabilisierenden Schaden an. Dennoch tut die türkische Staatsregierung ihr Bestes, um die eigene Bevölkerung davor zu schützen. Wo hier der symbolische Wert sein soll, entzieht sich mir, es sei denn man sieht zivile Opfer in der eigenen Bevölkerung als mathematische Spielmasse. Das wäre mithin aber sehr zynisch. Eine rein technische Betrachtung dieses Problems reicht hier nun mal nicht aus.
Insofern kann PATRIOT hier, zugegebenermaßen punktuell, einen Beitrag zum Schutz der türkischen Bevölkerung leisten. Dies alles gesetzt dem Fall, dass die Systeme zum Schutz von Städten und nicht von militärischer Infrastruktur eingesetzt werden. In Letzterem Fall würde ich Ihrer Argumentation folgen.
Was die Absicht Syriens angeht derartige Waffen einzusetzen, will ich mich nicht auf deren zentrale Kontrolle durch die syrische Staatsregierung verlassen.
Können wir in diesem Fach-Blog wenigstens anfangen Bilder von PAC-3 zu zeigen? Es wird immer alles an Werfern gezeigt was so da ist, bunt durchs Kontor. Geschrieben wird immer von PAC-3 aber nie gezeigt. Wenn das Bild und Co nicht schnallen ist das eben wie immer mit militärischen Themen. Aber wir können das doch sicher besser. Geht das, Herr Wiegold?
Das eigentliche Interessante an dieser Meldung ist doch, dass man mit PATRIOT keinen zeitnahen Schutz hinbekommt. Keine schnelle Verlegbarkeit, begrenzte Vernetzbarkeit mit anderen NATO oder LV-Systemen, veraltetes Radar und Führungssystem. Glaubt man den Fachpresse-Berichten, hätte mit dem TLVS MEADS diese Probleme gelöst werden sollen. Vielleicht war ja das ganze MEADS-Bashing doch eher politisch motiviert. Die Luftwaffe möchte m.W. ja die Technologien aus der Entwicklung weiter nutzen.
Vorab: Wenn man das System binnen kürzerer Zeit brauchen würde, dann könnte das auch deutlich schneller gehen. Aber so sehr scheint es nicht zu pressieren. ;-)
@NMcM | 23. November 2012 – 12:22
Taktische Raketen als auch strategische Raketen sind nur dann wirklich von militärischer Bedrohung, wenn sie mit atomaren Waffen bestückt werden.Die Türkei hat nicht nur ein Anrecht darauf, vor der Tilgung von der Landkarte durch die NATO beschützt zu werden. Sondern vor jeglichem Angriff, unabhängig vom Schadenspotential.
@dallisfaction | 23. November 2012 – 12:53
Als Bildunterschrift findet sich seit Onlinestellung des Artikels der Hinweis darauf, welches Muster abgebildet ist. Ihr Beitrag ist daher in der Tonwahl nicht wirklich geglückt.
Haben sie schöne, prägnante und veröffentlichungfsfähige (Lizenz) Bilder vom PAC-3? Und dann auch viele, um nicht jeden Beitrag gleich zu bebildern?
Oder aber die Patriots werden nur offiziell entlang der Türkisch-Syrischen, in Wahrheit aber eher entlang der Türkisch-Iranischen Grenze aufgebaut. Damit hat der NATO-Staat Türkei einen rudimentären Raketenschild für wenn das NATO-Abenteuer im Iran losgeht (und falls Raketen nach Europa gefeuert werden sollten, müssten die ja auch über die Türkei).
Ich sach‘ ja nua.
@Tom
Richtig. Da war ich nicht sehr aufmerksam. Da war die Pöbelei unangebracht. Kommt nicht wieder vor.
PAC-3-Bilder stellt die Bundeswehr sicher auf Anfrage zur Verfügung. Mich nervt nur, dass den Lesern stets versucht wird die MP als MG zu verkaufen.
@dallisfaction
Im neuen Thread bin ich kurz auf die Bilder-Problematik eingegangen: Selbst die Bundeswehr stellt derzeit lauter Archivbilder von 2008 oder älter online (und schreibt generell nicht dazu, ob es sich um PAC-2 oder PAC-3 handelt).
Das andere Problem sind die Lizenzbedingungen: Agenturbilder stehen mir nicht zur Verfügung, ich muss halt sehen, wo ich welche unter CC-Lizenz oder sonst für mich verfügbare z.B. von Verteidigungsministerien finde. Und dann noch eine journalistische Überlegung: zur Illustration werde ich ein gutes Bild von einem Missile-Abschuss nicht nur deshalb aussortieren, weil da eine PAC-2 fliegt. Auch wenn das im Sinne einer exakten Dokumentation nicht so passend sein mag…
Da gibt es doch auchnoch die Variante AGM von KMW als C-Ram auf Boxer Fahrgestell
wäre doch auch eine idee für zukünftige mobile Panzerflak….
@ AnoSymun: ohne auf die technischen und physikalischen Details eingehen zu wollen: eine TBM kann von PATRIOT nicht mitten im Flug bekämpft werden; daraus folgt, dass die Stationierung von PATRIOT in der Türkei keinerlei Schutz für den Rest von Europa darstellen kann. Das von Ihnen skizzierte Szenar des Verhinderns eines Angriffes aus dem Iran muss somit schon aus diesen Gründen verworfen werden. Der Einsatz von PATRIOT wird (analog wie 1991 in Israel und Saudi Arabien) immer dort sein, wo das Ziel einer TBM liegt, denn eine erfolgreiche Wirkung gegen eine TBM kann mit diesem System nur in deren letzter Flugphase erfolgen. Um in den anderen Flugphasen einer TBM wirken zu können, sind andere Systemeigenheiten Voraussetzung, welche bei PATRIOT definitiv nicht vorhanden sind.
@GA:
Die Diskussion um die – angeblich – nicht mögliche Luftverlegung erscheint mir sehr fragwürdig. 10-Tonner lassen sich im Lufttransport verlegen. Natürlich nicht mit der Trall, aber mit ner Antonow (SALIS). Angeblich lief dies auch 1990 beim letzten Patriot-Einsatz in die Türkei so.
@Memoria
Wenns pressiert kann man alles über LuTrans! Wenns pressiert, dann spielt Geld keine Rolle, aber es sind mehrere 100 Tonnen die Verlegt werden müssen und da es nur symbolisch ist, pressierts nicht, so kann man dann entspannt anreisen :-)
@ ChairForce & Tom
Da gebe ich ihnen recht. Ich meine nur, dass der Aspekt der realen Bedrohung durch TBM eingehend beleuchtet werden sollte, sodass man auch immer die Verhältnismäßigkeit im Auge hat.
Auch ich hoffe, dass keine Raketen gegen die Türkei zum Einsatz kommen…fragt sich nur, ob Syrien seine Waffen unter Kontrolle hat (und wenn ja wie lange noch)
@Elahan:
Mir ist das schon klar – nur im obigen Bericht wurde es so dargestellt als könnte man PATRIOT nicht im Lufttransport verbringen („they cannot be sent quickly by air to Turkey“).