Kriegserklärung via Twitter? Die Israelis waren nicht die ersten
https://twitter.com/MajorEChirchir/status/131394603067777024
Meine Journalistenkollegen schreiben derzeit in allen Medien (und vermutlich voneinander ab?), dass die Tweets der israelischen Armee zu den Aktionen im Gaza-Streifen die erste Kriegserklärung, oder, wahlweise, die erste Ankündigung militärischer Aktionen via Twitter gewesen seien.
Kollegen: Das stimmt nicht. Die vermutlich ersten waren die Kenianer beim Einmarsch in Somalia im November vergangenen Jahres. Siehe den Tweet oben und hier.
Tja. So ist leider der Journalismus von heute. Das liegt ja weniger in den Journalisten selbst begründet (hoffe ich zumindest immer noch), sondern den unter Geldmangel gestrafften Strukturen. Qualität ist deutlich was anderes.
Die Verbreitung dieser Informationen über Twitter trägt letztlich nur den neuen technischen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten Rechnung. Parallel dazu warfen die Israelis auch gedruckte Flugblätter ab, in welchem die Bewohner von Gaza aufgefordert wurden, sich von Raketenabschussrampen, Waffendepots und dergleichen fernzuhalten.
Ich meine mich zu entsinnen, dass die IDF in der Vergangenheit sogar automatisierte Telefonanrufe (»Robocalls«) einsetzte, um vor bevorstehenden Angriffen zu warnen.
@chickenhawk
„Ich meine mich zu entsinnen, dass die IDF in der Vergangenheit sogar automatisierte Telefonanrufe (»Robocalls«) einsetzte, um vor bevorstehenden Angriffen zu warnen.“
Damals war m.E.ebenfalls weniger das Medium das eigentlich Interessante (die Israelis setzten zum gleichen Zweck auch SMS ein), sondern der psychologische Ansatz dahinter: Viele Araber überschätzen die militärischen Möglichkeiten der Israelis immer noch deutlich. Diese Angst sollte verstärkt werden, indem man in direkt in das Privatleben der Menschen eindrang, und insbesondere Personen mit Verbindungen zu militanten Organisationen sollten sich fragen, woher die Israelis denn ihre Nummer hatten und was sie ggf. sonst noch über sie wissen.
Haaretz hat einen interessanten Artikel über den Medienkrieg und wie sich Israel darauf vorbereitet hat: The PR policy – ‚civilizing‘ the operation
Aber Merkel sagt Hamas habe angefangen …
Vorbereitete „Zeugen“ der Ereignisse für die ausländischen Medien …
In Ashkelon schlagen die Hamas-Raketen ja nun schon seit Jahren ein. Es interessierte sich bei den deutschsprachigen Medien aber kaum jemand dafür. Betroffene, die man hätte befragen können, gibt es immer.
Andererseits gehören human interest stories aus Gaza seit jeher zum Tagesgeschäft, nicht nur, wenn Dirk Niebel auf Besuch da ist.
Es ist übrigens nichts verwerfliches daran, auch die Pressearbeit zu planen.
Naja, wenn man aber täglich und aktuell berichtet, verliert man bewährte Mechanismen (die übrigens auf beiden Seiten funtionieren, denn a.)stumpft die Allgemeinheit dann schnell ab und b.) kann man die Entrüstung gegenüber Hamas/ Israel / *setze beliebige Partei ein* nicht so schön spielen.
Bin gespannt, wann es jetzt die nächsten „Lichterketten für palästinensische Brüder und Schwestern im Geiste“ gibt…
Laut Kölner Stadt-Anzeiger vom letzten Mittwoch (S. 3) sitzt SHAPE in Brüssel. Mich wundert nichts mehr…
@b
Das tatsächliche oder vermeintliche Aufdecken gegnerischer InfoOps ist seit jeher fester Bestandteil eigener InfoOps aller Konfliktparteien.
Hier ein Video aus israelfreundlicher Perspektive, das anhand von ungeschnittenem Originalmaterial anschaulich belegt, wie auf palästinensischer Seite Bilder palästinensischer Opfer für internationale Medien inszeniert werden:
http://www.youtube.com/watch?v=uL8ANySuSuk
Das bedeutet im Umkehrschluß natürlich nicht, daß es keine palästinensischen Opfer gibt.
Ganz aktuell gibt es auch dieses Video der IDF:
http://www.youtube.com/watch?v=MWSuWFbiYGM
Von den Palästinensern wird so platt und dreist gelogen, dass sich die Balken biegen. Ein alter Topos sind immer die Leute, die unter großem Jammern und Wehklagen der Umstehenden auf einer Trage liegend den Sterbenden mimen und hinterher wieder herumspringen wie ein junger Hirsch. Das ist fast schon wie Monty Python.
Oder ein älteres Bild aus Syrien(!), welches jetzt, zurechtgeschnitten, von der Hamas als angeblich aus Gaza stammend verbreitet wird.
Und zudem, das finde ich noch viel skurriler, wird in vielen Zeitungen (bewusst?) der Eindruck erweckt, die außenpolitische Kommunikation der Israelis finde ausschließlich über Twitter statt. Da wird dann (links aus bekannten Gründen nicht) von einer Mitteilung der IDF Sprecherin Leibovitz nicht etwa auf die ganz normale Presseerklärung, sondern auf den Ankündigungstweet zur PK verwiesen. Gleiches bei Stellungnahmen wo eher auf den „Ich habe xyz ein Interview gegeben“ Tweet, als auf das Interview selbst verwiesen (und ich meine nicht verlinkt) wird.
Ich habe in der Berichterstattung den Eindruck man wolle ganz bewusst auf den neuen Medienkrieg hinweisen, weil Gefechte zwischen Israelis und Palästinensern ja irgendwie langweilig und alltäglich sind…
Zudem, und das mal als ganz allgemeine Anmerkung, finde ich es erschreckend, was in Deutschland ein Hype um gute und kompetente Sportreporter gemacht wird, im Gegenzug aber Kenntnisse in Grundlagen der Außen- und Sicherheitspolitik eher mau vertreten sind.