Jetzt offiziell Schluss mit dem Partnering? (Update: ISAF-Erklärung)
Die Insider-Attacken in Afghanistan, bei denen echte oder vermeintliche afghanische Sicherheitskräfte Soldaten der ISAF-Truppen getötet haben, scheinen zu einem grundlegenden Wandel im Umgang der internationalen Truppen mit den Afghanen zu führen. Jegliche Zusammenarbeit unterhalb des Bataillionslevels sei ISAF-weit untersagt worden, berichtet Reuters heute aus Kabul:
NATO ordered a cutback on Tuesday on operations alongside Afghan forces in response to a surge of „insider attacks“ on foreign servicemen, a move that could complicate plans to hand security over to Afghan forces ahead of a 2014 drawdown. The order, issued by the second most senior U.S. commander in Afghanistan, Lieutenant-General James Terry, indefinitely suspends joint operations for units smaller than 800-strong battalions, where most training and mentoring takes place. „The need for that will be evaluated on a case by case basis and approved by regional commanders.“
51 ISAF-Soldaten sind in diesem Jahr durch solche Angriffe gefallen, allein sechs am vergangenen Wochenende.
Die Frage ist natürlich, was die neue ISAF-Linie für die Zusammenarbeit und den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte bedeutet – die ja in vielen Punkten (und Fähigkeiten) weiterhin auf ISAF angewiesen sind, wie der britische Independent gestern an einem Beispiel mit US-Truppen deutlich machte: Afghan soldiers pay the price as US forces told not to interact with them. Die BBC spricht von einem Rückschlag für die NATO-Strategie.
Bislang habe ich noch keine Antwort auf diese Frage; auch nicht darauf, wie die neue Befehlslage im RC North mit den (deutschen) Partnering Advisory Task Forces umgesetzt wird. So wie sich das bislang liest, ist ja sozusagen Schluss mit Partnering. Was wird denn dann aus der, wie es auf Deutsch immer so hübsch heißt, Übergabe in Verantwortung?
(Nachtrag: Aus britischen Pressemeldungen und aus meinen Telefonaten muss ich derzeit schließen, dass diese Entscheidung von US-Kommandeuren ohne Abstimmung mit den Verbündeten getroffen wurde.)
Update: Jetzt gibt es eine offizielle Mitteilung von ISAF – darin wird einerseits betont, dass sich grundsätzlich nichts ändere; andererseits werde vorübergehend das operationelle Tempo reduziert:
Recent media coverage regarding a change in ISAF’s model of Security Force Assistance (SFA) to the Afghan National Security Forces is not accurate. ISAF remains absolutely committed to partnering with, training, advising and assisting our ANSF counterparts. The ISAF SFA model is focused at the battalion level and above, with exceptions approved by senior commanders. Partnering occurs at all levels, from Platoon to Corps. This has not changed.
In response to elevated threat levels resulting from the „Innocence of Muslims“ video, ISAF has taken some prudent, but temporary, measures to reduce our profile and vulnerability to civil disturbances or insider attacks. This means that in some local instances, operational tempo has been reduced, or force protection has been increased. These actions balance the tension of the recent video with force protection, while maintaining the momentum of the campaign.
We’ve done this before in other high tension periods, and it has worked well. Under this guidance, and as conditions change, we will continue to adapt the force posture and force protection. The SFA model is integral to the success of the ANSF, and ISAF will return to normal operations as soon as conditions warrant.
Übrigens, auch ausländische Zivilisten rücken wieder ins Visier der Aufständischen am Hindukusch – und natürlich wird das von den Attentäter mit dem Anti-Islam-Video in Verbindung gebracht, ob das nun stimmt oder nicht (es sieht alles nach einem Vorwand aus). Heute traf es einen Kleinbus voller Ausländer auf dem Weg zum Flughafen Kabul: Afghan militants say deadly blast was revenge for film
(Kommentare werden aus bekannten Gründen vorerst weiter moderiert; ich bemühe mich, sie zeitnah freizuschalten.)
Die Entscheidung der U.S.A., offenbar getroffen ohne Koordination mit den Afghanen oder Verbündeten, ist das Eingeständnis eines strategischen Versagens. Man weiss nicht mehr was man wie in Afghanistan erreichen soll oder will.
Der U.S. Abzug wird jetzt vermutlich beschleunigt werden. Die deutsche Politik sollte schnell darauf reagieren. Es besteht sonst die Gefahr das unsere Soldaten zur Deckung des Rückzuges der Amerikaner missbraucht werden.
@ b:
Diese Einschätzung zeugt meiner Meinung nach von mangelnder Kenntnis der Situation vor Ort und mangelndem Verständnis der Nachrichtenbeiträge.
Welches strategische Versagen soll vorliegen, wenn die Verbündeten Streitkräfte ihre Soldaten schützen sollen?
Wie soll, Ihrer Meinung nach, eine Zusammenarbeit angesichts dieser Situation aussehen?
Natürlich weiß man nach wie vor, was man mit den afghanischen Verbündeten erreichen soll und will. Nur steht die NATO der politischen Situation der Mitgliedsländer gegenüber, deren Bürger keine Toten Soldaten (mehr) toleriert.
Der Abzug wird trotzdem, wie geplant, gemeinsam und gegenseitig stattfinden. Es gibt keine Anzeichen, für einen kopflosen, überhassteten Rückzug (im Rahmen des geplanten Rückzuges) – vom überhaupt stattfindenden Rückzug mal abgesehen…
Minister de Maizière wiederum verkündet heute in der Bild, dass wir weitermachen wie bisher.
Planung, Führung?
@Memoria – 18. September 2012 – 12:40:
Zum einen ist unklar, wann das Interview geführt wurde und ob TdM die geänderte Weisungslage bei ISAF schon bekannt war.
Zum anderen gilt laut Reuters „The need for that will be evaluated on a case by case basis and approved by regional commanders.“ Und wenn der [deutsche] RC für alle [deutschen] Einzelfälle festlegt, dass das Risiko gegenüber dem Nutzen vertretbar ist, dann machen wir halt weiter wie bisher.
@all
Siehe ISAF-Erklärung als Nachtrag oben.
@T.W.:
Abgesehen vom Partnering scheint mir die (fehlende?) direkte Unterstützung der ANSF durch Mentoren- bzw. jetzt Beraterteams weitaus kritischer zu sein. Wenn dies so umgesetzt wird.
Schau mer mal.
Heißt diese „case by case“ basis daß jeder einzelne Einsatz von OMLTs oder im Partnering abgesegnet werden muß oder daß ganze Projekte geprüft und zum Weiterverlauf genehmigt werden? Das erstere würde ziemlichen Aufwand bedeuten, das zweite liefe ja nur auf eine Überprüfung hinaus.
Gab es eigentlich außer dem einem Vorfall am 18.02.2011 in OP North noch andere „green on blue“ Vorfälle im RC(N)?
@JRC
Leider hat das ISAF-HQ bislang nur seine Klarstellung veröffentlicht, nicht aber die eigentliche Weisung, die vom ISAF Joint Command (IJC) kam. Deswegen lässt sich die Frage so bislang nicht beantworten – aber vielleicht weiß hier jemand mehr?
Interessant ist der Aufschrei der Briten, die sogar den Verteidigungsminister vor das Parlament zitierten und in der Weisung eine strategische Neuausrichtung sehen – jedenfalls die meisten Medien und die Opposition.
@Johannes Clair
Die Strategie besagte bisher das durch Partnering und Mentoring die afghanischen Sicherheitskräfte lernen sollte ihre Funktionen eigenständig auszuführen damit ihnen dann die Sicherheitsverantwortung Stück für Stück übertragen werden kann. Dadurch würde dann der Abzug der ausländischen Kräfte möglich.
Wenn kein Partnering und Mentoring mehr stattfinden kann dann hat diese Strategie keine Basis mehr.
Partnering und Mentoring nur auf Batallions- und Brigadeebene, soweit noch möglich, wird nicht reichen. Welche afghanische Einheit wird denn in einem kritischen Gebiet auf Patroullie gehen wollen wenn die ausländischen Mentoren mit den Minensuchgeräten und dem FAC in der FOB sitzenbleiben?
Wenn ISAF jetzt davon spricht das die Einstellung des Programms nur temporär sei, dann soll ISAF doch bitte erklären unter welchen Umständen diese Anweisung wieder aufgehoben werden kann.
Welchen Sinn haben die Truppen in Afghanistan wenn die Exit-Startegie aufgrund von Angst über erhöhte Verluste nicht funtkioniert? Sollen die dann noch 50 Jahre dortbleiben oder nicht doch besser bis Mitte/Ende 2013 abziehen?
Das die Anweisung ohne jede Rücksprache mit der politischen Ebene der Verbündeten ausgegeben wurde zeugt von einer gewissen Panik auf der militärischen bzw der politischen U.S. Führungsebene. Welche Information hat diese Panik ausgelöst?
„The Afghan gov’t has rejected detention without recourse to trial……..“
Die afghanische Regierung hat insbesobere den USA die „Berechtigung“ für eigenständige oder coalition COIN entzogen. Somit ist rein rechtlich, auch aus US Sicht, die ganze ISAF/Coalition Strategie ohne rechtlich belastbare Grundlage nicht mehr durchhaltbar.
War zu erwarten.
na ja, und dann hat wohl der Tod der Frauen und Kinder am Wochenende – unerwünschte Nebenwirkung gem Packungsbeilage für die COIN by airstrike Medikamentierungstaktik – das Fass zum überlaufen gebracht…..und das zum Zeitpunkt des video-induzierten Aufruhrs in der islamischen Welt. Der Anschlag auf den zivil besetzten Bus in Kabul durch die HIK ist eine klare Ansage: ab sofort ist auch ziviles ISAF/Coalition Personal ein target……..der Attentäter soll eine Frau gewesen sein.
Ich persönlich schließe auch eine Revolte der USMC Generale in Richtung Washington nicht aus…….
@JCR
02/2010 zwei Schweden durch einen bei ANP eingeschleusten Insurgent – ohne Kenntnis ob es weitere Fälle gab.
@klabautermann:
„Detention“ ist sicher ein wichtiger Bestandteil von COIN – aber doch nicht die Berechtigung.
Die Berechtigung wäre wohl eher entzogen, wenn Karzai alles SOFAs aufkündigt und die fremden Truppen zum umgehenden Verlassen des Landes auffordern würde.
Man sollte mal > Afghanistans Armee: Bis alles schläft und keiner mehr wacht < „im Auge behalten“ und das Wort „scheitern“ vorsichtshalber noch nicht aus seinem Vokabular streichen!?
@Memoria
das ist nur ein open source Zitatauschnitt………..neben „detention“ tauchen noch andere Begriffe in dem nicht-veröffentlichten Dokument auf.
Das USMC ist ‚pissed‘ on the highest level. Tod eines USMC OTL in seiner base, Inmarschetzung von 2 USMC TPT ohne Diploclearance….etc
Das USMC hat unter dem Motto SEMPER FIDELIS 2 Jobs:Strategic Assault Force und Protection Force for US Government abroad . US Government heißt nicht US Administration. Es kocht im USMC.
@klabautermann
In die Richtung (pissed) hatte ich auch schon gedacht nach Camp Bastion.
Sorry………. jetzt mal nicht alles Durcheinander werfen. Bleiben wir mal sachlich. Wir haben wie jedes Jahr um diese Jahreszeit einen deutlichen Anstieg von Aktivitäten gegen die ISAF Truppen. Diese Reduzierung der gemeinsam durchgeführten Einsätze ist kein Eklat sondern eine weise Entscheidung seitens der Führung. Denn wer soll hier geschützt werden, die Soldaten die an vorderster Front versuchen diesem Land eine Chance zu erarbeiten. Welche negativen Aspekte und Auswirkungen das „Video“ auf diese Situation hat sehen wir jeden Tag und macht der ISAF Truppe zusätzlich zu schaffen. Hilfreich ist auch nicht das gewisse religiöse „Führer“ nun versuchen die Situation für Ihre eigenen Allmachtsphantasien zu nutzen. Die Explosion heute morgen in Kabul sollte in Ruhe ausgewertet werden bevor man irgendwelche voreiligen Rückschlüße zieht. Was aber wirklich Wirkung zeigt, im negativen Sinne, sind die so genannten „Green on Blue = Insider Attacks“ Das ist ein nagender Faktor der langfristige Auswirkungen haben könnte, sollte nicht schleunigst eine Lösung mit der afghanischen Regierung entwickelt werden. Was unsere deutschen Politker aus dieser Situation lernen und welche Konzepte sie daraus entwickeln ist ein anderes Kapitel. Naja die überparteiliche und neutrale Presselandschaft wird uns dies ja Zeitnah mitteilen. Lutziefer
@T.W.
never, ever abuse the pretorians….SemperFi
@klabautermann:
Vielen Dank für die Info. Das macht das USMC – mal wieder – sympathisch. Denn dort brennt man wohl wenigstens so sehr, dass man auch noch kocht (die Sache mit dem TPT wunderte mich auch sehr).
Die Bundeswehrführung wäre wieder mit allerlei Ausreden zur Hand („politisch gewollt“). Aber aufstehen und etwas einfordern???
Nur zur Rede am 20. Juli.
„The US Army has to work with 41 allies in Afghanistan. And with the Marine Corps“ ;)
Den Staat Afghanistan – soweit man überhaupt im Sinne von gefestigter Strukturen und von einem solchen sprechen kann – sehe ich spätestens mit dem Abzug der ISAF-Truppen im Chaos am Zerbrechen.
Die Pashtunen und die in Masse aus diesem Stamm hervorgehenden Taliban werden im Süden und Osten erneut die Oberhand gewinnen und überfliesend in die FATA-Gebiete Pakistans – weil als künstliche Grenze aus britischer Kolonialzeit stammend und damit in Realitas nicht als relevant – ihr Regime erneut festigen. Ob Kandahar damit offizielle Hauptstadt oder nur heimliche Metropole eines pashtunischen Teils Afghanistan wird, sei dabei dem Schicksal überlassen.
Der Norden und Westen Afghanistans dürfte sich gegen die Taliban mühsamst durch- setzen, wobei die Trennung der Ethnien allerdings einen „Status Quo“ begünstigen wird.
Hinzu wird einerseits die Lernfähigkeit der Taliban kommen, dass man sich sowohl in Pakistan, als auch in Afghanistan von ’Al Quaida’ verabschieden muss, ansonsten es von den Pakistanis einen in den FATA-Gebieten auf die Mütze, oder von dessen großen ’Drohnenbruder’ – egal ob auf dem jetzigen Gebiet von Afghanistan, oder auch den FATA-Gebieten – es auch nach 2014 noch Einen auf den Deckel gibt.
Ich sehe Afghanistan in Zukunft geteilt, frei nach dem Englischen Industriephilosophen Sir Arnold Toynbee ’History is responsed to be cyclic movement, but not only question of withdrawal and return, but also of a historical Sysiphos Work. … ‘.
Lasst uns also in 5 Jahren die Grenzscharmützel im ehemaligen Afghanistan abends in der „Klotze“ ansehen und sagen „50% von ISAF und auch unseres Einsatzes samt Opfer, war für die Katz oder eben ’p….. off’, wie das USMC sagt.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir in der NATO von den Anforderungen an COIN weit entfernt sind:
http://smallwarsjournal.com/jrnl/art/transition-operations-a-discussion-with-29-articles
Auch wenn amn nicht alles darin teilen muss, zeigt es einmal mehr, dass COIN für uns zu kompliziert und anstrengend ist. Wenn COIN überhaupt theoretisch machbar ist.
Wie schon zu Beginn der Transformation der Bw setzt man wieder auf ein Konzept, dass bereits zu Beginn als überholt gilt: Vor knapp 10 Jahren NetOpFü, nun COIN.
Weniger ISAF in der Fläche = ANA / ANP gehen auch weniger raus = mehr Freiheit für die INS = Ergebnis siehe die Attacke auf Camp Bastion
@JCR: Keine green on blue, aber ein Sprachmittler der BW, der die Seiten gewechselt hat.
*Recent media coverage (…) is not accurate.*
Das mag ja aus Sicht und in der Wahrnehmung von ISAF – und gern auch darüber hinaus – so sein. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, das eigene Statement ein wenig akkurater zu formulieren und seine Bedeutung einzuordnen, statt hinterher zu lamentieren und aufwändig nachzubessern. So, wie es veröffentlicht wurde, lud es ja selbst in den eigenen Reihen, auch bei Wohlmeinenden, zu jedweden Interpretationen ein.
„SNAFU“… wie der Marine gerne sagt im Bezug auf Afghanistan…..
Bevor es andere tun, will ich mich hier kurz selbst korrigieren – dahingehend, dass ISAF natürlich kein Statement abgegeben hat, sondern lediglich auf Berichte reagierte.
EDIT:
Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, selbst zu kommunizieren, die Maßnahmen akkurat zu benennen und ihre Bedeutung einzuordnen, statt einem (unvermeidlichen) Leak hinterherzuhecheln und aufwändig nachzubessern. So, wie es öffentlich wurde, lud es ja selbst in den eigenen Reihen, auch bei Wohlmeinenden, zu jedweden Interpretationen ein.
@Memoria
Was waeren denn alternative Konzepte (zu den jeweiligen Zeiten) gewesen?
Meldeblock und HB Bleistift?
Richtig ist, das wir jeweils ca 3-5 Jahre „spaeter“ kommen, aber keins der beiden Konzepte wurde von den Amerikanern verworfen…. die Essenzen wurden jeweils gefuehrt..
BTW
Man denkt in den USA seit 2 Jahren ueber eine Reprofessionalisierung (Gen Dempsey’s Steckenpferd Profession of arts…) des Militaers fuer eine Zeit Post Afghanistan nach…
@Memoria: Das folgende Zitat macht sehr nachdenklich und zeigt die Grenzen von COIN – speziell im Fall Afghanistan – m.M.n. sehr deutlich auf:
»In short, it [COIN] requires …. a degree of political intelligence and foresight worthy of Rousseau’s Lawgiver, a degree of provision for human needs worthy of the farthest reach of the communist immaginary, a degree of stabilization through governance worthy of Thomas Hobbes or perhaps Immanuel Kant, an ability to ›decipher cultural narratives‹ worthy of a trained ethnographer, and an ability to manipulate these narratives worthy of Platon.«
(Wendy Brown, in: »The New U.S. Army/Marine Corps Counterinsurgency Field Manual as Political Science and Political Practice: Review Symposium«, in: Perspectives on Politics, 6 [Juni 2008] 2, S. 354–357 [354].)
Es darf deshalb das Diskussionspapier „Dr. Thomas Tartsch: Krieg der vierten Generation“ (August 2012) – als PDF bei der Stresemann-Stiftung herunterzuladen – empfohlen werden, insbesondere dessen „Ausblick“ auf Seiten 16 – 19.
Dort schreibt Martin van Creveld »The first, and absolutely indispensable, thing to do is throw overboard 99 percent of the literature on counterinsurgency, counterguerrilla, counterterrorism, and the like. Since most of it was written by the losing side, it is of little value.« (Creveld 2008) und es wird auf die „LINE-Strategie“ verwiesen.
@Soenke Marahrens:
Die Diskussion hatten wir glaube ich schonmal.
Es gibt einen sinnvollen Zwischenweg zwischen Meldeblock/ Bleistift und NetOpFü-Wundergläubigkeit. Bei Beginn der Transformation war eher das Zweitere zu erleben (siehe erste NetOpFü-Rede von Gen Schneiderhan, August 2004). Die Erfahrungen von Millenium Challenge 2002 spielten nicht wirklich eine Rolle.
Stimmt aus ihrer Sicht wahrscheinlich nicht, weil man beim ZTransfBw das alles super gemacht hat. Nur im Ergebnis haben wir ohne große Reflektion über die Möglichkeiten und Grenzen von NetOpFü sehr viel Geld ausgegeben mit begrenztem Gegenwert (siehe die nicht kompatiblen FüInfoSys der TSK).
Zu COIN: COIN ist in den USA deutlich in der Defensive, oder hab ich die Diskussion falsch verstanden?
Zu Reprofessionalisierung: War ja nach Vietnam auch Mode – man wünscht sich halt gern die Kriegsart herbei, die man kennt. Zu Beginn sollte man halt wissen was man ijn welchem kontext noch machen will (siehe COIN).
Allgemein: Man kann über NetOpFü und COIN verschiedener Meinung sein – aber man sollte es wenigstens strukturiert und gelegentlich auch kontrovers diskutieren.
Und wo kann man das in der Armee der Inneren Führung???
Wie heißt nochmal die Zeitschrift in der sowas möglich ist? Innere Führung? ES&T? FüAk-Reflexionen? Oder doch ÖMZ, Parameters, Military Review, JFQ?
@Vtg-Amtmann
“ Since most of it was written by the losing side, it is of little value.« (Creveld 2008)“
Deshalb sollte man die Gewinner fragen und dass sind jene, welche terroristische Anschläge bisher verhindert hatten, ohne die Bevölkerung gegen sich aufzubringen. Die Gehemdienste und Kriminalistik. Das Militär ist und bleibt, bis auf wenige Sonderfälle das falsche Werkzeug! Bei 9/11 hat nicht das Militär versagt, sondern gerade die Geheimdienste! Wer uns vor Terror schützen möchte, sollte diese Werkzeuge optimieren, das Militär hat seine Leistungsgrenze erreicht ohne die Gefahr zu minimieren!
@Memoria
Es hat sich gerade in Leavenworth eine Gruppe getroffen, die das COIN Handbuch ueberarbeitet….(Facebook Post bei Doctrine Man, die posten aber soviel, dass ich den nicht wiederfinde)
Es gibt im Internet eine Auswertung ueber den Commander, der in AFG statt COIN warfighting procedures angewendet hat und voellig ge“failed“ hat…
Es gibt massive disziplinare Probleme bei Army Units, die aus dem COIN Einsatz zurueckkommen, die zum erfolgreichen COIN Einsatz die dazu notwendigen „Freiheiten“ implementiert haben, und in einer Friedensarmee mit den dann anzuwendenden Standortvorschriften nicht mehr zurechtkommen.
FueInfoSys und NetOpFue sind reinzeitlich 2 verschiedenen Probleme….. und ich war Fachreferent fuer beides!
Und hier sehe ich ein echtes Waehret den Anfangen
http://ricks.foreignpolicy.com/posts/2012/09/18/can_an_army_of_checklists_really_handle_implementing_mission_command
nur dass wir von der anderen Seite kommen……
Aber um nicht falsch verstanden zu werden, Checklists sind da notwendig, wo es keine 2. Meinung geben kann…..wie bspw bei Emergency Procedures….., Prozessmodelle fuehren bei Kreativprozessen, wie bspw Planung leider eher dazu, dass weniger Kreative sich auf die Verwaltung des Prozesses statt auf die Ausfuellung des Prozesses stuerzen… hier greift dann das Zitat von Hammerstein
BTW SASPF ist KEIN NetOpFue
Und ja, ich moechte auch gerne die Truppenpraxis zurueck….
Ja an die Truppenpraxis hatte ich auch gedacht.
Danke für den Lesehinweis mit den Checklisten.
Da sind wir schon nahe dran.
In Sachen FüInfoSys: Das Ergebnis ist mit Blick auf Kosten, Zeit und Nutzen eine Unverschämtheit (Insbesondere FISH: statt die Truppenführung zu flexibilisieren ist das Gegenteil erreicht worden – Stichwort: vorherige Truppeneinteilung).
Da helfen dann auch feinsinnige Unterscheidungen zwischen NetOpFü und der Umsetzung in den FüInfoSys wenig.
Weitaus schwerwiegender ist aus meiner Sicht jedoch die drastische Verschlechterung in der Führerausbildung (Verschulung, Checklistendenken). Aber dieses Faktum wird an höherer Stelle ja weiter geleugnet.
BTW: Das SASPF kein FüInfoSys ist, weiß sogar ich.
@Memoria
ich wollte nur klar stellen, dass ich auch weiss, dass SASPF kein FüInfoSys ist!
Aber eins haette werden können, wenn man nicht Mitte der Neunziger Jahre erklaert haette, dass man Führung nicht mit IT abbilden kann ,-)
Ich glaube wir sind die einzigen, die bei der Einführung SAP den Kernprozess der Leistungserbringung negiert haben ….