Bewaffnete Drohnen für Bundeswehr: „Völkerrechtliche Prüfung ist erfolgt“
Das Thema einer möglichen Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr bleibt auf der Tagesordnung und stößt – nicht nur – hier auf großes Interesse. Deshalb der Hinweis auf ein Interview mit Roderich Kiesewetter heute im Deutschlandradio – Kiesewetter ist CDU-Bundestagsabgeordneter, Vorsitzender des Reservistenverbandes und nicht zuletzt Oberst a.D., zuletzt im NATO-Hauptquarter SHAPE.
Unabhängig von seiner politischen Bewertung erregt vor allem eine Aussage Kiesewetters meine Aufmerksamkeit:
Aber die Kernfrage ist ab 2018, wo wir ein gemeinsames französisch-deutsches System entwickeln wollen und einführen wollen, müssen diese bewaffnet sein. Ich sage ganz offen, ja, je vielseitiger die Drohnen einsetzbar sind, umso besser der Schutz deutscher Soldaten. Und wir müssen uns auch gewiss sein, andere Staaten sind in einem Beschaffungsprozess bereits. Mir geht es nur darum, dass wir sie völkerrechtlich eindeutig prüfen, und hier ist bereits eine völkerrechtliche Prüfung im Verteidigungsministerium erfolgt.
Also: Die Vereinbarkeit bewaffneter Drohnen mit dem Völkerrecht hat das Verteidigungsministerum geprüft, und so wie sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière bislang öffentlich zu dem Thema geäußert hat, ist davon auszugehen, dass diese Prüfung positiv für eine Beschaffung ausgefallen ist. Jetzt warte ich auf die Erklärung des Ministeriums zum Ergebnis dieser Prüfung…
Wo er recht hat, hat er recht. Kiesewetter ist einer der wenigen im Bundestag, die das ABC der Funkausbildung beherrschen: denken, drücken, sprechen. Und nicht umgekehrt, wie so viele in Berlin…
Wenn man im Interview sagte,
„Kiesewetter: … Wichtig ist erst einmal der politische Wille, brauchen wir die Drohnen – offensichtlich ist das der Fall -, und jetzt geht es daran, saubere Einsatzregeln – und das betone ich – eindeutige Einsatzregeln, die zivile Kollateralschäden vermeiden, zu definieren.
Schwarz: Also noch viel Gesprächsbedarf. Danke, Herr Kiesewetter …“,
dann gibt es eigentlich wenig Gesprächs- bzw. Diskussionsbedarf, sondern einen immensen Definitionsbedarf hinsichtlich der Einsatzregeln. Insofern hat Th. Wiegold mit seinem „Jetzt warte ich auf die Erklärung des Ministeriums zum Ergebnis dieser Prüfung…“ absolut recht und der Minister hat es selber in der Hand, unsäglichen und unsachlichen Diskussionen zuvor zu kommen und mit einem Ausblick auf die Einsatzregeln damit zu verdeutlichen, dass wir eben nicht die USA sind!
Drastisch und auch provokativ gesagt, bei marktüblichen und für den jeweiligen Einsatzfall angemessenen Drohnenbewaffnungen mit i.d.R. einem 90% CEP von < 1 m könnte man eigentlich einen aus dem Fenster im ersten Stock schauenden Taliban ganz gemütlich mittels einer Drohne wirkungsvoll bekämpfen, ohne dass die auf der Strasse spielenden Kinder verletzt werden.
Die Amerikaner müssen also sehr Vieles sehr oft falsch gemacht haben! Oder?
Kann man diese völkerrechtliche Prüfung des BMVg irgendwo lesen, oder handelt es sich um eine Prüfung der Art, wie sie bei den Stationierungsentscheidungen angestellt worden sein soll?
@schleppi
;-)
Genau das versuche ich derzeit herauszufinden, bin aber noch nicht weiter gekommen.
Für ‚Völkerrechtliche („Verträglichkeits“) Prüfungen‘ hat das AA die Ressort-FF …….;-)
Alles nur populistisches Gequatsche.
ach ja, für Politiker und Beamte liest sich FDGO wie folg:
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Veroeffentlichungen/ggo.pdf?__blob=publicationFile
Ich finde es angesichts der steuer- und führungslosen Debatte auf allen Kanälen zur „Drohnenfrage“ wichtig und richtig, dass hier mal einige besonnenere Töne Beachtung finden. Das Interview war angenehm sachlich und auf beiden Seiten wohl gut vorbereitet und abgewogen.
Das Problem ist rein politisch und eher eines der Wahrnehmung. Und solange manche Zeitgenossen Waffen und miltärisches Gerät pauschal als böse einstufen, ist eine Diskussion ebensowenig möglich wie mit anderen Fundamentalisten. Eben alles böse. Da braucht es aber keine Drohnen/UAV. Minister de Maizière hat den Einsatz militärischer Mittel jedweder Art heute in der Evangelischen Akademie auf den Punkt gebracht: „Soweit es der Soldat verantworten kann.“ Es ist nämlich nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine ethische Frage.
Und des Überlebens – und zwar schon immer. Dass sich zwei Typen im Fellkostüm auf einer Steinplatte zum Duell mit Keulen begegnen, ist nun wirklich vorbei. Und schon da gab es meist einen Stärkeren und einen Schwächeren. Oder einen mit einer größeren Keule. Und als einer eine Steinschleuder hatte, da war er ab da auch nicht mehr so dumm, der Gleichwertigkeit wegen doch die Keule zu nehmen.
Was allerdings die völkerrechtliche Expertise und Bewertungskompetenz des Verteidigungsressorts angeht, so kommt mir das kalte Grauen. Wenn andernorten zu viele Juristen in Form von Bedenkenträgern sitzen, so hat aus meiner Sicht das Verteidigungsressort zu wenige. Nicht wegen der Bedenken, sondern wegen der Expertise und der Beratung vorab. Denn es sollte nicht zur Gewohnheit werden, dass erst das Bundesverfassungsgericht am Ende der Politik unter lauter Medienbegleitung die Korsettstangen einziehen muss.
Zwei Juristen, drei Meinungen. Aber wenn man nur einen fragt – und der dann auch noch in der Befehls- und Weisungshierarchie steht – dann geht das fast immer schief. Juristen sind als Berater nützlich und bei rechtzeitigem Einsatz im Sinne des Auftrags wirksam. Hinterher hat es immer jeder gewusst. Und wenn jetzt das BMVg verbreitet, es habe eine eingehende völkerrechtliche Bewertung stattgefunden, dann ist das einfach nur lachhaft. Da hat sich sicher jemand Gedanken gemacht. Auch etwas Papier schwarz gemacht. Aber am Ende wird kein solcher Gutachter eine Frage beantworten können, die die Politik beantworten muss und dazu auch glasklar Stellung zu beziehen hat. Mal ganz unabhängig von den Ressortanimositäten zum AA…
@Vtg-Amtmann
aus ehrlichem Interesse: Haben Sie Quellen für den 90%CEP <1M?
@SchmidtM: Die mittels Laser-Target-Designator gesteuerten „Advanced Precision Kill Weapon Systems – APKWS“ (= 70mm HYDRA- oder 70 mm FZ-Raketen) und auch die „HELLFIRE“ liegen in benanntem CEP-Bereich von „< 1 m". Die 81mm- und 120 mm-Mörsergranaten und das Excalibur-155mm-Artilleriegeschoss (z.B. BAE-Entwicklungen) sowie m.W. auch eine Italienische Entwicklung – alle mittels GPS gesteuert – liegen im 5 – 10 m CEP-Bereich (x- und y-Achse) und könnten beim Einsatz von Differenzial-GPS-Systemen (DGPS) ebenfalls in Bereichen von "< 1m" liegen. Die rechnerische DGPS-Genauigkeit liegt ca. bei ± 1 mm bis ± 5 mm pro km Abstand zu den bodengebundenen Referenzanlagen. Keineswegs müssen solche (mobilen) Referenzanlagen – wie im Idealfall – stets gesondert und möglichst in "Arbeitsnähe" auf einem Festpunkt installiert werden. Es kann vielmehr auf eine Vielzahl von bodengebunden – als auch mittels Satelliten gestützten – Sendern und Korrektur- bzw. Referenzsignalen in den verschiedensten Frequenzbereichen eine Echtzeit-Diffenzialbildung sowie auch eine hochpräzise Winkelmessung selbst in weitgehend unerschlossenen Regionen realisiert werden. (Stichworte: EGNOS, SAPOS, HEPS, GNS, aGPS). So werden in der Arbeitsfliegerei bei Georeferenzierungen mittels Mehrfrequenz- und Breitband-Scannern plus Satelliten-Back-up als auch mittels Verbreitung über WLAN, UMTS und insbesondere GPRS/GSM, längst deutlich bessere Genauigkeiten in den x- und y-Achsen als "< 10 cm" und in der z-Achse von "< 1m" absolut sicher in Echtzeit erreicht (z.B. Georeferenzierung von Power- und Pipe-Lines (Mastspitzen, Schilder) oder bei Sprüh- und Streuflügen oder auch beim Auslegen von Tollwut-Impfködern mittels Hubschrauber im Tiefflug). Im militärischen Bereich liegt die Problematik der Präzission damit weniger im Bereich der Genauigkeit und der Zeit der Verarbeitung der "Steuersignale", sondern vielmehr bei der "Steuerfolgsamkeit".
Sorry für das "Fast-OT" und bei weiteren Rückfragen von "SchmidtM" bitte von T.W. sich meine E-Mail-Adresse geben lassen. Danke