Drohnen: Wenn die politische Diskussion aus dem Ruder läuft

Das ist jetzt meine sehr persönliche Ansicht: Über die öffentliche Debatte der vergangenen Tage über das Thema Kampfdrohnen, pardon, bewaffnete unbemannte Flugsysteme, bin ich ein wenig erstaunt – sowohl was Politiker als auch was manche Medien angeht. Wie im vorangegangenen Thread zu diesem Thema hier schon anklang, wird auf einer bisweilen merkwürdigen Metaebene diskutiert.

Zur Erinnerung eine Aussage aus der Antwort auf die Kleine Anfrage (dem veröffentlichten Teil) in der Bundestagsdrucksache 17/9316:

10.Wie bewertet die Bundesregierung völkerrechtlich, militärstrategisch und militärtaktisch den Einsatz bewaffneter Drohnen zur Tötung von gegnerischen Kämpfern außerhalb von akuten Gefechtssituationen in asymmetrischen Konflikten?
a)    Inwiefern beteiligt sich die Bundeswehr an solchen Operationen?
b) Inwiefern beteiligt sich die Bundeswehr an solchen Operationen jenseits des Einsatzes von unbemannten Systemen?

Für den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen als Mittel der Kriegsführung gelten die Regeln des Humanitären Völkerrechts. In einem bewaffneten Konflikt dürfen feindliche Kämpfer auch außerhalb der Teilnahme an konkreten Feindseligkeiten auf der Grundlage und nach Maßgabe des Humanitären Völkerrechts gezielt bekämpft werden, was grundsätzlich den Einsatz tödlich wirkender Gewalt einschließen kann.
Die Bundeswehr verfügt selbst über keine bewaffneten unbemannten Luftfahrzeuge. Bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr erfolgt der Einsatz militärischer Gewalt immer im Rahmen des entsprechenden völker- und verfassungsrechtlichen Mandats und unter Beachtung des im Einzelfall geltenden Rechtsrahmens. Dies gilt auch bei Anforderung bewaffneter unbemannter Luftfahrzeuge im Rahmen eines multinationalen Einsatzes (z. B. in Afghanistan).

Das Entscheidende ist die Aussage In einem bewaffneten Konflikt dürfen feindliche Kämpfer auch außerhalb der Teilnahme an konkreten Feindseligkeiten auf der Grundlage und nach Maßgabe des Humanitären Völkerrechts gezielt bekämpft werden, was grundsätzlich den Einsatz tödlich wirkender Gewalt einschließen kann. Egal, ob die tödlich wirkende Gewalt die Pistole P8, eine Bombe aus einem Kampfflugzeug oder eine Rakete von einer Kampfdrohne ist: die rechtlichen Rahmenbedingungen sind die gleichen.

Wer bewaffnete Drohnen aus scheinbaren rechtlichen Gründen infrage stellt oder ihre Anschaffung für problematisch hält, muss das für jede andere Waffe im Einsatz genau so tun – erst recht für jede auf Distanz wirkende Waffe wie die Panzerhaubitze 2000 oder einen Jagdbomber. Jedenfalls so lange, wie die Entscheidung über den Waffeneinsatz von einem Menschen getroffen wird und nicht automatisiert erfolgt – aber danach sieht es selbst bei den entwickelsten Drohnen der USA (bislang) noch nicht aus.

Deswegen stellt sich die Frage: geht’s um die Drohnen – oder sind sie nur ein (untaugliches) Vehikel für eine grundsätzliche Diskussion über Einsätze in bewaffneten Konflikten wie in Afghanistan?

Und noch eine Anmerkung dazu: Die umstrittenen Drohnen-Angriffe der USA auf so genannte feindliche Kämpfer in Pakistan sind zu Recht umstritten. Aber nicht in erster Linie, weil sie mit Drohnen geführt werden – höchstens, weil diese Systeme diese Art der Angriffe einfacher macht. Aber flögen die US-Streitkräfte jede Nacht mit Kampfjets diese Angriffe, würde das an der rechtlichen Problematik nichts ändern.

Nachtrag: Die Kollegen der DuMont-Mediengruppe (z.B. Frankfurter Rundschau; Link gibt es hier aus den bekannten Gründen nicht) haben dankenswerterweise ein Gutachten des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag ausgegraben, das online im Volltext verfügbar ist: Stand und Perspektiven der militärischen Nutzung unbemannter Systeme.